Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet WENKE

(getauft am 03.12.2020)

 

Am 03.12.2020 um 00 UTC, also 01 Uhr MEZ, bildete sich am Rande einer von Grönland bis nordwestlich der Azoren befindlichen Hochdruckbrücke eine Wellenstörung, welche sich zentral über dem Atlantik zwischen Neufundland und Irland befand. Aus der Analysekarte der Berliner Wetterkarte (BWK) ging hervor, dass das Tief das Wettergeschehen Mitteleuropas in den kommenden Tagen beeinflussen werden würde, daher wurde es auf den Namen WENKE getauft. Am Rande des Atlantikhochs hatte das Tief am Tag der Taufe einen Kerndruck von etwas über 1025 hPa, also noch deutlich über dem Normaldruck von ca. 1013 hPa. Die Kaltfront der Wellenstörung verlief nach Westen und ging in die Warmfront eines über Kanada liegenden Tiefdruckwirbels über, die sehr kurze Warmfront von Tief WENKE zeigte nach Osten.

Bis zum Folgetag, dem 04.12.2020 um 01 Uhr MEZ verlagerte sich das Tiefdruckgebiet bis zum Ärmelkanal. Mit einem Kerndruck von knapp 975 hPa hatte sich der Wirbel im Vergleich zum Vortag enorm verstärkt. Vom Kern aus verlief die Kaltfront südwestlich über Frankreich und Spanien bis zu den Azoren. Die Warmfront erstreckte sich vom Ärmelkanal aus nach Norden und ging in die Kaltfront eines weiteren lokalen Tiefdruckkerns der Zyklone WENKE über, welcher sich an der englischen Küste nahe der Stadt Scarborough befand und einen Bodendruck von ca. 980 hPa besaß. Von dem Kern aus verlief eine Warmfront weiter nach Nordosten über die Nordsee und im Bogen weiter nach Südosten bis zur deutschen Küste, wo sich die Warmfront aufspaltete und zum einen südwestlich über Frankreich zog, zum anderen in südöstlicher Richtung über den Süden Deutschlands. Mit einer nördlichen Luftströmung brachte Tief WENKE feuchte Meeresluft zur Iberischen Halbinsel, wodurch es im Nordwesten Spaniens zu lang anhaltendem mäßigen Niederschlag kam. Die höchsten 12-stündigen Werte wurden in Camuno gemessen, dort fielen bis 19 Uhr MEZ 39 mm Regen. Auch im Bereich der Britischen Inseln sorgte die Zyklone für Regen, Aboyne in Schottland meldete 12-stündige Werte von 27 mm. In Deutschland fiel der Regen nur schwach aus, Höchstwerte betrugen in Bad Bergzabern in Rheinland-Pfalz 8 mm bis 19 Uhr MEZ. Island befand sich zwischen Tief WENKE und einem ausgeprägten Hoch über Grönland im Bereich starker Luftdruckgegensätze, wodurch der Wind hohe Geschwindigkeiten erreichte. Vermehrt wurden Böen der Windstärke 12, also Orkanstärke, gemessen. In Hamarsfjörður wurden bis 07 Uhr MEZ Windgeschwindigkeiten von bis zu 220 km/h aufgezeichnet.

Am 05.12.2020 um 01 Uhr MEZ befand sich Tief WENKE mit zum Vortag fast unveränderter Lage und einem Kerndruck von knapp 980 hPa über England. Eine Okklusionsfront, also eine Mischfront, die durch das Einholen der Warmfront durch die Kaltfront entsteht, zog sich vom Nordwesten Spaniens nach Norden bis zum Tiefdruckkern und im Bogen über die Nordsee bis in den Nordwesten Deutschlands hinein. Dort teilte sich die Front am Okklusionspunkt in Warm- und Kaltfront auf. Die Warmfront erstreckte sich nach Osten Richtung Polen, die Kaltfront nach Süden bis über die Alpen, und ging in die Warmfront des über dem Mittelmeer südlich von Mallorca befindlichen Tiefdruckwirbels XUNAV über. Mit Wind aus südlich bis südwestlicher Richtung kam es auf der Südseite der Alpen als Folge der erzwungenen Hebung der Luft zu teils extrem starkem Niederschlag. So wurden in den italienischen Gemeinde Barcis bis 19 Uhr MEZ 12-stündige Niederschlagsmengen von 264 mm gemessen. Der Wind erreichte im Gebirge teils Orkanstärke, im Gebirgspass Passo Radici wurden um 07 Uhr MEZ Windböen mit Geschwindigkeiten von bis zu 193 km/h gemeldet. Zwei großflächige Niederschlagsgebiete zogen im Tagesverlauf über Deutschland hinweg, in Mittenwald in Bayern wurden mit 14 mm die höchsten 12-stündigen Niederschlagsmengen registriert.

Bis zum nächsten Tag, dem 06.12.2020 um 01 Uhr MEZ hatte sich ein weiterer Tiefdruckkern gebildet. Der am stärksten ausgeprägte Kern erhielt auf der Berliner Wetterkarte die Bezeichnung WENKE I und befand sich mit einem Bodendruck von rund 995 hPa im Nordwesten Frankreichs. WENKE II lag zwischen England und Dänemark und hatte einen Kerndruck von knapp 1000 hPa. Eine Okklusionsfront verlief vom Kern aus östlich bis zum Okklusionspunkt, dem Punkt an dem Kalt- und Warmfront aufeinandertreffen, im Südosten Schwedens, von wo die Warmfront sich nach Nordosten bis zur russischen Stadt Archangelsk erstreckte. Die Kaltfront zog vom Okklusionspunkt aus nach Süden und bildete mit der Warmfront des über Marokko liegenden Tiefs XUNAV eine quasi-stationäre Front. Diese Luftmassengrenze machte sich in Deutschland durch einen stark ausgeprägten Temperaturgradienten bemerkbar. Um 13 Uhr MEZ wurden in Dresden Temperaturen von bis zu 12,7°C gemessen, während keine 100 km weiter westlich in Altenburg-Noblitz eine Temperatur von nur 1°C erreicht wurde. Entlang der Nordküste Spaniens gab es unter dem Einfluss des Tiefdruckkerns WENKE I mäßigen, vereinzelt starken Niederschlag, 12-stündige Höchstwerte von 44 mm wurden in der Kleinstadt Legazpia gemeldet. Im Verlauf schwächte sich der Tiefdruckkomplex ab und bis zum Folgetag um 01 Uhr MEZ hatten sich beide Kerne vollständig aufgelöst. Das Tief wurde nicht weiter namentlich auf der BWK erwähnt.