Lebensgeschichte 

 

 Tiefdruckgebiet WALDEMAR

(getauft am 13.07.2015) 

 

Nachdem durch die sich vom Azorenhoch abgespaltene Antizyklone CLARA in Europa zwischenzeitlich freundliches und trockenes Hochdruckwetter herrschte, nahm die Tiefdruckaktivität zu Beginn der zweiten Julidekade 2015 über dem Atlantik erneut stark zu. Es konnten sich in rascher Abfolge Zyklonen von West nach Ost in Richtung Europa bewegen. So zog über Großbritannien am 11. Juli das Tief ULRICH, am 12. Juli bildete sich aus einer Welle über dem Atlantik das Tief VLADIMIR. In relativ geringen Abstand zu diesem Tief kam es erneut zu einer Zyklogenese, sodass am Folgetag das Tief WALDEMAR auf der Berliner Wetterkarte getauft wurde.

Am 13. Juli um 01 Uhr MEZ befand sich das Tief WALDEMAR über dem zentralen Nordatlantik ca. 1800 km westlich der französischen Küste. Die Zyklone war zu diesem Zeitpunkt schwach ausgeprägt und wies einen Kerndruck von etwa 1011 hPa auf. Die Kaltfront erreichte eine Länge von etwas über 1000 km und erstreckte sich vom Kern aus in südwestlicher Richtung und ging in die Warmfront der nachfolgenden, noch namenlosen Zyklone über. Die Warmfront von Tief WALDEMAR war sehr kurz und erreichte eine Länge von nur ca. 200 km. Sie ging rasch in die Kaltfront von Tief VLADIMIR westlich von Irland über. Somit war das Tief für das europäische Festland noch nicht wetterwirksam.

Bis zum 14. Juli zog die Zyklone weiter nach Osten und befand sich zum Nachttermin ca. 1000 km westlich des Ärmelkanals. Der Kern vertiefte sich kaum und wies einen Druck von rund 1011 hPa auf, welcher nur knapp unter dem Normaldruck der Atmosphäre im Bodenniveau von 1013,25 hPa liegt. Wie am Vortag reichte die Kaltfront nach Südwesten und zog sich nun über den zentralen Atlantik und ging erneut in die Warmfront des nachfolgenden Tiefs über. Die Warmfront erstreckte sich über den Ärmelkanal bis auf die Länge von Dublin. Anschließend verband sich die Warmfront erneut mit der Kaltfront des Tiefs VLADIMR. Westlich des Kerns bildete sich bereits eine Okklusion aus. Eine Okklusion ist eine Mischfront. Sie entsteht wenn die Kaltfront sich über die langsamer bewegende Warmfront schiebt. Die Wetterwirksamkeit auf Europa war erneut gering. Dies änderte sich mit weiterer Ostverlagerung am Folgetag.

Am 15. Juli befand sich der Kern der Zyklone WALDEMAR in der Nähe von London und wies einen zentrumsnahen Druck von ca. 1017 hPa auf. Dabei nahm Tief WALDEMAR Eigenschaften eines Wellentiefs oder einer Frontalzone an. Eine Frontalzone ist ein relativ kleinräumiges und flaches Luftdruckminimum. Die Kaltfront reichte bis südwestlich von England und ging anschließend in die Warmfront des nun auf den Namen XAVER getauften Tiefs über. Die Warmfront erstreckte sich in östlicher Richtung von London bis Mitteldeutschland, eine Okklusion konnte nicht mehr festgestellt werden. Somit beeinflusste das Wellentief den Süden Englands, Nordfrankreich, die Benelux-Staaten sowie Teile Deutschlands. Dabei blieb es entlang der Fronten ein stark bewölkter Tag. Im Süden Englands wurden 0 bis 4 Sonnenstunden registriert. In London reichte es beispielsweise nur für eine Sonnenstunde. Nördlich des Kerns blieb es hingegen gering bewölkt. Es konnten in der nur 160 km nördlich von London gelegenen Stadt Nottingham 10 Sonnenstunden gemessen werden. In Irland sowie in Mittelengland wurden indes 8 bis 13, in Wales sogar 15 Stunden Sonne verzeichnet werden. Auch rückseitig der Kaltfront konnten sich Aufheiterungen durchsetzen. Es wurden in Camborne im äußersten Südwesten von England 8 Stunden Sonne erreicht.

Der Bereich zwischen den beiden Fronten ist der sogenannte Warmluftsektor. In diesen wird mit südwestlichen Winden warme Luft herangeführt. Davon profitierte der Süden von England. Es konnten dort Spitzenwerte von 20 bis 24°C gemessen werden. Am wärmsten wurde es an der Station Shoeburyness mit 24,9°C. Damit wurde knapp ein Sommertag verpasst, der laut Definition ab 25,0°C eintritt. In London reichte es für 23°C. In den übrigen zuvor genannten Regionen blieb es mit nordwestlichen Winden trotz viel Sonnenschein mit 16 bis 20°C kühler. Im Bereich des Kerns konnten 24-stündige Regenmengen von 2 bis 3 mm registriert werden. Sonst blieb es im Süden Englands bei relativ geringen Mengen von 0,1 bis 1 mm. Nennenswerte Windböen blieben aufgrund der geringen Luftdruckgegensätze aus. Auch entlang der französischen Küste wurden nur 0 bis 2 Sonnenstunden gemessen. Etwas weiter im Landesinneren konnten bereits 4 bis 7, ab einer Linie Paris - Nantes 8 bis 14 Stunden Sonne verzeichnet werden. An der Küste wurden Höchstwerte von 17 bis 24°C erreicht, sonst registrierte man unter dem Einfluss von Hoch DIETLINDE verbreitet über 30°C, wie beispielsweise in Paris mit 32°C. Regen fiel nur entlang der Küste. Dabei wurden 0,1 bis 1 mm, im äußersten Nordosten des Landes auch bis 6 mm gemeldet. Spitzenreiter war Le Touquet mit 5,8 mm.

In den Niederlanden, Belgien sowie in Nordrhein-Westfalen blieb es bei 0 bis 4 Sonnenstunden. Sonst reichte es für 5 bis 8 Stunden Sonne. Von Schleswig-Holstein bis Sachsen und in Bayern sowie Baden-Württemberg gab es 9 bis 14 Sonnenstunden. Nördlich einer Linie Nordrhein-Westfalen – Tschechien konnten Höchstwerte von 19 bis 26°C erreicht werden. Südlich der Warmfront im Warmluftsektor stiegen die Temperaturen auf Werte von 26 bis 31°C an. Der Höchstwert wurde aus Freiburg im Breisgau mit 31,5°C vermeldet. In der Nähe des Kerns fielen in den Niederlanden verbreitet 2 bis 3 mm, direkt an der Nordseeküste auch 8 bis 10 mm Niederschlag. Sonst gab es in Belgien und von Schleswig-Holstein über Nordrhein-Westfalen bis Sachsen 0,1 bis 2 mm, vereinzelt auch bis 4 mm Regen wie beispielsweise 4,2 mm in Görlitz oder 3,8 mm in Bad Lippspringe. Nennenswerte Windböen blieben erneut aus, maximal gab es 65 km/h auf dem Brocken und 72 km/h auf den Fichtelberg, im Flachland blieb es bei 20 bis 43 km/h.

Bis zum 16. Juli verlagerte sich der Kern weiter nach Osten und befand sich um 01 Uhr MEZ mit unverändertem Druck von ca. 1017 hPa knapp südlich von Hamburg. Die Kaltfront erstreckte sich bogenförmig bis über die Normandie, wobei diese über Belgien leicht rückläufig war und somit kurzzeitig Warmfronteigenschaften aufzeigte. Eine Okklusion konnte von Hamburg bis zur Nordsee festgestellt werden. Die Warmfront reichte nun vom nördlichen Sachsen-Anhalt bis knapp westlich von Budapest. Über Tschechien, Österreich, der Slowakei und Ungarn war die Warmfront aufgrund der Nähe zu Hoch DIETLINDE nicht mehr wetteraktiv. Somit beschränkte sich die Wetterwirksamkeit des Wellentiefs WALDEMAR größtenteils auf Frankreich, den Benelux-Staaten und Deutschland. Es konnte sich nun ein stark ausgeprägter Warmluftsektor ausbilden, in dem subtropische sowie zum Teil tropische Luftmassen einflossen. In Frankreich stiegen die Werte bei 10 bis 15 Stunden Sonnenschein verbreitet auf über 35°C, teils sogar über 40°C. Spitzenreiter war die südfranzösische Stadt Brive mit 41,4°C. Der Rekord in Frankreich stammt aus dem Jahr 2003 und liegt bei 44,1°C. In Deutschland wurden südlich einer Linie Rheinland-Pfalz - Thüringen ebenfalls über 30°C gemessen. Im restlichen Deutschland konnten 20 bis 28°C verzeichnet werden. Spitzenreiter war erneut Freiburg im Breisgau mit 35,1°C. Entlang der Kaltfront und Warmfront gab es 5 bis 7 Stunden Sonne, sonst durch zunehmenden Einfluss von Hoch DIETLINDE 9 bis 14 Stunden. Die Niederschläge schwächten sich ebenfalls ab und erreichten entlang der Kaltfront in Nordfrankreich und den Benelux-Ländern 0,1 bis 1 mm. In der Nähe des Kerns und der Warmfront gab es noch maximal 2 bis 5 mm Regen, wie beispielsweise 5 mm in Braunschweig und 3 mm in Lindenberg bei Beeskow. Mit dem Kaltfrontdurchgang konnten im Norden von Frankreich Windspitzen von 50 bis 65 km/h registriert werden, sonst gab es keine markanten Böen.

Im weiteren Verlauf zog das Wellentief WALDEMAR unter weiterer Abschwächung in Richtung Südpolen, wo es sich am Abend auflöste. Somit war der 16. Juli der letzte Tag, an dem das Tief auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden konnte.


Geschrieben am: 03.09.2015 von Dennis Schneider

Berliner Wetterkarte: 16.07.2015    

Pate: Waldemar Grube