Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet YANINA
(getauft am
30.09.2016)
Am letzten Tag im September 2016 verlagerte sich das
bis dato über dem nördlichen Bottnischen Meerbusen gelegenen Bodensturmtief
WALBURGA zusammen mit dem in einer Höhe von 5,5 km gelegenen Höhenwirbel über
der norwegischen Küste langsam in die Nähe des Nordkaps. Währenddessen zog der
über dem Nordostatlantik befindliche Höhentrog, also ein Kaltluftvorstoß nach
Süden, südostwärts nach Irland, wo unter allmählicher Trogverstärkung auf dessen
Vorderseite im Tagesverlauf ein weiteres Bodentief induziert wurde. Da dieses
Bodentief zusammen mit einem weiteren Tief, was am gleichen Tag über Frankreich
entstanden ist, die nächsten Tage insbesondere den Wettercharakter über Mittel-
und Westeuropa beeinflussen und damit den bisherigen Einfluss des Sturmtiefs
WARLBURGA ablösen sollte, wurde es von der Berliner Wetterkarte am 30.
September um 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, in der Prognose für den Folgetag auf
den Namen YANINA getauft.
Am 1. Oktober tauchte das Tief YANINA erstmalig in dem
Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte mit einem Kerndruck von ca. 1005
hPa, also relativ schwach ausgeprägt, über der Südküste Irlands auf. Zu diesem
Zeitpunkt besaß der Wirbel eine Kaltfront, die in der Höhe als Okklusion
analysiert wurde. Eine Okklusion wird auch als Mischfront bezeichnet, wobei die
schneller ziehende Kaltfront die vor ihr ziehende Warmfront eingeholt und die
warme Luft vom Boden angehoben hat. Somit entsteht mit der Okklusion ein
Frontentyp, der die Eigenschaften von Kalt- und Warmfronten in sich vereint.
Die Front verlief bogenförmig etwa 1500 km über dem Nordostatlantik. Im Verlauf
des 1. Oktobers folgte das Tief YANINA der Zugrichtung von dem davor gelegenen,
über Frankreich entstandenen, Tiefdruckgebiet XUN. Dabei beeinflusste der
Wirbel England, Nordfrankreich, die Beneluxländer und den Nordwesten
Deutschlands. Bis 18 Uhr UTC überquerte der Tiefdruckkern Wales und Zentral-
sowie Südengland, so dass unter starker Bewölkung mit maximal 1 bis 4 Sonnenstunden
Niederschlagsmengen von minimal 3 mm im englischen Bedford bis maximal 15 mm im
walisischen Sennybridge innerhalb von 12 Stunden
registriert wurden. Auch in der nordfranzösischen südlich von der Zugbahn des
Tiefdruckkerns gelegenen Hafenstadt Boulogne-sur-Mer
fielen im gleichem Zeitraum bei insgesamt 3 Stunden Sonnenschein ebenso 15 mm
Regen, davon schon alleine 9 mm innerhalb einer Stunde bis 07 Uhr UTC. Durch
die Zufuhr maritimer Subpolarluft nordatlantischen Ursprungs befanden sich die
Tageshöchstwerte im britischen Raum bei 13 bis 17°C. Im Vergleich zum Vortag
waren es geringere, aber für diese Jahreszeit trotzdem noch recht milde
Temperaturen.
Bis zum Folgetag kamen bis 00 Uhr UTC an der Station in Boulogne-sur-Mer und an der ebenfalls am Ärmelkanal
gelegenen Fischereistadt Dieppe jeweils weitere 16 mm
zusammen. In Belgien und den Niederlanden wurden in einem Zeitfenster von sechs
Stunden bis 00 Uhr UTC vereinzelt Regenmengen von 2 bis 9 mm registriert. So
vermerkte die Station in Den Helder, einer an der nördlichen Spitze der
Halbinsel Nord-Holland gelegenen Gemeinde, Regenmengen von 7 mm. In der
belgischen Provinz Luxemburg wurden in einer kleinen Gemeinde namens
Saint-Hubert im gleichnamigen Zeitraum 9 mm vermerkt. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen fielen dagegen
nur geringe Mengen, wie beispielsweise je 3 mm in Münster und am Düsseldorfer
Flughafen.
Zu dieser Zeit lag der Tiefdruckkern mit unverändertem Kerndruck genau
über den Westfriesischen Inseln, eine Inselkette in der Nordsee vor der
niederländischen Küste. Die weiterhin schwach ausgeprägte Okklusionsfront von
Tief YANINA umlief den Kern nördlich bis sie etwa auf Höhe von Hamburg in eine
Kaltfront überging, die sich über Westdeutschland, Luxemburg,
Zentralfrankreich, der Biskaya bis zur Nordküste Spaniens erstreckte.
Vorderläufig befand sich immer noch das stärker ausgeprägte rasch Richtung
Russland ziehende Tiefdruckgebiet XUN, dessen Warmfront bis weit nach Russland
und die Kaltfront ebenso bis Spanien reichte. Der Tiefdruckwirbel YANINA reichte
bis in die mittlere Troposphäre, wobei er samt zugehörigem Trog im Tagesverlauf
auf Deutschland übergriff. Dabei entwickelten sich in der höhenkalten labil
geschichteten Meeresluft einige Schauer über große Teile Deutschlands. So auch
im bayerischen Raum. Zusätzlich hielt sich dort auch ganztägig eine dichte
Wolkendecke. Grund dafür war, dass sich Bayern noch im Bereich einer
Luftmassengrenze befand. In München stieg die Temperatur bei keinen Sonnenstunden
auf nur 14°C, während in den restlichen Landesteilen bei 5 bis 7 Stunden
Sonnenschein 15 bis 18°C, am Flughafen Berlin Schönefeld 19°C gemessen wurden.
In Lindenberg bei Beeskow wurde sogar die 20°C-Marke überschritten. Im
südbayerischen Areal fielen örtlich innerhalb 24 Stunden bis um 00 Uhr UTC des
3. Oktober mehr als 10 mm, so z.B. in Kufstein oder Garmisch-Partenkirchen.
Ansonsten wurden im Nordwesten Deutschlands im gleichen Zeitraum maximale
Niederschläge von
10 bis 14 mm verzeichnet, in Cuxhaven bis 16 mm. Einzelne stärkere Regenschauer
gab es einstündig um 14 Uhr UTC in Grünau beim Müritz Nationalpark mit 9,4 mm
und um 18 Uhr UTC im niedersächsischen Seehausen mit 8,8 mm.
Im Tagesverlauf verlagerte sich der Kern von Tief YANINA nur langsam nach
Osten und positionierte sich bis 00 Uhr UTC des 3. Oktober mit einem
angestiegenen Luftdruck auf ca. 1013 hPa genau zwischen Hamburg und Köln. Die
Front war nun fast vollständig okkludiert, zog rasch über ganz Deutschland
hinweg und befand sich zum Nachttermin in einem Bogen vom Kern nach Osten
verlaufend über der Ostsee, Westpolen und endete schließlich über Wien. Die
bereits sehr schwach ausgeprägte Zyklone YANINA löste sich nach bereits wenigen
Stunden rasch auf, währenddessen sich das Tief XUN weiter in Richtung Russland verlagerte.
Infolgedessen konnte der Wirbel YANINA am 3. Oktober das letzte Mal als
eigenständiges Tiefdruckgebilde auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet
werden. Auch das zugehörige Höhentief zog in den nächsten Tagen bis in den
südosteuropäischen Raum und verursachte durch die Nord- bis Nordostströmung
rückseitig des Tiefs wieder eine Zufuhr von kühleren Luftmassen nach
Deutschland.
Geschrieben
am: 09.11.2016 von Lisa-Marie Schulze
Berliner
Wetterkarte: 02.10.2016
Pate:
Yuri Zisser