Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
VOLKER
(getauft am 07.02.2021)
Am 07.02.2021 wurde auf der 00 UTC
Bodenanalyse der Berliner Wetterkarte ein ausgeprägtes Tiefdruckgebiet über
Neufundland analysiert. Aufgrund einer zu diesem Zeitpunkt starken
Westwindströmung, welche von Nordamerika bis Europa reichte, war ersichtlich,
dass dieses Tief in den kommenden Tagen in Richtung Europa ziehen würde. Aus
diesem Grund wurde in der Prognosekarte für den darauffolgenden Tag dieses
Tiefdruckgebiet auf den Namen VOLKER getauft.
In den beiden darauffolgenden Tagen zog
Tief VOLKER, so wie es erwartet worden war, stetig weiter nach Osten über den
Atlantik. Bis zum Abend
des 09.02. erreichte die Zyklone die Biskaya. An ihrer Kaltfront, die südlich
vom Kern über die Iberische Halbinsel verlief, entwickelte sich ein neuer Tiefdruckkern,
welcher im Folgenden als VOLKER II bezeichnet wird. Mit Passage der
Fronten fielen bis zum nächsten Morgen um 06 UTC innerhalb von 24 Stunden auf
der Iberischen Halbinsel verbreitet Niederschlagssummen im zweistelligen
Bereich. Zum Beispiel wurden in Madrid 14 bis 17 mm, in Lissabon 15 mm und in Linares 40 mm registriert. In Frankreich wurden im gleichen
Zeitraum meist 8 bis 14 mm gemessen.
Auf der 00 UTC Bodenanalyse des 10.02.
bestimmte nun der Tiefdruckkomplex VOLKER das Wettergeschehen über Südwesteuropa.
Tief VOLKER I lag mit einem Kerndruck von 995 hPa weiterhin über der Biskaya.
Der Wirbel VOLKER II hingegen befand sich über dem Golf du Lion. Des Weiteren
erstreckte sich vom Zentrum von VOLKER II eine Warmfront nach Osten bis nach
Italien, während eine Kaltfront entlang der spanischen Mittelmeerküste bis nach
Afrika verlief. Durch die weitere Ostverlagerung des
Tiefdruckkomplexes, konzentrierten sich die
Niederschläge tagsüber hauptsächlich auf Italien und Slowenien. In dem Zeitraum
von 06 bis 18 UTC wurden dabei 33 mm in Ljubljana, 12 mm in Verona und 32 mm in
Cervignano del Friuli registriert.
Die rasche Verlagerung des
Tiefdruckkomplexes VOLKER I und II nach Osten hielt auch in den kommenden Tagen
weiter an. Bereits um Mitternacht am 11.02. lagen beide Tiefdruckkerne über
Südosteuropa. Entlang der
Fronten hatte sich außerdem ein markanter Temperaturunterschied zwischen
vergleichsweisen warmen subtropischen Luftmassen über dem Mittelmeer und einer
sehr kalten polaren Luftmasse nördlich des Tiefdruckkomplexes über Osteuropa
und Russland entwickelt. Die genaue Lage der Luftmassengrenze war auch anhand
der Höchsttemperaturen nachvollziehbar. In Budapest, welches bereits auf der
kalten Seite der Luftmassengrenze lag, gab es an diesem Tag eine Höchsttemperatur
von -4°C. Einige 100 Kilometer weiter südlich in Belgrad wurde eine
Höchsttemperatur von +4°C registriert und in Bukarest waren es sogar +15°C. Die Niederschläge traten meist auf der
kalten Seite der Luftmassengrenze auf und fielen so überwiegend in fester Form.
Die 12- stündigen Niederschlagsummen lagen dabei bis 18 UTC meist zwischen 5
und 10 mm, nur auf exponierten Gipfeln wurden durch Stauniederschläge bis zu 20
mm erreicht. Außerdem sorgte
Tiefdruckkomplex VOLKER I und II in Zusammenarbeit mit Hochdruckgebiet HELIDA,
welches über Skandinavien lag, dafür, dass sich auf der Nordseite von VOLKER
eine östliche Strömung einstellte. Damit wurde kalte kontinentale Luft
arktischen Ursprungs aus Russland nach Mittel- und Westeuropa transportiert.
Dies führte dazu, dass vor allem über Deutschland Tiefsttemperaturen in einem
zweistelligen Minusbereich erreicht wurden. Als kälteste Region stellte sich
bereits am Morgen des 11.02. die Mitte Deutschlands heraus. Die niedrigsten
Tiefsttemperaturen wurden im sächsischen Dippoldiswalde-Reinberg
mit knapp -23°C und im thüringischen Dachwig mit -24°C
gemessen.
Bis zum nächsten Tag verschmolzen die
beiden Kerne VOLKER I und VOLKER II wieder zu einem Kern, welcher schließlich
südöstlich von Kiew analysiert wurde. Die Warmfront erstreckte sich ausgehend
vom Tiefdruckkern in einem leichten Bogen nach Osten bis zur russischen Stadt
Wolgograd, wo sie in die Kaltfront eines nördlich davon gelegenen unbenannten
Tiefs überging. Vor allem durch Aufgleitniederschläge kam es entlang der
Warmfront und nördlich des Tiefdruckgebietes zu ergiebigen Schneefällen über
Osteuropa und dem Westen Russlands. Die 12-stündig gemessenen
Niederschlagssummen bis 18 UTC lagen bei 4 bis 12 mm in diesen Regionen. Mit der weiteren Verlagerung von Tief
VOLKER nach Osten ließ auch der Kaltlufttransport nach Mitteleuropa nach,
sodass die Minimumtemperaturen bzw. das Temperaturniveau nicht weiter
zurückgingen. Trotzdem war es auch an diesem Morgen in Deutschland sehr kalt. An der Station Lippstadt-Bökenförde in NRW wurden -22°C, in Jena -9,9°C und in München -11°C als
Tiefsttemperatur registriert.
Am 13.02. befand sich Tief VOLKER einige
100 Kilometer südlich von Moskau. Eine nach wie vor gut ausgeprägte Warmfront reichte
vom Kern aus bis zum Uralgebirge und eine Kaltfront verlief im Bogen über
Wolgograd bis zur Ostküste des Schwarzen Meeres, wo sie in eine Warmfront eines
Tiefs nordöstlich von Zypern überging. Außerdem ging westlich von Tief VOLKER noch eine kleine Mischfront ab. In diesem
Gebiet und nördlich der Zyklone intensivierten sich nochmals die Schneefälle.
Im Großraum Moskau kamen selbst für russische Verhältnisse erhebliche
Neuschneemengen zusammen. Bei Temperaturen
von ca. -15°C und 24-stündigen Niederschlagsmengen von 20 bis 30 mm wuchs die
Schneedecke dort auf 56 cm an. Der bisherige Rekord für die höchste Schneedecke
in Moskau wurde mit 60 cm im Jahr 1956 aufgestellt und zu diesem
Zeitpunkt somit nur knapp verfehlt. In Malojaroslawez, ca. 120 km südwestlich von
Moskau, wurde sogar eine 76 cm hohe Schneedecke gemeldet. Tags zuvor waren es dort
noch 55 cm.
Ab dem darauffolgen Tag zog Tief VOLKER
weiter nach Osten. In Moskau ließen die letzten Schneefälle nach, womit die
Schneedecke mit 59 cm ihr Maximum erreichte. In den folgenden Stunden begann
sich die Zyklone allmählich aufzulösen, so dass am 15.02. nur noch ein
frontenloser Kern, welcher westlich vom Uralgebirge analysiert wurde, die
letzten Reste von Tief VOLKER darstellte, welcher wiederum im Tagesverlauf
vollständig verschwand, so dass im Folgenden Tief VOLKER nicht mehr auf den
Bodenwetterkarten der Berliner Wetterkarte dargestellt werden konnte.