Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet WILHELM

(getauft am 03.12.2013)

 

Durch eine Welle in der Druckfläche von 500 hPa, was etwa 5,5 km Höhe entspricht, bildete sich auf der Ostseite des Grönländischen Eisschilds im Bodenniveau ein Tief aus, was am 03.12. auf den Namen WILHELM getauft wurde. Es lag mit einem Kerndruck von etwa 991 hPa um 01 Uhr MEZ über der Dänemarkstraße zwischen Grönland und Island. Dabei besaß es eine Okklusion, eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, welche sich spiralförmig im Uhrzeigersinn um den Kern zog und über der Nordwestspitze Islands in eine Kaltfront überging. Diese reichte teils verwellt einige Hundert Kilometer in südwestliche Richtung über den Nordatlantik bis nahe Neufundland. In der isländischen Hauptstadt Reykjavik wurden um 07 Uhr MEZ Schneeschauer gemeldet, wobei bei einem Tiefstwert der Nacht von -1°C ein mittlerer Wind von 39 km/h wehte. In 24 Stunden bis zum 04.12. um 07 Uhr MEZ wurde im ostgrönländischen Angmagssalik eine Niederschlagssumme von 1 mm gemessen.

Bis zum nächsten Tag nahm das Tief WILHELM einen unbenannten Wirbel zwischen Spitzbergen und Jan Mayen in seine Zirkulation auf, der sich im weiteren Verlauf zusätzlich teilte. Am 04.12. um 01 Uhr MEZ lag somit der ursprüngliche Kern des Tiefs WILHELM, nun als WILHELM I bezeichnet, wenig nordöstlich der zu Norwegen gehörenden Atlantikinsel Jan Mayen mit einem Kerndruck von etwas unter 990 hPa. Die dazugehörige Kaltfront reichte bis über den Norden Islands hinweg. Die neu aufgenommenen Zentren WILHELM II und WILHELM III lagen mit einem Kerndruck von je knapp unter 970 hPa über Nordnorwegen bzw. der Kanin-Halbinsel. Während das Tief WILHELM II über eine Okklusion mit dem Teiltief WILHELM III verbunden war, wies letzteres eine mehrere Hundert Kilometer lange, südwärts gerichtete Okklusion auf. Diese spaltete sich am Okklusionspunkt in eine bis über die nördliche Ukraine reichende Warmfront und eine bis nach Estland verlaufende Kaltfront auf. Im norwegischen Bergen wurde bis zum Morgen eine 24-stündige Niederschlagsumme von 11 mm gemessen. Am frühen Morgen kam es dort aufgrund der eingeflossenen labilen Meereskaltluft sogar zu einem Gewitter. Das am Nordende des Bottnischen Meerbusens gelegene Hapranda meldete dagegen 1 mm Niederschlag, auch im schwedischen Uppsala wurden noch 3 mm Niederschlag in 24 Stunden registriert. Im Bereich der Kola-Halbinsel und dem äußersten Nordwesten Russlands ging der Niederschlag vielerorts in Schnee über. Im russischen Lovozero, genau wie im ganz in der Nähe gelegenen Krasnoscele wurden 8 mm Niederschlag gemessen. Alle Teiltiefs verlagerten sich im Tagesverlauf ostwärts.

Am Folgetag um 01 Uhr befand sich die Zyklone WILHELM I, welche den Kern WILHELM II vom Vortag aufgenommen hatte, mit einem Kerndruck von knapp unter 975 hPa vor der nordnorwegischen Küste. Der Wirbel WILHELM II lag dagegen mit etwas unter 970 hPa über der Südspitze der russischen Insel Nowaja Semlja. Das Teiltief WILHELM I wies eine entlang der norwegischen Küste verlaufene Höhenokklusion auf, während das Tiefdruckzentrum WILHELM II eine deutlich längere, bis über den mittleren Ural reichende Okklusion besaß. Dort teilte sie sich in eine südwärts gerichtete Warmfront und eine Kaltfront, die nach nur wenigen Hundert Kilometern in das Frontensystem eines nachfolgenden Wirbels überging. Eine Höhenfront stellt hierbei eine Luftmassengrenze dar, deren Eigenschaften nur in der Höhe und nicht am Boden analysiert werden können. Insbesondere in Zentrumsnähe des Tiefs WILHELM II kam es noch zu Schneefällen, die z.B. in Hoseda-Hard 2 mm Niederschlag in 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ brachten. Im norwegischen Kautokeino wurde im gleichen Zeitraum 7 mm Niederschlag gemessen. Im benachbarten Ivalo gab es ebenfalls am Morgen Schneefall. In der etwa am Polarkreis liegenden norwegischen Stadt Bodö wurde im gleichen Zeitraum 12 mm Niederschlag registriert. Dabei fiel der Schnee in Lappland bei eisigen Temperaturen von bis zu -18°C, wie z.B. in Kittilä.

Während sich Teiltief WILHELM II bis zum 06.12. um 01 Uhr MEZ aus den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte hinaus verlagerte, befand sich der nun wieder mit WILHELM bezeichnete Wirbel mit seinem Zentrum und einem Druck von etwa 984 hPa über den Lofoten. Er besaß eine nach Südwesten gerichtet Höhenokklusion und eine kürzere nach Nordosten bis über das Nordkap reichende Okklusion. In Lappland wurden im Umfeld von Tief WILHELM erneut Tiefstwerte von bis zu -22°C gemessen, wie z.B. im schwedischen Gällivare. Bis um 07 Uhr wurden in 24 Stunden in den beiden norwegischen Orten Setsa und Sortland 9 bzw. 7 mm Niederschlag gemeldet, die vorwiegend als Schnee fielen. Dadurch wurde auch die teils mächtige Schneedecke von bis zu 83 cm in der norwegischen Stadt Tromsö weiter erhöht. Das von den Ausläufern des Golfstroms warme Atlantikwasser sorgte für trotzdem moderate Werte der Höchsttemperatur an der norwegischen Küste. Zum Beispiel meldete Andoya -2°C, Torsvag -1°C und Skrova Fyr 0°C. Im Gegensatz dazu standen die etwas weiter landeinwärts gemessenen Temperaturen, die durch eher schwache Winde und eine vorhandene Schneedecke nicht allzu stark anstiegen. Das nur etwa 20 km vom Meer entfernte und in einem kleinen Talkessel liegende Bardufoss meldete -13°C als Maximum. In Tälern treten oftmals in wenig bewölkten Nächten, die in dieser Jahreszeit sehr lange dauern, kältere Temperaturen auf, weil die kalte Luft aufgrund ihrer höheren Dichte ins Tal absinkt. Auch Alta, was an einem weit in das Landesinnere reichenden Fjord liegt, registrierte maximal -13°C.

Bis zum 07.12. um 01 Uhr schwächte sich Zyklone WILHELM stark ab. Sie lag mit nur noch etwas unter 1000 hPa etwa quasi-stationär wenig südwestlich der Lofoten. Der Wirbel wurde nun frontenlos analysiert. In der Nacht kühlte es sich mit nur wenigen Wolken sehr stark ab, so registrierte Sihccajavri an der norwegisch-finnischen Grenze eine Tiefsttemperatur von -29°C. An der Küste war es entsprechend milder, teils wurden nur -2°C gemessen. Mancherorts erreichte die Minimumtemperatur sogar Werte unter -30°C.

Im Tagesverlauf füllte sich der Tiefdruckwirbel WILHELM immer mehr auf, sodass er am Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte erschien.

 

 

Geschrieben am 20.01.2014 von Dustin Böttcher

Berliner Wetterkarte: 04.12.2013

Pate: Kai Frauenhoff