Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet XANDER

(getauft am 24.10.2019)

 

Am 24.10. wurde das Wettergeschehen über Europa in der mittleren Troposphäre auf ca. 5,5 km Höhe von einem Kaltlufttrog, der sich über das Nordmeer und Großbritannien bis über die iberische Halbinsel erstreckte und einem stationären Hochdruckkeil mit Zentrum über dem Balkan, dominiert. Während im Bereich der Austrogung kalte Meeresluft polaren Ursprungs nach Westeuropa transportiert wurde, brachte die unter dem Höhenhoch liegende Antizyklone NICOLA kontinentale Subtropikluft bis nach Mitteleuropa. Entlang der Hauptströmung, die sich von den Britischen Inseln über Skandinavien bis zum Ural zog, bildete sich zwischen diesen beiden Luftmassen eine markante Front aus. Aus der Warmfront eines zu diesem Zeitpunkt noch unbenannten Tiefdruckgebiets mit Zentrum über den Azoren bildete sich in den Abendstunden des 24.10. entlang der Luftmassengrenze eine Welle aus, die rasch begann sich zu einem eigenständigen Tiefdruckgebiet zu entwickeln und in der Prognosekarte der Berliner Wetterkarte für den 25.10. auf den Namen XANDER getauft wurde.

Zu Beginn dieses 25.10. lag die Zyklone mit dem Zentrum über der keltischen See vor der Küste Cornwalls. Der Kerndruck betrug etwa 1005 hPa. Vom Kern des Tief XANDER erstreckte sich in östliche Richtung eine Warmfront in einem Bogen bis über Nordfrankreich. Nach Westen bildete sich eine kurze Warmfront, die sich mit der Warmfront des über den Azoren liegenden Tiefdruckgebiets verband. Der Durchgang der Warmfront sorgte in den Morgenstunden des 25.10. für leichte Regenschauer über Cornwall und dem südlichen Wales. Während an den meisten Stationen weniger als 1 mm fiel, etwa im kornischen Cardinham wo zum Haupttermin um 07 Uhr MEZ 12-stündig 0,8 mm gemessen wurden. Stärker fielen die Schauer dagegen an der walisischen Westküste aus, wo Aberporth um 07 Uhr MEZ 12-stündig 10 mm und Trawscoed im selben Zeitraum 14 mm Niederschlag meldeten. Die Intensität der Niederschläge verstärkte sich im Laufe des Tages, der Kern von Tief XANDER zog bis zum Abend entlang der Frontalzone über England hinweg bis über die Nordsee und verstärkte dabei seinen Zentrumsdruck leicht auf 998 hPa. Dies brachte insbesondere Wales und den Midlands teils starke Schauer mit 12-stündigen Niederschlagsmengen von über 20 mm. Spitzenwerte meldeten zum Haupttermin um 19 Uhr MEZ die Stationen am Lake Vyrnwy mit 31 mm und im Nordwalisischen Bala mit 33 mm.

In den Morgenstunden des 26.10. erreichte der Kern der Zyklone XANDER bei unverändertem Druck den Skagerrak und auch Jütland und der Süden der skandinavischen Halbinsel kamen nun in den Einflussbereich der Warmfront. In der Nacht hatten die ergiebigen Schauer in Wales und dem zentralen England angehalten, zudem meldeten um 07 Uhr MEZ Lake Vyrnwy noch einmal 20 mm und Bala 19 mm. In Hereford waren zu diesem Zeitpunkt 12-stündig 34 mm gemessen worden. Auch in Dänemark und Südskandinavien brachte die Warmfront der Zyklone XANDER hohe Mengen an Niederschlag mit sich. Im Norden Jütlands zeichnete die Station in Silstrup bis um 07 Uhr MEZ 23 mm Niederschlag auf, Karup im Zentrum der Halbinsel verzeichnete 24 mm. Noch stärker fiel der Regen in Südschweden aus. In der Provinz Halland wurden in der Nacht 31 mm in Torpup A und 34 mm in Ullared gemessen. Der Einflussbereich der Warmfront erstreckte sich bis in die Nordhälfte Deutschlands, brachte vieler Orten jedoch kaum messbaren Niederschlag, lediglich an der Grenze zu Dänemark konnten mäßige Regensummen verzeichnet werden. List auf Sylt meldete um 07 Uhr MEZ 24-stündig 7,3 mm Niederschlag, in Glücksburg-Meierwik fielen 11,6 mm. Angetrieben durch die im Uhrzeigersinn rotierenden Luftmassen des Hochdruckgebiets MAJLA im Süden und das gegen den Uhrzeigersinn drehende Sturmtief WILHELM im Norden bewegte sich Tief XANDER entlang der Luftmassengrenze mit hoher Geschwindigkeit in eine nordöstliche Richtung und erreichte mit seinem Zentrum in der zweiten Tageshälfte des 26.10. das Baltikum. Dabei vertiefte sich der Kerndruck bis auf 994 hPa. An den Küsten des Finnischen Meerbusens brachte der Durchgang des Frontsystems der Zyklone XANDER einen verregneten Wettercharakter mit sich, gerade in den Nachmittagsstunden meldeten viele der finnischen und estnischen Wetterstationen über mehrere Stunden mäßigen Regenfall und vereinzelt auch starke Regenschauer. So akkumulierten sich vielerorts über 10 mm Niederschlag, etwa in der estnischen Hauptstadt Tallinn wo bis 19 Uhr MEZ 12-stündig 11 mm fiel oder in Helsinki wo sich die Regenmenge auf 13 mm summierte. Die vom zentralen Tiefdruckwirbel nach Südwesten verlaufende und sich dort mit der Warmfront des nachfolgenden Wellentief YAROSLAV verbindende Kaltfront sorgte auf den Schäreninseln im Südwesten Finnlands für ergiebige Regenschauer. In der Station Hanko Tvaerminne wurden nach einem dieser Schauer zum Haupttermin um 07 Uhr MEZ 16 mm Niederschlag gemeldet.

Am 27.10. verschob sich der zentrale Wirbel der Zyklone XANDER mit unverändert hoher Geschwindigkeit in Richtung des Uralgebirges. Dabei sank der Kerndruck weiter auf nun 990 hPa. Im Bereich der Fronten nahm die Menge des Niederschlags allerdings mit zunehmender Distanz zu den Küsten ab. Die Höchstmengen fielen im Raum St. Petersburg wo über 10 mm gemessen wurden, etwa in Belogorka mit 11 mm oder 13 mm in Lodeinoje Pole. Im Laufe des Tages geriet die Zyklone XANDER in den Einflussbereich des östlichen Kerns des mittlerweile zweikernigen Tiefdruckgebiets WILHELM, welcher sein Zentrum über dem nördlichen Uralgebirge hatte. Bei verringerter Ostbewegung des Tiefdruckzentrums begann Frontensystem von XANDER zu okkludieren. Eine Okklusion bezeichnet den Prozess des Zusammenfließens von Fronten, wobei die Kaltfront die vorgelagerte Warmfront einholt.

Am späten Abend des 27.10. bewegte sich die Zyklone aus dem durch die Berliner Wetterkarte analysierten Bereich und war daher auf der Bodenkarte des 28.10. nicht mehr verzeichnet. Im Laufe dieses Tages löste sich das zunehmend okkludierte Tief XANDER über Sibirien auf.