Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet YANNICK

(getauft am 20.08.2011)

 

Am 20. August 2011 bildete sich ein Tiefdruckgebiet analog zu einem Höhentief  ca. 700 km südlich von Island über dem Nordatlantik und wurde am selben Tag auf den Namen YANNICK getauft.

Das Höhentief befand sich im für die großräumigen Strömungsprozesse maßgeblichen Druckniveau von 500 hPa, das entspricht einer Höhe von etwa 5,5 km. Es lag am südlichen Rand einer, von Grönland bis zu den Britischen Inseln reichenden, Tiefdruckzone, wo eine West- bis Südwestströmung herrschte. Am Boden besaß das Tiefdruckgebiet YANNICK in seinem Kern einen Luftdruck von knapp unter 990 hPa. Von dort reichte zum einen eine Okklusionsfront, also eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, nach Osten und weiter in einem Bogen über Schottland, Nordengland und Wales bis zur Keltischen See, wo der Okklusionspunkt lag. An diesem Punkt teilte sich die Okklusion in eine über 1000 km nach Südwesten verlaufende Warmfront und die knapp westlich folgende und bis nordwestlich der Azoren reichende Kaltfront. Diese Kaltfront wechselte einige 100 km vom Okklusionspunkt entfernt ihren Charakter in den einer Warmfront. Neben diesen Fronten ging vom Zentrum des Wirbels YANNICK eine weitere Okklusionsfront nach Westen bis knapp  1000 km südöstlich von Grönland aus, in deren westlicher Hälfte ein kleinräumiges Teiltief lag.

Die angesprochenen Komponenten des Tiefs YANNICK befanden sich zum größten Teil über dem offenen Meer, sodass dort, abgesehen von einigen schiffsgebundenen Wetterstationen, kaum wetterrelevante Daten erfasst werden konnten. Die Britischen Inseln waren zunächst die einzige Region, in der sich die Zyklone YANNICK auch an Land bemerkbar machte. Dabei meldeten einige Wetterstationen Regen oder Sprühregen, und bis 06 Uhr UTC, was 08 MESZ bedeutet, brachte das Tief YANNICK mit seiner östlich des Kerns verlaufenden Okklusionsfront auf den zu Schottland gehörenden Äußeren Hebriden im Ort Stornoway eine 24-stündige Niederschlagsmenge von 8 Liter Regen pro Quadratmeter.

Bis zum 21. August verlagerte sich das Zentrum des Tiefs YANNICK mit der west-südwestlichen Höhenströmung bis zu den Faröer-Inseln. Der Luftdruck lag dort mittlerweile bei etwas unter 1000 hPa. Von einer Position etwas westlich des Kerns ausgehend, verlief die Okklusionsfront in einem Bogen um das Tiefdruckzentrum herum zunächst nach Norden bis kurz vor die isländische Küste, dann nach Osten bis vor die Küste Mittelnorwegens, und dann entlang der norwegischen Küste weiter nach Süden zur nördlichen Nordsee, wo sie in eine Kaltfront überging. Die Niederschlagstätigkeit im Bereich der Okklusionsfront war, durch Staueffekte am skandinavischen Gebirge begünstigt, im norwegischen Bergen mit einer Regenmenge von 9 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis zum Morgen des 22. August mit am höchsten. In Stornoway kamen im gleichen Zeitraum beispielsweise 2 l/m² Niederschlag zusammen. In Bergen war auch der Temperaturrückgang, der hinter der Okklusions- und Kaltfront aufgrund von kühlerer Luft aus Nordwesten auftrat, am deutlichsten zu beobachten - auch als Folge der intensiveren Niederschläge im Vergleich zu anderen Orten. So erreichte die Temperatur dort am 21. August nur noch einen Höchstwert von 15°C im Vergleich zu 18°C am Vortag, als die Fronten noch weit westlich von Bergen lagen.

Am 22. August war die Situation im Hinblick auf die Fronten des Tiefs YANNICK auf der Bodendruckkarte deutlich übersichtlicher als an den beiden Tagen zuvor. Von seinem Zentrum über dem Europäischen Nordmeer, wo der Druck mittlerweile knapp unter 1010 hPa betrug, reichte eine Okklusionsfront bis in die Gegend von Trondheim. Dort ging sie in eine Kaltfront über, die sich über Dänemark und die Benelux-Staaten bis vor die Westküste Frankreichs erstreckte. Im Frontenbereich gab es in Bergen weiterhin im Stau des skandinavischen Gebirges recht ergiebigen Regen, der bis zum Morgen des    23. August zu einer 24-stündigen Niederschlagssumme von 14 l/m² führte, wohingegen weiter nördlich in Trondheim nur 0,7 l/m² gemessen wurden. Auch die südenglische Station Bournemouth mit 9 l/m² und Brüssel in Belgien mit 11 l/m² meldeten größere Regenmengen.

Mittlerweile hatte sich das Zentrum des Tiefs YANNICK bis ca. 500 km südwestlich vor Spitzbergen verlagert, von wo aus eine kurze Okklusion nach Norden führte, und davon ausgehend eine Warmfront weiter nach Norden bis nördlich von Spitzbergen und eine Kaltfront bis nach Nordnorwegen reichten. Die letztgenannte Front ging weiter südlich in eine Okklusion über, die über die nördliche Ostsee verlief und Anschluss an einen Tiefdruckkomplex über den Baltischen Statten hatte. Zwischen der Warmfront und der Kaltfront lag Spitzbergen im Bereich des Warmluftsektors des Tiefdruckgebietes YANNICK, was der in der Arktis gelegenen Inselgruppe eine Tageshöchsttemperatur von 10°C bescherte. Die an die Kaltfront südlich anschließende Okklusion brachte beispielsweise in der schwedischen Stadt Haparanda, am nördlichen Ende des Bottnischen Meerbusens, Regen mit sich. Auf der Rückseite des Tiefs YANNICK traten anfangs in der labilen Kaltluft an der norwegischen Küste, wie auch in Trondheim, Schauer auf. Am 24. August gab es kaum eine Positionsänderung des Tiefdruckzentrums, jedoch verlagerte sich die teils als Okklusionsfront, teils als Kaltfront analysierte Luftmassengrenze über Fennoskandien weiter nach Osten.

Am 25. August war das Tiefdruckgebiet YANNICK mit einer ähnlichen Position des Kerns und einer wiederum etwas weiter nach Osten verlagerten Okklusionsfront zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen, bevor es keine wesentlichen Luftdruckunterschiede mehr zur Umgebung gab.

 


Lebensgeschichte geschrieben am 17.10.2011 von Heiko Wiese

Ausgewählte Berliner Wetterkarte: 22.08.2011

Pate: Stefan Preusler