Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
XANDER
(getauft am
15.12.2019)
Das
Tiefdruckgebiet XANDER wurde am 15.12.2019, nachdem seine Entstehung entlang
einer wellenförmigen Störung westlich der Iberischen Halbinsel vorhergesagt
wurde, auf der Prognosekarte für 12 Uhr UTC bzw. 13 Uhr MEZ des 16.12.2019
getauft. Zu diesem Zeitpunkt sollte sich der Kern des Tiefs XANDER über dem nördlichen
Spanien befinden und einen Kerndruck knapp unterhalb der 1000-hPa-Marke
aufweisen. Ausgehend vom Kern sollte eine weitläufige Warmfront in Richtung
Zentraleuropa reichen sowie eine Kaltfront hinaus auf den Atlantik führen.
Um 01 Uhr MEZ
des 16.12.2019 befand sich der Kern des Tiefdruckgebietes XANDER schließlich
vor der portugiesischen Küste etwa 80km westlich von Lissabon. Der Luftdruck im
Kern lag dabei bei knapp 1005 hPa. Wie vorhergesagt verlief die Kaltfront über
den Atlantik und verließ den Vorhersagebereich der Berliner Wetterkarte
westlich der Kanaren in südwestlicher Richtung. Die Warmfront verlief in
nordöstlicher Richtung über die spanische Provinz Kastilien, die Biskaya, über
Frankreich von Rochefort in Richtung Dijon nördlich an den vorbei Alpen bis
nach München wo sie in die Kaltfront des vorlaufenden Tiefs WILFRIED, mit
Zentrum über Gotland, überging. In Portugal und vor allem Spanien brachte dies
erhebliche Niederschlagswerte. Im portugiesischen Portalegre
fielen in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des folgenden Tages 38 l/m² und in Bragança
35 l/m² bei Böen mit bis zu 61,2 km/h, was fast stürmischen Wind auf der
Beaufortskala entspricht (62km/h). In Spanien kam es vor allem aufgrund von
Aufgleit- und Stauungserscheinungen entlang der Cordillera Cantábrica
zu deutlich stärker ausgeprägten Niederschlägen. So fielen im Skigebiet Pajares-Valgrande im angeführten Zeitraum 105,6 l/m² und in
48 Stunden gar 163,6 l/m². In Frankreich
brachte das Tief XANDER weniger intensive Niederschläge. In Dijon wurden nur
einzelne Tropfen beobachtet, die in Summe nicht mal 0,1 l/m² erreichten.
Deutlicher fielen die Messungen in der Bretagne aus, wo die abgelöste Kaltfront
des Tiefs TONI, dessen Kern sich über Schottland befand, Niederschlagsmengen
beisteuerte. Die Station Saint-Brieuc verzeichnete 18 l/m² und die Station von Dinard 14,9l/m², jeweils im Zeitraum von 24 Stunden bis 6 Uhr
UTC des folgenden Tages.
Während sich
ein weiterer Kern innerhalb seiner Kaltfront ausgebildet hatte und die
Grenzregion von Spanien und Portugal überquerte sowie sich etwa auf halber
Strecke zwischen Lissabon und Madrid befand, aber nicht dem Tiefdruckgebiet als
namentlich zugehörig eingestuft wurde, erreichte der Wirbel XANDER um 01 Uhr
MEZ des 17.12.2019 sich nordostwärts verlagernd die östliche Biskaya bei La
Rochelle, wobei sich der Kerndruck nochmals verstärkt hatte und nun bei knapp
unter 1000 hPa lag. Aufgrund des zweiten, nicht zugehörigen Kerns war die
Kaltfront nun deutlich kleinräumiger ausgeprägt und reichte nur bis zur
Südküste der Biskaya auf Höhe der westlichen Ausläufer der Pyrenäen, wo sie in
die Warmfront des unbenannten zweiten Kerns überging. Die Warmfront lag wie am
Tag zuvor schon über Zentraleuropa und erstreckte sich von der Biskaya über die
Bretagne, entlang des Ärmelkanals, über Belgien, die Niederlande, Deutschland
und Polen, wo sie nördlich von Warschau in ein ursprünglich dem Tief TONI
zugehöriges Frontensystem überging das sich bis zum Baltikum verlagert hatte.
Die Fronten des Tiefs XANDER brachten weiterhin nur geringe Niederschläge. So
fielen in 24 Stunden in Ostfrankreich am Flughafen von Reims-Prunay 10,8 l/m², in St-Dizier im
gleichen Zeitraum 12,7 l/m² und in Troyes 8,1 l/m². In Belgien stellte Humain
den Höchstwert an Niederschlägen mit 12,0 l/m² innerhalb von 24 Stunden dar,
welche vornehmlich mit 11 l/m² zwischen 19 und 21 Uhr gefallen waren. Über
Deutschland fielen die Niederschläge noch dürftiger aus, die Station von
Helgoland meldete 3 l/m² in 24 Stunden, die Station am Kap Arkona 2,3 l/m².
Im Laufe des
Tages überquerte der Kern des Tiefs XANDER Frankreich, Belgien, Niederlande,
Deutschland und Teile Dänemarks, wo um 01 Uhr MEZ des 18.12.2019 der Kern bei
unverändertem Druck Kopenhagen erreicht hatte. Bei einem unveränderten
Kerndruck erstreckte sich die Warmfront in östlicher bis südöstlicher Richtung,
verlief dabei nördlich an Gotland vorbei, über das lettische Riga in
südöstlicher Richtung auf Wolgograd zu, wobei sie etwa auf halber Strecke
zwischen Moskau und Wolgograd in die Kaltfront des Frontensystems, das einmal
Tief TONI zugehörig gewesen war, überging. Die Kaltfront erstreckte sich
hingegen quer über Deutschland von Hamburg zum Rheingraben und ging in der Nähe
von Genf in die Warmfront des aus Tief XANDER hervorgegangenen unbenannten
Tiefs, welches sich bis nach Algerien verlagert hatte, über. Während die
Kaltfront in Nordrhein-Westfalen in der Nacht für verbreitet zwischen 5 und 10 l/m²
Regen gesorgt hatte, war der Effekt am Tag deutlich abgeschwächt. Hamburg vermeldete
vereinzelte Tropfen in den Mittagsstunden, Köln war ganztägig trocken mit Sonnenschein
in der zweiten Tageshälfte. Der Schwerpunkt der Niederschlagsaktivität lag in
der Nacht über Südschweden und am Tag über Südfinnland, wo jeweils rund 20 l/m²
Regen und Schnee in je 12 Stunden gemessen.
Während sich
das Tief XANDER über der Ostsee verlagerte, gewann es deutlich an Intensität
sodass sich seine Wirbelhaftigkeit deutlich verstärkte und sich sein Kerndruck
bis um 1 Uhr MEZ des 19.12.2019 auf unter 985 hPa reduziert hatte. Vom sich nun
nordöstlich von St. Petersburg befindlichen Kern, wandte sich nun eine
Okklusionsfront ab, eine Mischform aus Warm- und Kaltfront, und beschrieb einen
leichten Bogen um die Nordseite des Kerns und reichte bis zum Okklusionspunkt
nordöstlich von Moskau. Von dort verlief die Warmfront in südöstlicher
Richtung, nördlich vorbei an Wolgograd, und verließ dort das Analysegebiet der
Berliner Wetterkarte. Die Kaltfront führte in einem nach Westen offenen Bogen
östlich vorbei an Moskau, über Kiew bis nach Polen wo sie südöstlich von
Warschau über dem polnisch-ukrainischem Grenzgebiet in die Warmfront des Tiefs
YADID II, welches sich nördlich Irlands befand, überging. Die Überquerung St.
Petersburgs führte dort zu einem spürbaren Temperaturrückgang. Während am
Vortag noch 7,6 °C die Tageshöchsttemperatur darstellte, betrug sie nun 1,7°C.
Dabei drehte der Wind von Ostsüdost auf nordwestliche Richtungen. In Moskau war
im Warmsektor des Tiefs, dem Gebiet zwischen Warm- und Kaltfront, eine
Minimaltemperatur von +4,8°C beachtlich, und auch in Perm erhöhte sich die
Tiefsttemperaturen mit Annäherung der Warmfront von -6,7°C auf -2,8°C deutlich.
Die Zyklone
XANDER hatte sich weiter nach Osten verlagernd am 20.12.2019 und schließlich
den Ural bei Perm erreicht. Der Kerndruck war leicht auf 990 hPa gestiegen und
die sich im Analysebereich der Berliner Wetterkarte befindlichen Anteile des
Frontensystems waren vollständig durchokkludiert und verließen den
Analysebereich südöstlich von Perm. Aufgrund der Intensivierung des Druckes zum
Vortag konnte nun beispielsweise in Wolgograd aufgrund der stärkeren
Isobarendrängung ein Ansteigen der Windgeschwindigkeiten beobachtet werden,
diese stiegen vom 20. um 15 Uhr UTC mit 10,8 km/h im Mittel auf 39,6 km/h um 9 Uhr UTC des 21. , im gleichen Zeitraum
stiegen die Spitzenböen von 36 km/h auf 61,2 km/h.
Der Kern des
Tiefdruckgebietes XANDER verließ in den kommenden Tagen schließlich wie schon
zuvor seine Fronten den Analysebereich der Berliner Wetterkarte. Mit knapp
unter 995 hPa wurde es um 01 Uhr MEZ des 21.12.2019 am äußersten Rand des
Darstellungsbereiches der Berliner Wetterkarte noch analysiert ehe es diese
vollständig verließ.