Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
WOLFGANG
(getauft
am 29.09.2017)
Am 28.09.2017 bildete sich über
Neufundland an einer Wellenstörung ein Tiefdruckgebiet aus, welches sich mit
der Westströmung in Richtung Europa bewegen und dort das Wettergeschehen beeinflussen
sollte. Daher wurde es am 29.09.2017 in der Prognose für den folgenden Tag von
den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen WOLFGANG getauft.
Am Tag seiner Taufe lag die Zyklone
mit einem Kerndruck von unter 1000 hPa über Ostneufundland. Das Frontensystem
umfasste dabei mit der Warmfront den westlichen Nordatlantik und die Kaltfront
reichte westwärts entlang der nordamerikanischen Küste. In der Stadt Gender auf
Neufundland wurden bei Regenschauern maximal 15°C erreicht.
In den folgenden 24 Stunden
verlagerte sich Tief WOLFGANG unter Verstärkung weiter nach Osten und befand
sich am 01.10.2017 um 01 Uhr MEZ mit einem Kerndruck von unter 980 hPa ca. 1000
km südwestlich von Island über dem Nordatlantik, ungefähr auf der Breite von
Kopenhagen. Das Frontensystem zeigte bereits die klassische Struktur von Kalt-,
Warm und Okklusionsfront. Als Okklusion wird eine Mischfront aus Kalt- und
Warmfront bezeichnet, welche die Eigenschaften beider Frontentypen in sich
vereint. Diese reichte vom Kern des Tiefdruckgebietes WOLFGANG nur wenige
Hundert Kilometer nach Südosten. Vom Okklusionspunkt aus, d.h. dem Ort, an dem
sich Kalt- und Warmfront vereinen, verlief die Warmfront über den östlichen
Atlantik bis über die Biskaya, wo sie in die Kaltfront eines kleinen unbenannten
Randtiefs überging. Die Kaltfront erstreckte sich über den zentralen
Nordatlantik und ging in den Tiefdruckkomplex des ex-Tropensturms MARIA über. Die
Warmfront von Tief WOLFGANG beeinflusste an diesem Tag bereits das
Wettergeschehen auf den Britischen Inseln. Dabei meldete Glasgow bei einer
Höchsttemperatur von 16°C Regenschauer, die innerhalb von 24 Stunden 8 l/m²
Niederschlag brachten.
Bis zum 02.10.2017 hatte sich die
Zyklone WOLFGANG unter weiterer Verstärkung weiter nach Osten verlagert und befand
sich nun mit einem Kerndruck von 975 hPa über den Shetland-Inseln.
Aufgrund eines Troges in der Höhe, also einem Vorstoß kalter Luftmassen nach
Süden, und dem starken blockierenden Hoch ROSI über Russland kam es zur Frontolyse. Die Frontolyse ist
die Abnahme von Temperaturgegensätzen und damit eine Abschwächung der Front. Vom
Kern des Tiefs WOLFGANG verlief die Okklusionsfront über die Nordsee, entlang
der norwegischen Küste bis nördlich von Amsterdam. Die Warmfront erstreckte
sich von dort aus bis zu den Pyrenäen, die Kaltfront reichte entlang der
Kanalküste Frankreichs bis über den östlichen Atlantik. Im Bereich der
Okklusion und an der Warmfront kam es zu ergiebigen Niederschlägen. So fielen
in Bergen bei maximal 14°C innerhalb von 24 Stunden 38 l/m² Regen. Weiter
südlich in Göteborg wurden bei einer Höchsttemperatur von 16°C 26 l/m² Regen
registriert. Weiterhin meldete Oslo bei kühleren 13°C im gleichen Zeitraum eine
Niederschlagssumme von 17 l/m². Auch in Deutschland war der Einfluss der Okklusion
deutlich zu spüren und vor allem in einem Bereich von den Mittelgebirgen bis
zur Donau fielen verbreitet deutlich mehr als 10 l/m². Dabei stieg die
Niederschlagsmenge mit der Höhe der Station an. So fielen in Carlsfeld im
Erzgebirge auf 837 m Höhe 17,7 l/m² Regen. Im Thüringer Wald waren die
Niederschläge noch etwas höher. Dabei meldete Neuhaus am Rennweg in 830 m Höhe
20,8 l/m² Regen und Schmücke in 916 m Höhe bei kühlen 9,9°C eine
Niederschlagssumme von 24,9 l/m². Noch größere Niederschlagsmengen wurden auf
den Gipfeln der Mittelgebirge beobachtet, wie z.B. Wasserkuppe mit 26 l/m²,
Feldberg mit 27,3 l/m² oder auch Großer Arber im Bayrischen Wald mit 38 l/m².
Im Flachland selbst fielen oftmals auch über 10 l/m², so meldete der Flughafen Frankfurt/Main
innerhalb von 24 Stunden 17,6 l/m² bei milden 16°C. In Berlin-Dahlem wurden bei
maximal 15,5°C 11,3 l/m² Regen beobachtet. Auch ganz im Norden wurden
gebietsweise mehr als 15 l/m² Regen registriert, so z.B. in Schleswig mit 16,9
l/m² oder in Cuxhaven mit 15,7 l/m². Das Maximum lag aber in der Region
Baden-Baden, wo im Verlauf die Warmfront und die Okklusion zusammenliefen. So
wurden dort z.B. in Rheinstetten innerhalb von 24 Stunden 31,5 l/m² Regen
gemessen. Die Höchsttemperatur betrug dabei 18°C. Private Wetterstationen der
Region meldeten teilweise deutliche höhere Niederschlagssummen innerhalb von 12
Stunden, z.B. Baiersbronn-Ruhestein mit 33,4 l/m²
oder auch Baden-Baden-Geroldsau mit 48,5 l/m² im
gleichen Zeitraum.
In den folgenden 24 Stunden verblieb
Tief WOLFGANG mit einem leicht abgeschwächten Kerndruck von 985 hPa nahezu stationär
mit dem Zentrum über der nördlichen Nordsee. Das regenträchtige Frontensystem
hatte sich jedoch weiter nach Osten verlagert und befand sich am 03.10.2017
über Mittelskandinavien und dem Baltikum. Die Mischfront verlief in einem Bogen
von der Westküste Norwegens über die Nordsee, an der Nordküste Schottlands
vorbei zurück nach Skandinavien über Stockholm bis nach Danzig. Die Warmfront
reichte von dort über Warschau und die Slowakei bis nach Venedig. Die Kaltfront
führte vom Okklusionspunkt aus über Südwestpolen und Bayern bis über die
Bretagne. So wurden in den Staulagen der Alpen nochmals ergiebige Niederschläge
beobachtet. Es fielen z.B. in Oberstdorf bei maximal 15°C innerhalb von 24
Stunden 25,3 l/m² Regen. Weiter südlich wurden in Vaduz, der Hauptstadt
Liechtensteins, noch 20 l/m² gemessen. In Bergen wurden an der rückläufigen
Okklusion nochmals 32 l/m² registriert. Dabei stieg die Temperatur auf 13°C.
Weiter östlich fielen in Helsinki im gleichen Zeitraum bei kühleren 9°C 23 l/m²
Regen.
Bis zum 04.10.2017 entwickelte das
Tief WOLFGANG einen zweiten Kern. Der Kern des Tiefs, namens WOLFGANG I, befand
sich über dem Nordmeer nordöstlich von Island. Das zweite Zentrum mit Namen WOLFGANG
II wurde über Mittelskandinavien analysiert. Der Kerndruck beider Tiefs blieb
dabei unverändert bei jeweils 985 hPa. Auch die Lage der Okklusionsfront hatte
sich in den vergangenen 24 Stunden nicht wesentlich verändert. Im
Einflussbereich der Okklusion fiel weiterhin relevanter Niederschlag. Der
Schwerpunkt der Niederschläge lag am 04.10.2017 im Baltikum. So meldete Tallinn
7 l/m², Riga 6 l/m² und Vilnius 4 l/m².
Bis zum 05.10.2017 löste sich der
Kern über dem Nordmeer auf, während sich der zweite Kern als Tief WOLFGANG
unter unwesentlicher Druckänderung langsam nach Osten zog und sich mit einem
Kerndruck von 985 hPa über der nördlichen Ostsee befand. Mittlerweile hatte
sich das Frontensystem von Tief WOLFGANG vollständig okkludiert und führte vom
Tiefzentrum erst nach Norden bis über das Weiße Meer und dann in einem Bogen
über Archangelsk und östlich von Moskau vorbei bis über die Südukraine. Im
Einflussbereich der Okklusion wurde weiterhin Niederschlag beobachtet, so
meldete Moskau bei kühlen 10°C eine 24-stündige Niederschlagssumme von 10 l/m².
Bis zum Folgetag, dem 06.10.2017, verlagerte
sich Tief WOLFGANG unter Abschwächung weiter nach Süden und lag nun mit einem
Kerndruck von 990 hPa über dem Süden Finnlands. Das Frontensystem hatte sich im
Vergleich zum Vortag kaum verlagert und sorgte weiterhin für Niederschläge. So
fielen z.B. in St. Petersburg bei maximal 9°C innerhalb von 24 Stunden 5 l/m²
Regen. Moskau meldete im gleichen Zeitraum 8 l/m².
Nachfolgend schwächte sich das Tief
WOLFGANG weiter ab und befand sich am 07.10.2018 mit einem Kerndruck von 995
hPa ohne wetterwirksame Fronten über dem Norden Russlands.
Anschließend wurde die Zyklone
WOLFGANG bis zum 08.10.2017 vom nachfolgenden Sturmtief XAVIER in dessen
Zirkulation aufgenommen, wodurch es am Folgetag nicht weiter auf der Berliner
Wetterkarte namentlich verzeichnet werden konnte.
Geschrieben
am 22.11.2017 von Tobias Mahnkopf
Berliner
Wetterkarte: 02.10.2017
Pate:
Wolfgang Kroker