Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet XAVIER

(getauft am 10.07.2017)

 

Nach seiner Überquerung Neufundlands mit östlicher Zugrichtung getauft, befand sich das Tief XAVIER am 10.07.2017 über dem zentralen Nordatlantik auf Länge des grönländischen Angmagssalik und auf dem Breitengrad Edinburghs, wobei es einen Kerndruck von etwas unter 1005 hPa aufwies. Im Bereich des Kerns bestand das Frontensystem zunächst aus einer kurzen, nach Osten reichenden Okklusionsfront. Eine Okklusion stellt eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront dar, die durch die Vereinigung der beiden Frontenarten im sogenannten Okklusionspunkt entsteht und Eigenschaften beider Systeme in sich vereint. Der Okklusionspunkt befand sich nur unwesentlich südöstlich des Kerns, von wo aus sowohl die Warm- als auch die Kaltfront einen Bogen nach Süden bzw. Südwesten beschreibend ausgingen. Die Warmfront war dabei nochmals deutlich kürzer als die Kaltfront, welche in die Warmfront eines nachfolgenden, unbenannten Tiefs über Neufundland überging.

Sich ostwärts verlagernd erreichte das Tief XAVIER am 11.07.2017 schließlich den Ostatlantik. Westlich von Irland befand sich der Okklusionspunkt des Tiefs XAVIER auf dem Breitengrad Londons. Von dort führte in nordwestlicher Richtung entlang des Kerns, der einen Druck von weiterhin knapp unter 1005 hPa aufwies, eine relativ kurze Okklusionsfront, die fast bis zum Längengrad von Angmagssalik führte. Die Warmfront, die wie tags zuvor nur eine geringe Ausdehnung hatte, beschrieb einen halbkreisförmigen Bogen zwischen den Breitengraden von London und Rom. Die Kaltfront ging wie zuvor abermals in die Warmfront des unbenannten, nachfolgenden Tiefs über.

Am 12.07.2017 hatte der Wirbel XAVIER schließlich Südengland und den Ärmelkanal erreicht und befand sich bei Bournemouth. Der Kerndruck war leicht angestiegen und betrug nun wenig unter 1010 hPa. Die Okklusionsfront war einem System aus Warm- und Kaltfront gewichen, wobei die Warmfront östlich des Kerns in einem nach Süden führenden Bogen über Paris und Bordeaux bis zu den Pyrenäen reichte. Die Kaltfront führte westwärts, folgte der Küstenlinie Cornwalls und endete über dem Ostatlantik. Im Laufe des Tages verlagerte sich das Tief XAVIER weiter ostwärts und damit auch die ihm zugehörigen Niederschlagsgebiete. Diese erstreckten sich vor allem über Ostfriesland, die Benelux-Staaten, Nordfrankreich und Südengland. In Frankreich und England konnten dabei jedoch nur geringe Niederschlagsmengen beobachtet werden. Die Wetterstation der englischen Ortschaft Herstmonceaux mit Lage am gleichnamigen Schloss verzeichnete lediglich Niederschläge von rund 0,2 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des folgenden Tages. Dies stellte sich am Tag zuvor, während das Tief XAVIER diese Region überquert hatte, noch anders dar. In 24 Stunden wurden dabei bei zeitweilig starkem Regen 29,4 l/m² gemessen. Dieses Starkregenzentrum hatte nun die Niederlande und Belgien erreicht. Dabei fiel das Gros an Regen in der ersten Tageshälfte bzw. in den 6 Stunden vor dem 12 Uhr UTC-Termin. Auf dem niederländischen Militärflugplatz Volkel wurden 38 l/m² in diesem Zeitraum beobachtet, während den Rest des Tages maximal Niederschläge in nicht messbaren Mengen aufgezeichnet wurden. Ähnlich sah es auch in Twente aus, wo 21 l/m² auf diese 6 Stunden entfallen waren, während über den gesamten Tag 22,1 l/m² gemessen wurden. Auch im belgischen Stabroek zeigte sich ein ähnliches Bild, innerhalb von 24 Stunden wurden 27,0 l/m² verzeichnet, die ausschließlich auf das 6-stündige Intervall zwischen 06 und 12 Uhr UTC entfielen, wobei hier zudem 20 l/m² allein in einer Stunde bis 10 Uhr UTC erfasst wurden.

Die weitere Ostverlagerung konnte gut durch die Beobachtung der Niederschlagszeitpunkte beobachtet werden. Während die Niederlande und Belgien noch in den Vormittagsstunden Niederschläge vermeldeten, entfielen von den 25,8 l/m² die innerhalb von 24 Stunden in Trollenhagen gemessen wurden, 24 l/m² auf den 12-stündigen Zeitraum bis 18 Uhr UTC. Dabei fielen jedoch 13 l/m² innerhalb von 3 Stunden bis 15 Uhr UTC. Im Staubereich des Brockens intensivierten sich die Niederschläge nochmals deutlich, innerhalb von 12 Stunden bis um 18 Uhr UTC fielen an der Bergstation 49 l/m².

Am Morgen des 13.07.2017 hatte der Wirbel XAVIER schließlich das östliche Polen bei Danzig erreicht und sich während der Verlagerung dorthin leicht auf knapp unter 1005 hPa verstärkt. Vom Kern nordwärts verlief eine Luftmassengrenze zu einem weiteren Tief über dem nördlichen Skandinavien, deren Charakter wiederholt zwischen Warm- und Kaltfront wechselte. In südlicher Richtung erstreckte sich bis zu den östlichen Ausläufern der Alpen eine Okklusionsfront, die sich dort aufspaltete, wobei die Warmfront einen ostwärts gerichteten Bogen beschrieb und über den Karpaten in die Kaltfront des Tiefs WOLF überging. Die Kaltfront führte zunächst in südlicher Richtung zwischen Wien und Budapest entlang, wies anschließend in westliche Richtung und verband sich über der nördlichen Biskaya mit der Warmfront des bei Island befindlichen Tiefs YIGIT. Die Lage des Kerns und des Frontensystems sorgten im polnischen Suwalki innerhalb von 6 Stunden bis um 12 Uhr UTC 17 l/m² für Niederschläge in Form von stetigem leichtem Regen. Im gleichen Zeitraum maß man in Wlodawa 16,0 l/m², die in den folgenden 6 Stunden nochmals um 9 l/m² ergänzt wurden. In der Nacht erreichten die Niederschlagsfelder schließlich Weißrussland, womit in Berezino 12-stündig bis zum Morgentermin des folgenden Tages 24 l/m² bei einem 24-stündigen Gesamtniederschlag von 29,0 l/m² gemessen wurden. In Lepel intensivierten sich dem gegenüber nochmals die Niederschläge, hier wurden in den gleichen Zeiträumen 35 l/m² bzw. 43 l/m² beobachtet.

Die Zyklone XAVIER hatte am 14.07.2017 den Westen Russlands und die Ukraine erreicht. Dabei befand sich das Tief mit seinem Kern nahezu mittig zwischen Minsk und Kiew. In nördlicher Richtung verlief eine räumlich kaum ausgeprägte Warmfront, die schon östlich von Minsk in die Kaltfront eines unbenannten Tiefs über dem Bottnischen Meerbusen überging. Die Kaltfront verlief zunächst ebenfalls in nordöstlicher Richtung, beschrieb dann aber einen scharfen Bogen, sodass sie in südlicher Richtung auf das Schwarze Meer zulief, bei Otschakiw über dieses hinaus bis zum türkischen Kiyiköy führte, die Türkei, Griechenland und die Ägäis westwärts überquerte, um dann schließlich entlang der östlichen Adriaküste in nordwestlicher Richtung zu verlaufen und bei Freiburg zu enden. In Griechenland sorgte dies sowohl für Niederschläge als auch im Bereich kühlerer Luftmassen hinter der Kaltfront für spürbare Temperaturrückgänge. Die Station von Serres verzeichnete innerhalb von 6 Stunden zwischen 18 und 24 Uhr UTC 18 l/m² bei einem Rückgang der Tageshöchsttemperatur von 40,6°C am Vortag auf nun 34,6°C. Im ukrainischen Charkiw wurden währenddessen im Laufe des Tages Gewitter an der Station, als auch im unmittelbaren Umfeld über mehrere Stunden hinweg beobachtet, wobei sich die Niederschläge auf 19 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis zum 18 Uhr UTC-Termin des 14.07.2017 aufsummierten.

Der 15.07.2017 war schließlich der letzte Tag an dem das Tiefdruckgebiet XAVIER auf der Berliner Wetterkarte analysiert wurde. Sein Kern befand sich zwischen St. Petersburg und Moskau, bei einem zum Vortag leicht abgeschwächten Kerndruck, der nunmehr die 1010 hPa nur knapp unterschritt. Wie zuvor war die Warmfront nur sehr kurz ausgeprägt und ging schon nach wenigen Hundert Kilometern in nördlicher Richtung verlaufend in die Kaltfront des unbenannten Tiefs bei Norwegen über. Die Kaltfront verlief südwärts über das östliche Schwarze Meer und endete schlussendlich über der westlichen Türkei.

In Russland sorgte das Tief XAVIER für einige schwerere Gewitter, in Mzensk südwestlich von Moskau fielen innerhalb von wenigen Stunden 25 l/m². Der Kern des Tiefs verlagerte sich im Verlauf zunächst weiter nordwärts, löste sich aber schließlich komplett auf und wurde am 16.07.2017 nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert.

 


Geschrieben am 20.09.2017 von Patrick Ilmer

Berliner Wetterkarte: 13.07.2017

Pate: Helga Müller