Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet XIN

(getauft am 18.02.2016)

 

Durch das Aufeinandertreffen von arktischer Kaltluft und wärmeren Luftmassen der mittleren Breiten im Bereich der Südspitze Grönlands kam es zur Bildung eines neuen Tiefdruckgebietes auf der Rückseite des Nordmeertiefs WALBURGA. Dieses neue Tief wurde am 18.02.2016 in der Prognose für den Folgetag den Namen XIN getauft.

Am 19.02. befand sich der Kern von Tief XIN um 00 Uhr UTC, das heißt um 01 Uhr MEZ, vor der südöstlichen Küste Grönlands mit einem Druck von 970 hPa. Eine Okklusionsfront, eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, erstreckte sich von dort Richtung Südosten bis ca. 200 km südlich von Reykjavik, wo sie sich aufspaltete. Die Warmfront führte weiter nach Süden bis über die Keltische See. Die Kaltfront verlief nach Südwesten über den Atlantik, wo sie mit einem anderen Tiefdrucksystem über den Bermudainseln verbunden war. Im Bereich der Okklusionsfront registrierte die Wetterstation in Reykjavik nur kaum messbare Niederschlagsmengen zwischen 12 und 00 Uhr UTC. Die Temperatur stieg nach 12 Uhr UTC noch auf 0,7°C, 12 Stunden später sank sie bis auf -4,3°C. Die Warmfront passierte im Tagesverlauf den irischen Flughafen Shannon, wo in 24 Stunden 1,1 mm Regen fielen. Die Höchsttemperatur wurde mit 9,9°C erreicht, während es am Vortag nur 8,1°C waren.

Am 20.02. lag der Kern von Tief XIN über Island mit einem Druck von 965 hPa. Die Okklusion erstreckte sich vom Kern über die Nordsee und spaltete sich über dem östlichen Ärmelkanal auf. Von dort führte die Warmfront weiter über Westfrankreich bis zum Golf von Biskaya. Die Kaltfront reichte über Südengland und den Nordatlantik. In der ersten Tageshälfte setzte in Deutschland der Niederschlag an der Warmfront ein. In höheren Lagen, beispielsweise auf dem Vogelsberg, sowie im Norden an der Wetterstation Kyritz in Brandenburg fiel dieser bei einer nächtlichen Tiefsttemperatur von -0,3°C vor 12 Uhr UTC teilweise als Schnee, die Tageshöchsttemperatur erreichte einen Wert von 5,5°C. Im Laufe des Tages, zwischen 00 und 24 Uhr UTC, fielen im Nordwesten Deutschlands verbreitet Niederschlagsmengen zwischen 3,0 mm in Werl und 10,7 mm in Itzehoe. Im Osten Deutschlands fielen die Niederschlagsmengen geringer aus. So wurden in Artern im Kyffhäuserkreis nur 0,3 mm gemessen. Im Raum Berlin lagen die Mengen zwischen 2,7 mm am Flughafen Tegel und 4,9 mm in Potsdam. Keine Berliner Station registrierte in dem Zeitraum festen Niederschlag. In der Mitte und dem Süden Deutschlands fokussierten sich die großen Niederschlagsmengen auf die Weststau-Lagen. Besonders auffällig war dieser Effekt im Harz, wo an der Station Braunlage in 24 Stunden 21 mm gemeldet wurden, während in Wernigerode im Lee des Gebirges im selben Zeitraum nur 1,9 mm fielen. Größere Mengen wurden von der Station Kaisersbach-Cronhütte bei Stuttgart mit 30,8 mm gemeldet, sowie 33,0 mm in Zwiesel im Bayrischen Wald. Noch mehr Niederschlag fiel in der Schweiz auf dem fast 2500 m hohen Säntis mit 53,3 mm. Die Schneedecke wuchs dabei von 357 cm um 06 Uhr UTC innerhalb von 24 Stunden nur auf 362 cm an, da sie stark verdichtet und verweht wurde. Ab 12 Uhr UTC wurden immer wieder Orkanböen bis 137,1 km/h registriert. Zum Vergleich betrug am Vortag um 06 Uhr UTC die Dicke der Schneedecke noch 255 cm und in den folgenden 24 Stunden fiel Schnee mit einer Wassermenge von 6,6 mm, die zu einem Anwachsen der Schneedecke um 102 cm führte.

Im weiteren Verlauf befand sich das Tief XIN am 21.02. mit zwei Kernen über dem Europäischen Nordmeer nördlich der Färöer-Inseln. Der niedrigste Kerndruck betrug knapp unter 970 hPa. Eine Okklusionsfront verlief südlich von Island und reichte bis zur Südspitze Grönlands. Eine weitere Okklusionsfront führte vom Nordmeer über die Skanden und die Ostsee, weiter über das Baltikum bis über die Ostalpen, wo sie sich aufspaltete. Von dort erstreckte sich eine Warmfront entlang der Hochalpen bis zur Mont-Blanc-Gruppe. Eine weitere verwellte Front führte nach Norden über den Bayrischen Wald, das Hohe Venn und den Ärmelkanal, wo sie in die Warmfront eines Tiefs über dem Nordatlantik überging. Im Norden Deutschlands wurden verbreitet 24-stündige Niederschlagsmengen von über 10 mm gemeldet. In Berlin-Dahlem fielen in diesem Zeitraum 11,7 mm, in Putbus auf Rügen waren es 14,3 mm. Größere Mengen wurden in Quickborn bei Hamburg mit 20,5 mm gemeldet, in Braunlage im Harz sogar 37 mm und auf dem Brocken 56 mm. Wernigerode lag im Lee, wodurch hier nur 6,2 mm registriert wurden. Südlich der Donau befand sich der Warmluftsektor, also der Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, wodurch hier verhältnismäßig hohe Temperaturen erreicht wurden. Verbreitet stiegen sie über 15°C, in Garmisch-Partenkirchen wurden 18,2°C und in Rosenheim 16,2°C gemessen. In den Mittelgebirgen wehte der Südwestwind zeitweise in Böen mit Stärke 8 bis 9 Beaufort, in Erfurt wurde sogar eine Sturmböe der Stärke 10 Beaufort gemeldet. In Skandinavien fielen besonders an der Westseite der Skanden rund um Bergen Niederschlagsmengen von rund 30 mm in 24 Stunden, was für diese Region nicht ungewöhnlich ist. Die Wetterstation im Ort Mjolfjell, ca. 75 km nordöstlich von Bergen und 695 m über dem Meeresspiegel, meldete im Tagesverlauf 33 mm Niederschlag und um 06 Uhr UTC eine Schneehöhe von 127 cm, die in den folgenden 24 Stunden bis auf 144 cm anwuchs. Große Niederschlagsmengen gab es auch am Nordhang der Ostalpen in Österreich. Verbreitet fiel dort Regen mit 30 mm, örtlich sogar 50 mm in 24 Stunden. Die Station St. Veit im Pongau, ca. 70 km südlich von Salzburg, meldete in diesem Zeitraum 25 mm Regen. In Mariazell in der Obersteiermark wurden 30 mm Regen registriert, die gleiche Menge fiel auch in Bad Aussee im Salzkammergut. Auf dem 1592 m hohen Feuerkogel in Oberösterreich betrug die Niederschlagsmenge in diesem Zeitraum 52,1 mm, anfangs als Schnee, später durch Zustrom maritimer Luftmassen subtropischen Ursprungs als Regen. Die Schneedecke betrug am Vortag um 06 Uhr UTC noch 63 cm, an diesem Tag zur selben Uhrzeit wurden 58 cm gemessen. Die Niederschläge wurden durch Orkanböen von bis zu 162,1 km/h begleitet. Die höchste 24-stündige Niederschlagsmenge wurde in Windischgarsten im oberösterreichischen Traunviertel mit 56 mm gemeldet, was an der kesselartigen Lage des Ortes lag, den sogenannten Haller Mauern der Nördlichen Kalkalpen. Auf der Südseite der Alpen setzte außerdem Föhn ein, wodurch die Temperaturen verbreitet deutlich anstiegen. Die Wetterstation der Universität Graz verzeichnete am Vortag maximal 9,4°C, an diesem Tag stieg die Temperatur auf 13,5°C an. Noch deutlicher war der Unterschied in Leibnitz zu spüren, wo die örtliche Wetterstation am Vortag 9,1°C verzeichnete, an diesem Tag jedoch bereits 15,2°C.

Bis zum 22.02. hatten sich die Kerne von Tief XIN nur wenig nach Westen verlagert und lagen immer noch über dem Europäischen Nordmeer vor der Norwegischen Küste mit einem Druck von 980 hPa. Eine Okklusion erstreckte sich nach Südosten über Nordskandinavien und das Baltikum bis über das Gebiet von Kiew, wo sich der Okklusionspunkt befand. Die Warmfront verlief nach Südenwesten bis über die griechische Region Thrakien. Eine kurze Kaltfront führte vom Okklusionspunkt bis zu den Karpaten und ging nach einer Verwellung der Front über Mitteleuropa westlich der Britischen Inseln in die Warmfont des nachfolgenden Tiefs YUKI über. In Nordschweden wurden nur Niederschlagsmengen von 2 bis 5 mm gemeldet, welche jedoch bei verbreitetem Dauerfrost als Schnee fielen. Im estnischen Tallinn führte die Okklusionsfront polare Luftmassen heran, sodass der Niederschlag, welcher in 24 Stunden 11,8 mm betrug, im Laufe des Tages immer weiter in Schneeregen und Schnee überging. Während am Vortag die Tiefsttemperatur nicht unter +0,1°C fiel, sank sie am 22.02. auf 0,4°C, die vorhandene Schneedecke von 7 cm wuchs dabei auf 11 cm an. An der Wetterstation des Ortes Romny in der Nordostukraine, rund 250 km östlich von Kiew, wurden an diesem Tag in 24 Stunden 4,8 mm Niederschlag gemeldet, was der höchste gemeldete Wert aus der östlichen Ukraine war. Der Niederschlag fiel vor 09 Uhr UTC als Schnee bei Tiefsttemperaturen um -1,6°C, tagsüber stieg sie auf 6,5°C. Entlang der Warmfront, die sich bis in den Norden Griechenlands erstreckte, wurden keine nennenswerten Niederschlagsmengen gemeldet. In Thessaloniki wurden 7,2 Stunden Sonnenschein und eine Höchsttemperatur von 15,8°C registriert. Im Süden Deutschlands wurden verbreitet höhere Temperaturen erreicht, wie zum Beispiel in München mit 18,1°C oder im Berchtesgadener Land mit 20,0°C. In Salzburg waren es sogar 20,4°C. Von Norden zog jedoch eine Kaltfront heran, in dessen Bereich die Höchsttemperaturen nicht über 12°C stiegen. In Bremen lag die Temperatur um 00 Uhr UTC noch bei 10,8°C. Bis 06 Uhr UTC sank sie auf 6,6°C und fiel weiter bis sie 00 Uhr UTC des Folgetages 3,4°C erreichte. In der folgenden Nacht fiel in anderen Landesteilen sogar Schnee, so meldete Chemnitz am Morgen des 23.02. 4 cm, der Kleine Inselberg in Thüringen sogar 8 cm und Lüdenscheid in Nordrhein-Westfalen 3 cm Neuschnee.

Währenddessen hatte sich das Tief XIN bis 00 Uhr UTC am 23.02. aufgespalten. Der Kern von Tief XIN I befand sich unverändert über dem Europäischen Nordmeer vor der norwegischen Küste bei einem Kerndruck von 990 hPa. Eine Okklusionsfront führte nach Norden über die Inselgruppe Spitzbergen. Der Tiefkomplex XIN II lag über Finnland mit einem Kerndruck von 985 hPa, ein Randtief befand sich über der Kola-Halbinsel und eine Okklusionsfront führte von dessen Kern in nordöstlicher Richtung über die Barentssee. Ein weiteres Randtief nördlich von Moskau besaß eine nach Süden reichende Okklusionsfront, von der sich die Warmfront südöstlich über den Donbass und die Krim bis zum Bosporus abspaltete. Die Kaltfront erstreckte sich nach Westen bis über die Nordalpen und war dort mit dem Tief YUKI verbunden. Dadurch fielen vor allem im Südwesten Deutschlands größere Niederschlagsmengen. In Rheinstetten bei Karlsruhe wurden 27,1 mm in 24 Stunden gemeldet, welcher zwischen 09 und 18 Uhr UTC überwiegend als Schnee fiel und um 12 Uhr UTC eine Schneedecke von 1 cm zur Folge hatte. Auf dem Feldberg im Schwarzwald wurden in diesem Zeitraum sogar 33,1 mm Niederschlag registriert, die dort meist als Schnee fielen. Die Tageshöchsttemperatur von 0,4°C wurde schon um 06 Uhr UTC erreicht, um 09 Uhr UTC gingen die Temperaturen in den Frostbereich über und die Tiefsttemperatur lag bei ‑5,7°C. Im Laufe des Tages wurden immer wieder Böen von bis zu 108,1 km/h gemeldet. Am Abend beruhigte sich der Wind und es zog Nebel auf, der in der Umgebung Reif bildete. In Moskau fiel in der Nacht bei -1°C Schnee, der in der zweiten Nachthälfte in Regen überging. Am Tage wurde dort eine Höchsttemperatur von 3,4°C erreicht, während am vorherigen Tag noch Dauerfrost mit -0,9°C herrschte. Dabei wuchs die Schneedecke von 20 cm am Vortag auf 30 cm an.

Am 24.02. befand sich das Tief XIN über dem Norden Skandinaviens mit wieder nur einem Kern und einem Druck von 985 hPa. Eine Okklusionsfront erstreckte sich nördlich über die Inselgruppe Spitzbergen. Die russische Polarstation Barentsburg auf Spitzbergen registrierte beim Durchzug der Okklusion nur schwache Schneeschauer und meldete eine zum Vortag unveränderte Schneedecke von 79 cm.

Am Folgetag wurde das Tief XIN über Nordskandinavien mit einem Druck von 995 hPa und einer Okklusion, die sich von Finnland bis über das norwegische Trondheim erstreckte, analysiert. Zwischen Trondheim und Bergen wurden entlang der norwegischen Küste größere Niederschlagsmengen gemeldet. Am meisten verzeichnete die Station Innerdalen mit 55 mm, wobei die Schneehöhe von 69 cm am Vortag auf 99 cm anstieg. Mit einer Tageshöchsttemperatur von 0,0°C herrschte an dieser Station Dauerfrost, während am Vortag noch +1,2°C erreicht wurden. Auf der Rückseite der Skanden in Schweden wurden keine nennenswerten Niederschlagsmengen gemeldet. Die Station Hallaxasen, rund 75 km nördlich von Östersund gelegen, meldete an diesem Tag Dauerfrost mit einer Höchsttemperatur von -2,0°C, während am Vortag wie an der Station Innerdalen noch +1,2°C erreicht wurden. Nachdem sich ab 18 Uhr UTC die Bewölkung auflöste, fiel die Temperatur schnell in den zweistelligen negativen Bereich, die Tiefsttemperatur betrug -16,9°C. An anderen Stationen weiter nördlich wurden sogar noch niedrigere Temperaturwerte bis -30,9°C gemessen.

Bis zum 26.02. lösten sich die Fronten auf und das Tief XIN lag über Finnland mit einem schwachen Kerndruck von 1000 hPa. Der Leuchtturm von Helsinki meldete eine Tiefsttemperatur von -0,4°C und eine Höchsttemperatur von 2,0°C. Vom Flughafen der Stadt wurden im Laufe des Tages nur wenige Schneeflocken gemeldet, um 06 Uhr UTC betrug die Schneehöhe 25 cm.

Am darauffolgenden Tag befand sich das Tief XIN unverändert über Finnland. Im Tagesverlauf wurde es vom Hoch IVAN II nach Osten über das Weiße Meer verdrängt. An dessen Südküste wurde in der Stadt Archangelsk bei einer Schneedecke von 39 cm eine Höchsttemperatur von ‑1,4°C erreicht, in der vorherigen Nacht fiel die Temperatur noch auf -6,3°C. Niederschlag wurde an der Station jedoch nicht registriert.

Am 28.02. befand sich das Tief XIN über dem Weißen Meer als Randtief eines unbenannten Tiefs mit Kern über der Jamal-Halbinsel. Eine Okklusionsfront führte nach Süden über die Mittelrussische Platte bis zum Donbass. In der Stadt Kasan, welche an der Wolga liegt und Hauptstadt der russischen Republik Tatarstan ist, setzte ab 12 Uhr UTC durch die Front Schneefall ein. Um 06 Uhr UTC wurde eine Schneedecke von 47 cm gemeldet, am Folgetag waren es schon 57 cm. Vor der Front lagen die Temperaturen verbreitet im Dauerfrostbereich wie zum Beispiel in Kotlas mit einer Höchsttemperatur von -1,9°C. Hinter der Front wurden deutlich höhere Temperaturwerte gemessen, wie in Moskau mit einer Höchsttemperatur von 3,9°C.

Im Laufe des Tages wurde der Wirbel XIN vom dem Tief bei der Jamal-Halbinsel rasch weiter nach Osten geführt, sodass das Tief XIN am 29.02. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte.

 


Geschrieben am 15.06.2016 von Sebastian Kugel

Berliner Wetterkarte: 22.02.2016

Pate: Xin Zhang-Riedel