Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet XENA
(getauft
am 19.06.2004)
Ab
Mitte Juni bestimmte eine gut ausgeprägte westliche Höhenströmung mit einem
steuernden Höhenwirbel über Skandinavien das Wettergeschehen über Mittel- und
Südeuropa. Zum Einen konnte sich so eine stetige Luftmassengrenze ausbilden mit
polaren Luftmassen über England, den Beneluxstaaten und Deutschland sowie
subtropischen Luftmassen südlich der Alpen. Zum Anderen ist eine solche gut
ausgebildete Frontalzone oftmals auch Entstehungspunkt von neuen
Tiefdruckgebieten, die nicht nordatlantischen Ursprungs und zudem auch sehr
schwer vorhersagbar sind.
So auch am 19.6., als durch die straffe
Höhenströmung eine zunächst schwache Wellenbildung der Frontalzone in Höhe der
Poebene angeregt wurde. Folglich sank der Luftdruck auch leicht auf Werte unter
1005 hPa und dieses kleine Wellentief wurde auf den Namen XENA in der Berliner
Wetterkarte getauft.
Durch
den Randeinfluss des mächtigen skandinavischen Höhenwirbels bekam XENA immer
mehr wirbelartige Strukturen aufgeprägt und zeigte bereits am Folgetag eine
eigene schwache Kaltfront über Süditalien und Sizilien. Am 21.6. gelangt XENA
mit seinem Zentrum nun auf die Vorderseite des skandinavischen Höhenwirbels und
somit in eine stramme Südströmung. XENA wird dadurch eine für ein Tief eine
eher ungewöhnliche Entwicklung nehmen, denn trotz seiner raschen Verlagerung
nach Norden, konnte es sich durch den steigenden Einfluss des skandinavischen
Höhenwirbels intensivieren. Normalerweise verlieren Tiefdruckgebiete auf ihrem
Weg nach Norden sehr schnell an Intensität, so dass man Nordosteuropa auch
oftmals als „Zyklonenfriedhof“ bezeichnet.
Folglich
zog Tief XENA mit seinem Zentrum zwischen dem 21. und 23.6. von Norditalien
über Slowenien, Ungarn, Polen, die Baltischen Staaten ungewöhnlich rasch bis in
Höhe der Hafenstadt Murmansk auf der Halbinsel Kola im äußersten Nordwesten
Russlands und hatte dort bereits einen Kerndruck von unter 1000 hPa.
Auf
seinem Weg sorgte XENA zwar bis auf strichweise schwache Regenfälle für wenig
signifikante Wettererscheinungen, allerdings gelangten durch diese Zugbahn
quasi im Schlepptau ungewöhnlich warme und feuchte Luftmassen subtropischen
Ursprungs bis in hohe Breiten. So wurden im Warmsektor des Tiefs um Mitternacht
zwischen Archangelsk und dem Nordural verbreitet Werte über 15 °C registriert,
was zu gleichem Zeitpunkt in Deutschland nur einige Stationen nahe der Nordsee
vermeldeten.
Am
24. Juni erreichte XENA dann den vermeintlichen Höhepunkt seiner Entwicklung.
Zwischen Skandinavien und Nowaja Semlja mit seinem Zentrum mitten über der
Barentsee liegend, wurde XENA zu einer Sturmzyklone mit unter 995 hPa
Kerndruck. Leider mangelt es in dieser dünn besiedelten Region stark an
Wetterstationen, jedoch wurde auf der Südinsel von Nowaja Semlja bereits ein
Mittelwind von 30 Knoten (ca. 56 km/h, Windstärke 7) registriert, was in Böen
allgemein die Windstärken 9 bis 10 vermuten lässt. So weit nördlich hatte der
skandinavische Höhenwirbel allerdings keinen direkten Einfluss mehr auf XENA, so
dass am Folgetag eine rasche Abschwächung zu beobachten war und am 26.6. Tief
XENA nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert wurde.
Geschrieben am 29.06.2004 von Marcus Boljahn
Wetterkarte: 24.06.2004
Pate: Twentieth Century Fox [The Day
After Tomorrow]