Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet XUN

(getauft am 30.09.2016)

 

In der Nacht vom 29. auf den 30.09.2016 überquerte eine markante Kaltfront des über Nordschweden liegenden Tiefs WALPURGA weite Teile Mitteleuropas von West nach Ost. Während die westliche Bodenströmung über dem Norden Deutschlands noch kräftig war, ließ sie nach Süden immer weiter nach. Das führte dazu, dass die Front über Frankreich und der Biskaya strömungsparallel verlief, sie also quasistationär wurde. Im Höhenniveau von 500 hPa hatte sich bereits am Vortag ein Kurzwellentrog an der Frontalzone gebildet, der sich mit der Höhenströmung in ostsüdöstliche Richtung verlagerte. Am 30.09. um 00 Uhr UTC befand sich dieser Trog westlich der Biskaya und sorgte mit positiver Vorticityadvektion für Druckfall am Boden. Damit ging Warmluftadvektion einher, die die Kaltfront wieder rückläufig in eine Warmfront verwandelte. Um 12 Uhr UTC verwellte die um Mitternacht noch störungsfrei analysierte Kaltfront von Tief WALPURGA zunehmend. Das in der Prognose für den Folgetag auf den Namen XUN getaufte Tief, befand sich als eine dieser Wellen zu diesem Zeitpunkt noch ohne abgeschlossene Kernisobare über der Südwestküste Frankreichs. Bis 18 Uhr UTC intensivierten sich die Niederschläge durch die Warmfront von Tief XUN wieder und breiteten sich nordwärts aus. In Nantes nahe der Westküste Frankreichs fiel bis zum Abend 10 mm Regen, in Blois weiter östlich sogar 13 mm und in Paris noch 1 mm.

Um 00 Uhr UTC am 1.10. befand sich die Tiefdruckwelle XUN über der Mitte Frankreichs. Die Warmfront verlief nach Nordosten und griff auch auf Deutschland über. Die Kaltfront erstreckte sich vom Kern über den Norden Spaniens bis über die Mitte Portugals. Die Tiefsttemperaturen in der Nacht fielen in Frankreich sehr unterschiedlich aus. Während es in der Bretagne hinter der Kaltfront im Bereich der Kaltluft teils nur 6°C gab, war es an der Côte d’Azur mit 16 bis 20°C als Minimum deutlich wärmer. Insbesondere die Warmfront war sehr wetteraktiv, teilweise traten neben dem Regen auch stärkere Schauer und Gewitter auf. Dadurch kamen mitunter hohe Niederschlagsummen zustande. Um 00 Uhr UTC meldete die Station Nevers im Burgund 24 mm in 6 Stunden und bis 06 Uhr UTC nochmals 11 mm. Besonders stark regnete es in Nimes nahe der französischen Mittelmeerküste mit 32 mm in nur 6 Stunden bis 06 Uhr UTC. Die sehr wetteraktive Warmfront griff auch auf das Saarland über, wo in 12 Stunden bis 06 Uhr UTC bis zu 24 mm Regen fiel. Bis zum Mittag verlagerte sich das Tief XUN weiter nach Nordosten und befand sich um 12 Uhr UTC über Hessen. Im Warmsektor des Tiefs XUN wurden vor allem in Bayern und Sachsen noch Höchsttemperaturen von bis zu 23°C gemessen. Besonders stark war der Temperaturkontrast im Bereich der Warmfront im Osten Deutschlands. In Dresden-Strehlen wurde ein Temperaturmaximum von 24,7°C gemessen, dagegen in Wittstock in der Prignitz bei andauerndem Regen nur 12,9°C. In Neuruppin regnete es in 12 Stunden bis 18 Uhr UTC 11 mm, in Berlin gab es bis zu diesem Zeitpunkt nur
1 bis 2 mm Regen. Im hessischen Wiesbaden fiel dagegen mit bis zu 23 mm eine deutlich höhere Niederschlagssumme. Die abends über Berlin ziehende Kaltfront führte zwischen 18 und 24 Uhr UTC zu von Nordwesten nach Südosten der Stadt abnehmenden Niederschlagssummen. Während in Berlin-Tegel 8 mm fiel, gab es in Berlin-Schönefeld nur 1 mm Niederschlag.

Am Folgetag um 00 Uhr UTC lag das Tief XUN mit dem Kern über der Pommerschen Bucht mit einem minimalen Luftdruck von etwa 1008 hPa. Die Warmfront verlief weit nach Osten bis über den Westen Russlands und die Kaltfront in einem Bogen vom Osten Deutschlands über Tschechien und den Alpenraum bis über die Pyrenäen. Im Bereich des Zentrums kam es unter anderem auch durch die zusätzliche Feuchtequelle der verglichen zum Land warmen Ostsee zu einzelnen Gewittern. An der pommerschen Ostseeküste wurden verbreitet über 10 mm Niederschlag in 6 Stunden bis 00 Uhr UTC gemessen. Am stärksten regnete es mit 14 mm in Darlowek. Die tags zuvor noch beispielsweise über Bayern liegende Subtropikluft sorgte nun im östlichen Polen, der Ukraine und Weißrussland noch für höhere Temperaturen. So konnte in der südwestlichen Ukraine in Ivano-Frankivsk mit maximal 26°C noch ein Sommertag registriert werden. In den anderen Regionen wurde meist zwischen 23 und 25°C als Tageshöchsttemperatur erreicht. Im Gegensatz dazu war es in Lettland unter dichten Wolken mit zeitweiligem Regen deutlich kühler. So meldete die lettische Hauptstadt Riga nur maximal 12°C, während wenige hundert Kilometer südöstlich in Russland noch Temperaturen von bis zu 23°C gemessen werden konnten. Im Osten Lettlands regnete es bis zum Abend um 18 Uhr UTC in 12 Stunden 17 mm in Aluksne, ebenso viel wie wenige Kilometer entfernt auf russischer Seite in Pskow.

Über diesem Bereich befand sich am 03.10. um 00 Uhr UTC auch das Zentrum des Wirbels XUN mit minimal ca. 1016 hPa. Die Warmfront des Tiefs erstreckte sich nach Osten über Moskau bis zum Ural und die Kaltfront verlief über Weißrussland über den Südosten Polens. Auf der Rückseite des Tiefs XUN konnte noch eine kurze Okklusion analysiert werden, die sich über der Ostsee mit dem Frontensystem des über Deutschland liegenden Tiefs YANINA verband. In der Region um Moskau fiel bis 06 Uhr UTC in 12 Stunden bis zu 12 mm Niederschlag. Etwas weiter nördlich gab es noch meist zwischen 3 und 7 mm Regen im gleichen Zeitraum. Im Vergleich zur vorigen Nacht war diese Nacht mit meist 9 bis 12°C im Westen Russlands, in Weißrussland sowie in Litauen und Lettland milder, weil hinter der Warmfront wärmere Luft von Südwesten herangeführt wurde. Tags zuvor wurde in der Region um Moskau noch z.T. 3 bis 4°C als Minimum gemessen. Unter dichten Wolken regnete es in dieser Region auch tagsüber noch, bis 18 Uhr UTC wurde noch bis zu 9 mm Niederschlag registriert. Das Frontensystem trennte zwei sehr unterschiedliche Luftmassen voneinander. Während im Südwesten Russlands sowie in der Ukraine eine Höchsttemperatur von verbreitet 22 bis 25°C gemessen wurde, herrschte über Skandinavien, Nordwestrussland und Finnland die durch Hoch PETER gebildete Polarluft vor, die nachts für leichten Frost sorgte, sich tagsüber durch Sonneneinstrahlung aber noch auf über 10°C, teils 16°C erwärmen konnte. Im Grenzbereich erwärmte sich die Luft durch den länger andauernden Regen auf nur 10 bis 12°C. Schon wenig außerhalb wurden in Moskau 19°C erreicht.

Am 04.10. um 00 Uhr UTC wurde das Tief XUN mit seinem Kern etwa 600 km nordöstlich von Moskau mit einem Druck von ca. 1018 hPa analysiert. Die Warmfront erstreckte sich nach Südosten über das Uralgebirge hinweg und die Kaltfront ging südwestlich von Moskau in die Warmfront des mit Zentrum über den östlichen Karpaten liegenden Tiefs ZOFIA über. Rückseitig der Kaltfront über dem Nordwesten Russlands und dem Baltikum kühlte sich die eingeflossene maritime Arktikluft auf minimal 3 bis 5°C ab. Durch den deutlich niedrigeren Taupunkt sank nachts die Luft im Norden Schwedens auf bis zu -10°C. Wesentlich milder blieb es mit 10 bis 11°C im Warmsektor des Tiefs XUN. Der Kaltfrontdurchgang sorgte in Moskau für 17 mm Niederschlag bis 06 Uhr UTC in 12 Stunden. Durch den Druckgradienten zwischen dem Tief XUN und dem Hoch PETER über Zentralskandinavien wurde auf der Rückseite der Kaltfront nun verstärkt arktische Luft herangeführt. In dieser wurden nur maximal 8°C erreicht, was in bestimmten Regionen bis zu 8 Grad kälter war als am Vortag. Das verschärfte den ohnehin schon starken Temperaturgradienten, denn im Warmsektor wurden erneut maximal 20 bis 22°C gemessen. Dementsprechend gab es im Bereich der Kaltfront des Tiefs XUN bzw. der Warmfront von Tief ZOFIA Niederschläge von verbreitet 7 bis 12 mm in 12 Stunden bis 18 Uhr UTC.

Bis zum Folgetag um 00 Uhr UTC war das Tief XUN mit seinem Kern nahe der im Uralvorland liegenden russischen Stadt Perm angelangt. Das zu diesem Zeitpunkt über Skandinavien liegende, sehr kräftige Hoch PETER sorgte mit einem Zentrumsdruck von 1050 hPa auch für einen hohen Kerndruck des Tiefs XUN mit ca. 1025 hPa, was oftmals schon ein mittelstarkes Hochdruckgebiet aufweist. An der Temperaturverteilung änderte sich im Vergleich zum Tag zuvor wenig. Auf der Rückseite des Tiefs XUN wurde eine um meist 2 Grad niedrigere Höchsttemperatur erreicht, teilweise war mit 6°C das Tagesmaximum erreicht. Erwähnenswert ist der durch den starken Druckgradienten zwischen Hoch PETER und Tief ZOFIA bzw. Tief XUN hervorgerufene Nordostwind, der auf und an der Ostsee teils für schwere Sturmböen sorgte und an der deutschen Ostseeküste eine Sturmflut hervorrief.

Das Tief XUN zog bis zum 06.11. weiter nach Nordosten und damit bis außerhalb des Darstellungsbereichs der Berliner Wetterkarte, sodass es nicht weiter auf dieser analysiert werden konnte.

 

 

Geschrieben am 31.10.2016 von Dustin Böttcher

Berliner Wetterkarte: 01.10.2016

Pate: Xun Wang