Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet XAVER

(getauft am 02.03.2017)

 

Entlang der Kaltfront des mit seinem Zentrum über den Britischen Inseln liegenden Wirbels WILFRIED entwickelte sich aus einer wellenartigen Störung in der Nähe des Hochs HERTHA zwischen den Azoren und der Iberischen Halbinsel am 02.03.17 ein neues Tiefdruckgebiet, welches in der Prognose für den Folgetag auf den Namen XAVER getauft wurde.

Auf der Berliner Wetterkarte vom 03.03.17 um 01 Uhr MEZ befand sich das Tief XAVER über der Bretagne und wies einen Kerndruck von etwa 1005 hPa auf. Die Warmfront verlief nach Südosten über Frankreich bis zu den Seealpen. Die ungleich längere Kaltfront erstreckte sich vom Zentrum südwestwärts über Galicien bis zur Insel Madeira. Von dort aus führte sie in einem Bogen gen Westen bis zu den südlichen Randgebieten des Azorenhochs, rund 1000 km südwestlich der namensgebenden Inselgruppe. Im Bereich der Warmfront fiel im 12-stündigen Zeitraum bis 07 Uhr MEZ nur wenig Regen. Die Niederschlagsmenge betrug beispielsweise in Marseille 0,2 l/m², 0,4 l/m² in Rennes oder 0,6 l/m² in Caen. In der nach der Warmfront eingeflossenen Subtropikluft wurde in Spanien die 20°C-Marke an mehreren Orten erreicht. So stieg die Temperatur in Catalyud auf 20,6°C, am Flughafen von San Sebastian auf 23,8°C oder in Granada auf 20,4°C. Im Abstand von circa 300 km folgte hinter der Kaltfront des Tiefs XAVER eine weitere Kaltfront eines Tiefdruckkomplexes bei den Britischen Inseln, so dass die Regenmengen im oben erwähnten Zeitraum zwischen 7 l/m² in La Coruña, 13,4 l/m² in Vigo und 20,4 l/m² in Noia erreichten. Alle drei Stationen liegen im äußersten Nordwesten Spaniens.

Bis zum folgenden Tag hatte sich die Zyklone XAVER mit dem bereits erwähnten Tiefdruckkomplex bei den Britischen Inseln vereinigt und wies daher einen deutlich verstärkten Kerndruck von ungefähr 984 hPa auf. Das Zentrum befand sich über dem Süden Irlands. Die kältere Luft hatte begonnen, die wärmere einzuholen und somit bildete sich eine kurze Okklusionsfront. Sie verlief von Südwest nach Nordost quer über Irland und der Okklusionspunkt lag über der Irischen See. Von dort erstreckte sich die Warmfront nach Osten über den Norden Englands, die Nordsee bis zu den nördlichen deutschen Mittelgebirgen. Die Kaltfront verlief vom Okklusionspunkt im Bogen über England und anschließend nach Süden bis zum östlichen Pyrenäenvorland, wo sich die kurze Warmfront eines Randtiefs anschloss. Im Zuge der Warmfront betrug die Regenmenge bis 07 Uhr MEZ am Bremer Flughafen lediglich 0,7 l/m², 1,7 l/m² in Langen-Holßel oder 2,7 l/m² auf Norderney. Bedeutend mehr fiel beim Durchzug der Kaltfront. Allein im Zeitraum zwischen 01 und 04 Uhr MEZ regnete es in Rouen 5 l/m², in Blois 4 l/m² oder sogar 7 l/m² in Chartres. Im Bereich der Okklusion konnte eine 12-stündige Niederschlagsmenge von 24 l/m² in Thomastown im Süden Nordirlands verzeichnet werden. Im Warmsektor des Tiefdruckgebietes XAVER zwischen dessen Warm- und Kaltfront stieg die Temperatur auf Werte zwischen 14,9°C in Meiningen und 19,4°C in Jena. Mit dem Zufluss erwärmter Subpolarluft maritimen Ursprungs durch die Kaltfront sank die Tageshöchsttemperatur herab und erreichte nur noch beispielsweise 9,9°C in Pau oder 11,4°C in Lorient.

Tief XAVER verlagerte sich bis zum darauffolgenden Tag nur wenig nach Norden. Unter einer geringfügigen Verstärkung wies der Kern einen Druck von circa 982 hPa auf. Die rund 770 km lange Okklusion verlief in einem leichten Bogen von West nach Ost über Schottland. Der Okklusionspunkt wurde über dem Zentrum der Nordsee lokalisiert. Die bogenförmige Warmfront erstreckte sich von dort über Dänemark, die Ostsee bis zum Südosten Lettlands, wo sich eine Kaltfront eines anderen Tiefs anschloss. Die Kaltfront verlief erst südostwärts von der Nordsee bis nach Ungarn und danach in Richtung Südwesten bis etwa 130 km nördlich von Sizilien. Während aus der Warmfrontbewölkung nur ein paar Regentropfen fielen, regnete es an der Kaltfront ungleich mehr. Die höchsten 12-stündigen Regenmengen fielen zwischen dem Ijsselmeer und dem westlichen Ruhrgebiet. Dort wurden in Duisburg-Bärl 10,1 l/m² oder 14 l/m² in Leeuwarden registriert. Im Stau der Südalpen regnete es aber noch mehr. In Südtirol zum Beispiel betrug die Regenmenge in Mosogno 29,4 l/m². Weil die hinter dem Tiefdruckgebiet eingeflossene maritime Subpolarluft zu diesem Zeitpunkt schon weit über den Kontinent vorgedrungen war, gab es keine wesentlichen Temperaturunterschiede. Im Allgemeinen lagen die Höchstwerte zwischen 9 und 13°C.

Am 06.03.17 um 01 Uhr MEZ befand sich das Zentrum der Zyklone mit einem konstanten Druck circa 500 km südlich von Island. Die Okklusion, welche nur noch das Frontensystems des Tiefs XAVER darstellte, erstreckte sich westlich vom Kern ausgehend und nördlich um diesen verlaufend bis nach Dänemark. Vor dieser Mischfront war rund 250 km südwestlich des Zentrums eine weitere kurze Okklusion vorgelagert, die wiederum mit einem kleinen Tief weiter westlich in Verbindung stand. Im Einflussbereich der Okklusion des Tiefs XAVER fiel 12-stündig im norwegischen Nelaug bei Kristiansand 4 l/m² und auf den Shetland-Inseln 5 l/m². Die Temperaturen lagen zwischen 5,5°C in Reykjavik und 10,9°C in Lossiemouth im Norden Schottlands in einer maritimen Subpolarluft. Durch das über Skandinavien liegende Hoch INGRID und dem Tief YANNIK über dem Ärmelkanal war der Druckgradient über dem Süden Norwegens relativ groß. Die dadurch auftretenden Winde führten zwischen 07 und 13 Uhr MEZ zu Orkanböen, wie beispielsweise an der Station Roldalsfjellet mit einer Spitzenböe von 140,5 km/h oder auf der Insel Store Torungen mit 122,5 km/h.

Bis zum Folgetag hatte sich das Frontensystem des Tiefdruckwirbels XAVER spiralförmig weiter um den Kern eingedreht. Zusätzlich stieg der Druck von nun rund 992 hPa im Zentrum, welches sich über der Südküste Islands befand, leicht an. Die Okklusion führte bogenförmig nördlich um Island bis zum Europäischen Nordmeer südlich von Jan Mayen und anschließend nach Süden bis nach Nordschottland. Dort ging die Okklusion in die Kaltfront von Tief ZEUS über. Im Zuge dieser Mischfront regnete es in Island innerhalb von 12 Stunden in Jokulheimar 6,3 l/m² oder in Eskifjordur 5,7 l/m². Dabei stiegen die Temperaturen an den isländischen Wetterstationen Gufuskalar und Dalatangi auf 2,8°C bzw. 4,5°C.

Bis zum 08.03.17 um 01 Uhr MEZ verlagerte sich die Zyklone nur leicht nach Nordwesten und wies einen Kerndruck von etwas unter 990 hPa auf, wobei sich das Zentrum über der isländischen Hauptstadt Reykjavik befand. Die Okklusion verlief zunächst vom Zentrum bis zur Nordwestspitze Islands, anschließend nach Nordosten bis zur Insel Jan Mayen und danach südwärts bis ungefähr 200 km nordöstlich der Färöer-Inseln. Dort schloss sich eine vorgelagerte Warmfront des Tiefdruckgebietes ADRIANO an. Ganz im Süden Islands regnete es in 12 Stunden an der Station Onundarhorn 6 l/m² bei rund 5°C als Tageshöchstwert sowie 0,1 l/m² auf Jan Mayen bis 07 Uhr MEZ in 24 Stunden bei maximal 2°C.

In der Folge schwächte sich das Tief XAVER bis zum 09.03.17 so weit ab, dass es nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert bzw. namentlich verzeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 27.03.2017 von Matthias Janke

Berliner Wetterkarte: 04.03.2017

Pate: Ralf Harmuth