(getauft am 08.02.2021)
Am 07.02.2021
entstand über Florida ein Tiefdruckgebiet, als Luftmassen über der Halbinsel
gehoben wurden und es dadurch zu einem Druckabfall kam. Dies führte dazu, dass
die Luftmassen sich um den Kern gegen den Uhrzeigersinn zu drehen begannen.
Anschließend wanderte das neu entstandene Tief Richtung Nordosten über den
Nordatlantik, der zu diesem Zeitpunkt Temperaturen weit über 20°C aufwies,
wodurch sich die Zyklone weiter verstärkte.
Am 08.02.
gelangte eben dieses Tief in den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte,
die täglich um 01 Uhr MEZ eine Analyse aller Druckgebiete und Wettermeldungen
für Europa und den Nordatlantik erstellt. Es lag zu diesem Zeitpunkt ca. 1000
km östlich der US-Ostküste, etwa auf Höhe New Jerseys mit einem Kerndruck von
rund 995 hPa. Da eine weitere Verlagerung über den Nordatlantik mit Kurs auf
Europa erwartet wurde, tauften die Meteorologen der Berliner Wetterkarte dieses
Tief noch am selben Tag in der Analyse auf den Namen WOLFRAM. Tief WOLFRAM war
zu diesem Zeitpunkt eine typische Warmsektorzyklone,
d.h. es wies eine Kalt- und eine Warmfront auf, die keilförmig aneinander
anschlossen; dazwischen befand sich der Tiefdruckkern.
Zum nächsten
Tag verlagerte sich das Tief unter deutlicher Verstärkung weiter nach Nordosten
und lag dann über der Ostspitze Neufundlands, mit einem Kerndruck von ca. 970
hPa. Mittlerweile hatte es das sogenannte Reifestadium erreicht, d.h. die
beiden Fronten hatten sich zu einer Okklusionsfront (Mischfront)
zusammengeschlossen. Die Okklusionsfront reichte vom Tiefdruckzentrum aus ca.
2000 km bogenförmig Richtung Südosten, bis sie sich schließlich in eine
Kaltfront, die einige tausend Kilometer nach Südwesten verlief und eine
Warmfront, die rund 1500 km nach Südosten, fast bis zu den Azoren reichte,
aufspaltete.
Tags darauf,
am 10.02., hatte sich der Wirbel WOLFRAM weiter nach Osten verlagert und lag
nun etwa 1500 km östlich von Neufundland, mit einem Kerndruck von weiterhin 970
hPa. Die Okklusionsfront verlief nun westlich vom Tiefdruckkern aus um diesen
herum und in einem Bogen bis ca. 2000 km westlich von Galizien. Dort befand
sich der Okklusionspunkt, von dem aus die Kaltfront nach Südwesten über die
Azoren bis etwa zur Mitte des Nordatlantiks verlief und die Warmfront nach
Südosten reichte, bis sie ca. 500 km westlich von Gibraltar in die Kaltfront von
Tief VOLKER überging.
Am nächsten
Tag, dem 11.02., lag das Tief WOLFRAM etwa 1000 km weiter östlich als zuvor.
Der Kerndruck hatte sich auf 975 hPa erhöht und das Tief war somit weiter
„gereift“. Um den Tiefdruckkern „wickelte“ sich nun eine Okklusionsfront und
eine weitere Mischfront startete rund 500 km nördlich des Kerns und verlief
Richtung Südosten, bis Galizien, wo sich der Okklusionspunkt befand. Von dort
aus zweigte eine kurze Kaltfront nach Südwesten ab, die bereits nach 300 km
warmfrontähnliche Charakterzüge annahm, da sich die Front dort verwellte. Nach
Südosten verlief die eigentliche Warmfront des Tiefs quer über die Iberische
Halbinsel, bis zur Sierra Nevada, wo auch diese Front zu wellen anfing. In der
Nacht zum 11.02. erreichten die ersten Ausläufer des Tiefs Portugal und
Spanien. Im Bereich der Warmfront fing es zu regnen an und im Laufe des Tages
fielen verbreitet messbare Niederschlagsmengen. Diese fielen regional sehr
unterschiedlich hoch aus. In Galizien, im äußersten Nordwesten Spaniens und in
Portugal wurden von einigen Stationen sehr hohe 24-stündige Niederschlagssummen
gemessen. So meldete die an der Westküste gelegene Station Casas Do Porto 106
mm und aus As Pontes A Aerosa
im Norden Galiziens wurden 72,8 mm gemeldet. Im Nordwesten Spaniens sowie in
Nähe der Gebirge rund um Madrid und westlich davon (Sierra de Gredos) lagen die Niederschlagsmengen meist im
zweistelligen Bereich. Dagegen fielen im restlichen Westteil des Landes meist
nur einstellige Summen oder lediglich Spuren von Niederschlägen. Im Osten blieb
es meist trocken; nur vereinzelt in höheren Lagen wie in den Pyrenäen fielen
ein paar Tropfen.
Bis zum
12.02. blieb der Kern des Tiefs WOLFRAM über dem Nordatlantik nahezu ortsfest
mit einem leicht gefallenen Kerndruck von 960 hPa. Dieser Kern wurde nun als
WOLFRAM I bezeichnet, wohingegen WOLFRAM II mit 1015 hPa als ein neuer Tiefdruckkern,
deckungsgleich mit dem Okklusionspunkt verzeichnet wurde. WOLFRAM I hatte ein
eigenes Frontensystem entwickelt, mit einer Mischfront, die sich um den Kern
wickelte und einem schmalen Warmsektor zwischen Kalt- und Warmfront, welche die
Azoren in die Zange nahmen. Der neue Kern WOLFRAM II dagegen lag etwa 100 km
westlich der Bretagne und war mit dem ersten Kern über eine ausgedehnte
Okklusionsfront verbunden. Vom Kern aus verlief die Warmfront rund 1000 km nach
Südosten, bis zu den Pyrenäen. Die
Kaltfront erstreckte sich derweil verwellt in
südliche Richtung, entlang der Westküste der Iberischen Halbinsel und machte
auf Höhe von Lissabon einen Knick nach Südwesten. Sie hatte bereits die portugiesische
Insel Funchal überquert und lag nun also südlich davon. Die Niederschläge
konzentrierten sich an diesem Tag vor allem auf den Norden Spaniens,
insbesondere die Pyrenäen, aber auch der Südwesten Frankreichs bekam einiges an
Regen ab. Die höchste Regenmenge wurde mit 58,4 mm in Errenteria
im Baskenland gemessen. Im restlichen Spanien blieben die Niederschläge meist
im einstelligen Bereich, mit Ausnahme von Katalonien, wo z.B. in Barcelona 14,6
mm binnen 24 Stunden verzeichnet wurden. Auf den Balearen wurde aus Mallorca
und Menorca Regen vermeldet, während es in Ibiza trocken blieb. In Frankreich
fiel in Brive, 160 km nördlich von Toulouse, am
meisten Niederschlag (24,2 mm). Ansonsten blieben die Regensummen in Frankreich
meist einstellig; rund um Nantes sowie im Süden und Westen der Bretagne fielen
meist nicht messbare Mengen. Allerdings sorgte der Tiefdruckkomplex WOLFRAM I
und II in der Bretagne örtlich für gefrierenden Regen mit starker Intensität;
bei Temperaturen von 0°C bis -2°C bildete sich eine Eisschicht aus.
Am 13.02. lag
der Tiefdruckwirbel WOLFRAM über dem Nordwesten von Sardinien, mit einem
Kerndruck von 1015 hPa. Mit dem alten Tiefdruckkern über dem Nordatlantik war
das nunmehr eigenständig gewordene Tief über eine Okklusionsfront verbunden.
Nach Süden verlief eine Kaltfront vom Kern abgehend, der gleichzeitig der
Okklusionspunkt war, bis nach Tunesien und dann weiter in südwestliche Richtung
bis nach Marokko. Die Warmfront zweigte nach Osten ab und ging über
Griechenland in eine Kaltfront über. In der Nacht des 13.02. wurden über dem
Nordwesten Sardiniens an den Stationen Capo Caccia und Alghero Gewitter
gemeldet. Später, gegen Mittag zwischen 11 und 12 Uhr MEZ wurden über dem
Westen Siziliens sowie über der Insel Ustica (70 km nördlich von Palermo)
ebenfalls Gewitter beobachtet. Am Abend zwischen 18 und 19 Uhr MEZ entlud sich
im Westen Albaniens an der Station Durres ebenfalls
ein Gewitter, welches auf den Einfluss von Tief WOLFRAM zurückzuführen ist.
Auch brachte das Tief teils heftige Niederschläge mit sich: 57,2 mm fielen
innerhalb von 24 Stunden am Flughafen Kerkyra auf der
griechischen Insel Korfu und auf dem griechischen Festland konnten vielerorts
Regenmengen um 20 mm gemessen werden.
Am Folgetag,
dem 14. Februar, befand sich die Zyklone WOLFRAM über dem Ionischen Meer,
zwischen Sizilien, der Südspitze Italiens und Griechenland. Der Kerndruck
betrug weiterhin 1015 hPa und das Tief war immer noch über seine
Okklusionsfront mit dem Tiefdrucksystem über dem Nordatlantik verbunden,
welches mittlerweile ein Randtief namens XANTHOS ausgebildet hatte. Die
Kaltfront von Tief WOLFRAM verlief vom Tiefdruckzentrum aus nach Südwesten über
das Mittelmeer nach Algerien und die Warmfront zog sich ostwärts über die
Peleponnes, die Südwestspitze der Türkei, südlich an Zypern vorbei bis nach
Syrien. Niederschläge, welche sich auf das Tiefdruckgebiet zurückführen lassen,
wurden z.B. auf der Peleponnes oder den Inseln der Ägäis verzeichnet. So fielen
etwa in Athen 0,8 mm in 24 Stunden und am Flughafen Souda auf Kreta immerhin
3,0 mm. Für diese Niederschläge war vor allem die Warmfront des Tiefs
verantwortlich.
Am Tag
danach, dem 15.02., lag das Tief namens WOLFRAM über dem äußersten Südwesten
der Türkei, wobei der Kerndruck 1015 hPa betrug. Mit Verlagerung des Tiefs nach
Osten gelangte Kaltluft nach Südosteuropa. So sorgte es im Norden der Türkei
sowie über der Ägäis und in Griechenland für Schnee und Schneeschauer. In Athen
fielen diese beispielsweise kräftig aus, sodass es dort auch kurzzeitig weiß
wurde – eine verschneite Akropolis sieht man auch nicht alle Tage. Am kommenden
Tag vermeldete Athen nur einen Höchstwert von 2,2°C. In den südlicheren
Gebieten fiel der Niederschlag meist in flüssiger Form. Nennenswerte
Niederschlagssummen gab es z.B. in Alanya, rund 130 km östlich von Antalya, wo
37,7 mm fielen oder am Flughafen Paphos auf Zypern (17,7 mm). Zudem wurden zwei
Gewitter am Abend dieses Tages gemeldet: Eines in Adana um 21 Uhr MEZ und das
andere in Gazipazum 23 Uhr MEZ. Beide traten in
Verbindung mit Regen auf.
Einen Tag
später, am 16.02., befand sich Tief WOLFRAM unmittelbar westlich von Zypern,
mit einem Kerndruck von 1010 hPa. Die Kaltfront zog sich vom Kern bzw. vom
Okklusionspunkt nach Süden bis Ägypten und die Warmfront verlief vom Kern nach
Osten, in etwa parallel zu Südgrenze der Türkei. Niederschläge entlang der
Fronten des Tiefs wurden an diesem Tag vor allem im Süden und Osten der Türkei
sowie im Libanon und Israel beobachtet. So fielen etwa im türkischen Ort Kilis, nahe der Grenze zu Syrien 20,4 mm und ca. 100 km
weiter nördlich in Kahramanmaras sogar 25,8 mm. Zudem registrierten die Messstationen
in Houche-Al-Oumara,
Libanon 23 mm und in Zefat, Israel 29,5 mm. Am Sabiha
Gokcen Flughafen in Israel wurden 20 cm Schnee
vermeldet. Erneut kam es zu Gewittern in der Türkei wie etwa um 00 Uhr MEZ rund
um Adana und um 03 bis 04 Uhr MEZ in Mersin. Auf Zypern konnte in der Nacht und
in den frühen Morgenstunden des Tages Wetterleuchten beobachtet werden. Später
am Nachmittag, um 16 Uhr MEZ, wurden aus Finike und
Anamur in der Türkei sowie aus Tripoli und Beirut Gewitter gemeldet. Eine
Schiffsmeldung um 04 Uhr MEZ verschlüsselte auch ein Gewitter mit mäßig bis
starkem Regen. Das Schiff befand sich dabei nur wenige Kilometer südlich von
Limassol.
Auch am
17.02. lag der Wirbel westlich von Zypern und der Kerndruck betrug 1005 hPa.
Allerdings hatten sich die Fronten nun vermischt und es konnte nur noch eine
Okklusionsfront ausgemacht werden, die in einem Bogen vom Kern aus nach
Südosten bis nach Israel reichte. Das Tief hatte sich merklich abgeschwächt und
sorgte nur noch für leichte Niederschläge über Zypern, mit Mengen zwischen 0,0
(nicht messbar) und 1,2 mm (Flughafen Larnaca). In der Nacht gab es noch einige
Gewitter über Zypern, die im Zeitraum von 00 bis 05 Uhr MEZ gemeldet wurden.
Auch in Tripoli (04 Uhr MEZ) und Beirut (06 bis 21 Uhr MEZ) wurden Gewitter
beobachtet.
Der letzte
Tag, an dem das Tief WOLFRAM noch auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet
wurde, war der 18. Februar. Die Zyklone befand sich um 01 Uhr MEZ mit 1010 hPa
über dem westlichen Grenzbereich zwischen Syrien und der Türkei und wies noch
eine Okklusionsfront auf, die ca. 1200 km nach Westen reichte. Besondere
Wetterereignisse, bis auf etwas mäßigen, zeitweise starken Regen über Beirut,
wurden nun kaum mehr gemeldet. In Houche-Al-Oumara fielen auf 920 m
noch ein paar Schneeflocken.
Danach verschwand
die Zyklone aus dem Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte und löste sich
schließlich auf. Nach einer für ein Tiefdruckgebiet erstaunlich langen
Lebensdauer von insgesamt 11 Tagen endet hiermit die Lebensgeschichte über das
Tief namens WOLFRAM.