Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet WOLFGANG

(getauft am 03.03.2013)

 

Die sogenannte polare Frontalzone trennt in den mittleren Breiten wärmere Luftmassen aus südlicheren Gefilden von kalten polaren Luftmassen. In dieser Zone können sich regelmäßig Tiefdruckgebiete bilden in deren Einflussbereich beide Luftmassen gegeneinander strömen und Warm- bzw. Kaltfronten bilden. So geschah es auch Anfang März, die polare Frontalzone zeigte sich als starkes Windband in der oberen Troposphäre, d.h. einer Höhe von ca. 5,5 km. Am Boden wurde die Grenze zwischen den Luftmassen bereits durch eine wellende Front des Tiefdruckgebietes VOLKER mit Zentrum vor der Küste Norwegens gekennzeichnet. An dieser, bis zur Südspitze Grönlands reichenden Front, sank aufgrund des Starkwindbandes in der Höhe, der Luftdruck am Boden. Damit entstand ein neues Tiefdruckgebiet, welches am 03.03.2013 auf den Namen WOLFGANG getauft wurde und an diesem Tag über Island mit einem Kerndruck von 1010 hPa erstmals auf der Wetterkarte zu sehen war.

Die Zyklone WOLFGANG zeigte sich an ihrem ersten Tag auf der Wetterkarte als klassische Idealzyklone. In Verbindung mit Hochdruckgebiet FENNE über Großbritannien wurden wärmere Luftmassen nach Osten transportiert, die Warmfront reichte dabei von Island bis nach Schottland. Rückseitig der Kaltfront, die sich von Island nach Westen erstreckte, flossen hingegen kalte arktische Luftmassen nach Süden. Mitten im Einflussbereich von Tief WOLFGANG gelegen, herrschte in Island meist trübes Wetter mit vielen Wolken und immer wieder Regen vor. Während Reykjavik sich am Tag zuvor noch im Warmsektor, also dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, befand und eine Höchsttemperatur von 8°C verzeichnete, wurde nach Durchgang der Kaltfront am Tauftag nur noch maximal 1°C erreicht.

In den ersten Tagen verlagerte sich Tief WOLFANG eher langsam. Wie bei Tiefdruckgebieten üblich zog die Kaltfront schneller als die Warmfront nach Osten, sodass beide Fronten am 04.03.2013 in der Nähe des Tiefzentrums bereits begannen zu okkludieren. Die warmen Luftmassen waren in diesem Gebiet somit vom Boden in größere Höhen gehoben worden, sodass nördlich vom Tiefzentrum, welches an diesem Tag auf halber Strecke zwischen Island und Norwegen lag, nur noch Kaltluft am Boden vorhanden war.

Der Luftdruck im Zentrum von Tiefdruckgebiet WOLFGANG sank während dieser ersten Tage stetig ab und erreichte am 05.03.2013 erstmals Werte von knapp unter 1000 hPa. Zum Vergleich, der Luftdruck von Hochdruckgebiet FENNE betrug an diesem Tag etwa 1035 hPa. Der Tiefdruckkern lag noch immer vor der Küste Norwegens, knapp südlich der Lofoten. Mit der Warmfront, welche mittlerweile über die Ostsee hinweg bis zum Baltikum reichte, gelangten Luftmassen mit Ursprung in Nordafrika bis nach Skandinavien. Auf ihrem Weg zogen sie dabei über das Mittelmeer und auch Deutschland hinweg. Während in Deutschland also eine Südströmung herrschte, führte die Zyklone WOLFGANG nördlich von sich mit einer kräftigen Luftströmung sehr kalte Luft aus der Nähe des Nordpols über Spitzbergen nach Island. Da sich innerhalb der vorangegangen Tag diese kalte Luftströmung von Tiefdruckgebiet WOLFGANG weiter intensiviert hatte, sank auch die Höchsttemperatur in Reykjavik auf -6°C ab. Außerdem gab es noch immer viele Wolken und Schneefall.

Während die Entwicklung des Tiefdruckgebietes WOLFGANG auch zum nächsten Tag konstant fortschritt und der Kerndruck erneut leicht sank, verstärkte es sich im weiteren Verlauf ebenso. Die Luftströmung in der Höhe sorgte innerhalb von 24 Stunden für einen Druckabfall von
über 15 hPa am Boden. Gleichzeitig kam es zu einer rasanten Verlagerung des Tiefzentrums von der Küste Norwegens 1300 km nach Osten bis südlich vom Weißen Meer. Einhergehend mit dieser Entwicklung kam es zur stärkeren Hebung von Luftmassen und damit zu einer deutlichen Zunahme der Wetteraktivität. Insbesondere in der Umgebung und östlich des Tiefzentrums gab es in weiten Gebieten Schneefall, der teilweise sogar eine starke Intensität erreichte. Auf dem, über den Winter hinweg stark abgekühlten, russischen Festland sorgte die Warmluft für eine deutliche Erwärmung, dennoch reichte es z.B. in Moskau nur knapp und für kurze Zeit aus um Plusgrade zu erreichen. Die Tiefsttemperatur sank in der Nacht zum 06.03.2013 nochmals auf -17°C ab, während es in der darauffolgenden Nacht -2°C kalt wurde. Nachdem am Tage des 07.03.2013 +3°C gemessen wurden, sank die Temperatur hinter der nachfolgenden Kaltfront nachts wieder auf -10°C ab. Ursache hierfür waren zum Einen die kalten polaren Luftmassen und zum Anderen die auch hier auftretende typische postfrontale Aufheiterung mit häufig sternenklaren Nächten.

Diese starke Entwicklung von Tiefdruckgebiet WOLFGANG markierte den Höhepunkt seiner Entwicklung. Die bestimmende Höhenströmung kompensierte die ausgleichenden bodennahen Luftströmungen nicht mehr, welche dazu führten, dass der Kerndruck von nun an langsam wieder anstieg. Dies ist häufig das erste Zeichen für den Beginn der Auflösung von Zyklonen. So stieg der Kerndruck bis zum 08.03.2013 um ca. 5 hPa, der Warmsektor verkleinerte sich und der Anteil der Okklusion am Frontensystem nahm stetig zu. Mit dem Zentrum mittlerweile über dem nördlichen Ural gelegen, reichte die Warmfront bereits bis nach Asien, während die Kaltfront in einem weiten Bogen über Kiew hinweg bis Warschau reichte. Die Kaltfront war auch an diesem Tag hauptsächlich durch dichte Wolkenfelder markiert und eher selten durch Niederschläge. Markant war jedoch die Kaltluft, welche westlich von Tiefdruckgebiet WOLFGANG erst nach Süden und in Verbindung mit Hochdruckgebiet GISELA schließlich nach Westen geführt wurde. Mitteleuropa erreichte die Kaltluft am darauffolgenden Tag den 09.03.2013 und läutete damit die lange Kälteperiode im März und April 2013 ein, die bis nach Ostern anhielt.

Das Tiefdruckgebiet WOLFGANG verlagerte sich immer weiter nach Osten und verlor so schnell den Einfluss auf das Wetter in Europa. Der Kerndruck stieg bis zum 10.03.2013 auf 1000 hPa an. Sich mit dem Zentrum 1000 km östlich vom Ural befindend war Tiefdruckgebiet WOLFGANG am 10.03.2013 das letzte Mal auf der Wetterkarte zu sehen, bevor es mit der Höhenströmung weiter ostwärts nach Asien zog.

 

 


Geschrieben am 11.04.2013 von Thomas Schubert

Berliner Wetterkarte: 05.03.2013

Pate: Wolfgang Baer