Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet WILFRIED

(getauft am 14.12.2019)

 

Am 14.12. schob sich ein Höhentrog über Island mit Zentrum südöstlich von Grönland weit nach Süden über den Atlantik und verursachte dadurch eine Verschiebung des Jetstreams nach Süden. Durch diese Nordwestströmung wurde kalte Polarluft aus Kanada über den Atlantischen Ozean an die Westküste Frankreichs gelenkt, an der sich am Boden bereits eine Frontalzone befand. Entlang dieser Frontalzone bildete sich im Laufe des Tages ein neues Tiefdruckgebiet, welches am gleichen Tag auf den Namen WILFRIED getauft wurde. Am Abend zog das Tief weiter nach Norden über Südirland über den Süden Großbritanniens, wo es sich unter dem Zentrum des Höhentiefs befand.

Am darauffolgenden Tag besaß es dort einen anfänglichen Kerndruck von etwa 980 hPa und beeinflusste mit seiner Warmfront das Wettergeschehen im Zentrum Frankreichs, wo die Temperaturen in der Nacht nur auf etwa 8,5°C in Paris beziehungsweise 10,5°C in Bourges sanken. Währenddessen verlief seine Kaltfront über den Nordwesten Frankreichs, die Biskaya und den Norden Spaniens bis über den Atlantik. Ein Teil dieser Fronten hatte sich bereits zu einer Okklusion verbunden und lag etwas südlich des Zentrums über Großbritannien und dem Ärmelkanal.

An der Nordküste Frankreichs und Großbritanniens sorgte der Tiefdruckwirbel WILFRIED verbreitet für Sturmböen der Windstärke 10. Im französischen Küstenort La Hague wehte der Wind mit 96 km/h, am Cap de la Hève, in Dünkirchen und auf der britischen Insel Isle of Portland wurden 93 km/h gemessen. Am Tag verlagerte sich das Zentrum des Tiefs WILFRIED schnell weiter nach Nordosten, sodass beide Fronten die Benelux-Staaten und Deutschland überquerten. Zum Mittag hatte der Kern Dänemark erreicht. Dabei brachte es verbreitet Regenfälle, vor allem an der Schwäbischen Alb in einer Linie über Ober- und Unterfranken nach Sachsen. Am meisten regnete es südlich von Baden-Baden in Baiersbronn-Ruhestein, wo 24 mm Niederschlag innerhalb von 10 Stunden fielen. Auch in Stammbach-Querenbach nördlich von Bayreuth und in Klingenthal an der sächsischen Landesgrenze zu Tschechien fielen 17,2 mm beziehungsweise 13,8 mm in der Form von Niederschlag.

Der Durchzug der Kaltfront machte sich vor allem an der Nordküste Spaniens bemerkbar, wo die Tageshöchsttemperaturen im Vergleich zum Vortag sanken. In Gijón sank die Temperatur von 20°C auf 13°C und auch an der Mittelmeerküste von Frankreich wurden nur noch 17°C in Nizza und Cannes gemessen, wo am Vortag noch Temperaturen von 20°C bis 21°C herrschten.

In der Nähe des Kerns des Tiefdruckgebietes WILFRIED kam es zu starken Sturm- und zum Teil auch Orkanböen. Die stärkste Böe gab es am Leuchtturm in Kiel, wo Böen mit 132 km/h auftraten, was Windstärke 12 entspricht. Im restlichen Schleswig-Holstein und an der Nordseeküste traten Böen der Stärke 10 bis 11 auf. Auch am Kap Arkona auf Rügen und am Leuchtturm Drogden bei Kopenhagen wurde Windstärke 10 gemessen, ansonsten war der Wind über der Ostsee schon etwas schwächer geworden und erreichte verbreitet die Windstärken 8 in Warnemünde und 9 in Boltenhagen. Hinter der Kaltfront wurde es nördlich der Linie Köln-Kassel-Berlin verbreitet sonnig. In Berlin-Tegel reichte es am Nachmittag noch für 2,5 Stunden Sonnenschein, in Hannover wurden etwas mehr als 5 Stunden Sonne gemessen. Zum Abend wurde die Kaltfront des Wirbels WILFRIED rückläufig und ein Teil schloss sich der Warmfront des neuen Tiefdruckgebiets XANDER an.

Bis zur Nacht auf den 16.12. hatte sich das Tiefdruckgebiet WILFRIED mit der Hauptströmung des Höhentiefs, welches sich zu der Zeit ebenfalls nach Osten verlagert hatte und nun seinen Kern über Trondheim besaß, mit seinem Zentrum bis über die Ostsee südöstlich von Stockholm bewegt. Der Kerndruck war in der Zwischenzeit schon auf etwa 990 hPa gestiegen. Gleichzeitig war auch die Okklusion weiter vorangeschritten, welche sich einmal um das Tiefdruckgebiet gelegt hatte, wobei sie vom Zentrum aus südlich weiter über Stockholm, Helsinki und Tallinn verlief. Südöstlich von Riga spaltete sie sich noch in eine kurze Warmfront, welche über Minsk und Kiew lag, und eine Kaltfront, die südlich von Warschau über Wien und München verlief, auf. Dadurch kühlte es sich in der Nacht auf 2,1°C in Wien-Mariabrunn und auf -0,1°C in Budapest ab. Die Okklusion brachte vor allem an der Südküste Finnlands noch einmal Regenfälle, in Helsinki wurden 10 mm Niederschlag registriert. Der Wind am Tiefdruckzentrum ließ nach und in der Nacht gab es nur noch vereinzelte Sturmböen an der Ostseeküste, wobei in Hel in der Nähe von Danzig noch einmal eine Böe mit 65 km/h, was der Windstärke 8 entspricht, gemessen wurde.

Am 16.12. bewegte sich der Tiefdruckwirbel WILFRIED weiter nach Nordosten. Dabei überquerte die dazugehörige Okklusion St. Petersburg und Moskau, wobei der Regen dort langsam nachließ. In St. Petersburg gab es noch 6 mm, in Moskau nur noch 2 Millimeter. Die Kaltfront drehte sich nun und bewegte sich in Richtung Osten. Auch die Warmfront, die sich kurz davor befand, bewegte sich weiter ostwärts, nördlich an der Küste des Schwarzen Meeres entlang. Beide Fronten brachten in der Ukraine noch vereinzelte Regenfälle. Entlang der Okklusion gab es Höchsttemperaturen von 2°C in St. Petersburg bis 5°C an der russischen Landesgrenze, zum Beispiel in Opotschka. Auch der Wind hatte zu dem Zeitpunkt etwas nachgelassen. In Lettland gab es noch vereinzelte Böen der Windstärke 9, in Sõrve, Estland, erreichte der Wind beispielsweise noch 80 km/h.

In der Nacht befand sich das Tiefdruckgebiet WILFRIED mit seinem Kern nördlich von Moskau. Dabei war der Druck im Zentrum auf 1005 hPa gestiegen und die Fronten schon fast komplett okkludiert. Durch diese Lage befand sich der Wirbel nun außerhalb der Hauptströmung, durch die er vorher so schnell vorangekommen war, und bewegte sich nur noch langsam nordwärts. Die Okklusion lag zu dem Zeitpunkt östlich von Moskau. Die sehr kurze Kaltfront verlief in der Nacht über Wolgograd und die Warmfront wieder etwas weiter östlich davon. Im Laufe des 17.12. brachten diese noch vereinzelte leichte Regenfälle in Russland, welche bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auch zum Teil in Schnee übergingen, bevor sich das Tiefdruckgebiet schließlich auflöste.