Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet VEIKO
(getauft am 12.12.2019)
Die Vergabe von Namen an Hoch- und
Tiefdruckgebiete wird von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte für
Druckgebilde durchgeführt, die einen Einfluss auf die Großwetterlage in Europa
haben. Am 12.12.2019 erstreckte sich das Mehrkerntiefdruckgebiet TONI von
Irland bis vor die Südküste Grönlands.
Zudem befand sich das dazugehörige Frontensystem über dem Atlantischen
Ozean bis in die Nähe der amerikanischen Ostküste. Etwa 1000 km südlich von der
Prinz-Edward-Insel bildete sich an der Kaltfront eine neue Tiefdruckzone
innerhalb einer schwachen Wellenstörung. Die Wellenstörung entwickelte sich
aufgrund der schnelleren Rotationsgeschwindigkeit von Kaltfronten im Vergleich
zu Warmfronten, wodurch die Kaltfront die Warmfront einholte. Zudem lag das
neue Tief innerhalb der stark ausgeprägten Westwinddrift, welche auf der 500-hPa-Karte
ersichtlich ist, wodurch sich der Wirbel schnell nach Osten Richtung Europa
fortbewegen sollte. Auf Grundlage dieser Prognosen taufte die Berliner
Wetterkarte das Tief auf der Prognosekarte vom 12.12.2019 auf den Namen VEIKO.
Am 13.12. wurde das Tief VEIKO
erstmals auf einer Analysekarte um 00 Uhr UTC bzw. 01 Uhr MEZ mit einem
Kerndruck von unter 1000 hPa erwähnt. Dort war der Wirbel VEIKO 2500 km
westlich von Irland verortet. Somit hatte sich die Zyklone VEIKO um 3200 km
nach Osten fortbewegt. Daraus resultiert eine beachtliche Geschwindigkeit von
106 km/h. Eine Warmfront war nach Südosten ausgerichtet und mündete vor der
europäischen Küste in einer Kaltfront. Außerdem erstreckte sich eine Kaltfront
nach Südwesten bis zu den Bermuda-Inseln. Warm- und Kaltfront bezeichnen hier
die Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen. Bereits am
Mittag erreichte die Warmfront erstmals das europäische Festland und überquerte
hierbei Westfrankreich und Nordspanien. Zudem entwickelte sich im Tagesverlauf
eine kleine Okklusionsfront, welche am frühen Abend auf die Westküste der
britischen Inseln und Nordfrankreichs traf. Bei dem Begriff Okkludierung
handelt es sich um einen Vorgang, bei dem eine Mischfront durch den
Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront entsteht und Eigenschaften beider Typen
in sich vereint. Im Süden Englands fielen die Niederschläge vergleichsweise
gering aus, mit maximal 15,8 l/m² in Liscombe,
gemessen innerhalb eines 24-stündigen Intervalls. An der Nordwestküste Spaniens waren höhere
Niederschlagssummen mit bis zu 19,6 l/m² in A Lama verortet. Dort trat ein
Großteil der Niederschlagsereignisse mit dem Durchzug der Warmfront und dem
dahinter folgenden Warmsektor zwischen 12 und 18 Uhr MEZ auf. Deutlich höhere
Niederschlagsmengen wurden in den Pyrenäen registriert, wo orographisch
bedingte Hebungsprozesse den eigentlich advektiven Regen der Warmfront
schauerartig verstärkte. Die höchsten Niederschlagswerte befanden sich direkt
an der Grenze zwischen Frankreich und Spanien in der Region um Roncesvalles.
Hier setzte der Niederschlag bereits in der Nacht vom 12.12 auf den 13.12. ein,
wobei dieser Niederschlag in den frühen Morgenstunden zunächst von einer
Warmfront des Tiefs TONI verursacht wurde. Trotzdem hielten die Niederschläge
über den Tag an, sodass ein Teil der akkumulierten Niederschlagsmenge auf das
Tief VEIKO zurückzuführen ist. Die Niederschlagsmenge betrug dort 69,4 l/m² in
12 Stunden bis 18 Uhr UTC. Ähnliches galt auch für die Station Canfranc auf 1100 Metern mit 52,0 l/m² im selben Zeitraum.
Die Schneefallgrenze lag am Nachmittag bei 2000 Metern und sank zum Abend auf
1000 bis 1500 Meter ab. Zeitgleich frischte besonders an der französischen
Atlantikküste der Wind auf und wehte an einigen Küstenstationen vereinzelt mit
Orkanböen. An der Wetterboje Channel GBR wurde die Spitzenböe mit 140,8 km/h um
02 Uhr MEZ registriert. Des Weiteren meldete die Wetterstation Beg Melen bis zu 124 km/h.
Am Samstag, dem 14.12., lag der
Wirbel VEIKO um 00 Uhr UTC über dem Ärmelkanal mit einem Druck von unter 990
hPa. Im Tagesverlauf breitete sich die Okklusionsfront weiter aus, sodass es
sich bei der Zyklone VEIKO um ein vollokkludiertes Tief handelte. Zeitgleich
überquerte die Okklusionsfront den mitteleuropäischen Raum bis nach Osteuropa.
Dementsprechend wurde in großen Teilen Deutschlands eine geringe Menge Niederschlag
vermeldet. Daher handelte es sich um advektiven Landregen, welcher im Gebirge
oder an alleinstehenden Erhebungen im Mittelgebirge, wie dem Harz, konvektiv
verstärkt ausfiel. Die Niederschlagsmenge nahm von Norden nach Süden
tendenziell zu. An der Station Berlin-Dahlem betrug der Niederschlagswert in 24
h lediglich 5,1 l/m². Des Weiteren wurde
im Harz an der Wetterstation des Brocken 95,1 l/m² registriert. In wenigen
Kilometern Entfernung, in Wernigerode und an der Eckertalsperre
lagen die Niederschlagsmengen hingegen im einstelligen Bereich. Ein weiterer
Niederschlagshotspot war in den Schweizer Südalpen zu verorten. Am Otemma auf fast 2400 Metern, betrug die gemessene
Niederschlagssumme 28,6 l/m². Aber auch an anderen Stationen im Grenzgebiet
zwischen der Schweiz und Italien wurden vielerorts zweistellige Niederschlagssummen
festgestellt. Die Nullgradgrenze lag in der Region bei 2000 Metern. Zudem wurde
an dem exponiert gelegenem Brocken vereinzelt orkanartige Böen und Orkanböen
gemessen. Der Höhepunkt fand gegen 15 Uhr MEZ statt, als Windböen mit 133 km/h
auftraten. Auch dieser Wert ist keine Seltenheit, da der Brocken der
windreichste Berg Deutschlands ist. Der Windrekord stammt aus dem Jahr 1984 und
beträgt 263 km/h. Noch kräftiger wehte der Wind auf dem höchsten Berg des
Riesengebirges, der Schneekoppe auf 1613 Metern. Dort meldete die Station um 18
Uhr MEZ 148 km/h.
Bis zum dritten Advent hatte sich
das Tief VEIKO bis nach Südschweden verlagert. Der Kerndruck lag bei unter 985
hPa. Durch die zunehmende Okkludierung der Fronten
traten wenige nennenswerten signifikanten Wetterzustände auf. Die Abschwächung
resultierte auch aus der vorherrschenden Wetterlage mit dem ausgedehnten und
blockierendem Hochdruckgebiet TATJANA über Russland. Zudem näherte sich von
Westen das kräftige Tiefdruckgebiet WILFRIED an. Deshalb wurde die Zyklone
VEIKO auf der Berliner Wetterkarte letztmalig am 15.12.2019 namentlich erwähnt.