Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet XENJA

(getauft am 14.08.2012)

 

Am 14. August 2012 bildete sich am Südrand eines umfangreichen Höhentiefs in ca. 5,5 km Höhe über dem zentralen Nordatlantik ein zugehöriges Bodentief als sogenannter Kaltlufttropfen aus, das noch am selben Tag auf den Namen XENJA getauft wurde. Zum Zeitpunkt der Taufe befand sich der Wirbel XENJA etwa 800 Kilometer westlich von Irland und besaß einen Kerndruck von ungefähr 1000 hPa. Zusammen mit weiter nördlich auf halbem Weg nach Island liegenden unbenannten Teiltiefs bildete die Zyklone XENJA ein umfangreiches Tiefdrucksystem. Vom Kern des Tiefs XENJA ging eine Okklusion, d.h. eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften aus, die zunächst in östlicher Richtung verlief, nach wenigen Hundert Kilometern in einem Bogen erst nach Süden und kurz darauf nach Westen drehte und in eine Kaltfront überging, die knapp nördlich der Azoren weiter bis etwa 800 km westlich der Inselgruppe verlief. Im Bereich der Kaltfront und auf deren Rückseite kam es zu Schauern und lokal auch zu Gewittern. Im Tagesverlauf verlagerte sich das Tief XENJA weiter nach Osten.

Bis zum Morgen des Folgetages hatte sich der Kern des Tiefdruckgebietes XENJA, in dem nun ein Luftdruck von unter 990 hPa gemessen wurde, bis ungefähr 500 Kilometer südwestlich von Irland verlagert. Von dort ging in nordwestlicher Richtung eine Okklusionsfront aus, eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, die nach wenigen Hundert Kilometern in die Okklusionsfront eines unbenannten Wirbels überging. Außerdem verlief eine Okklusionsfront vom Zentrum des Tiefdruckgebietes XENJA nach Südosten bis etwa 300 km von der Nordwestspitze der Iberischen Halbinsel entfernt zum Okklusionspunkt, an dem eine Warmfront und eine Kaltfront zusammentrafen. Die kurze Warmfront reichte nach Osten zur Biskaya, wo sie in die Kaltfront eines unbenannten Teiltiefs westlich von England überging. Die Kaltfront des Wirbels XENJA ging ebenfalls vom Okklusionspunkt aus und führte über den nordwestlichen Teil der Iberischen Halbinsel bis zur nordportugiesischen Küste, überquerte die Inselgruppe Madeira knapp westlich und endete etwa 1200 km weiter westlich. Entlang der Kaltfront kam es zu teils heftigen Regenfällen, die bis zum Morgen des 15. August innerhalb von 24 Stunden eine Niederschlagsmenge von 50 Litern pro Quadratmeter in der portugiesischen Stadt Porto brachten. In der weiter südlich gelegenen Hauptstadt Lissabon kamen im gleichen Zeitraum 5 l/m² zusammen. Auf der Vorderseite des Tiefdruckgebietes XENJA wurde sehr warme Luft nach West- und Mitteleuropa geführt. Entsprechend stieg die Temperatur beispielsweise in der zentralfranzösischen Stadt Clermont-Ferrand auf 33°C.

Bis zum Morgen des 16. August hatte sich das Tiefdruckgebiet XENJA bis knapp vor die Westküste Irlands verlagert, wobei sich der Luftdruck im Kern auf unter 985 hPa reduziert hatte. Vom Tiefdruckzentrum verlief eine bogenförmige Okklusionsfront zunächst nach Westen auf den Nordatlantik hinaus, um nach einigen Hundert Kilometern zunächst kurz nach Norden und dann nach Osten zu verlaufen und den Norden Schottlands zu überqueren. Die Okklusionsfront setzte sich in südöstlicher Richtung über die Nordsee bis über die Niederlande und den Westen Deutschlands fort, und ging im Raum Basel in eine Kaltfront über. Diese verlief nach Südwesten weiter über die Schweiz, Frankreich und Spanien bis über den Süden Portugals und weiter bis etwas südlich von Madeira, um von dort weiter nach Westen bis weit auf den mittleren Atlantik hinauszureichen. Die 24-stündigen Niederschlagsmengen bis zum Morgen des 16. August zeigen die hohe Intensität der Fronten. Am Frankfurter Flughafen fielen in dieser Zeit beispielsweise 50 l/m² Regen, gebietsweise kam es auch zu Gewittern.

Bis zum Morgen des Folgetages hatte sich das Tiefdruckgebiet XENJA mit seinem Kern einige Hundert Kilometer nach Westen verlagert, wobei der Luftdruck im Tiefdruckzentrum weiterhin bei etwa 985 hPa lag.

An diesem Tag besaß das Tief XENJA eine sehr komplexe Frontenstruktur, welche sich über ganz Mitteleuropa und Südskandinavien bis zur Adria erstreckte. Überwiegend besaßen die Fronten den Charakter einer Okklusion und brachten vielerorts Niederschlag. Beispielsweise lagen die 24-stündigen Niederschlagsmengen bis zum Morgen des 17. August im schleswig-holsteinischen Leck bei 20 l/m² und im schottischen Glasgow bei 12 l/m².

Am 18. August war die Lage des Kerns des Tiefdruckgebietes XENJA nur wenig verändert. Der Luftdruck hatte sich jedoch auf 990 hPa erhöht und die Lage der Fronten war übersichtlicher als am Vortag. Nördlich des Kerns begann eine Okklusionsfront, welche in östlicher Richtung bis über die Region der Orkney- und Shetland-Inseln reichte, wo sich der Okklusionspunkt befand. An diesem traf eine Warmfront, die über die Nordsee bis über den Westen Deutschlands verlief, auf eine kurze Kaltfront, die bei Schottland in die Warmfront eines unbenannten Wellentiefs über dem Norden Irlands überging. Die höchsten, in Verbindung mit dem Tief XENJA und dessen Fronten stehenden Niederschlagswerte bis zum Morgen dieses Tages gab es wiederum im Nordwesten Europas, wo auf den Faröer-Inseln 18 l/m² und im norddänischen Skagen 14 l/m² gemessen wurden. Die Bodenanalyse des 19. August zeigte die Lage des Tiefdruckgebietes XENJA weiterhin fast unverändert, wobei der Kerndruck nun bei 995 hPa lag. Vom Tiefdruckzentrum zog sich eine Okklusionsfront nach Nordosten bis knapp nordöstlich der Faröer-Inseln, wo sie in die Okklusionsfront eines unbenannten neuen Tiefdruckgebietes vor der norwegischen Küste nördlich von Bergen überging. Außerdem verlief vom Tiefdruckzentrum nach Südwesten bis einige Hundert Kilometer vor die Azoren eine Konvergenzlinie, d.h. Bereiche in denen Luft zusammen strömt und zum Aufsteigen gezwungen wird, die ebenso wie die Okklusionsfront über dem Meer für starken Wind gesorgt hatte und auch Niederschläge produziert haben könnte, die aber nicht von Wetterstationen erfasst werden konnten. Über solchen Gebieten ohne Wetterstationen werden Informationen über das Wetter unter anderem durch Satelliten- und Radarbilder zusammengetragen.

Bis zum Morgen des 20. August hatte sich das Tiefdruckgebiet XENJA mit seinem Zentrum, in dem nun ein Kerndruck von knapp 1000 hPa gemessen wurde, etwas nach Norden in Richtung Island verlagert. Vom Kern des Wirbels zog sich eine Okklusionsfront bogenförmig im Uhrzeigersinn um das Tiefdruckzentrum herum, führte an der Südküste von Island vorbei und ging auf halber Strecke nach Norwegen in die Okklusionsfront eines unbenannten Tiefs über, das über dem südlichen Skandinavien lag.

In den Folgetagen verlagerte sich das Tiefdruckgebiet XENJA weiter nach Norden und brachte in Island und Norwegen sowie in Schottland zeitweise Niederschläge durch seine bis zum 22. August erkennbare Okklusionsfront. So fielen bis zum Morgen des 21. August in der isländischen Hauptstadt Reykjavik 3 l/m² und in Stornoway auf den zu Schottland gehörenden Äußeren Hebriden 5 l/m². Bis zum 22. August kamen im norwegischen Bergen durch das Zusammenspiel mit dem Tief YVA 20 l/m² zusammen.

Am 23. August lag das Tief XENJA frontenlos mit einem Kerndruck von etwa 1005 hPa nordwestlich von Schottland. Jedoch konnten an der Wetterstation Stornoway eine Niederschlagssumme von 11 l/m² registriert werden.

Am 24. August war das Tiefdruckgebiet zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Es lag mit einem Kerndruck von ungefähr 1005 hPa nordwestlich der Britischen Inseln zwischen Schottland und den Faröer-Inseln und hatte in Glasgow für eine Regenmenge von 7 l/m² Regen gesorgt. Im weiteren Verlauf wurde der Wirbel XENJA vom nachfolgenden Tief AURELIA aufgenommen und konnte daher nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.


Geschrieben am 12.10.2012 von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 19.08.2012

Pate: Angelika Huber