Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet XOLA

(getauft am 14.12.2015)

 

Am 14. Dezember 2015 wurde ein Tiefdruckgebiet einige hundert Kilometer westsüdwestlich der Inselgruppe der Azoren auf den Namen XOLA getauft. Es bildete sich im Zusammenhang mit der Entwicklung eines abgeschlossenen Tiefdruckgebietes in höheren Luftschichten, eines sogenannten Kaltlufttropfens. Nördlich um das etwa 800 km südwestlich der Azoreninsel Pico gelegene Zentrum des Bodentiefs XOLA herum, in dem ein Kerndruck von unter 985 hPa herrschte, zog sich eine kurze Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, auch als Okklusionsfront bezeichnet, bis zum Okklusionspunkt. An diesem, ungefähr 600 km südwestlich der Azoreninsel Terceira, trafen eine Warmfront und eine Kaltfront zusammen. Die Warmfront verlief in östlicher bis nordöstlicher Richtung bis rund 700 km westlich der portugiesischen Küste auf der Breite der Hauptstadt Lissabon, um in eine zum Wirbel WERNER I westlich der Biskaya gehörende Kaltfront überzugehen. Die vom Okklusionspunkt des Tiefdruckgebietes XOLA ausgehende Kaltfront verlief in südwestlicher bis westlicher Richtung und überquerte den nördlichen Wendekreis knapp 2000 km südwestlich des Kerns der Zyklone XOLA, wobei der Endpunkt der Kaltfront in der Westhälfte des Nordatlantiks außerhalb des von der Berliner Wetterkarte erfassten Bereichs lag.

Bis zum Morgen des Folgetages bewegte sich das Bodentief XOLA entsprechend der südwestlichen bis westlichen Höhenströmung unter Verstärkung nach Nordosten. Am 14. Dezember gab es an den Wetterstationen auf den Azoren häufiger schwere Sturmböen, was der Windstärke 10 auf der Beaufortskala entspricht. Nachmittags wurden nach Durchzug des Tiefdruckkerns sogar orkanartige Böen, entsprechend Windstärke 11, registriert. In Horta auf der Azoreninsel Faial betrug die maximale Windspitze 119 km/h, was der Orkanstärke 12 entspricht. Innerhalb von 24 Stunden kamen in Lajes auf Terceira 23 l/m² Regen zusammen, da das Tiefdruckgebiet XOLA mit seinem Zentrum und den zugehörigen Niederschlagsgebiete direkt über die Azoren hinwegzog. In Lissabon fielen im gleichen Zeitraum 24 l/m², denn die Fronten des Tiefs XOLA erreichten am Morgen auch das portugiesische Festland. Der Kern des Wirbels XOLA, in dem ein Luftdruck von unter 980 hPa gemessen wurde, lag nun etwa 700 km nordöstlich von Terceira. Die vom Zentrum des Tiefs XOLA ausgehende Okklusionsfront reichte zunächst nach Norden und erstreckte sich kurz darauf nach Nordosten bis zum Okklusionspunkt, der sich ungefähr 500 km nordöstlich des Tiefdruckkerns befand. Der vom Okklusionspunkt bis in den Norden von Portugal reichenden Warmfront folgte weiter westlich die erwähnte, sich der portugiesischen Küste nähernde Kaltfront. Diese brachte neben Niederschlag im Tagesverlauf am Cabo Vilan, an der Nordwestspitze der Iberischen Halbinsel gelegen, und in Estaca de Bares in Galicien an der Nordküste Spaniens schwere Sturmböen der Stärke 10. Im knapp südwestlich vom Cabo Vilan liegenden Fisterra wurden sogar orkanartige Böen der Stärke 11 auf der Beaufortskala registriert. Diese traten nachmittags auch in Estaca de Barres auf.

Bis zum Morgen des 16. Dezember verlagerte sich das Tief XOLA bis etwa 500 km westnordwestlich von Irland. Das zuvor in dieser Region aktive Tiefdrucksystem WERNER konnte nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden, trug aber zu den 24-stündigen Niederschlagsmengen im Westen Europas gemessenen Werten bei, so dass sich kaum ein nur auf das Tiefdruckgebiet XOLA zurückzuführender Wert beschreiben lässt. Die Fronten des Tiefs XOLA beeinflussten jedoch den Norden der Iberischen Halbinsel, den Westen Frankreichs und große Teile der Britischen Inseln mit Niederschlägen. Vom Zentrum des Tiefdruckgebietes XOLA mit einem Kerndruck von etwas unter 995 hPa, das als Randtief des nordwestlich der Azoren gelegenen, umfangreichen Tiefdrucksystems YORRICK angesehen werden konnte, erstreckte sich eine Okklusionsfront knapp nördlich von Irland, weiter von Nordwest nach Südost über England verlaufend und bis ins zentrale Frankreich zum Okklusionspunkt reichend. Von dort zog sich eine Warmfront über den Süden des Landes, die Pyrenäen bis in den Nordosten Spaniens. Eine vom Okklusionspunkt ausgehende Kaltfront ging kurz danach in die Warmfront eines unbenannten Wellentiefs zwischen den Azoren und dem portugiesischen Festland über. Von Schottland bis in den Osten Frankreichs verlief zudem eine Warmfront ungefähr parallel zur Okklusionsfront und der sich südlich daran anschließenden Warmfront.

Am 17. Dezember war das Tiefdruckgebiet XOLA zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Die 24-stündigen Niederschlagsmengen, die im Wesentlichen auf die Aktivität des Tiefs XOLA und seiner Fronten zurückzuführen sind, lagen im Südwesten Skandinaviens bei maximal rund 10 l/m², wie im norwegischen Bergen mit 11 l/m² und in Skagen an der Nordspitze der dänischen Halbinsel Jütland mit 12 l/m². Am Morgen lag das Zentrum des Tiefdruckgebietes XOLA mit einem Kerndruck von unter 995 hPa über dem Skagerrak. Von dort verlief eine Okklusionsfront entlang der südnorwegischen Atlantikküste bis zu einem unbenannten Tiefdruckkern etwa 200 km nordöstlich der Färöer-Inseln, welcher ebenfalls als Randtief des südlich von Island und westlich der Britischen Inseln liegenden Wirbels YORRICK anzusehen war. Vom Zentrum des Tiefs XOLA ging außerdem eine Warmfront aus, die über Dänemark und Südschweden sowie das deutsch-polnische Grenzgebiet und Tschechien bis nach Norditalien reichte. Eine ebenfalls vom Kern der Zyklone XOLA ausgehende Kaltfront, die hauptsächlich in höheren Luftschichten aktiv war, ging ungefähr 200 km westlich von Nordjütland in eine Höhenwarmfront über, die zum Tief YORRICK gehörte. Auf der Mittagskarte der Berliner Wetterkarte von Mitteleuropa war die Warmfront des Tiefdruckgebietes XOLA in ihrem Verlauf von der Ostsee zwischen Rügen und Bornholm über die Insel Wollin und das westliche Polen bis an den Rand des Riesengebirges zu sehen. Während die Temperatur mittags im westlichen Polen meist bei 4 bis 9°C lag, war es weiter westlich mit oft zweistelligen Temperaturwerten noch milder. In Berlin-Dahlem wurde in maritimer Subtropikluft eine Tageshöchsttemperatur von 12,3°C erreicht, am Berliner Flughafen Tegel stieg die Temperatur bis auf 12,6°C und in Wernigerode am Nordrand des Harzes gab es durch Lee-Effekte ungewöhnlich milde 16,2°C. Nachfolgend bestimmte das Tiefdrucksystem YORRICK über Nordwesteuropa das Wettergeschehen in großen Teilen von Nord- und Mitteleuropa.

 

 

Geschrieben am 28.01.2016 von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 17.12.2015

Pate: Dieter Niketta