Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet VASCO
(getauft am 23.04.2015)
Durch das Aufeinandertreffen von
feucht-kalter Polarluft im Norden und warmer Luft aus den mittleren Breiten im
Süden bildete sich ein Tiefdruckgebiet über dem Nordatlantik. Da es das Wettergeschehen
in Mitteleuropa beeinflussen sollte, wurde der Wirbel am 23.04. in der Prognose
für den Folgetag auf den Namen VASCO getauft.
Am 24.04. befand sich der Kern von Tief
VASCO ca. 500 km nördlich der Azoren mit einem Kerndruck von 995 hPa. Eine
Okklusionsfront, eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, reichte nördlich um
den Kern herum und erstreckte sich dann weiter nach Osten bis zur Biskaya und führte
von dort weiter nach Süden entlang der Westküste der Iberischen Halbinsel. Eine
weitere dem System zugehörige Okklusionsfront spaltete sich von der ersten
Okklusion ab und erstreckte sich über Frankreich von der Bretagne bis zum
Mittelmeer. Diese Front löste sich im Laufe des Tages vom Tief VASCO ab und
griff in der Nacht auf Mitteleuropa sowie den äußersten Westen Deutschlands
über. Die Regenmengen blieben dabei gering, die Wetterstation Diepholz meldete
bis 06 UTC, also 08 Uhr MESZ, eine Niederschlagssumme 1 mm in 24 Stunden. In
Frankreich wurden maximale Niederschlagssummen von bis zu 9 mm gemeldet.
Bis zum 25.04. hatte sich der Kern der
Zyklone VASCO 300 km nach Osten verlagert. Die Okklusionsfront erstreckte sich
nach Nordosten und änderte vor der Küste Irlands ihren Charakter in den einer
Warmfront. Dort war sie mit der Kaltfront des neu entstandenen
Tiefdruckgebietes WALDEMAR über der Nordsee verbunden. Durch die Fronten der
beiden Tiefs wurde die Festlandluft, die an diesem Tag mit einer
Höchsttemperatur von 23,1°C in Berlin-Dahlem den bisher wärmsten Tag des Jahres
brachte, verdrängt. In Nordwestdeutschland wurden Höchstwerte von 13°C bis 15°C
erreicht. In Cuxhaven fielen bis 06 UTC des Folgetages in 24 Stunden 13,3 mm
und in Itzehoe 16 mm. Dahlem meldete in derselben Zeit nur 1,8 mm, die in der
Nacht fielen. Damit konnte die vorherrschende extreme Trockenheit in diesem
Monat jedoch nicht beendet werden, mit 7,6 mm wurden erst 18% des Monatssolls
nach dem 30-jährigen Mittel von 1961-90 erreicht.
Am 26.04. befand sich das Tief VASCO über
der Biskaya mit einem Kerndruck von 1005 hPa. Eine Kaltfront erstreckte sich
entlang der Westküste der Iberischen Halbinsel und weiter nach Südwesten. Im
weiteren Tagesverlauf verlagerte sich das Tief VASCO nach Osten bis südlich von
Paris. In Bordeaux wurden mit 18°C nach dem Kaltfrontdurchgang im Vergleich zum
vorherigen Tag 3 Grad weniger registriert.
Am 27.04. lag das Zentrum von
Tiefdruckgebiet VASCO über Südfrankreich. Die Kaltfront erstreckte sich nach
Süden über die Balearen und das Atlasgebirge bis zu den Kanarischen Inseln im
Atlantik. Die Warmfront reichte über den Elsass und Mitteldeutschland bis zur
Ostseeküste Pommerns, wo sie mit der Kaltfront des Tiefs WALDEMAR verbunden
war. Diese Warmfront war für das mitteleuropäische Wetter bestimmend, da sie
eine ausgeprägte Luftmassengrenze kennzeichnete, wo subtropische auf polare
Luftmassen stießen. Hinter der Warmfront, also südlich davon, stiegen die
Temperaturen wie z.B. in Bayern örtlich über 25°C. Im österreichischen Schärding
wurden sogar 27°C erreicht. Während in Cottbus die Höchsttemperatur 24,5°C im
Warmluftsektor betrug, wurden 100 km weiter nördlich, also vor der Warmfront,
in Berlin-Tegel 12°C und 16°C in Kaniswall erreicht. Im Niederschlagsgebiet der
Warmfront, welches sich von Baden-Württemberg bis Vorpommern erstreckte, waren
die Höchsttemperaturen sogar noch niedriger. In Neuruppin betrug das
Tagesmaximum 10,0°C und in Wittstock sogar nur 8,9°C. In Sachsen und Ostthüringen
bildeten sich örtlich kräftige Gewitter. Die Niederschlagsmengen lagen dort bei
bis zu 20 mm. Am Abend und in der Nacht wurden starke Gewitter in
Süddeutschland beobachtet. In Wolfach im Schwarzwald fielen bis 18 Uhr UTC 53
mm, großräumig wurden 10 bis 20 mm gemeldet.
Am 28.04. spaltete sich das Tiefdrucksystem
in zwei Kerne auf. Das Tief VASCO I befand sich über dem Piemont, während der
Wirbel VASCO II über Böhmen lag. Beide wiesen einen Druck von knapp über 1005
hPa auf. Von dem Tief VASCO I erstreckte sich eine Okklusionsfront entlang der
Adria bis zum Ionischen Meer und teilte sich in eine Warm- und eine Kaltfront
auf. Die Kaltfront verlief bis über das Libysche Meer und die Warmfront führte
nach Südosten bis über den Westen Ägyptens. Eine weitere Warmfront des Tiefs
VASCO I erstreckte sich über die Alpen und ging in die Kaltfront von Tief VASCO
II über, dessen Warmfront wiederum ebenfalls in nordöstliche Richtung reichte
und in die Kaltfront eines Tiefs über Finnland überging. Östlich der
Luftmassengrenze wurden subtropische Luftmassen nach Norden befördert. So wurde
es im Osten Polens teilweise sommerlich warm, in Bialystok nahe der Grenze zu Weißrussland
wurde eine Höchsttemperatur von 26°C erreicht, in Warschau immerhin 24°C. Auch
noch weiter östlich der Ukraine über Weißrussland bis zum westlichen Russland
wurden an einigen Stationen die ersten Sommertage verzeichnet. Entlang der
Front entstanden im Tagesverlauf einige Gewitter. Hinter der Luftmassengrenze
wurde Meeresluft polaren Ursprungs herangeführt, so wurde im polnischen Torun
an der Weichsel nur eine Höchsttemperatur von 9°C bei Regen erreicht. Auch im
Osten Deutschlands hielt sich die starke Bewölkung mit Niederschlag. In Sachsen
sank die Schneefallgrenze vorübergehend, so dass mittags am Dresdener Flughafen
Schneeregen beobachtet wurde. In Lichtenhain im Elbsandsteingebirge, wo die
Temperatur gestern noch auf 24,0°C stieg, schneite es um 12 Uhr UTC bei 0°C
sogar so stark, dass eine Neuschneemenge von 1 cm gemessen wurde. Im Westen
Deutschlands setzte sich für längere Zeit die Sonne durch, jedoch brachte eine
von Westen heranziehende Okklusion von Tief XENOPHON einige Schauer.
Bis zum Folgetag zog der nördlichere Kern
von Tief VASCO bei kaum verändertem Druck bis über Karelien. Die Kaltfront
erstreckte sich nach Süden bis zur Balkanhalbinsel, die Warmfront hingegen verlief
nach Nordosten bis zu den Waldaihöhen. Es herrschten nach wie vor große
Temperaturgegensätze. In Estland lagen die Höchsttemperaturen zwischen 6°C und
8°C, in Tallinn fielen dabei tagsüber 16 mm Regen, in Helsinki sogar 22 mm in
24 Stunden bis 06 Uhr UTC. Rund 400 km von Tallinn entfernt in Nowgorod in Westrussland
stieg die Temperatur dagegen auf 25°C, in Demjansk am Nordrand der Waldaihöhen
sogar auf 27°C. Insgesamt wurde die warme Luft über Osteuropa weiter nach Osten
abgedrängt. Während gestern in Bialystok noch 26°C registriert wurden, war die
Tageshöchsttemperatur heute nur noch bei 13°C, in der Nacht fiel sie sogar auf
-3°C. Im nördlichen Skandinavien trat sogar strenger Frost auf, im schwedischen
Nikkaloukta im Gebiet der Samen wurden -15°C registriert. Dagegen wurden im
südlichen Mittelmeerraum verbreitet schon Temperaturen über 30°C gemessen.
Solche Temperaturschwankungen treten im April häufiger auf, sie sind Ausdruck
der großen Temperaturunterschiede zwischen den nördlichen und südlichen Breiten
im Frühling.
Bis zum 30.04. verlagerte sich der Kern von
Tief VASCO weiter nach Finnland. Südlich des Weißen Meeres spaltete sich die
vom Kern ausgehende Okklusionsfront in eine weiter nach Südosten reichende
Warmfront und eine sich nach Süden bis zum Schwarzen Meer erstreckende Kaltfront
auf. Die höchste Temperatur Russlands wurde an diesem Tag mit 27,2°C in Cernjy
Jar in der Nähe von Astrachan registriert, was sich im Warmluftsektor des Tiefs
VASCO befand. Die höchste Niederschlagsmenge des Tages wurde in Kanevka auf der
Halbinsel Kola beim Durchzug der Okklusionsfront gemessen, wo bis 15 Uhr UTC 14
mm innerhalb von 12 Stunden fielen.
Bis zum nächsten Tag befand sich der Kern
der Zyklone VASCO am Rand des Arktischen Ozeans im Mündungsgebiet des Flusses
Petschora. Der Kerndruck betrug ca. 998 hPa. Die Okklusionsfront führte bogenförmig
um den Kern herum nach Osten bis zum Uralgebirge, wo sie sich aufspaltete. Von
dort erstreckten sich die Warmfront nach Süden und die Kaltfront nach
Südwesten. Entlang der Warmfront bildeten sich einige Gewitter im Südwesten Russlands
östlich des Urals, wie z.B. an den Stationen Kalatsch und Bogutschar. In
Kalatsch wurden dabei 4,8 mm Niederschlag registriert.
Bis zum 02.05. verlagerte sich das Tief
VASCO bis östlich von der Halbinsel Jamal. An der Station Malye Karmakuly auf
der Insel Nowaja Semlja wurden an dem Tag Schneeschauer beobachtet, jedoch verursachten
diese keine messbare Schneedecke. Die Tiefsttemperatur in der Nacht lag bei
-7,5°C, am Tage stieg die Temperatur auf -1,5°C. Am Folgetag konnte das Tief
VASCO nicht mehr analysiert werden.
Geschrieben am 02.07.2015 von Sebastian
Kugel
Berliner Wetterkarte: 27.04.2015
Pate: FU Berlin