Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet WALTRAUD

(getauft am 30.04.2016)

 

Durch das Aufeinandertreffen von arktischer Kaltluft und wärmeren Luftmassen der mittleren Breiten an der südlichen Flanke des Islandtiefs UTA kam es zur Bildung eines neuen Tiefdruckgebietes, wodurch das neue Tief am 30.04. in der Prognose für den Folgetag auf den Namen WALTRAUD getauft wurde.

Am 01.05. lag das Tief WALTRAUD ca. 1000 km westlich der irischen Küste. Die Kaltfront erstreckte sich nach Südwesten über den Atlantik und die Warmfront nach Osten, wo sie im Laufe des Tages das irische Festland erreichte. An der Wetterstation der irischen Stadt Belmullet, die an der Küste im Nordwesten des Landes liegt, wurde ab 08 Uhr UTC, was 10 Uhr MESZ entspricht, eine stetige Zunahme der mittleren Windgeschwindigkeit registriert. Während es zu dem Zeitpunkt im Mittel noch Windgeschwindigkeiten von 7,2 km/h aus West waren, drehte der Wind bis 23 Uhr UTC auf Süd-Südwest mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von 57,6 km/h und Böen bis 79,3 km/h. Ab 06 Uhr UTC fielen in den folgenden 18 Stunden 7,8 mm Regen und um 23 Uhr UTC, als die Kaltfront der Warmfront folgte, wurde sogar Hagel beobachtet. Die Höchsttemperatur lag mit 12,8°C etwas höher als am Vortag, wo nur 10,7°C erreicht wurden. Größere Niederschlagsmengen als in Belmullet traten an den Westküsten Großbritanniens auf, besonders in den Staulagen der Gebirge. An der Wetterstation Skye/Lusa nahe der Ortschaft Broadford im Osten der Isle of Skye wurden im Laufe des Tages 34,6 mm Regen in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC gemeldet. Der Ort liegt im Stau der Gebirge, was zu den relativ großen Niederschlagsmengen führte. Dort wurde eine Tageshöchsttemperatur von 12,4°C erreicht, während am Vortag maximal 10,5°C gemeldet wurden, und eine maximale Böe von 70,4 km/h um 23 Uhr UTC. Andere Stationen an der Ostküste Schottlands meldeten Niederschlagswerte innerhalb dieses Zeitraums zwischen 5 und 16 mm, während an der Westküste in derselben Zeitspanne nirgendwo mehr als 2,6 mm gemessen wurden.

Bis zum 02.05. hatte sich das Tief WALTRAUD unter deutlicher Verstärkung nach Nordosten verlagert. Der Wirbel hatte das Tief UTA in seine Zirkulation aufgenommen und sich dabei auf einen Kerndruck von knapp unter 980 hPa vertieft. Vom Kern des ehemaligen Tiefs UTA ging eine Okklusionsfront aus, eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, die entsteht, wenn die schneller ziehende hintere Kaltfront die vordere Warmfront im Okklusionspunkt einholt und sich die sogenannte Okklusion ausbildet. Diese erstreckte sich über das Nordmeer nach Süden, wobei sich die Warmfront nach Süden über die Nordsee und den Ärmelkanal bis über die Biskaya erstreckte. Die kurze Kaltfront hingegen reichte über die zentrale Nordsee und ging in die Warmfront des Tiefs WALTRAUD über. Vom Kern ausgehend spaltete sich dessen Okklusionsfront über den Färöer-Inseln auf. Von dort erstreckte sich die Warmfront nach Süden über die Nordsee. Die Kaltfront verlief in südwestlicher Richtung über Schottland und Irland bis über den Atlantik und ging nördlich der Azoren in eine Warmfront eines nachfolgenden Tiefs über. Auf der Rückseite des Tiefdruckgebiets war eine weitere Okklusionsfront eingebunden. An den Westhängen der Highlands wurden im Lauf des Tages durch Staueffekte erneut größere Niederschlagsmengen registriert, wie an der Wetterstation Skye/Lusa mit 30 mm in 24 Stunden, oder weiter nördlich an der Station Aultbea mit 28 mm im selben Zeitraum. An der Westküste Irlands wurden in diesem Zeitraum nur Werte zwischen 6 und 12 mm erreicht. Der Durchzug der Kaltfront machte sich an der Wetterstation im schottischen Ort Aultbea bemerkbar. Am Vortag wurden noch Höchsttemperaturen von 11,3°C gemessen, an diesem Tag waren es nur noch 9,4°C. Auch an Teilen der norwegischen Westküste kam es zu größeren Niederschlägen. Sie beschränkten sich jedoch auf den Küstenabschnitt vom Skagerrak bis zum Sognefjord, wo im Laufe des Tages in der Staulage der Skanden verbreitet zwischen 13 und 41 mm in 24 Stunden fielen.

Am 03.05. verlagerte sich das Tief WALTRAUD über den Nordosten Islands, der Kern schwächte sich dabei auf einen Druck von 985 hPa ab. Die Okklusion erstreckte sich nach Süden vom Europäischen Nordmeer über die Westküste Norwegens und die Nordsee bis über den Norden Mitteleuropas. Folgend nahm sie den Charakter einer Kaltfront an und reichte bis über die Biskaya. Im Laufe des Tages überquerte die Luftmassengrenze auch Deutschland, was zu deutlichen Temperaturgegensätzen führte. Da es im Osten vor der Front länger sonnig blieb, stiegen dort die Temperaturwerte verbreitet über 20°C. Die Station Berlin-Dahlem erreichte lediglich einen Höchstwert von 19,7°C, jedoch erhöhte sich die Temperatur in Potsdam auf maximal 20,7°C, was in Deutschland an diesem Tag nur von der Station im bayrischen Regensburg mit maximal 21,1°C übertroffen wurde. Um 12 Uhr UTC waren die Temperaturunterschiede am deutlichsten zu sehen. Während es in Braunschweig bei 8,9°C und Böen bis 43,2 km/h regnete, lag die Temperatur im ca. 90 km weiter östlich gelegenen Magdeburg bei 16,9°C trotz bedeckten Himmels. Im Nordwesten Deutschlands wurden verbreitet Niederschlagsmengen zwischen 1 und 6,5 mm registriert. In Braunschweig fielen 3,1 mm und in Leck bei Niebüll 6,5 mm. Den Osten Deutschlands erreichte der Niederschlag nur stark abgeschwächt. Verbreitet blieb es sogar an diesem Tag trocken, wie in Berlin. Zwischen 15 und 16 Uhr UTC drehte der Wind von Ost auf Nordwest, dabei verstärkte sich der Mittelwind von 3,6 km/h auf 28,8 km/h und es wurden Böen bis 54 km/h registriert. Im Süden Deutschlands regnete es am meisten im Stau des Bayrischen Waldes und an den Alpen. Weiden in der Oberpfalz meldete 10,3 mm in 24 Stunden, Kempten im Allgäu 11,0 mm und der Flughafen Salzburg 11,5 mm. Im Laufe der Nacht verschob sich der Einfluss des Tiefs WALTRAUD rasch nach Nordosten aufgrund der Verstärkung von Hoch PETER, welches seinen Schwerpunkt über Deutschland verlagerte. Durch das Aufklaren in der Nacht kam es vor allem in Westdeutschland stellenweise zu leichtem Bodenfrost.

Am 04.05. verblieb der Kern von Tief WALTRAUD am Rand eines sich verstärkenden namenlosen Islandtiefs stationär, dabei vollzog sich eine deutliche Abschwächung des Kerns auf einen Druck von 1000 hPa. Die Okklusion führte in einem Bogen über das nördliche Europäische Nordmeer und erstreckte sich weiter nach Süden bis nach Norwegen, wo sie den Charakter einer Kaltfront annehmend über das östliche Mitteleuropa und südlich an den Alpen vorbei bis zum Mittelmeer führte. Über Skandinavien war die Kaltfront nahezu unwirksam für das Wettergeschehen. Nur ein paar Wetterstationen um den Saltfjellet-Svartisen-Nationalpark und in Tromsö meldeten Niederschlagsmengen bis zu 4 mm. Durch den Vorstoß von Höhenkaltluft über Mitteleuropa kam es in Österreich, Tschechien und Südpolen zu kräftigen, von Schauern verstärkten Regenfällen und Gewittern. Im Niederösterreichischen Alpenvorland regnete es ergiebig, so wurden in 24 Stunden in Waidhofen an der Ybbs 30,4 mm, in St. Pölten 30,6 mm, in Lunz am See 42 mm und in Lilienfeld 52 mm. Die Höchsttemperaturen in den tieferen Lagen befanden sich zwischen 10 und 12°C. Im Nordosten Tschechiens auf dem 1423 m hohen Kepernik setzte in der Nacht Schneeregen ein. Im Laufe des Tages meldete die Station Serak auf 1328 m über NN 28,2 mm in 24 Stunden. Im polnischen Lodz traten von 12 bis 21 Uhr UTC Gewitter auf. Dadurch kam es immer wieder zu kräftigen Schauern, die 31 mm Niederschlag brachten. Dort stieg die Temperatur auf Werte um 18,0°C.

Am Folgetag befand sich der Kern des Tiefs WALTRAUD mit einem Luftdruck im Kern von 1005 hPa über der Insel Jan Mayen, die sich in der Grönlandsee befindet. Die Okklusionsfront im Einflussbereich des Tiefs erstreckte sich nach Osten bis über die Bäreninsel südlich von Spitzbergen. Vor 12 Uhr UTC wehte der Wind auf Jan Mayen aus Ost im Mittel mit 29 bis 33 km/h und in Böen bis 50,4 km/h. Dabei regnete es zeitweise leicht, von 06 bis 12 Uhr wurde eine Niederschlagsmenge von 1,0 mm registriert. In der zweiten Tageshälfte schwächte sich der Mittelwind auf 7,2 km/h ab, dabei setzte Nebel ein, der die Sicht bis auf 500 m verringerte.

Sich weiter abschwächend und von einem nachfolgenden Tief aufgenommen werdend, konnte das Tief WALTRAUD am 06.05.2016 nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 

 

Geschrieben am 28.06.2016 von Sebastian Kugel

Berliner Wetterkarte: 02.05.2016

Pate: Waltraud Sülzle