Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
XAVER
(getauft am
19.02.2019)
Im Laufe des 19. und 20.02.2019
entwickelte sich zwischen Island und Großbritannien aus einem sogenannten
Teiltief ein neues Tiefdruckgebiet. Ein Teiltief steht unter dem Einfluss eines
steuernden Tiefs, welches sich zu diesem Zeitpunkt über der Dänemarkstraße
zwischen Island und Grönland befand. Diese Art der Zyklogenese findet am
Okklusionspunkt statt. Dieser Punkt beschreibt in der Meteorologie den Ort, an
dem Warm- und Kaltfront beginnen, sich miteinander zu vermischen, da die schneller
ziehende Kaltfront nach gewisser Zeit die Warmfront einholt. Die Entstehung
neuer Tiefdruckkerne im Bereich des Okklusionspunktes kommt relativ häufig vor,
da die Luft an jenem Punkt zum Aufsteigen gezwungen wird und der Druck am Boden
abfällt. Das Teiltief entwickelte eine eigenständige Rotation und löste sich im
Tagesverlauf vom steuernden Tief ab. Durch die weitere Verlagerung in Richtung des
europäischen Festlandes war eine Einflussnahme auf das europäische
Wettergeschehen vorhersehbar und so wurde der neue Tiefdruckkomplex in der
Prognose für den 20.02. auf den Namen XAVER getauft.
Am 21.02. befand sich der Kern der
Zyklone XAVER um 01 Uhr MEZ nordöstlich der Färöer-Inseln. Zu diesem Zeitpunkt
bestand die Frontenstruktur des Wirbels zunächst nur aus Warm- und
Okklusionsfront. Im Laufe des Tages unterlagen die Fronten des Wirbels jedoch
einer regen Dynamik, woraufhin sich auch eine Kaltfront herausbildete. Bedingt
durch die schnelle Verlagerung des Tiefdruckkerns in südöstliche Richtung
erfassten die Wolken- und Regenfelder von Tief XAVER weite Teile der baltischen
Staaten sowie einige Regionen Osteuropas. Im südskandinavischen Raum brachten
die Tiefausläufer sehr verschiedene Niederschlagsmengen. So wurde an den drei
norwegischen Küstenstädten Furuneset, Bergen sowie Fossmark in einem
24-stündigen Messintervall zwischen 11 und 13 l/m² Regen registriert,
wohingegen die Niederschläge weiter östlich mit 0 bis 3 l/m² deutlich geringer
ausfielen. Das Zentrum der Wetteraktivität konzentrierte sich an diesem Tag
jedoch auf die südlichen Küstengebiete Schwedens sowie auf einige Messstationen
im Zentrum und Norden Polens. Hier erreichten die Regenmengen im gleichen Zeitraum
Werte von 15 bis 24 l/m², wobei durch die aus Nordosten herannahende Kaltluft
die Niederschläge in den genannten Regionen zunehmend in Schnee übergingen.
Bis zum folgenden Tag, dem 22.02.,
verlagerte sich der Kern des Tiefdruckgebietes XAVER nach erheblichem Druckanstieg
um 25 hPa auf nun knapp 1020 hPa weiter in südöstliche Richtung und befand sich
um 01 Uhr MEZ über Moldawien. Durch die Verlagerung in südöstliche Richtung
umfasste der Einfluss des Frontensystems, welches sich nun aus einer langen
Kaltfront und einer Warmfront zusammensetzte, nahezu den gesamten
mitteleuropäischen Raum sowie weite Teile Südosteuropas. Trotz des relativ
großen Einflussbereiches wurde die Zyklone XAVER besonders im Südosten Europas wetterwirksam.
Dies lag nicht zuletzt daran, dass der ausgedehnte Hochdruckkomplex FRAUKE sich
im Laufe des Tages aus dem skandinavischen Raum in Richtung Mitteleuropa
verlagerte, wodurch hier Hochdruckeinfluss und damit verbundene Wolkenauflösung
überwogen. Die Regenfelder des Wirbels XAVER sorgten dagegen für leichte bis
mäßige Niederschläge. So brachte der Durchgang der Fronten im Südosten Europas
innerhalb von 24 Stunden verbreitet 3 bis 9 l/m² Regen. Ausschließlich in
höheren Lagen fielen die Niederschläge ein wenig intensiver aus, bedingt durch
die zusätzliche, orographisch bedingte Kondensation. So zum Beispiel mit 26
l/m² in Präbichl, 16 l/m² an der Maria Alm und 14 l/m² in Kopaonik.
Im weiteren Verlauf verlagerte sich die
Zyklone XAVER mit einem Kerndruck von knapp 1015 hPa nach Süden und lag zu
Beginn des 23.02. mit seinem Zentrum über Griechenland. Wie auch am Tag zuvor
erstreckte sich das Frontensystem des Wirbels über eine weite Strecke von der
Ägäis bis zu den Benelux-Staaten. Dennoch machte sich in Mitteleuropa der
Durchgang der Kaltfront nur geringfügig bemerkbar, da sich der Hochdruckkomplex
FRAUKE stetig in südliche Richtung ausweitete, wodurch sich das Auflösen von
Wolken und höhere Temperaturen durchsetzten. An diesem Tag konzentrierte sich
das Zentrum der Wetteraktivität vor allem auf Malta, Griechenland sowie die
Küstengebiete der Türkei. So brachten die Wolken- und Regenfelder von Tief
XAVER in der maltesischen Stadt Luqa in einem zwölfstündigen Messzeitraum bis
19 Uhr MEZ Regenmengen von 20 l/m². In
Griechenland fielen die Niederschläge aufgrund des stationären Charakters der
dortigen Fronten langanhaltender und deutlich intensiver aus. So sorgte der
Wirbel XAVER in 24 Stunden bis 01 Uhr MEZ an den beiden Flughäfen Skyros und Kos
für Regenmengen von 42 l/m², am Flughafen Chios sogar für 52 l/m². Diese wurden
darüber hinaus, in Griechenland wie auch auf Malta, in den Abendstunden von
Gewittern begleitet.
Auch zum 24.02. hatte sich das Tief
XAVER wiederum nach Südwesten verlagert und sein Kern lag um 01 Uhr MEZ nur
wenige Kilometer von der Küste Maltas entfernt. An diesem Tag setzten sich die
Fronten der Zyklone XAVER aus einer Warm- und Kaltfront zusammen, welche den
gesamten Mittelmeerraum südlich von Italien umspannten. Im Laufe des Tages
vereinte sich die Kaltfront mit der Warmfront zu einer Okklusion. Der Übergang
der Fronten hin zu einer vollständig okkludierten Zyklone markiert hierbei in
der Regel das Ende des Lebenszyklus‘ eines Wirbels, da im Bereich der Okklusion
die Temperaturgegensätze abgebaut werden und die Energiezufuhr für die
zyklonale Rotation abbricht. Trotzdem wurde am griechischen Flughafen Souda
nochmals eine außerordentlich hohe Tagesniederschlagssumme von 91 l/m²
gemessen.
Innerhalb der nächsten beiden Tage
verlagerte sich der Wirbel XAVER zunächst über das zentrale Grenzgebiet
zwischen Libyen und Ägypten und wies zu diesem Zeitpunkt kein eigenständiges
Frontensystem mehr auf. In den folgenden 24 Stunden strömte die Zyklone in
nordöstliche Richtung und lag mit seinem Kern zum Analysezeitunkt um 01 Uhr MEZ
des 26.02. westlich von Zypern. Auch an diesem Tag konnte im Bereich des
Wirbels keine signifikante Wetteraktivität mehr beobachtet werden. Durch die
weitere Verlagerung des Tiefs in östliche Richtung schwand der Einfluss auf das
europäische Wettergeschehen immer mehr, weshalb der 26.02. der letzte Tag war,
an dem die Zyklone XAVER namentlich auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet
wurde.