Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet WALDEMAR
(getauft am 24.04.2015)
Am Abend des 24.04.2015 entstand durch einen Kurzwellentrog, also einen
Kaltluftvorstoß nach Süden in 5,5 km Höhe, über der Norwegischen See ein
Tiefdruckgebiet mit Kern über den Shetlandinseln, welches in der Prognose für
den Folgetag auf den Namen WALDEMAR getauft wurde. Vom Kern gingen um 01 Uhr
MEZ am 25.04. drei Fronten aus. Eine Okklusionsfront, d.h. eine Front mit
Eigenschaften von Kalt- und Warmfront, reichte nach Südwesten quer über das
schottische Hochland und Nordirland, eine Warmfront erstreckte sich nach
Nordosten über das Nordmeer, Bergen, Oslo und das baltische Meer bis nach
Königsberg, und eine weitere Okklusion verlief nach Süden über die
Benelux-Staaten sowie Frankreich und Spanien bis zum westlichen Mittelmeer. Zu
dieser Zeit brachte das noch relativ schwache Tief WALDEMAR den Shetlandinseln
schon in der Nacht zum 25.04. Dauerregen.
Am Tag nach der Entstehung setzte eine rapide zyklogenetische
Entwicklung ein und das Tief WALDEMAR verlagerte sich langsam in Richtung
Nordosten entlang der norwegischen Küste. Der Luftdruck wies knapp unter 1000
hPa auf. Dabei wurden maritime Luftmassen polaren Ursprungs vom Nordmeer in die
Westhälfte Deutschlands gelenkt, wobei die Osthälfte zunächst wärmer und trockener blieb.
An der Nordseeküste war es besonders kalt und regnerisch. Sylt meldete eine
Höchsttemperatur von knapp 11°C, wobei in Rostock die Temperatur fast 18°C
erreichte. An keiner anderen Station in Deutschland fiel mehr Niederschlag als
in Cuxhaven, wo an diesem Tag 13,3 mm bis 07
Uhr MEZ innerhalb von 24 Stunden zusammenkamen. Mit dem Tief WALDEMAR zogen
zwei Fronten, eine Warmfront eng gefolgt von einer Kaltfront, über Südnorwegen
nach Schweden. Dies verursachte regnerisches und windiges Wetter in
Südskandinavien. Auf der Norwegischen Insel Kvamsøy
wurden 20 mm Niederschlag gemeldet und am Osloer Flughafen lag bei bedecktem
Himmel die Wolkenuntergrenze am Nachmittag zeitweise bei unter 70 m, was für
zahlreiche Flugverspätungen gesorgt hat, da unter solchen Bedingungen auf Grund
der eingeschränkten Sichtweite nicht immer gelandet werden kann. Nördlicher in
Norwegen gab es starke Böen und am Trondheimer
Flughafen wurde am Abend Scherwind mit Richtungsänderungen bis zu 170° bei
starken Böen gemeldet. Auch dort kam es zu Verspätungen.
In der Nacht zum 26.04. war das Tief WALDEMAR bei Trondheim angekommen, wo
es zunächst verblieb. Dabei hatte es sich bereits zu einer mächtigen
Sturmzyklone entwickelt und besaß nun einen Kerndruck von 985 hPa. In jener
Nacht verlief eine relativ stationäre Front zwischen dem Tief WALDEMAR und dem
Tiefdruckgebiet VASCO, welches sich über der Biskaya befand. An diesem Tag zog
die Front nach Südosten über Nordwesteuropa und verursachte nochmals an einigen
Orten Niederschlag, besonders im Westen Deutschlands, wo in Nürburg die höchste
Niederschlagsmenge des Tages mit 16,1 mm innerhalb von 6 Stunden bis 01 Uhr MEZ
des Folgetages gemeldet wurde. Der Wind drehte bei der Frontenpassage von
westliche auf nördliche Richtungen.
Bis zum 27.04. fiel der Kerndruck des Tiefs WALDEMAR auf unter 980 hPa und
der Kern verlagerte sich ein wenig gen Südwesten. Dabei geriet der Wirbel
WALDEMAR näher an das immer noch schwache, von Westen in Richtung Schottland
ziehende Tief XENOPHON heran, welches nach seiner Entstehung an der Südspitze
Grönlands auf seinem Zug über den Atlantik an Mächtigkeit gewonnen hatte. Über
dem Nordatlantik sorgte das Tief WALDEMAR für besonders kaltes und windiges
Wetter, da maritime Luftmassen arktischen Ursprungs aus dem Norden über Island
und die Färöer bis über Großbritannien gelenkt wurden. Dort lagen die
Temperaturwerte den ganzen Tag bei unter 14°C. In Island wehte steifer Nordwind
mit Sturmböen und in der isländischen Hauptstadt fiel die Temperatur am Morgen
zeitweise auf –3°C. In Tórshavn wurden gar schwere
Sturmböen gemeldet, die stärkste Böe betrug mehr als 25 m/s und wurde am Mittag
registriert. Dort lag die Höchsttemperatur am Tage bei nur 4,4°C, gleichzeitig
wurde knapp 14 mm schauerartiger Niederschlag, darunter auch Schnee regisriert.
Am Morgen des 28.04. befand sich der Kern des Tiefs WALDEMAR, dessen Druck
immer noch 980 hPa betrug, genau über den Färöern. Durch den Einfluss
arktischer Luftmassen blieben die Temperaturen über dem Nordatlantik bestehen.
Im Tagesverlauf wurde das Tief WALDEMAR aber allmählich schwächer und geriet in
den Einflussbereich des benachbarten Tiefdruckgebiets XENOPHON, was sich mit seinen
zwei Kernen über Schottland und dem Nordmeer ausbreitete. Eine Okklusion
verlief vom Kern des Wirbels WALDEMAR in einen Bogen über die Ostküste Islands
und Nordskandinavien bis über Lappland. Da sich das Tief WALDEMAR im Verlauf
des Tages etwas nach Westen verlagerte und stark an Mächtigkeit verlor, setzte
nach einem immer noch windigen Morgen auf den Färöern am Nachmittag etwas
ruhigeres Wetter ein, obgleich bis Mitternacht mehrere
starke Böen, davon einige über 13 m/s, was auf der Beaufortskala der Windstärke
6 entspricht, gemeldet wurden. Dabei drehte der Wind im Tagesverlauf von
Süd auf Nord bei unwesentlichen Temperaturänderungen. Im Osten Islands fiel
unter Einfluss der Okklusion des Tiefs WALDEMAR den ganzen Tag abwechselnd
Schnee und Schneeregen bei frischem, im Mittel
mit ca. 9 m/s wehendem Wind. Durch die mit der Front einhergehenden Wolken
blieb der Himmel den ganzen Tag bedeckt. Deutschland war hingegen an diesem Tag
nicht unter Einfluss des Tiefdrucksystems WALDEMAR, denn dort breitete sich von
Südwesten das Hochdruckgebiet REGINA aus.
In der Nacht zum 29.04. war der Kerndruck des Tiefs WALDEMAR auf 1000 hPa
angestiegen. Dabei wurde die vom Tief WALDEMAR nach Osten reichende Mischfront
mit der vom Tief XENOPHON über dem Nordmeer reichenden Warmfront verbunden. Die
resultierende Okklusion zog nach Osten über England und Schottland, wobei
besonders in den englischen Midlands dynamisches
Wetter einsetzte, mit bedecktem Himmel und viel Regen. Auf den größten
Stützpunkt der Royal Air Force in Spadeadam in Cumbria fielen am 29.04. 23 mm Schnee und Regen bei
teilweise stürmischen Böen, von denen die stärksten mit 17,5 m/s gemeldet
wurden.
Im Laufe des Tages wurde der Wirbel WALDEMAR in die Zirkulation der Zyklone
XENOPHON über der Nordsee aufgenommen. Dessen Kaltfront zog in Richtung
Mitteleuropa, wo sie am kommenden Tag Deutschland überquerte. Daher konnte das
Tief WALDEMAR am Folgetag nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.
Geschrieben am 23.05.2015 von Arnór Tumi Jóhannsson
Berliner Wetterkarte: 26.04.2015