Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet XANTHIPPE

(getauft am 29.10.2010)

 

Das spätere Tiefdruckgebiet XANTHIPPE entstand schon über dem kanadischen Raum und war bereits teilweise okkludiert, wobei der Okklusionspunkt an der Meeresmündung des Sankt – Lorenz – Stroms lag. Von dort aus zog sich die Kaltfront südwärts entlang der ostamerikanischen Küste, die Warmfront reichte auf den Atlantik hinaus und ging dort in die Kaltfront des Tiefs WANDA über.

Getauft wurde der Wirbel XANTHIPPE am 29.10. als er sich mit einem Kerndruck von etwa 995hPa über dem Atlantik, vor der Südküste Grönlands, befand. Mittlerweile hatte sich der Okklusionspunkt südöstlich vom Kern bis auf die Höhe von Neufundland verlagert und die Kaltfront, die weiterhin entlang der nordamerikanischen Küste verlief, wechselte mehrmals den Frontencharakter. Die Warmfront reichte vom Okklusionspunkt nun südwärts auf den Atlantik. Das Tief XANTHIPPE war in einer starken Höhenströmung eingebettet und wanderte somit zügig mit der Westströmung Richtung Mitteleuropa. In der Höhe befand sich der Kern dabei im Bereich einer Wellenstörung.

Auf Grund der ausgeprägten Höhenströmung lag die Zyklone am Folgetag mittlerweile vor der irischen Küste auf der Höhe von Dublin, wobei sich der Kerndruck auf 980hPa verringert hatte. Die Okklusionsfront zog sich vom Zentrum südwärts und spaltete sich vor der spanisch-französischen Küste in Kalt- und Warmfront auf. Die Kaltfront reicht vom Okklusionspunkt westwärts auf den Atlantik und geht dort in die Warmfront eines unbenannten Tiefs über. Die Warmfront hingegen zog sich in einem Bogen südwestwärts, wobei es beim Frontendurchgang auf der Iberischen Halbinsel und in Frankreich zu starken Niederschlägen kam. So verzeichnete Lissabon insgesamt 53 l/m², Aubenas 70 l/m² und Montpellier 124 l/m² Regen innerhalb von zwölf Stunden.

Am 31.10. erreichte das Zentrum des Tiefs XANTHIPPE das mitteleuropäische Festland mit Kern vor der Südwestküste Großbritanniens und unverändertem Druck. Die Okklusionsfront beschrieb einen stark geschwungenen Bogen und spaltete sich an der Nordküste Spaniens am Rand der Pyrenäen wieder auf. Die Kaltfront reichte in einem lang gezogenen Bogen bis auf den Atlantik um dort in die Warmfront des nachfolgenden Tiefs YENTL überzugehen. Vom Okklusionspunkt südwärts verlief die Warmfront, wechselte in ihrem Verlauf mehrmals den Frontencharakter und endete in einer Wellenstörung. In der Höhe hatte sich derweil ein Kurzwellentrog ausgebildet. Der Kurzwellentrog von XANTHIPPE bildete mit dem des Tiefs WANDA einen weit nach Süden reichenden Langwellentrog, wobei der Trog von XANTHIPPE deutlich intensiver war. An der Süd- und Rückseite dieses Langwellentroges traten starke Höhenwinde durch Luftdruckunterschiede auf, was sich in den Höhenkarten durch eine starke Drängung der Isohypsen, also Linien gleichen Geopotentials, charakterisiert.

In der Nacht zum Folgetag bildete die Zyklone aus dem Okklusionspunkt ein weiteres Zentrum aus, dessen Druck etwas über 995hPa betrug und über Marseille lag. Der bisherige Kern lag mittlerweile bei Bordeaux und der Druck im Zentrum stieg auf rund 1003hPa. Beide Kerne waren durch die Okklusionsfront verbunden und der gesamte Kernbereich umfasste den Großteil Frankreichs, die Pyrenäen, Sardinien und Teilen des Mittelmeeres. Die Kaltfront erstreckte sich in einem Bogen vom jüngeren Kern über Sardinien und Tunis auf den afrikanischen Kontinent. Die Warmfront hatte der Wirbel zu diesem Zeitpunkt aufgegeben. Weiterhin begann der Trog sich in der Höhe langsam abzuschnüren. Ursache dafür war ein starkes und weit nach Nordosten reichendes Azorenhoch, sowie das zügig heranziehende Tief YENTL gegenüber dem immer noch stark ausgeprägten Hochdruckkeil des ehemaligen Hochs QUENTIN. Ebenso nahm die Drängung der Isohypsen mit dieser Entwicklung weiter zu, wodurch an den Trogseiten starke Winde resultierten. An der Trogvorderseite erstreckte sich das Windfeld in der Höhe auf Deutschland, Polen und die osteuropäischen Staaten mit Windgeschwindigkeiten von 30 – 40 Knoten, teilweise sogar 50 Knoten, was stürmischem Wind entspricht. Insbesondere an der Rückseite war die Drängung der Isohypsen sehr stark, die Winde erreichten in diesem Bereich mit 90 – 100 Knoten Orkanstärke. In Bodennähe trat an der Alpenvorderseite Föhn, ebenfalls mit Orkanböen, auf und die Temperaturen stiegen teils auf über 20°C, begleitet von starken Regenfällen. Ursache dafür war die anhaltende, südliche Höhenströmung, die gegen die französische Mittelmeerküste und die Südalpen gerichtet war. Dadurch entstanden starke Hebungsprozesse und folglich erneute heftige Niederschläge. So meldete Aubenas weitere 41 l/m², Cannes 61 l/m² und Nizza 74 l/m² innerhalb von zwölf Stunden.

Am 02.11. hatte sich der ältere Kern vollständig aufgelöst und der verbliebene Kern hatte sich auf einen Druck von etwa 1007 hPa abgeschwächt. Die Okklusion, die zuvor die zwei Kerne verband, war damit nun eine rückläufige Okklusionsfront, wobei der Okklusionspunkt an der Nordküste Korsikas lag. Von dort aus zieht sich die Kaltfront in einem leichten Bogen über Palermo auf den afrikanischen Kontinent. Mittlerweile hatte XANTHIPPE auch wieder eine Warmfront ausgebildet, die vom Okklusionspunkt über Italien bis an die griechische Westküste reichte. Weiterhin  hatte sich das Windfeld in der Höhe beidseitig auf etwa 50 Knoten abgeschwächt, allerdings hielten die ergiebigen Niederschläge im Mittelmeerraum und nun auch an der Adria weiter an. Örtlich kamen in Kroatien und Slowenien 50 l/m² innerhalb von zwölf Stunden zusammen, Palermo meldete im selben Zeitraum 134 l/m².

Bis zum nächsten Tag wanderte das Tiefzentrum unter leichter Druckerhöhung auf 1009 hPa weiter nach Tunis. Die rückläufige Okklusion hatte sich in der Zwischenzeit wieder an den Kern angeschlossen und zog sich von dort in einem weit nach Norden, geschwungenem Bogen über Sardinien und Norditalien bis zum Okklusionspunkt vor der kroatischen Küste. Die Kaltfront zog sich von dort über Süditalien, dem Mittelmeer auf den afrikanischen Kontinent, die Warmfront hingegen reichte über Griechenland bis Kreta. Weiterhin setzte sich in der Höhe der Abschnürungsprozess weiter fort.

Am 04.11. hatte sich die Position des Kernes nicht verändert, der Druck stieg aber auf 1017 hPa. Die Okklusionsfront verlief im Bogen bis Kalabrien um sich dort in Kalt- und Warmfront aufzuspalten. Vom Okklusionspunkt südwärts verlief die Kaltfront über das Mittelmeer auf den afrikanischen Kontinent, die Warmfront zog sich ostwärts über Süditalien bis zur kroatischen Küste. Mittlerweile lagen die Kerne des Boden- und Höhentiefs der Zyklone XANTHIPPE direkt übereinander und der Wirbel füllte sich weiter auf. Durch die stark ausgeprägten Tiefs ZELDA und ehemals YENTL, sowie deren Frontenlage, im Norden gegenüber der neu gebildeten Hochdruckbrücke, zu der auch das kürzlich entstandene Hochdruckgebiet ROLF gehörte, lief der Abschnürungsprozess in der Bildung eines Kaltlufttropfens, also einem abgeschlossenen Tiefdruckgebiet, aus. Dieser Kaltlufttropfen lag zu diesem Zeitpunkt über der nordafrikanischen Küste. Das komplette System des Tiefdruckgebietes XANTHIPPE zog im Tagesverlauf von der Küste weiter ins Landesinnere und damit außerhalb des Analysebereiches, der Höhentrog war jedoch weiterhin einige Tage stark ausgeprägt und beeinflusste das Wettergeschehen in Mitteleuropa.


 

Geschrieben am 03.12.2010 von Julia Sieland

Berliner Wetterkarte: 31.10.2010

Pate: Wandern