Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet WALPURGA

(getauft am 27.09.2016)

 

Im Laufe des 26.09.2016 entwickelte sich südwestlich des über dem mittleren Nordatlantik befindlichen Tropensturms ex-KARL ein minimales Hochdruckgebiet, welches eine Wellenstörung in der Höhenströmung von 5,5 km verursachte und sich anschließend wieder auflöste. Südöstlich von Neufundland beginnend verstärkte sich diese Wellenstörung, bis sich ein eigenständiges Tiefdruckgebiet entwickelt hatte.

Am 27.09.2016 erreichte dieses vorerst schwache Tief einen minimalen Kerndruck von etwa 1010 hPa und lag mit seinem Kern über dem mittleren Nordatlantik. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich bereits ein Frontensystem ausgebildet. Vom Kern erstreckte sich eine kurze Okklusion nach Osten bis zum Okklusionspunkt und sich dort in eine nach Osten reichende Warmfront und eine nach Südwesten weisende Kaltfront aufteilte. Eine Okklusion ist dabei durch wärmere Luftmassen in höheren sowie kälteren Luftmassen in niedrigeren Schichten der Atmosphäre gekennzeichnet. Die Okklusion entsteht, da die nachfolgende Kaltfront die vorlaufende Warmfront einholt und deren wärmere Luftmassen aufsteigen lässt. Aufgrund der vorhergesagten Wetterwirksamkeit für Europa wurde am 27.09.2016 in der Prognose für den Folgetag dieses Tiefdruckgebiet auf den Namen WALPURGA getauft.

Am 28.09.2016 befand sich das Tiefdruckgebiet WALPURGA weiterhin über dem mittleren Nordatlantik mit einem bis dahin unveränderten minimalen Kerndruck von ca. 1010 hPa. Das Frontensystem wies eine kurze Okklusion um das Zentrum der Zyklone WALPURGA auf, von der die Warmfront nach Osten sowie die Kaltfront nach Süden ausgingen. Die Warmfront hatte dabei bereits den Südwesten Irlands erreicht. Dort sorgte diese jedoch für keine wesentlichen Niederschlagswerte. Im weiteren Tagesverlauf verstärkte sich jedoch die südwestliche Höhenströmung, so dass der Kern des Wirbels WALPURGA nördlich an Irland sowie Großbritannien vorbei zog. Mit Durchzug der Warm- und anschließend der Kaltfront wurde in dem irischen Valentia Observatory in der zweiten Tageshälfte ab 12 Uhr UTC, was einer Zeit von 14 Uhr MESZ entspricht, eine maximale Niederschlagsmenge von 4,2 mm gemessen, wobei in den ersten
6 Stunden bereits 4,1 mm fielen. In dem irischen Ort Belmullet wurden innerhalb von 6 Stunden bis 18 Uhr UTC die höchsten Niederschlagswerte mit 3,5 mm registriert. Neben der Verstärkung der Höhenströmung verstärkte sich zudem das Tief WALPURGA selbst, sodass ebenfalls in dem irischen Ort Belmullet maximale Windgeschwindigkeiten von bis zu 79,3 km/h um 14 Uhr UTC registriert wurden. Dies entspricht Sturmböen der Stärke 9 auf der Beaufort-Skala. Das Maximum wurde jedoch im irischen Ort Malin Head gemessen, wo um 15 Uhr UTC Sturmböen der Stärke 9 auf der Beaufort-Skala mit 86,5 km/h aufgezeichnet wurden. An der schottischen Station Skye/Lusa wurden in 12 Stunden bis 24 Uhr UTC bis zu 17 mm gemessen. Auch dort fielen in den ersten 6 Stunden die höchsten Regenmengen von bis zu 15 mm. Das Niederschlagsmaximum wurde hingegen im englischen Keswick verzeichnet, wo im gleichen Zeitraum bis 24 Uhr UTC sogar 25 mm an Niederschlag fielen, dabei 23 mm erst in den letzten 6 Stunden. Im schottischen Skye/Lusa wurden außerdem um 23 Uhr UTC Sturmböen der Stärke Beaufort 9 von maximal 87,1 km/h registriert. Die höchsten Windgeschwindigkeiten wurden jedoch auf den Gipfeln von Aonach Mor sowie Cairngorm mit maximalen Windgeschwindigkeiten von 153,8 km/h bzw. 202,0 km/h registriert, wobei beide Stationen in einer Höhe von etwa 1200 m liegen.

Die Höhenströmung verstärkte sich, so dass der Tiefdruckwirbel WALPURGA bereits zu Beginn des folgenden Tages ca. 200 km nördlich der schottischen Küste über dem südlichen Bereich des Europäischen Nordmeeres lag. Dabei verstärkte sich die Zyklone WALPURGA sehr schnell und erreichte einen minimalen Kerndruck von knapp unter 985 hPa. Nördlich um den Kern reichte die Okklusion nach Süden bis zu den Shettland-Inseln, von dort erstreckte sich die Warmfront über Südnorwegen, Dänemark sowie Norddeutschland. Die Kaltfront zog sich über Großbritannien und Teilen Irlands. Durch diese Kaltfront fielen in den ersten 12 Stunden des Tages 9 mm durch Regenschauer in Bishopton bei Glasgow. Am schottischen Gewässer Loch Glascarnoch fielen im gleichen Zeitraum sogar 21 mm Niederschlag, was die höchsten britischen Niederschlagsmengen an diesem Tag waren. Dabei wurden um 01 Uhr UTC im schottischen Cairngorm maximale Windböen bis 174,2 km/h gemessen. Im irischen Ort Malin Head wurden um 05 Uhr UTC ebenfalls hohe Windgeschwindigkeiten von maximal 82,9 km/h registriert, die der Stärke 9 auf der Beaufort-Skala entsprechen. Im weiteren Verlauf des Tages zog das Tief WALPURGA zudem über weite Teile von Norwegen und Schweden hinweg und sorgte zusätzlich mit dessen Frontensystem im südnorwegischen Ort Kvamskogen für Niederschlagsmengen bis 76 mm über den ganzen Tag verteilt. Dabei fielen in 6 Stunden bis 12 Uhr UTC 22 mm Regen. Am Flughafen Luleå im Nordosten Schwedens fielen zwischen 14 Uhr UTC und 24 Uhr UTC 28 mm an Regen. Zudem wurden in Schweden häufig Sturmböen zwischen 85 km/h und 90 km/h registriert. Die höchste Windgeschwindigkeit in ganz Schweden wurde jedoch in Vaderoarna gemessen. Dort gab es zwischen 17 und 19 Uhr UTC orkanartige Sturmböen der Stärke 11 auf der Beaufort-Skala mit 115,3 km/h. Aber auch im dänischen Ort Blaavand wurden noch schwere Sturmböen der Stärke Beaufort 10 mit einer maximalen Windgeschwindigkeit von 96,4 km/h um 23 Uhr UTC gemessen.

Am darauffolgenden Tag befand sich das Sturmtief WALPURGA mit einem weiter verstärkten Kerndruck von etwas unter 970 hPa mit dem Tiefzentrum über Nordschweden. Die Okklusion zog sich vom Kern der Zyklone WALPURGA bis zum Okklusionspunkt bis etwa 100 km nördlich von St. Petersburg. Von dort reichte die Warmfront nach Süden bis Minsk und die Kaltfront nach Südwesten über das Baltikum, Mitteleuropa, sowie der Biskaya bis über den Nordatlantik. Die Kaltfront war jedoch nur noch wenig wetteraktiv und sorgte dementsprechend für keinen wesentlichen Niederschlag mehr. Durch die Nähe zum Okklusionspunkt, an dem die Kaltfront die wärmeren Luftmassen der Warmfront aufsteigen lässt, wurden in St. Petersburg in den ersten 3 Stunden den Tages 5 mm durch Regenschauer verursacht. Zwischen 03 und 15 Uhr UTC sorgte die Okklusion zusätzlich in Archangelsk für Niederschlagsmengen bis 6 mm. Der Tiefdruckwirbel WALPURGA führte weiterhin in Norwegen, Schweden und Finnland zu hohen Niederschlagsmengen. In dem norwegischen Ort Stryn wurden über den ganzen Tag verteilt 60 mm an Regen gemessen. Im nordschwedischen Ort Tarfala wurden zudem um 22 Uhr UTC maximale Windgeschwindigkeiten bis 111,7 km/h verzeichnet, wobei diese Messstation auf einer Höhe von 1100 m liegt. Aber auch im finnischen Ort Russaro wurden zum Beispiel um 06 Uhr UTC schwere Sturmböen der Stärke 10 auf der Beaufort-Skala mit Windgeschwindigkeiten bis 93,7 km/h registriert.

Bis zum 01.10.2016 schwächte sich die Höhenströmung ab, sodass das Tiefdruckgebiet WALPURGA mit einem leicht abgeschwächten Kerndruck von ca. 975 hPa mit dem Zentrum über dem Nordkap lag. Das Frontensystem zeichnete sich durch eine vom Zentrum der Zyklone WALPURGA nach Südosten ausgehende Okklusion aus und teilte sich über dem Westen Russlands in eine kurze bis zum Schwarzen Meer reichende Warmfront sowie eine bis nach Warschau führende Kaltfront auf. Bis auf 5 mm Regen in dem russischen Ort Perm aufgrund des Durchzugs der Okklusion war das Frontensystem kaum wetterbestimmend. Dafür sorgte der Wirbel WALPURGA weiterhin für hohe Windgeschwindigkeiten. Erneut wurden im nordschwedischen Ort Tarfala die höchsten Windgeschwindigkeiten gemessen. Um 13 Uhr UTC zeichnete die Messstation Windgeschwindigkeiten bis 118,9 km/h auf. Auf der norwegischen Insel Myken wurden sogar innerhalb von 2 Stunden bis 06 Uhr UTC Orkanböen der Stärke 12 auf der Beaufort-Skala mit Geschwindigkeiten von bis zu 151,3 km/h erreicht. Die höchsten norwegischen Niederschlagsmengen wurden in Tromsø mit 24 mm Regen über den gesamten Tag gemessen. In dem schwedischen Ort Katterjakk gab es an diesem Tag nur maximal 10 mm an Niederschlag.

Das sich weiterhin abgeschwächte Sturmtief WALPURGA verlagerte sich bis zum 02.10.2016 mit einem Kerndruck von ca. 985 hPa bis etwa 100 km nördlich des Nordkaps. Vom Tiefzentrum ging über die Barentssee sowie über den Westen Russlands die Okklusionsfront aus. Die Okklusion schwächte sich jedoch weiter ab und sorgte im russischen Tobolsk für lediglich 0,7 mm Regen in der zweiten Tageshälfte. Im schwedischen Ort Katterjakk wurden wie am Vortag die höchsten Niederschlagsmengen gemessen. Diese lagen am gesamten Tag jedoch nur noch bei 6,5 mm. Im norwegischen Tromsø blieben die maximalen Regenmengen an diesem Tag auch bei nur noch 15,8 mm. Trotzdem wurden noch sehr hohe Windgeschwindigkeiten erreicht. Um 07 Uhr UTC verzeichnete die norwegischen Insel Hasvik-Sluskfjellet schwere Sturmböen der Stärke 10 auf der Beaufort-Skala mit Windgeschwindigkeiten bis 93,7 km/h. Im finnischen Pelkosenniemi wurden mittlere Windgeschwindigkeiten von 54 km/h um 06 Uhr UTC gemessen. Zum gleichen Zeitpunkt gab es erneut im schwedischen Tarfala eine maximale Windgeschwindigkeit von 118,9 km/h.

Am 03.10.2016 schwächte sich der Wirbel WALPURGA auf einen Kerndruck von nur noch 1000 hPa ab und lag etwa 100 km östlich von Spitzbergen. Die schwache Okklusion zog sich ausgehend vom Kern nördlich um diesen herum nach Süden bis zum Nordwesten Russlands. Aufgrund der angehaltenen Abschwächung der Okklusion sorgte diese für keine wesentlichen Niederschläge mehr. Durch die Verlagerung des Kern der Zyklone WALPURGA nach Norden erreichten stärkere Niederschläge nicht mehr die auf dem Festland befindlichen Messstationen. Ebenfalls konnten keine hohen Windgeschwindigkeiten aufgrund der Abschwächung des Tiefzentrums mehr registriert werden. Im weiteren Tagesverlauf löste sich dann nicht nur das Frontensystem sondern auch das Tiefdruckgebiet WALPURGA selbst allmählich auf und konnte daher am Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 

 

Geschrieben am 09.11.2016 von Florian Ruff

Berliner Wetterkarte: 29.09.2016

Pate: Karola Friedmann-Nägele