Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet XERXES

(getauft am 04.05.2019)

 

Am 4.5.2019 erstreckte sich ein Höhentrog, also ein ausgedehntes Tiefdruckgebiet etwa 5,5 km über dem Meeresspiegel, über weite Teile Mitteleuropas. Südöstlich daran angrenzend war an diesem Tag über Norditalien die Entstehung eines Tiefdruckgebietes zu erkennen. Da abzusehen war, dass dieses an den darauffolgenden Tagen das Wettergeschehen in Europa beeinflussen würde, wurde es in Prognose für den darauffolgenden Tag auf den Namen XERXES getauft.

Am 5.5. um 00 Uhr UTC, also 2 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit, war das Tief erstmals auf der Bodenwetterkarte der Berliner Wetterkarte analysiert. Mit einem Druck von knapp 1000 hPa lag es mit seinem Kern über Norditalien. Vom Kern ausgehend erstreckte sich eine Warmfront über Budapest und südlich von Moskau entlang ca. 3000 km in Richtung Nordosten. Bei einer Warmfront schiebt sich eine Luftmasse wärmerer Luft über eine Luftmasse kälterer Luft. Dabei entstehen großflächige Schichtwolken, die zu länger anhaltendem Regen führen können. Die Kaltfront verlief vom Kern aus im Bogen über Spanien und bis über den Atlantik. Bei einer Kaltfront schiebt sich eine Kaltluftmasse unter eine Warmluftmasse und hebt diese dadurch an. Bei diesem Prozess entstehen häufig Quellwolken mit schauerartigen Regenfällen, zudem können Gewitter entstehen. Im Verlauf des Tages kam es unter Einfluss der Zyklone XERXES im Norden Italiens und östlich entlang der Warmfront verbreitet zu Regenfällen mit Niederschlagssummen im zweistelligen Bereich. In Milan fielen in einem Zeitraum von 24 Stunden sogar 48 mm.

Bis um 00 Uhr UTC des 6.5. verlagerte sich das Tief XERXES ca. 500 km in Richtung Südosten an die italienische Adriaküste. Der Kerndruck stieg dabei geringfügig auf knapp 1005 hPa an. Von dort verlief eine Okklusionsfront über die Adria. Eine Okklusion entsteht, wenn die schneller ziehende Kaltfront die langsamere Warmfront einholt und anhebt. Die Wetterverhältnisse beim Durchgang einer Okklusion können Eigenschaften sowohl der Kalt- als auch der Warmfront haben. Der Okklusionspunkt, also der Punkt an dem die Kalt- und die Warmfront aufeinanderstoßen, lag zu diesem Zeitpunkt über der südlichen Küste Montenegros. Von dort aus verlief die Warmfront östlich und ging über dem Balkan in ein anderes Frontensystem über, während die Kaltfront südlich über die Straße von Otranto und im Bogen über das Mittelmeer verlief. Das Niederschlagsgebiet erstreckte sich vom Süden Italiens über die Adria hinweg über Montenegro und Kroation bis nach Ungarn und in die Slowakei. Es fielen in Podgorica in Montenegro 34 mm und in Budapest 26 mm Regen in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC. In Montenegro kam es im Bereich der Okklusionsfront zu Gewittern.

Bis zum Folgetag hatte sich der Wirbel XERXES noch weiter in Richtung Südosten verlagert und lag um 00 Uhr UTC, weiterhin mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa über dem nördlichen Ägäischen Meer. Die Warmfront verlief entlang den Küsten Griechenlands und der Türkei und ging über dem Schwarzen Meer in ein anderes Frontensystem über. Über den Norden Griechenlands bis zur Adriaküste Albaniens erstreckte sich die Kaltfront. Im Verlauf des Tages zog diese über die Türkei hinweg wodurch es verbreitet zu Gewittern kam, so auch in Istanbul, wo 14 mm Regen fielen und die maximale Temperatur am darauffolgenden Tag nur noch 18,6°C erreichte, nachdem am 7.5. noch eine Höchsttemperatur von 25,5°C gemessen wurde.

Bis zum nächsten Tag breitete sich die Zyklone XERXES weiter aus sodass auf der Berliner Wetterkarte des 8.5. drei Tiefzentren erkennbar sind. Der Kerndruck stieg dabei auf knapp 1010 hPa, was auf eine leichte Abschwächung des Tiefdruckgebietes hindeutet. Das nördlichste Teiltief lag um 00 Uhr UTC über dem Süden der Ukraine und hatte ein eigenes Frontensystem dessen Kaltfront südwestlich über das Schwarze Meer bis ins zentrale Griechenland reichte. Die Warmfront machte vom Kern einen Bogen in Richtung Norden und ging nördlich von Moskau in die Kaltfront des Tiefs WERNER über. Das südlichste Tiefzentrum lag über der Türkei, westlich von Ankara. Von hier aus verlief eine Kaltfront in Richtung Süden und dann im Bogen entlang der südlichen türkischen Mittelmeerküste. Eine Warmfront verlief westlich und ging nach einem kurzen Stück in eine zum mittleren Tiefzentrum verlaufende Kaltfront über, welches über dem südwestlichen Teil des Schwarzen Meeres lag. Unter Einfluss des Tiefs XERXES kam es im Tagesverlauf im Gebiet der russisch-ukrainischen Grenze zu Gewittern. Dabei wurden verbreitet Windböen von über 45 km/h, vereinzelt auch über 50 km/h gemessen.

Am 9.5. war bei unverändertem Druck nur noch ein Tief des Wirbels XERXES auf der Bodenwetterkarte von 00 Uhr UTC erkennbar. Dieses lag in der Region von Donetsk in der Ukraine. Vom Kern ausgehend verlief die Kaltfront in südöstliche Richtung und ging jenseits der Grenze zu Russland in ein anderes Frontensystem über. Mehr als 1000 km in Richtung Nordost verlief die Warmfront bis sie in die Kaltfront des Tiefs WERNER überging. Der Durchzug der Warmfront machte sich durch einen starken Anstieg der Temperaturen bemerkbar. Im nördlich von Moskau gelegenen Kaschin wurde in der Nacht auf den 9.5. noch eine Tiefsttemperatur von 6,5°C gemessen. Dagegen kühlte es in der darauffolgenden Nacht nur noch auf 13,3°C ab. Die Tageshöchsttemperatur stieg von 21,2°C am 9.5. auf 28,1°C am 10.5. an. Dabei kam es zunächst zu Regen und später, am Abend des 9.5., zu Schauern und Gewittern.

Bis zum Folgetag verlagerte sich das Tiefdruckgebiet XERXES weiter in Richtung Nordwesten und lag um 00 Uhr UTC des 10.5. südwestlich von Moskau im Bereich der Grenze zwischen Russland und Weißrussland. Der Kerndruck war geringfügig auf ca. 1010 hPa gestiegen. Südöstlich in Richtung Wolgograd verlief die Kaltfront, die weiterhin in die Warmfront eines anderen Tiefs überging. Die Warmfront erstreckte sich nördlich und östlich und ging zwischen Archangelsk und Perm wiederum in die Kaltfront des Tiefs WERNER über. Während am Morgen des 10.5. in Archangelsk noch ein Luftdruck von 1028,6 hPa gemessen wurde, sank dieser unter Einfluss der Zyklone XERXES bis zum nächsten Morgen auf 1018,4 hPa. Im Tagesverlauf fiel nur tropfenweise Regen, es kam aber mit dem Durchzug der Warmfront zu einem starken Temperaturanstieg. In der Nacht auf den 10.5. lag die Tiefsttemperatur in Archangelsk noch bei 0,0°C und am Tag wurden 17,5°C erreicht. In der darauffolgenden Nacht kühlte es sich nur noch auf 11,8°C ab und am Tag wurde sogar eine Temperatur von 29,1°C erreicht. Eine Woche zuvor hatte es in Archangelsk noch Schneefall gegeben.

Bis um 00 Uhr UTC des 11.5. hatte sich das Tief XERXES, weiterhin mit einem Kerndruck um 1010 hPa, bis zur Ostküste des nördlichen Bottnischen Meerbusen verlagert. Es hatte sich eine Okklusionsfront gebildet. Diese verlief vom Kern in nordöstliche Richtung bis zum Okklusionspunkt im Bereich der finnisch-russischen Grenze auf der Höhe der finnischen Stadt Oulu. Von dort verlief die Kaltfront nur wenige 100 km in Richtung Süden bis sie in die Warmfront eines anderen Tiefs überging. Die Warmfront verlief mehr als 1000 km in Richtung Osten. Mit der Entstehung der Okklusionsfront deutete sich eine Abschwächung des Tiefs XERXES an. Bis zum nächsten Tag hatte sich die Zyklone aufgelöst und war daher nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte aufgeführt.