Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet XANTHOS

(getauft am 08.12.2017)

 

Am 07.12. 2017 kam es zu einem großen Kaltlufteinbruch, wo arktische Luftmassen aus Kanada auf den Nordwestatlantik strömten. In diesem Gebiet gibt es eine warme Meeresströmung, die ihren Ursprung im Golf von Mexiko hat, weshalb sie auch als Golfstrom bezeichnet wird. Der Temperaturkontrast ist horizontal und vertikal sehr groß, sodass Luftmassen begannen aufzusteigen, womit einfallender Luftdruck einherging.  Das daraus entstehende Tiefdruckgebiet wurde mit Prognose für den Folgetag auf den Namen XANTHOS getauft.

Am 09.12. um 01 Uhr MEZ, was 00 Uhr UTC entspricht, befand sich die junge Zyklone mit einem minimalen Luftdruck von etwa 985 hPa einige hundert Kilometer südöstlich von Kap Farvel, der Südspitze Grönlands. Eine Kaltfront erstreckte sich in südliche Richtung, während die Warmfront deutlich länger war und sich sogar bis nach Galizien zog. In der Nähe des Kerns trat eine kurze Okklusion, eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, auf. Eine weitere Okklusion lag noch weiter in nordwestliche Richtung bis über die Davisstraße. An der Nordküste Spaniens kam es bedingt durch die Warmfront im Tagesverlauf zu leichten Niederschlägen. In 12 Stunden bis 19 Uhr MEZ fielen nur selten mehr als 10 mm Regen. Einzig vereinzelte Bergstationen meldeten bedingt durch ihre Stauwirkung größere Mengen, die zum Teil auch als Schnee fielen. Auf dem 1894 m hohen Navacerrada in der Nähe der Hauptstadt Madrid gab es 16 mm, weiter nördlich auf dem Fuente De-Teleferico, der 1100 m hoch ist, fielen 15 mm. Da hinter einer Warmfront wärmere Luft folgt, wurde es in Galizien in einigen Orten bis zu 16°C warm, weiter östlich im Baskenland stieg die maximale Temperatur dieses Tages nur auf 12°C an.  Tags zuvor war es auch im Nordwesten Spaniens ähnlich temperiert.

Das Tiefdruckgebiet XANTHOS spaltete sich zum 10.12. um 01 Uhr MEZ in zwei Kerne auf. Das nördlichere Tief XANTHOS I blieb nahe der Position des Vortages also südöstlich von Grönland und wies einen Kerndruck von ca. 987 hPa auf. Die andere Zyklone XANTHOS II verlagerte sich weiter Richtung Europa und war zu diesem Zeitpunkt wenige Kilometer westlich der irischen Küste mit ca. 990 hPa zu finden. Eine Okklusion verband die beiden Tiefkerne. Am Okklusionspunkt südlich von Irland spaltete sich die kurze vom Kern südostwärts erstreckende Okklusion in eine im Bogen schließlich nach Südwesten erstreckende Kaltfront und eine quer über die Biskaya bis etwa nach Valencia verlaufende Warmfront auf. Diese Warmfront war sehr wetterwirksam, da sie von Südwesten her milde Luft mit sich brachte. Diese gleitete auf die bodennahe Kaltluft auf, die sich vorher über Deutschland befand. Die Folge waren starke Niederschläge, die zum größten Teil in Deutschland als Schnee fielen. Der Einfluss der Warmfront ließ sich anhand der Windrichtung und der Temperatur gut erkennen. Während vor der Front intensiver Schneefall bei meist leichten Minusgeraden und Südostwind fiel, drehte mit Durchgang der Front der Wind auf Südwest, wodurch es sprunghaft milder wurde und Regen fiel. Im Oberrheingraben lag die Temperatur um 13 Uhr MEZ bei Basel bereits bei 9°C, im deutschen Mühlheim wurden noch 7°C gemessen, während in Freiburg nur knapp über 0°C registriert wurden. Die Durchsetzung der milden Luft von oben nach unten kann auch anhand der Höhe ausgemacht werden. In Buchenbach, was auf etwa 450 m liegt, gab es schon 4°C, während das 200 m tiefer gelegene Freiburg etwa 4 Grad kälter war. Nach Norden und Osten war es zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend frostig. Vom Niederrhein in einem Bogen bis zum Bodensee waren schon um 13 Uhr MEZ verbreitet 3 bis 7 cm Schnee gefallen. Diese Zone verlagerte sich im Verlauf weiter nordostwärts. Im Südwesten Deutschlands stieg die Temperatur stark an, sodass der Schnee wieder zu tauen begann. In Freiburg wurden nur 2 Stunden später, um 15 Uhr MEZ bereits 8°C gemessen. Bis zum Abend schneite es vor allem im Norden, Osten und Südosten weiter. Um 19 Uhr MEZ lagen im bayerischen Ansbach 8 cm Schnee, ebenso im rheinischen Essen sowie 13 cm in Braunschweig. In einigen Regionen fiel in 12 Stunden bis 19 Uhr MEZ über 10 mm als Regen oder Schnee. Bei Rotterdam wurden 18 mm gemessen, im Schwarzwald bis zu 27 mm in Todtmoos sowie in der West- und Südschweiz verbreitet über 20 mm. Spitzenreiter war dabei die Bergstation Saleina im Wallis mit 105 mm. Am späten Abend hielt sich die Kaltluft nur noch im Norden und Nordosten Deutschlands. Auch in der Hauptstadt Berlin schneite es kräftig. Am 11.12. um 01 Uhr MEZ wurde mit 7 cm Schnee in Berlin-Dahlem die höchste Schneedecke des Winters verzeichnet. Zu diesem Zeitpunkt war es im südbrandenburgischen Doberlug-Kirchhain bereits 6°C mild, im uckermärkischen Grünow waren dagegen noch -1°C.

Am 11.12. befand sich das Tief XANTHOS I unter Auflösung östlich von Grönland mit etwa 1000 hPa.  Das wesentlich kräftigere Tief XANTHOS II befand sich um 01 Uhr MEZ nahe Bremen und wies einen minimalen Luftdruck von 977 hPa auf. Erneut verband eine wellenförmige Okklusion die beiden Tiefkerne. Vom zweiten Teiltief ging jedoch noch eine weitere Okklusion aus, die sich etwa über Schlesien in Warm- und Kaltfront aufspaltete. Der Nordwesten Deutschlands befand sich am Morgen noch immer in der Kaltluft, da es sich auf der Nordseite des Tiefs befand, wo der östliche Wind die kalten Luftmassen fortwährend heranführte. Die Schneefälle blieben dort zum größten Teil liegen, während sie in den restlichen Landesteilen durch die milden Luftmassen rasch abtauten. Um 07 Uhr MEZ lagen von Hamburg nach Kleve verbreitet 4 bis 7 cm Schnee. In Wardenburg bei Oldenburg sowie in Borken in Westfalen lag mit 9 cm die höchste Schneedecke. Beispielsweise in Nordrhein-Westfalen gingen die Temperaturen wieder in den Frostbereich zurück, da von Nordwesten die verbliebene Kaltluft wieder nach Süden geführt wurde. Das Tief XANTHOS II und mit ihm die Niederschläge schwächten sich stark ab. Der Grund dafür lag in einer Entwicklung, die stromaufwärts stattfand. Schon am Vortag bildete sich über dem Atlantik an der Kaltfront des Tiefs XANTHOS II ein neues Tief namens YVES, das sich rasch vertiefte und so die tragende Rolle übernahm. Die Niederschlagsmengen blieben bis zum Abend meist unter 1 mm. Jedoch führte die herangeführte Kaltluft über Norddeutschland im Tagesverlauf verbreitet zu einem Temperaturrückgang. In Berlin ging sie von 5°C am Morgen auf 2°C am Mittag zurück, in Hannover kehrte sogar kurzzeitig der Frost zurück. Die Tageshöchsttemperaturen lagen jedoch etwa von Rostock bis ins Münsterland nur unwesentlich über 0°C, während beispielsweise 11°C in Karlsruhe gemessen wurden. Von Südwesten griff jedoch die Warmfront von Tief YVES mit neuer Warmluft über, sodass neue Niederschläge, meist in Form von Regen, die Frostluft rasch wieder verdrängten.

Bis zum Folgetag löste sich das Tiefdruckgebiet XANTHOS bestehend aus Tief XANTHOS I und Tief XANTHOS II vollständig auf, sodass es nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte.

 


Geschrieben am 12.04.2018 von Dustin Böttcher

Pate: FU Berlin

Berliner Wetterkarte: 11.12.2017