Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
WILHELMINA
(getauft
am 16.04.2008)
Am Rande eines okkludierenden
und sich verwellenden Tiefausläufers bildete sich am 16.4. über der Biskaya ein
neues Tiefdruckgebiet, welches auf den Namen WILHELMINA getauft wurde. Obwohl
das Tief relativ stationär über der Biskaya verharrte, gab es in den Folgetagen
eine rasche Weiterentwicklung. Zunächst kam es bereits am 17.4. zu einer
kurzzeitigen Aufspaltung in die zwei Zentren WILHELMINA I und WILHELMINA II
(jeweils 990 hPa Kerndruck), welche sich mit einem
vom Nordatlantik hinzukommenden Tiefdruckgebiet (983 hPa)
neu vereinigten.
Während sich das nun neu formierte
Drucksystem allmählich zu einem großen Wirbel ausdehnte, durchbrach es am 18.4.
an seiner Ostflanke die von Hoch KANAN über dem Nordmeer bis nach Nordafrika
reichende Hochdruckbrücke. Dabei kam es über Mitteleuropa zu einer Verbindung
der Frontensysteme zwischen WILHELMINA und dem sich allmählich auflösenden Tief
VERA. Der bereits am Vortag über Südeuropa einsetzende Regen verlagerte sich
auf diese Weise weiter nach Nordosten und Osten und brachte in den Staulagen
der Gebirge intensive Niederschläge mit örtlichen Gewittern. In Florenz fielen
innerhalb von 24 Stunden 25 und in Neapel sogar 59 Liter pro Quadratmeter
(l/qm). Auch in Herzegowina gab es örtlich 24-stündige Niederschlagshöhen bis
50 l/qm. Nach Mitternacht griffen die Niederschläge auch auf Süddeutschland
über und breiteten sich in den Morgenstunden des 19.4. bis zu den
Mittelgebirgen aus. So gab es auch über Mitteleuropa 24-stündige
Niederschlagsmengen von immerhin 20 l/qm.
Währenddessen spaltete sich über den
Ostalpen das Teiltief WILHELMINA II (1002 hPa) ab und
driftete rasch ostwärts – entlang der quer über Europa liegenden Frontlinie,
welche die Grenze zwischen trockener Luft subpolaren Ursprungs (nördliches
Mitteleuropa) und feuchtmilder Meeresluft (südliches Mitteleuropa) darstellte.
Tief WILHELMINA I (991 hPa) hingegen verharrte
weiterhin über der Biskaya, so dass es zunächst über der Iberischen Halbinsel und
am Folgetag auch über Frankreich gebietsweise zu ergiebigem Regen kam. So
fielen beispielsweise in Porto innerhalb von 24 Stunden 27 und in Sevilla 41
l/qm. Diese Niederschlagsmengen waren dort aber dringend notwendig, da im
vorangegangenen Winter in Südwesteuropa große Trockenheit herrschte.
Am 20.4. setzte dann auch WILHELMINA I zu
einer Ostdrift an und zog mit dem vorübergehend etwas abgeschwächten Zentrum
von der Biskaya über Frankreich und Mitteleuropa bis an das Schwarze Meer,
WILHELMINA II derweil von Weißrussland in Richtung Ural. In den überquerten
Regionen von WILHELMINA I kam es dabei weiterhin zu stärkeren, zum Teil
schauerartigen Niederschlägen. Vor allem südlich der Donau fielen in der Nacht
zum 23.4. rekordverdächtige Regenmengen. Am Morgen meldete Lechfeld 62 und
selbst München immerhin 44 l/qm.
Auch in den Folgetagen hielten die
kräftigen Niederschläge an, so dass im Alpenraum innerhalb von 2 Tagen etwa 70
bis 100 l/qm gefallen waren! Die Geschichte der beiden Teiltiefdruckgebiete
endete schließlich am 24.4., als diese aus dem Analysebereich der Berliner
Wetterkarte drifteten (WILHELMINA I nach Südrussland und WILHELMINA II nach
Westsibirien) und Platz für das Hoch KANAN machten.
Geschrieben am 01.06.2008 von Richard Löwenherz
Wetterkarte: 21.04.2008
Pate: Heinz Johann Wilhelm Rode