Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet XAVER

(getauft am 14.07.2015)

 

An einer verwellten Kaltfront des westlich der Britischen Inseln gelegenen Wirbels WALDEMAR kam es durch das Aufeinandertreffen von polarer Kaltluft und subtropischer Warmluft zur Zyklogenese. Dabei entstand ein neues Tiefdruckgebiet, welches am 14.07. in der Prognose für den Folgetag den Namen XAVER erhielt.

Am 15.07. um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, befand sich der Kern von Tief XAVER ca. 1500 km nordwestlich von Portugal mit einem Kerndruck von 1020 hPa. Eine Warmfront führte nach Nordosten bis westlich der Biskaya, wo sie mit dem Frontensystem des Tiefs WALDEMAR verbunden war. Eine Kaltfront verlief währenddessen nach Westen über den Nordatlantik, wo sie den Anschluss an die Warmfront eines anderen Drucksystems fand. Die Niederschlagsmengen beim Durchzug der Warmfront über den Südwesten Großbritanniens blieben jedoch gering. Die größte Niederschlagsmenge innerhalb von 24 Stunden bis 00 Uhr UTC des 16.07. wurde von St. Catherine’s Point auf der Isle of Wight mit 3,8 mm gemeldet. Darauf folgt Cardiff mit 3,2 mm, und Camborne sowie Cardinham in der Grafschaft Cornwall mit je 1,6 mm. Die Temperaturen waren dabei nur wenig sommerlich. Während im Südosten Englands in Shoeburyness mit einer Höchsttemperatur von 24,9°C der Sommertag nur knapp verfehlt wurde, wurden in der Grafschaft Cornwall nur maximal 23,2°C in Plymouth erreicht. In Cardiff lag die Höchsttemperatur sogar nur bei 18,4°C.

Zu diesem Zeitpunkt konnte der Kern des Tiefs XAVER bereits ca. 1000 km südwestlich von Irland mit einem Druck von 1010 hPa analysiert werden. Die Warmfront erstreckte sich nach Osten über die Keltische See bis zur nördlichen Bretagne, die Kaltfront führte in südwestlicher Richtung über den Atlantik. An der Front über England wurden einzelne kräftige Gewitter ausgelöst, die lokal hohe Niederschlagsmengen brachten. So meldete die Wetterstation des Luftwaffenstützpunkts Marham in der Grafschaft Norfolk innerhalb von 12 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages 32,0 mm Niederschlag. Noch intensivere Mengen fielen in Rothamsted zwischen London und Luton. Im selben Zeitraum wurden dort 53,0 mm gemeldet. Marham erreichte eine Höchsttemperatur von 24,2°C und Rothamsted 23,2°C. Die höchste Temperatur des Tages in England wurde jedoch am Flughafen London-Heathrow mit 25,3°C registriert. Frankreich geriet hingegen immer mehr unter den Einfluss extrem warmer Festlandluft von der Iberischen Halbinsel. So stiegen die Temperaturen verbreitet auf über 35°C in Südfrankreich, an vier Stationen wurden sogar über 40°C gemessen. Spitzenreiter war die Station Brive mit 41,4°C, gefolgt von Argentat mit 40,7°C. Auch in Süddeutschland erhöhten sich die Temperaturen verbreitet bis über 30°C mit den höchsten Temperaturen um 35°C am Oberrhein. Auch in Norddeutschland gab es verbreitet einen Sommertag, wofür die 25°C-Marke überschritten werden muss. In der Nacht zog eine Konvergenzzone, in der sich einige Gewitter gebildet hatten, von Frankreich über Belgien nach Westdeutschland. Eine Konvergenz ist ein Gebiet, in dem die Luft am Boden zusammenströmt und dort aufsteigt. Jedoch brachten diese an keiner deutschen Wetterstation Niederschlagsmengen über 5 mm.

Bis zum 17.07. verlagerte sich das Tief XAVER mit seinem Zentrum über den Westen Irlands. Dabei umschloss eine Okklusionsfront die Westküste der Insel, der Okklusionspunkt lag über Nordirland. Eine Okklusion stellt dabei eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront dar, welche am sogenannten Okklusionspunkt durch das Aufeinandertreffen beider Systeme entsteht. Die Warmfront erstreckte sich nach Südosten über England, die Nordsee und die Niederlande bis Mitteldeutschland. Die Kaltfront führte nach Südwesten über Wales und die Biskaya bis zu den Azoren. Über dem Nordosten Deutschlands hielt sich die markante Luftmassengrenze, sodass zwar in Brandenburg verbreitet über 30°C registriert wurden, in Mecklenburg-Vorpommern die Temperaturen jedoch darunter blieben. So lag die Höchsttemperatur in Greifswald bei 22,4°C und am Kap Arkona bei 20,2°C. Durch Warmlufteinschubgewitter über Rügen meldete die Station Putbus eine Niederschlagsmenge von 13,0 mm in 6 Stunden bis 18 Uhr UTC. Diese Art von Gewittern unterscheidet sich von normalen Warmfrontgewittern dadurch, dass die Erwärmung der Luftschicht durch die vorgelagerte Kaltluft nur in höheren Luftschichten zwischen 1000 und 3000 m stattfindet und ansonsten keine wesentlichen Temperaturunterschiede in anderen Schichten vorhanden sind. Am Oberrhein war es an diesem Tag noch heißer als am Tag zuvor. Im Oberrheingraben wurden verbreitet 37°C erreicht und in Colmar 37,3°C. Regensburg meldete eine Höchsttemperatur von 36,3°C. Im Südwesten und Westen Deutschlands entstanden ab den Nachmittagsstunden einzelne Gewitter. Auf der Schwäbischen Alb in Stötten wurde um 15 Uhr UTC sogar Hagel beobachtet, bis 18 Uhr UTC fielen in den vorangegangen 12 Stunden 15 mm Niederschlag. Auch am Flughafen Frankfurt gewitterte es, wobei eine Böe von 97,3 km/h um 00 Uhr UTC am 18.07. gemeldet wurde. Im weiteren Verlauf der Nacht gab es in Sachsen verbreitet eine tropische Nacht, in der die Temperatur nicht unter 20°C sank. So fiel die Temperatur beispielsweise in Dresden und Görlitz nur bis auf 23°C.

Zum Nachttermin am 18.07. befand sich der Kern von Tief XAVER über dem Norden Schottlands mit einem zentrumsnahen Druck von 995 hPa. Die Okklusionsfront erstreckte sich nach Osten über die Nordsee bis zum Skagerrak, wo sich der Okklusionspunkt befand. Die Warmfront führte von dort weiter über Südschweden, die Ostsee und Polen bis über die Sudeten. Die Kaltfront verlief nach Süden über Dänemark, Westdeutschland und Frankreich bis zu den Pyrenäen. Im Norden Deutschlands wurde es nun etwas kühler mit Höchstwerten zwischen 21°C und 24°C, dabei schien vor allem an der Nordsee längere Zeit die Sonne. Weiter im Süden wurden dagegen verbreitet Gewitter verzeichnet. Um 13 Uhr UTC meldete Radis bei Bitterfeld eine einstündige Niederschlagsmenge von 12,2 mm, eine Stunde später wurden aus Halle-Trotha 20,4 mm gemeldet, wobei auch Hagel beobachtet wurde. Um 16 Uhr UTC wurden aus Elsterwerda innerhalb einer Stunde 22 mm Regen gemeldet. In der Lausitz wurden verbreitet Höchsttemperaturen von 33°C gemessen, ebenso im Rhein-Main-Gebiet mit 33,3°C im Wetterpark Offenbach und 33,9°C am Flughafen Frankfurt. Noch heißer war es südlich und östlich von Deutschland. In Wien und Warschau stieg die Temperatur auf bis zu 36°C. In Mostar in Bosnien lag der Höchstwert der Temperatur sogar bei 41,6°C. Im Laufe der Nacht zog ein Gewittercluster über Nordrhein-Westfalen, welches in Wuppertal in kurzer Zeit 25 mm Niederschlag brachte, in Weilmünster in Hessen sogar 33 mm.

Bis zum 19.07. zog das Tief XAVER weiter entlang der Skanden nach Norden und befand sich um 00 Uhr UTC mit seinem Kern über Norwegen nördlich von Trondheim. Die Okklusionsfront führte nach Südosten über den Bottnischen Meerbusen und Finnland bis zum Baltikum. Von dort verliefen eine Warmfront weiter nach Süden bis zum Schwarzen Meer und eine Kaltfront bis über Polen, wo sie mit anderen Systemen verbunden war. Eine weitere Kaltfront erstreckte sich vom Tiefzentrum aus über die Skanden und die Nordsee bis über den Norden Schottlands. In Trondheim wurden es dabei keine nennenswerten Niederschlagsmengen gemessen. Dagegen fielen in Bortnan in Schweden innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC 13 mm. In Lungo an der Küste zur Ostsee wurden im selben Zeitraum immerhin 8,0 mm registriert. Im Warmluftsektor von Tief XAVER stiegen die Temperaturen in Südschweden verbreitet über 20°C. In Stockholm-Arlanda lag die Höchsttemperatur sogar bei 26,4°C. Sogar in Hokmarksberget im südlichen Lappland wurde eine Höchsttemperatur von 22,8°C erreicht.

Am 20.07. befand sich das Tief XAVER südlich des Weißen Meeres mit einem Kerndruck von 1000 hPa. Eine Okklusionsfront führte nach Westen über die Skanden bis über das Europäische Nordmeer. Eine weitere erstreckte sich nach Südosten bis über die Region Moskau, wo sie sich in eine Warm- und eine Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront erstreckte sich weiter nach Südwesten bis zur Donaumündung. Die Kaltfront ging rasch in andere Systeme über. In Moskau fielen innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC nur 1,0 mm Niederschlag. In Rostov, nordöstlich von Moskau, wurden bis 03 Uhr UTC des Folgetages innerhalb von 12 Stunden 8,0 mm Niederschlag registriert.

Am 21.07. lag das Tief XAVER östlich des Weißen Meeres am Rande eines größeren, namenlosen Tiefdruckgebietes. Dem Tief XAVER, welches einen Kerndruck von 995 hPa hatte, konnten zu diesem Zeitpunkt keine Fronten zugeordnet werden.

Bis zum 22.07. löste sich das Tief XAVER vollständig auf und konnte nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben am 01.09.2015 von Sebastian Kugel

Berliner Wetterkarte: 17.07.2015

Pate: Xaver Egger