Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet XENIA

(getauft am 24.04.2020)

 

Ein Tiefdruckgebiet, welches in den Tagen zuvor von der Ostküste Nordamerikas bis zur Südspitze Grönlands gezogen war, befand sich am 24.04. um 01 Uhr MEZ, also 00 UTC, nahe der Westküste Islands. Aus der Analyse der Berliner Wetterkarte e.V. ging hervor, dass das Tiefdruckgebiet in den kommenden Tagen das Wettergeschehen in Mitteleuropa beeinflussen werden würde, und somit taufte man die Zyklone in der Analyse auf den Namen XENIA. Die zu diesem Zeitpunkt schwach ausgeprägte Zyklone hatte ein Kerndruck von knapp 1020 hPa und eine Okklusionsfront, also eine Mischfront, die durch das Einholen der Warmfront durch die Kaltfront entsteht und oft mit Schauern oder Gewittern verbunden ist, verlief vom Kern des Tiefs entlang der Westküste Islands nach Süden über den Atlantik. Entlang der isländischen Küste wurden in den Morgenstunden Sturmböen der Windstärke 9 auf der Beaufort-Skala gemessen, Maximalwerte wurden um 09 Uhr MEZ an der Station Skarðsheiði Miðfitjahóll mit 83 km/h aufgezeichnet.

Bis zum 25.04. verlagerte sich Tiefdruckgebiet XENIA mit einem Kerndruck von circa 1015 hPa nur leicht in südöstlicher Richtung und befand sich um 01 Uhr MEZ südlich von Island. Die Okklusionsfront verlief im Bogen zunächst südöstlich bis nach Schottland, von wo aus sich eine Kaltfront entlang der schottischen Küste und südwestlich über Irland erstreckte, diese brachte aber bis auf vereinzelt schwachen Regen keine nennenswerten Wetterereignisse über den Britischen Inseln mit sich.

Am Folgetag, dem 26.04. befand sich die Zyklone nördlich von Schottland und hatte ein Kerndruck von ungefähr 1010 hPa. Die Okklusionsfront des Tiefs verlief vom Kern aus Richtung Südosten bis zum Okklusionspunkt, also dem Punkt an dem Warm- und Kaltfront aufeinandertreffen, östlich von Schottland. Von dort aus verlief die Kaltfront südwestlich über die Britischen Inseln und die Warmfront vom Okklusionspunkt aus südlich in die Nordsee. Im Norden Schottlands kam es zu einzelnen Gewittern und mäßigen Regenschauern, die maximale 12-stündige Niederschlagsmenge wurde in Aberdeen gemessen, hier fielen bis 20 Uhr MEZ 7 mm Regen.

Bis zum nächsten Tag um 01 Uhr MEZ verlagerte sich das mit einem Kerndruck von knapp 1005 hPa weiterhin schwach ausgeprägte Tiefdruckgebiet XENIA bis vor die Westküste Norwegens. Die Okklusionsfront verlief von Schottland über die Nordsee, durch den Kern des Tiefs und südlich bis nach Dänemark, wo sie sich dann in eine Kaltfront übergehend südwestwärts bis nach England erstreckte. Vor allem der Frontendurchlauf in Norwegen war mit teils starkem Regenfall verbunden, bis 19 Uhr MEZ wurden an der Wetterstation Tryvasshogda beispielsweise 12-stündige Niederschlagsmengen von 31 mm gemessen. Außerdem wurden vereinzelt Sturmböen bis Windstärke 9 entlang der norwegischen Küste vermeldet, die Spitzenböe wurde in Svinoy Fyr um 9 Uhr MEZ mit einer Windgeschwindigkeit von 85 km/h registriert.

Am 28.04.2020 um 01 Uhr MEZ befand sich der Kern von Tief XENIA mit zum Vortag nahezu unverändertem Kerndruck über dem Skagerrak. Die Okklusionsfront verlief zunächst nordöstlich durch Schweden und weiter südöstlich bis zum Okklusionspunkt über der Ostsee, von wo aus die Warmfront nach Osten bis nach Estland reichte, und die Kaltfront in der südlichen Ostsee in die Warmfront eines weiteren zu XENIA gehörendem Tiefdruckkerns überging. Von dem sich vor der deutschen Ostseeküste befindlichem Tiefdruckern durchquerte eine Kaltfront Norddeutschland in Richtung Westen. Der Kaltfrontdurchlauf machte sich durch einen sehr stark ausgeprägten Temperaturgradienten in Deutschland bemerkbar. Während in Berlin um 13 Uhr MEZ Temperaturen von bis zu 23°C erreicht wurden, wurden nur circa 200 km entfernt in Rostock deutlich kühlere Temperaturen von 11°C gemessen. Allerdings blieb es entlang der Kaltfront von XENIA meist trocken, erst als Deutschland im Tagesverlauf zunehmend in den Einflussbereich des von Westen heranziehenden Tiefs YVE geriet, kam es hier zu lang anhaltendem Regen. Das Frontensystem von der Zyklone XENIA sorgte vor allem in Estland für mit Gewitter verbundenen Regenschauern. Bis 20 Uhr MEZ wurden maximale 12-stündige Niederschlagsmengen von 11 mm in Tartu-Tõravere erreicht.

Bis zum 29.04. um 01 Uhr MEZ befand sich der Kern des Tiefs mit einem Kerndruck von fast 995 hPa südlich von St. Petersburg in Russland. Eine Okklusionsfront zog sich von der Küste Estlands bis zum Kern der Zyklone. Von dem sich dort befindlichem Okklusionspunkt verlief die Kaltfront südwestlich durch Weißrussland und Polen und ging dort in die Warmfront des über Deutschland lokalisiertem Tiefdruckgebiet YVE über. Die Warmfront ging vom Okklusionspunkt aus in südliche Richtungen und reichte bis über die Ukraine. Entlang der Okklusionsfront kam es zu Gewittern und teilweise starken Regenschauern, Maximalwerte gab es in Motokhovo in der Nähe von St. Petersburg, wo bis um 8 Uhr MEZ morgens 12-stündige Niederschlagsmengen von 28 mm gemessen wurden. Bis um 14 Uhr MEZ wurden außerdem stürmische Windböen der Stärke 8 in Westrussland erreicht, beispielsweise in Pavelec, dort wurde eine maximale Windgeschwindigkeit von 72 km/h gemessen.

Am 30.04.2020 um 01 Uhr MEZ befand sich Tiefdruckgebiet XENIA weiter östlich über Russland westlich der Stadt Perm. Mit einem Kerndruck von knapp 1000 hPa schwächte sich die Zyklone im Vergleich zum Vortag ab. Ihre Fronten verliefen alle über Russland und somit hatte das Tief keinen weiteren Einfluss auf das Wettergeschehen in Mitteleuropa. In den nachfolgenden Tagen zog das sich zunehmend abschwächende Tief XENIA weiter in den Nordosten Russlands, wo es am 03.05. bereits am Rand der Berliner Wetterkarte angelangt war und an diesem Tag auch das letzte Mal von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte analysiert wurde. Somit war die Zyklone Tief XENIA insgesamt 10 Tage nach der Taufe auf der Berliner Wetterkarte vorhanden.