Lebensgeschichte

 

 Tiefdruckgebiet YAKARI

(getauft am 18.07.2015)

 

Entlang einer wellenförmig deformierten Front eines unbenannten Tiefs über der südlichen Labradorsee entwickelte sich Mitte Juli 2015 ein neuer Tiefdruckwirbel, der um 00 Uhr UTC, also 01 MEZ, am 18.07. erstmals mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa am Boden östlich von Neufundland analysiert wurde. Bereits zu diesem Zeitpunkt war ersichtlich, dass das Tief Einfluss auf Mitteleuropa haben wird. Daher wurde der Wirbel in der Analyse auf den Namen YAKARI getauft. Vom Kern gingen zwei Fronten aus, eine Warmfront reichte in südöstlicher Richtung bis zu den Azoren und eine Kaltfront erstreckte sich bis zum Seegebiet nördlich der Bermuda-Inseln.

Bis zum Folgetag zog die Zyklone YAKARI weiter nach Osten und befand sich in über dem zentralen Nordatlantik. Der Kerndruck im Zentrum verblieb bei knapp unter 1005 hPa. In der Zwischenzeit hatte sich eine Okklusion ausgebildet, die vom Kern in westliche Richtung wies. Eine Okklusion entsteht durch das Einholen der Warmfront durch die schneller ziehende, hintere Kaltfront. Damit weist diese die Eigenschaften beider Frontentypen auf. Die Stelle, wo die Kaltfront die Warmfront einholt, wird Okklusionspunkt genannt. Die Warmfront erstreckte sich vom Zentrum bis zum den Golf von Biskaya, wo sie in die Kaltfront des Tiefs XAVER überging. Die Kaltfront reichte vom Kern ausgehend nach Südwesten.

Bis zum 20.07. hatte sich der Tiefdruckwirbel YAKARI deutlich vertieft und wies einen Kerndruck von ca. 995 hPa auf. Vom Zentrum des Tiefs YAKARI ging eine Okklusion nach Osten bis zum Okklusionspunkt aus, der südwestlich von Irland lag. Von dort erstreckte sich die Kaltfront weiter in einem Bogen bis zum Seegebiet nordwestlich der Azoren. Die Warmfront hingegen verlief vom Okklusionspunkt über die Bretagne bis über den Osten Frankreichs. An der Warmfront fielen in Frankreich und Irland meist nicht mehr als 3 mm, wie beispielsweise am Pariser Flughafen Charles De Gaulle mit 0,4 mm oder in Nantes mit 1 mm in 12 Stunden bis 18 Uhr UTC. Mit der Warmfront wurden Luftmassen subtropischen Ursprungs nach Mitteleuropa geführt. Im Tagesverlauf zog die Warmfront weiter in Richtung Nordosten und erreichte somit Deutschland. So wurden in Süddeutschland Höchstwerte von etwa 30°C gemessen, wie zum Beispiel in Konstanz mit 31,5°C oder in Freiburg mit 32°C. In Mannheim und Konstanz wurde beispielsweise eine tropische Nacht beobachtet, wofür die Temperatur nicht unter 20°C sinken darf. Dort wurden als Tiefsttemperatur 22,4 bzw. 20,2°C registriert. In Hamburg hingegen erreichte die Temperatur tagsüber im Einflussbereich polarer Luftmassen nur 21,7°C.

In der Nacht zum 21.07. erreichte der Wirbel YAKARI Schottland mit einem Luftdruck von ca. 995 hPa. Die Okklusion überquerte die Nordsee, wo sich der Okklusionspunkt befand und von dort reichte die Warmfront über die Deutsche Bucht bis zu den Karpaten. Im Zuge der Warmfront fielen verbreitet 1 bis 5 mm über dem Westen Deutschlands und den Benelux-Staaten. In Staulagen der Mittelgebirge fielen vereinzelt auch über 10 mm, wie an der Station Kahler Asten mit 13,7°C in 24 Stunden. Mit der weiteren Verlagerung der Warmfront nach Osten wurden ähnliche Niederschlagsummen gemessen. Im Süden Deutschlands wurde vielerorts ein Sommertag registriert, die Maximaltemperatur muss dazu mindestens 25°C betragen. Am wärmsten wurde es beispielsweise in Regensburg mit 36,2°C. An der Küste wurde es mit der raschen Verlagerung der Kaltfront deutlich kühler. Dort wurden nur um die 20°C gemessen. Die Kaltfront erstreckte sich in der Nacht vom Okklusionspunkt über die Westküste der Niederlande bis zur Bretagne, wo sie rückläufig wurde. Das bedeutet, dass die Kaltfront aufgrund von wärmeren Luftmassen, die aus Süden herangeführt wurden, ihren Kaltfrontcharakter verlor und diesen in den einer Warmfront wechselte. Aufgrund des Tagesgangs der Sonneneinstrahlung und dem daraus resultierenden thermischen Auftrieb, entstanden an der Kaltfront einige kräftige Schauer und Gewitter. In Magdeburg kamen bei Gewittern 7 mm in 6 Stunden bis 12 Uhr UTC zusammen, in Lüchow bei starken Schauern 16 mm. Die höchste Niederschlagsumme wurde im gleichen Zeitraum in Menz im Landkreis Oberhavel mit 22,9 mm registriert.

Im weiteren Verlauf des Tages begann sich das Tief YAKARI zu teilen. Der neue Kern – Tief YAKARI II – verlagerte sich zu den Shetland Inseln. Der Tiefdruckwirbel YAKARI I zog im weiteren Verlauf leicht retrograd in Richtung Island, d.h. das sich der Wirbel YAKARI I nicht wie es in der Westwindzone der gemäßigten Breiten üblich ist von West nach Ost, sondern von Ost nach West bewegt hat. In der 00 UTC-Analyse des Folgetages befand sich die Zyklone YAKARI I über dem Seeraum südlich von Island und wies einen Kerndruck von ca. 995 hPa auf. Ausgehend vom Tief YAKARI I reichte eine Okklusion nach Osten zum Tief YAKARI II, welches sich zwischen der norwegischen Küste und den Shetland Inseln befand und einen Luftdruck im Kern von etwas unter 1005 hPa aufwies. Eine Kaltfront erstreckte sich vom Zentrum des Tiefs YAKARI II in Richtung der Britischen Inseln und die Okklusion verlief ebenfalls von dort über Stockholm bis zum Rigaischen Meerbusen, wo sich die Höhenokklusion in eine Warm- und eine Kaltfront aufteilte. Die Warmfront erstreckte sich vom Okklusionspunkt über Minsk bis zum Schwarzen Meer und ging dort in eine Kaltfront eines unbenannten Wirbels über dem Uralgebirge über. Vom Okklusionspunkt reichte eine weitere Kaltfront über Warschau, weiter nördlich entlang der Alpen bis nach Frankreich. An der Okklusion wurden im Süden Finnlands und Norwegen tagsüber Niederschlagsummen von 5 bis 10 mm innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC gemessen, wie in Helsinki mit 9 mm. An der Warmfront fielen über Russland verbreitet noch bis zu 5 mm im gleichen Tagesabschnitt. An den Alpen wurde die Kaltfront rückläufig. Die Höhenströmung drehte etwas auf Süd zurück, wodurch wärmere Luftmassen herangeführt wurden, die sich zusätzlich durch Föhneffekte erwärmten. Dabei entstand ein Leetief auf der Alpennordseite. Zudem nahmen die Temperaturgegensätze an der Front zu, so dass mit der Zufuhr feuchter Luftmassen aus Frankreich die Gewitteraktivität über der Schweiz und Baden-Württemberg deutlich anstieg. Die Niederschläge lagen lokal bei bis zu 50 mm innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC. Auf der Schwäbischen Alb wurden 42,3 mm und in Stötten 58,5 mm registriert.

An der Südseite der Tiefdruckrinne zwischen den Wirbeln YAKARI I und YAKARI II entstand im Laufe des Tages ein weiteres Teiltief, das den Namen YAKARI III erhielt. Auf der 00 UTC-Analyse des Folgetages befand sich dieses mit einem Kerndruck von ca. 1005 hPa etwas östlich von Oslo. Das Tief YAKARI III entstand an der Kaltfront des Tiefs YAKARI II. Dabei übernahm das Tief YAKARI III dessen Frontensystem. Zu diesem gehörten zum einen eine Warmfront, die bis Estland reichte, sowie eine Kaltfront, welche sich über Dänemark bis nach Paris erstreckte. Aufgrund der eher geringen Temperaturunterschiede an der Kaltfront als auch an der Warmfront, waren diese kaum wetteraktiv und die Niederschläge fielen am Tage gering aus. Jedoch war die Kaltfront in der Nacht noch sehr aktiv. So entstand ein Gewitterkomplex, der bis zum Morgen in 12 Stunden in einem breiten Streifen von Baden-Württemberg nach Polen verbreitet 20 bis 50 mm brachte. Die Wirbel YAKARI I und YAKAR II konnten indes am 23.07. etwas weiter östlich bzw. nordöstlich ihrer Position vom Vortag analysiert werden. Das Tief YAKARI I mit einem Kerndruck von ca. 1000 hPa lag nordwestlich von Schottland. Das Tief YAKARI II befand sich westlich der norwegischen Küste mit unter 1005 hPa im Zentrum. Beide Tiefdruckgebiete waren durch eine Okklusion mit einander verbunden. Zudem war die Strömung in der Höhe zu diesem Zeitpunkt relativ schwach, sodass sie sich in den kommenden Stunden kaum verlagerten.

Die Zyklone YAKARI III hingegen befand sich am Rande einer kräftigen Höhenströmung über Mitteleuropa und verlagerte sich im weiteren Verlauf deutlich zügiger nach Osten. Um 00 UTC des 24.07. wurde dieses bereits mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa etwas nördlich von Helsinki über dem Finnischen Archipel analysiert. Die Kaltfront erstreckte sich vom Kern über St. Petersburg und Kiew bis zu den Karpaten. Die Warmfront reichte östlich davon weit nach Russland. Vom Tiefkern ging eine Okklusion aus, die in der Nacht innerhalb von 12 Stunden Niederschlagsummen von 10 bis 15 mm verursachte. Die Wirbel YAKARI I und II befanden sich währenddessen beide mit einem eigenständigen Kerndruck von ca. 1005 hPa vor der norwegischen Küste. Die Zyklone YAKARI II befand sich auf der Breite des Polarkreises und das Tief YAKARI I südlich des Tiefs YAKARI II, welches sich in den drauf folgenden Stunden auflöste.

Bis zum 25.07. verlagerte sich der Wirbel YAKARI III unter gleichbleibendem Druck zur Westküste des Weißen Meeres. Im weiteren Verlauf des Tages zog das Tief YAKARI III weiter nach Osten und konnte am nächsten Tag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden. Der Wirbel YAKARI I verblieb frontenlos bis zum 26.07. über dem Europäischen Nordmeer, bevor auch dieser sich auflöste.


Geschrieben am 01.10.2015 von Morten Kretschmer

Berliner Wetterkarte: 21.07.2015

Pate: Sarah u. Martin Fritsche