Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet VERA

(getauft am 12.05.2012)

 

Am 11. Mai lag ein Trog, ein Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden, über dem Osten Nordamerikas. Auf dessen Vorderseite, also an der östlichen Flanke, entwickelte sich ein kleines Tiefdruckgebiet, das sich bis zum Folgetag verstärke und weiter nach Osten zog. Da es für Europa wetterwirksam zu werden schien, wurde es in den Prognosekarten auf den Namen VERA getauft.

Am Morgen des 12. Mai gegen 02 Uhr MESZ befand sich das Zentrum der Zyklone zwischen Island und der Südspitze Grönlands. Der Luftdruck betrug dort etwa 1015 hPa. Auf der Vorderseite zog sich eine Warmfront nach Osten entlang der Nordküste Islands bis nördlich der Färöer Inseln, wechselte dort in den Charakter einer Kaltfront und zog sich bis über das zentrale Europäische Nordmeer. Auf der Rückseite erstreckte sich eine weitere Kaltfront nach Südwesten bis südlich von Kap Farvel. Dabei zeigte das Tief bis dahin kaum Wetteraktivität.

Bis zum Morgen des Folgetages hatte sich der Wirbel voll ausgebildet und lag mit einem Kerndruck von ca. 1000 hPa südlich von Island. Auf der Vorderseite erstreckte sich eine Warmfront in einem Bogen vom Kern nach Südosten über die Färöer Inseln und die Shetland Inseln bis nach Nordschottland. Entlang der schottischen Inseln kam es dabei zu leichtem Regen und Sprühregen. Eine Okklusion, eine Mischfront mit Warm– und Kaltfrontcharakter verlief vom Kern etwa 50 km nach Süden und spaltete sich dort in eine Warm– und eine Kaltfront auf. Die östlich verlaufende Warmfront verlief ein paar hundert Kilometer nach Süden. Die westlich verlaufende Kaltfront zog sich in einem Bogen nach Westen über den zentralen Nordatlantik und schloss dort an ein nachfolgendes Tief an. Nahe dem Zentrum wurde ebenfalls leichter bis mäßiger Regen registriert.

Am 14. Mai verstärkte sich das Tiefdruckgebiet VERA und veränderte seine Struktur kräftig. Der Kern zog unter Intensivierung nach Osten und lag gegen 02 Uhr MESZ mit einem Druck von knapp unter 975 hPa über den Färöer Inseln. Vom Zentrum verlief eine Okklusion in einem Bogen zunächst einige hundert Kilometer nach Norden, dann nach Osten bis zur norwegischen Küste nahe Trondheim und zog sich dann nach Süden entlang der norwegischen Küste über die Nordsee bis zu den Britischen Inseln. Südwestlich von Irland änderte sich der Charakter in den einer Kaltfront. Diese erstreckte sich bis über den zentralen Nordatlantik. Dort schloss sie an ein nachlaufendes Tief an. Der Luftdruckunterschied, auch Luftdruckgradient genannt, zwischen dem Zentrum von Tief VERA und dem über Mitteleuropa liegenden Hochdruckgebiet MANFRED betrug etwa 5 hPa pro 100 km. Dadurch wurden entlang der Nordseeküste Böen von bis zu 70 km/h gemessen. Außerdem wurde entlang der norwegischen Küste leichter bis mäßiger Niederschlag mit Mengen von bis zu 25 Liter pro Quadratmeter innerhalb von 12 Stunden registriert.

Bis zum 15. Mai zog das Tief VERA leicht nach Norden und lag mit einem Kerndruck von ca. 1000 hPa über dem Europäischen Nordmeer auf der geographischen Breite der Lofoten. Von dort verlief eine Okklusion, die nur in der Höhenkarte in ca. 5 km Höhe sichtbar war, nach Süden entlang der norwegischen Küste bis über die Nordsee und zeigte dabei aber wenig Wetteraktivität. Eine Warmfront erstreckte sich dagegen vom Kern nach Osten südlich von Spitzbergen bis auf eine Linie zwischen den nordrussischen Inseln und der Halbinsel Kola. Auch am Folgetag änderte sich die Struktur kaum, das gesamte System zog jedoch etwa 200 km nach Norden.

Bis zum Morgen des 17. Mai gegen 02 Uhr MESZ ließ die Zyklone soweit an Wetteraktivität nach, dass einzig der Kern mit einem Druck von etwa 1015 hPa zwischen dem Nordkap und der Ostküste Grönlands analysiert werden konnte. Das von Süden heranziehende Tief Wiebke verdrängt das Tiefdruckgebiet jedoch immer mehr, sodass der Wirbel VERA am 18. Mai nicht mehr als eigenständiges Tief auf der Wetterkarte geführt werden konnte.

 


Geschrieben am 26.05.2012 von Benjamin Siebert

Berliner Wetterkarte: 15.05.2012

Pate: Vera Kellner