Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet WALLY

(getauft am 26.02.2012)

 

Das Tiefdrucksystem WALLY wurde am 26.02.2012 getauft, nachdem es sich von Neufundland bis südlich der Dänemarkstraße zwischen Grönland und Island verlagert hatte und für das europäische Wettergeschehen von Bedeutung zu werden schien.

Am Tag der Taufe bestand das Frontensystem der Zyklone WALLY, welche einen Kerndruck von knapp 989 hPa aufwies, aus einer Warm- und Kaltfront sowie aus einer Okklusionsfront, eine Mischform aus Warm- und Kaltfront. Die rücklaufende Okklusion machte sich am Boden jedoch als Kaltfront bemerkbar, weil sie polare Luftmassen aus dem Norden mit sich führte. Diese Front reichte vom Kern ausgehend in einer geraden Linie rund 1000 km nach Südwesten. Die zugehörige Warmfront des Systems erstreckte sich vom Kern in einem leichten Bogen südöstlich bis an die Westküste Schottlands, die Kaltfront hingehen beschrieb knapp östlich des Kerns einen engen Bogen und führte anschließend nach Süden bis über den mittleren Nordatlantik auf der Breite der Bretagne.

Im Laufe des Tages verlagerte sich die Zyklone WALLY mit ihrem Kern nach Nordosten, sodass sie sich am 27.02.2012 über der Nordmeerinsel
Jan Mayen befand. Der Druck des Kerns sank dabei weiterhin auf nun nur noch rund 976 hPa. Die Okklusion erstreckte sich vom Kerngebiet bogenförmig bis über die nördliche Nordsee, mittig zwischen Norwegen und der Nordspitze Schottlands, östlich der Shetland-Inseln. Dort spalteten sich die Warm- und Kaltfront ab. Die Warmfront verlief nördlich an London vorbei bis rund 100 Km südwestlich der Küste Cornwalls. Die Kaltfront erstreckte sich über Edinburgh hinweg und ging über der Nordküste Irlands in die Warmfront eines Nachfolgenden Tiefs über. Außerdem existierte noch eine vorgelagerte Okklusion, die rund 1000 km nordöstlich an der Ostküste Grönlands begann und sich parallel zur eigentlichen Okklusionsfront in einem Bogen bis nach Oslo erstreckte. Der Einfluss beider Okklusionsfronten führte in Trondheim den ganzen Tag zu einem nahezu komplett bedeckten Himmel und brachte kontinuierlich Niederschläge mit sich, die in der Summe bis um 07 Uhr MEZ des Folgetages 6 l/m² ergaben. Auf der Vorderseite des Systems wurden gleichzeitig mildere Luftmassen nach Norden transportiert, wodurch die Temperatur auf Spitzbergen beispielsweise von noch -14°C am Vortag auf nun maximal -2°C stieg. Auch die darauffolgende Nacht war mit -5°C wärmer als die zuvor. Im Laufe des Tages spaltete sich der Tiefdruckwirbel WALLY auf und besaß am 28.02.2012 zwei Kerne. Der ursprüngliche Kern lag rund 1000 km nördlich von Jan Mayen und wies einen Druck von rund 980 hPa auf. Der neue Kern verstärkte sich bei der Ausprägung jedoch deutlich auf 965 hPa und lag mittig zwischen Jan Mayen und dem Nordkap. Der westliche Kern wies eine Okklusion auf, die einen Halbkreis beschreibend bis nahe des östlichen Kerns reichte und dort in dessen rücklaufende Okklusion überging. Eine weitere Okklusion verlief vom östlichen Kern aus über die Lofoten nach Süden bis zur schwedischen Stadt Mora, wo sie sich wieder in Warm- und Kaltfront aufteilte. Die kurze Kaltfront zog sich einige hundert Kilometer nach Südwesten bis zur norwegischen Stadt Oslo. Die Warmfront reichte hingegen nach Süden, über die Ostsee und Berlin hinweg bis nach Würzburg. Der Durchgang dieser Warmfront führte zu einer deutlichen Disparität in der Sonnenscheindauer zwischen dem Norden Deutschlands und dem Süden. So lag Hamburg den ganzen Tag unter einer geschlossenen Wolkendecke und konnte keine einzige Minute Sonnenschein aufweisen, wohingegen in Freiburg die Sonne 10 Stunden lang schien. Durch die weiter zunehmenden Druckunterschiede zwischen dem Kerngebiet und dem Umfeld, konnten sich Sturmfelder ausbilden, die auf Jan Mayen zu Schneetreiben mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 105 km/h führte, was der Windstärke 11 entspricht.

Bis zum 01.03.2012 blieb der westlichere Kern stationär vor Grönland und der östlichere verlagerte sich bis knapp vor die Ostküste Spitzbergens. Vom westlichen Kern mit einem Druck von rund 990 hPa ausgehend erstreckte sich eine Okklusion bis knapp westlich von Spitzbergen. Vom anderen Kern mit einem Druck von ca. 984 hPa ging eine weitere Okklusion nach Westen aus, ehe sie in die Front des ersten Kerns überging. Diese rücklaufende Okklusion war am Boden wieder als Kaltfront zu analysieren. Die voranlaufende Okklusion des östlichen Kerns beschrieb einen nordöstlichen Bogen, und reichte anschließend weit nach Süden über die Halbinsel Kola hinweg bis nach Russland, knapp südwestlich von Moskau. Der Frontendurchgang der Okklusion brachte zum Beispiel in St. Petersburg innerhalb von 24 Stunden bis zum 02.03.2012 eine Niederschlagsmenge von 6 l/m², teils als Regen, teils als Schnee.

Das Tiefdrucksystem WALLY schwächte sich im weiteren Verlauf leicht ab, zog weiter in nordöstlicher Rüstung und wurde an den beiden nächsten Tagen an der nördlichen Darstellungsgrenze der Berliner Wetterkarte frontenlos analysiert. Auf den Inseln des Franz-Josef-Landes im Polarmeer wurden dennoch Schneefälle beobachtet.

Im Laufe des 03.03.2012 verließ das Tief WALLY mit einem Kerndruck von etwas unter 1000 hPa dann schließlich den Darstellungsbereich nach Nordosten und konnte daher nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben am 24.04.1012 von Patrick Ilmer

Berliner Wetterkarte: 28.02.2012

Pate: Wieland Rockmann