Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet VERENA

(getauft am 12.08.2014)

 

Entlang einer wellenförmig deformierten Front eines unbenannten Tiefs nahe Neufundland entstand in der Nacht zum 12.08. ein neuer Tiefdruckwirbel, der anhand der Analysekarte für 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, auf den Namen VERENA getauft wurde. Dieses sogenannte Wellentief befand sich zum Zeitpunkt der Analyse mit einem Druck von etwas unter 1020 hPa nordwestlich der Iberischen Halbinsel über dem Atlantik Dabei gingen von dessen Kern zu diesem Zeitpunkt zwei Fronten aus. Eine Warmfront reichte in südlicher Richtung bis westlich von Lissabon und eine Kaltfront verband sich über dem Atlantik mit dem Frontensystem des unbenannten, vor Neufundland liegenden Wirbels. Hebungsprozesse an der Vorderseite des Tiefs VERENA führten im laufe der zweiten Tageshälfte zur Ausbildung eines ausgedehnten Niederschlagsgebietes. So fielen, teils von Gewittern begleitet, innerhalb von 12 Stunden bis 06 Uhr UTC des nächsten Tages in Nantes 17 l/m², in San Sebastian 35 l/m² und in Blois 36 l/m².

Bis 00 Uhr UTC des 13.08. war der sich verstärkende Tiefdruckwirbel VERENA nach Frankreich gezogen und lag mit einem auf unter 1010 hPa gefallenen Kerndruck unweit von Nantes. Durch seine Warmfront war das Tief VERENA in südöstlicher Richtung mit den Zentren kleinräumiger Zyklonen südlich der Westalpen verbunden, die sich entlang der Grenze zwischen subtropischer Luftmassen über Südeuropa und kühler Meeresluft über Mitteleuropa ausgebildet hatten. Die Kaltfront hingegen ging in westlicher Richtung über dem Atlantik in das Frontensystem des von Neufundland nach Osten gezogenen, unbenannten Tiefs. Das Niederschlagsgebiet verlagerte sich mit dem Wirbel im Laufe des Tages nach Osten in Richtung Polen und konnte sich dabei besonders über dem Zentralmassiv in Südfrankreich und entlang der Alpen sowie des Tara Gebirges teilweise erheblich intensivieren. Binnen 24 Stunden wurden bis 06 Uhr UTC im österreichischen Graz Niederschlagsmengen von 47 l/m², im französischen Perrigny 52,7 l/m² und bei Chur in der Schweiz bis zu 85,3 l/m² gemeldet. Im selben Zeitraum fielen in Trier 30,3 l/m², im slowakischen Nitra 43,5 l/m² und im polnischen Czestochowa 70,7 l/m². Die höchste Niederschlagsmenge wurde mit 109 l/m² im kroatischen Krapina gemessen.

Auf ihrer Zugbahn nach Osten hatte sich die Zyklone VERENA zum 14.08. in zwei Zentren geteilt. Während ihr erstes, nördlicheres Zentrum gegen 00 Uhr UTC mit einem Druck von 1005 hPa bei Warschau über Polen lag, befand sich ihr zweites, südlicheres Zentrum mit knapp 1010 hPa unweit von Genua über Italien. Okklusionsfronten, die Eigenschaften von sowohl Warm- als auch Kaltfront in sich vereinen, hatten sich ausbilden können und reichten zum einen vom Kern bei Warschau bis über dem Norden Bayerns und vom Zentrum bei Genua bis etwa nach Venedig, wo sie ihren Okklusionspunkt hatte. Als Okklusionspunkt wird dabei die Stelle bezeichnet, an der sich Warm- und Kaltfront zu einer Okklusion vereinen. Von diesem Punkt ausgehend zog sich die Warmfront nach Nordosten und ging bei Budapest in die Kaltfront des nördlichen Zentrums über. Die Kaltfront des südlichen Kerns reichte von Venedig über Sardinien und das Mittelmeer hinweg nach Westen und verband sich im Verlauf, wie schon Tags zuvor, mit dem Frontensystem eines über dem Atlantik liegenden Tiefdruckwirbels. Vom nördlichen Kern der Zyklone VERENA erstreckte sich zudem eine weitere Warmfront über Kiew bis zur Ostukraine, wo sie in die Kaltfront eines über der Barentssee liegenden Tiefs überging. Während sich das nördliche der beiden Zentren rasch nach Norden verlagerte, verblieb das südliche über der Adria, wodurch sich über Slowenien und Kroatien Gewitter mit teilweise ergiebigen Niederschlagsmengen ausbilden konnten, die in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC in Puntijarka 38,2 l/m² und bei Crnomelj bis zu 47 l/m² Regen brachten. Das Niederschlagsband über Mitteleuropa hingegen zog unter allmählicher Abschwächung von Polen über das westliche Baltikum nach Russland ab. Dabei wurden im litauischen Klaipeda 12 l/m², im estischen Vilsandi 13,8 l/m² und bei Liepaja in Lettland 24 l/m² registriert.

Während sich das südlichere Zentrum des Tiefdruckwirbels VERENA über Italien in rascher Auflösung befand, hatte sich das nördlichere Zentrum in den vergangenen 24 Stunden unter leichter Verstärkung nach Nordosten verlagert und befand sich gegen 00 Uhr UTC des 15.08. mit einem Kerndruck von unter 1000 hPa nahe St. Petersburg. Eine kurze Okklusionsfront erstreckte sich von diesem Kern bis zum Okklusionspunkt wenige hundert Kilometer östlich von St. Petersburg. Vom Okklusionspunkt reichte die zugehörige Kaltfront über Kiew bis nach Belgrad, während sich die Warmfront in nordnordöstlich Richtung mit dem Frontensystem eines anderen Tiefs verband. Im Vergleich zu den vorangegangenen Tagen breiteten sich die Niederschläge auf einen Großteil Finnlands und des Nordwesten Russlands weniger intensiv aus. Innerhalb von 24 Stunden wurden dabei Regenmengen von 10 l/m² aus Leschukonskoje, 15 l/m² bei Njandoma und 18 l/m² in Anjalankoski in Finnland gemeldet. Von Gewittern begleitet fielen in Workuta im selben Zeitraum bis zu 19 l/m². Südöstlich des ausgedehnten Tiefdruckkomplexes VERENA konnten tropische Luftmassen über das Schwarze Meer entlang der Wolga bis an die südlichen Ausläufer des Uralgebirges vordringen, wodurch die Temperaturen vielerorts auf Werte um oder knapp über 35°C stiegen. So wurden beispielsweise Tageshöchstwerte von 35°C in Samara und von 36,8°C in Tambow gemeldet.

Mit einem um 5 hPa gefallenen Druck lag das Zentrum des Tiefs VERENA am 16.08. um 00 Uhr UTC über Nordrussland, östlich von Archangelsk. In südöstlicher Richtung ging vom Kern eine Okklusionsfront aus, die sich bei Kirow in eine Warm- und eine Kaltfront aufteilte. Über Perm und das südliche Uralgebirge erstreckte sich die Warmfront weiter nach Südosten, wohingegen die Kaltfront sich in einem weiten Bogen über die Krim- und Balkanhalbinsel bis zur Adria erstreckte. Mit Erreichen des Uralgebirges konnten sich die Niederschlagsintensitäten aufgrund von erzwungenen Aufgleitvorgängen noch einmal etwas intensivieren. An der Station in Ust'- Usa fielen binnen 24 Stunden bis 06 Uhr UTC 17,1 l/m², bei Ust'- Sugor 18 l/m² und in Nyaksimvol 22 l/m². Im Warmluftsektor, was der Bereich zwischen Warm- und Kaltfront ist, konnten die Luftmassen tropischen Ursprungs bis weit in den Süden und Osten Russlands vordringen. Wurden in Busuluk zwei Tage zuvor Temperaturen von 26°C kaum überschritten, stieg die Temperatur nun auf einen Tageshöchstwert von 40,3°C.

In den folgenden 24 Stunden verlagerte sich die Zyklone VERENA nach Osten und lag mit ihrem Kern und einem Druck von knapp 990 hPa um 00 Uhr UTC des 17.08. bei Workuta. Eine Okklusionsfront überquerte vom Kern ausgehend das nördliche Uralgebirge in südöstlicher Richtung bis zu ihrem Okklusionspunkt nahe Tobolsk, wo sie sich in eine weiter nach Südosten ziehende Warm- und in eine nach Südwesten reichende Kaltfront aufspaltete, die einem „S“ gleichend Perm, Wolgograd und Bukarest überquerend über dem Thrakisches Meer bei Griechenland endete. Das Niederschlagsgebiet konzentrierte sich noch im Wesentlichen auf die Regionen entlang der Ausläufer des Uralgebirges. 24-stündig wurden bei Cernuska 19,3 l/m², in Jalturovosk 20 l/m² und an der Station bei Altay 29 l/m² gemessen. Weiterhin im Warmluftsektor gelegen blieb es in Busuluk mit 37°C heiß. Leichte Abkühlung brachten lediglich Gewitter, die hier im Laufe des Tages 8 l/m² Regen brachten.

Am 18.08. gegen 00 Uhr UTC befand sich das Zentrums des Tiefs VERENA mit einem auf unter 985 hPa gefallenen Kerndruck über der Karasee, nördlich von Workuta. Nordöstlich des Kerns ausgehend beschrieb eine Okklusionsfront einen weiten Bogen über den Norden Westsibiriens und Tobolsk nach Südwesten und verband sich im weiteren Verlauf Kaltfrontcharakter annehmend nahe Wolgograd mit der Warmfront eines anderen, über dem Schwarzen Meer liegenden Wirbels. Letzte von dem Wirbel VERENA verursachte Niederschläge wurden in der Ural-Region registriert, wie beispielsweise in Cernuska mit 5 l/m², in Altay mit 11 l/m² und in Svedskij mit 12 l/m² binnen 24 Stunden.

Auf seiner Zugbahn nach Nordosten verließ der Tiefdruckwirbel VERENA den von der Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereich, so dass der 18.08. zugleich der letzte Tag war, an dem das Tief VERENA namentlich auf dieser verzeichnet werden konnte.

 

 

 


Geschrieben am 29.09.2014 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 14.08.2014

Pate: Rainer Kirsch (www.ducaris.de)