Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet YANNICK
(getauft
am 26.02.2019)
Unterhalb
eines Troges kalter Luft im 500-hPa-Niveau, was einer Höhe von etwa 5,5
Kilometern entspricht, hatte bereits im Laufe des 25.02. über dem Nordatlantik
die Entwicklung eines Tiefdruckwirbels begonnen, der anhand der Analysekarte
vom 26.02.2019 auf den Namen YANNICK getauft wurde. Vom Zentrum des Wirbels,
der gegen 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, mit einem auf unter 980 hPa gefallenen
Kerndruck südwestlich von Island lag, erstreckte sich eine Okklusionsfront über
die Atlantikinsel hinweg nach Osten. Als Okklusionsfront wird dabei eine oft regenreiche
Mischfront verstanden, die aus dem Zusammenschluss einer Warmfront mit der ihr
nacheilenden Kaltfront entsteht und Eigenschaften beider in sich vereint. Die
Stelle, an der beide Fronten ineinander übergehen, wird als Okklusionspunkt
bezeichnet. Ein solcher lag unweit von Höfn über
Südostisland. Von dort erstreckte sich die Warmfront über das südliche Nordmeer
in Richtung Bergen und die Kaltfront über die Färöer hinweg bis nach
Westirland. Ab Westirland zwischenzeitlich den Charakter einer Warmfront
annehmend, reichte diese anschließend in einem weiten Bogen über den Atlantik
nach Südwesten. Hebungsprozesse hatten besonders im Kernbereich des Wirbels
sowie entlang seiner sich entwickelnden Okklusionsfront die Entwicklung eines
ausgeprägten Niederschlagsgebietes zur Folge, welches bereits im Laufe des
25.02. auf Island getroffen war. Innerhalb von 24 Stunden brachte der einsetzende,
teils schauerartig verstärkten Regen in Reykjavík 6,5 mm, auf der Inselgruppe
Vestmannaeyjar 13,7 mm und am Sender Gufuskálar 27,1 mm mit sich. Auch am 26.02.
hielten die Niederschläge mit ihren teils äußerst ergiebigen Regenmengen über
Island zunächst noch weiter an. Ehe sie sich über das Nordmeer hinweg nach
Norwegen verlagerten, wurden in den 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des 27.02. auf
der Inselgruppe Vestmannaeyjar nochmals 9,5 mm, in Reykjavík 12,0 mm und im Ort
Blönduós gar bis zu 30,5 mm gemessen. Nachdem sie über dem Nordmeer allgemein
leicht an Kraft verloren hatten, konnten die Niederschläge beim Auftreffen und
anschließenden Aufgleiten in kältere Luftschichten entlang der dortigen
Gebirgsketten über Nord- und Mittelnorwegen regional nochmals an Intensität
gewinnen. Waren über der Insel Jan Mayen binnen 12 Stunden 7,4 mm gefallen,
wurden am Flughafen von Tromsø im selben Zeitraum 10,0 mm, an der Station am
Wasserfall Laksforsen 25,4 mm und in der Gemeinde Sortland bis zu 33,0 mm
registriert. An einigen besonders exponierten Lagen waren die Niederschläge,
die in den nördlicheren Regionen wie beispielsweise in Tromsø auch mit Schnee
vermengt waren, von einem vorwiegend südwestlichen Wind begleitet, der in Böen
Orkanstärke erreichen konnte: An der Messstation der Insel Andøya registrierte
das Anemometer Windspitzen von 126,1 km/h und in der Kommune Sømna bis 154,9
km/h.
Gegen
00 Uhr UTC des 27.02. befand sich das Zentrum des Tiefs YANNICK mit einem um 5
hPa leicht angestiegenem Kerndruck vor der Küste Norwegens, mittig zwischen der
Nordmeerinsel Jan Mayen und der Stadt Tromsø. Die Warmfront des Tiefs war in
weiten Teilen von der ihr folgenden Kaltfront eingeholt worden. Die daraus
resultierende Okklusionsfront beschrieb vom Kern ausgehend einen Bogen über
Hammerfest (Norwegen), Oulu (Finnland) bis nach Åland, wo sie ihren
Okklusionspunkt hatte. Von Åland reichte die Warmfront anschließend in
südwestlicher Richtung über Stockholm bis nach Bornholm und die ihr folgende
Kaltfront über Göteborg nach Westen, ehe sie über der Nordsee in die Warmfront
eines westlich von Schottland über dem Atlantik liegenden unbenannten Wirbels
überging. Das Tief YANNICK verlagerte sich im Tagesverlauf über Norwegen hinweg
in den Nordwesten Russlands. Die dazugehörigen Niederschläge konzentrierten
sich im Wesentlichen auf den Kernbereich des Wirbels sowie die Region entlang
der Okklusionsfront und gingen über Finnland und den russischen Weiten
zunehmend in Schnee über. Bis 06 Uhr UTC brachte innerhalb von 24 Stunden
mitunter schauerartig verstärkten Schneefall im russischen Archangelsk 3,0 mm, in
Finnland in Sotkamo 4,5 mm und in Salla 7,5 mm. Dadurch wuchs in Salladie
bereits vorhandene, 63 Zentimeter mächtige, Schneedecke um weitere 5 cm an. Aus
Archangelsk wurde eine ähnlich hohe Schneedecke von 61 cm, und aus Sotkami 45 cm
gemeldet. Die größten Niederschlagsintensitäten konnten jedoch weiterhin im
Stau der norwegischen Gebirgsketten beobachtet werden. Hier fielen durch Regen-
oder Schneeschauer binnen 24 Stunden in Tromsø 8,4 mm, in Gartland 18,8 mm und
in Laksforsen 23,3 mm. Auch hielt der in Böen weiter Orkanstärke erreichende
Westwind zunächst noch an. Bevor er in der zweiten Tageshälfte auf der
Rückseite des nach Russland abziehenden Wirbels zunehmend auf Nord drehte und
an Stärke verlor wurden in den Vormittagsstunden am Leuchtturm von Nordøyan
orkanartige Böen bis 112,5 km/h, am Leuchtturm von Sklinna bis 122,5 km/h und
an der Station in der Kommune Sømna Spitzenböen bis 172,9 km/h gemessen. Auch
nach Abzug des Wirbels blieb der stürmische Wettercharakter in einigen Regionen
Nordskandinaviens erhalten. Mit Spitzengeschwindigkeiten zwischen 50 und 70
km/h wurden, je nach Region, stürmische Böen der Stärke 7 bis 8, vereinzelt sogar
schwere Sturmböen der Stärke 9 registriert. Über Deutschland hingegen
dominierte zunächst noch das Hochdruckgebiet FRAUKE das Wettergeschehen,
wodurch sich ein freundlicher und außergewöhnlich warmer Witterungsabschnitt
eingestellt hatte. Bevor die sich von Norden nähernde Kaltfront des Tiefs
YANNICK über Deutschland ausweitete, stiegen die Tageshöchstwerte bei viel
Sonnenschein auf für diese Jahreszeit ungewöhnlich warme 16°C in Schwerin,
jeweils 18°C in Regensburg und Bremen sowie auf 19°C in Mannheim. Mancherorts
wurde gar die 20°C-Marke überschritten: Aus Trier wurde ein Tagesmaximum von
20,3°C, aus Koblenz von 21,5°C und aus dem Raum Saarbrücken von bis zu 21,7°C
gemeldet.
Am
28.02. befand sich das Zentrum des Tiefs YANNICK gegen 00 Uhr UTC mit einem Druck
von weiterhin knapp 985 hPa nördlich des Onegasees nahe Petrosawodsk. Seine
zugehörige Okklusionsfront hatte sich weiter ausprägen können und erstreckte
sich vom Kern über Smolensk bis nach Gomel (Weißrussland). Dort spaltete sie
sich an ihrem Okklusionspunkt in eine nach Südwesten bis Uschgorod (Ukraine)
reichende Warmfront und in eine sich über Kaliningrad, Flensburg und Edinburgh
nach Nordwesten ziehende Kaltfront, welche vorübergehend über Lettland sowie
westlich von Großbritannien den Charakter einer Warmfront annahm. Eine weitere
Okklusionsfront zog sich vom Zentrum über Oulu bis zum Skandinavischen Gebirge.
Über
Deutschland drehte die Strömung an der Südwestflanke des Wirbels im
Zusammenspiel mit dem auf Mitteleuropa an Einfluss verlierenden Hochs FRAUKE
ebenfalls auf Nord. Die einströmende polare Kaltluft führte hinter der nach
Süden voranschreitenden Kaltfront zunächst in den nördlichen Landesteilen zu
einer deutlichen Abkühlung. Während in der Nordhälfte dichte Wolken den Himmel
trübten, begann in der Mitte und im Süden Deutschlands der Tag zunächst
freundlich, ehe auch dort die sich nahende Kaltfront mit ihren Wolkenfeldern
ankündigte. Regen führte diese jedoch kaum mit sich, zumeist fiel unter einem
Millimeter in 24 Stunden oder nur vereinzelte Tropfen, oft blieb es auch
gänzlich niederschlagsfrei. Lediglich im Bereich eines unbenannten, kurzlebigen
Tiefs, das sich im Tagesverlauf unterhalb eines Troges kalter Luft über
Großbritannien bildete und in Richtung der Niederlande zog, wurden mit einer
westlichen Strömung feuchte Luftmassen in den Südwesten Deutschlands geführt,
die zwischen 3,0 mm in Mannheim und 6,4 mm in Stötten brachten. In Freudenstadt
waren durch anhaltenden, leichten bis mäßigen Regen bis zu 11,3 mm gefallen.
Über Teilen Finnlands und dem Westen Russlands fielen im Kernbereich des sich
Richtung Moskau verlagernden Tiefs YANNICK die Niederschläge hingegen weiterhin
als Schnee, auch wenn diese zunehmend an Intensität verloren. Aus Moskau wurde
bei Tageshöchstwerten von 3,5°C leichter Schneefall berichtet, mit einer
Wassermenge von 1,4 mm, die auf eine bereits vorhandene Schneedecke von 26
Zentimeter fielen. Ebenfalls leichter Schneefall führte in St. Petersburg 2,3
mm und, anfangs auch schauerartig verstärkt, in Smolensk 5,0 mm mit sich, bei
Höchsttemperaturen, die den Gefrierpunkt lediglich um knapp 2°C überschritten.
Auch hier hielt sich eine Schneedecke von 21 beziehungsweise 23 Zentimetern.
Um
00 Uhr UTC des 01.03. lag der Kern des Tiefdruckwirbels YANNICK, dessen Druck
unverändert 985 hPa betrug, direkt über dem Großraum Moskaus. Von seinem
Zentrum reichte zu jenem Zeitpunkt eine Okklusionsfront in südlicher Richtung
über Smolensk bis zu ihrem Okklusionspunkt nahe Donezk im Osten der Ukraine.
Von Donezk erstreckte sich die Warmfront über das Schwarze Meer und Istanbul in
Richtung Athen und die nachfolgende Kaltfront in einem Bogen über Chişinău (Moldawien)
sowie Brno (Tschechien) nach Berlin und verband sich im weiteren Verlauf
südlich von Hamburg mit der Warmfront des am Vortag unterhalb eines Höhentroges
entstandenen, unbenannten Tiefs mit Kern bei Amsterdam. Über Westrussland sowie
über Teilen der Ukraine und Weißrusslands hielt trotz allgemeiner Abschwächung
der leichte Schneefall weiter an. Dieser führte in Kiew eine Niederschlagsmenge
von 0,3 mm, in Smolensk 0,6 mm und in Minsk 0,8 mm mit sich, in Moskau waren im
selben Zeitraum 2,7 mm gefallen. An der Südflanke des Wirbels wurden zugleich
feuchte Luftmassen aus dem Schwarzmeerraum sowohl an die westlichen Ausläufer
des Kaukasus, in den Süden Russlands sowie im weiteren Verlauf entlang der
Wolga in Richtung des Südurals geführt, wodurch in jenen Regionen die
Niederschläge vorübergehend nochmals an Intensität gewinnen konnten. Durch
schauerartig verstärkten Regen fielen in Perm im selben Zeitraum 4,0 mm, in Saratow
5,0 mm und in Samara wie auch in Kursk je 10,0 mm. Besonders intensiv waren die
Regenfälle, die je nach Höhenlage in Schnee übergingen, im westlichen Kaukasus;
so waren binnen 24 Stunden im Bergdorf Krasnaja Poljana 35,0 mm und, von
Gewittern begleitet, in der Küstenstadt Tuapse 42,5 mm gefallen. Über
Deutschland schritt die Kaltfront weiter voran, sodass auch im Süden und
Südosten nur noch vereinzelt in klimatisch begünstigen Regionen die 10°C Marke
überschritten wurde. Während die Temperaturen in der Nordhälfte des Landes
zumeist zwischen 4°C und 6°C lagen wurden in der Innenstadt von München 7,5°C,
in Koblenz 9,4°C und in Regensburg noch 10,9°C gemessen. Gleichzeitig wurde
besonders für Bayern und Baden-Württemberg der von Amsterdam nach Süden
ziehende, sich jedoch rasch auflösende unbenannte Kurzwellentrog mit teils
ergiebigen Niederschlägen wetterbestimmend. Durch anhaltenden und zeitweise
schauerartig verstärkten Regen waren in den 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des nächsten
Morgens bei Stuttgart 10,5 mm, in Stötten 14,7 mm und in Freudenstadt 20,8 mm
gefallen, aus Oberstdorf-Rohrmoos wurden sogar bis zu 34,8 mm berichtet.
Zum
02.03. zog das sich zunehmend abschwächende Tiefdruckgebiet YANNICK von Moskau
in Richtung der Wolga und verlor seinen Einfluss auf Deutschland. Mit einem auf
knapp 990 hPa angestiegenen Druck lag sein Kern gegen 00 Uhr UTC unweit von
Samara. Südlich des Kerns reichte sowohl eine Okklusionsfront nach Südosten
Richtung Kasachstan, die sich im weiteren Verlauf mit dem Frontensystem eines
Tiefs östlich von Rumänien verband, als auch eine weitere, nur geringfügig
wetteraktive Okklusionsfront in südwestlicher Richtung nach Charkiw
(Ukraine). Die einst regenreichen Luftmassen die zuvor aus der
Schwarzmeerregion entlang der Wolga nach Norden geführt worden waren
verstärkten vorübergehend die sich auf die Kernregion des Wirbels
konzentrierenden Schneefälle. Mit dem dadurch zwischenzeitlich nochmals leicht
an Intensität gewinnenden Tief YANNICK verlagerten sich die Schneefälle über
die südlichen und zentralen Gebirgsausläufer des Urals hinaus nach Osten.
Innerhalb von 24 Stunden fielen dabei in Samara 5,6 mm, bei Perm 8,0 mm und in
Sarapul bis zu 12,0 mm. Entlang der östlichen Schwarzmeerküste hatten die
Regenfälle mit Abzug des Wirbels nachgelassen, jedoch wurde im weiteren
Tagesverlauf das von Rumänien über das Schwarze Meer nach Georgien ziehende
Tief für die Region wetterbestimmend, was erneute Regen- und Schneeschauer in
die Region brachte. Beispielsweise wurden während dieses Tages an der Station
in Krasnaja Poljana 19,0 mm, im georgischen Batumi
28,0 mm und im türkischen Hopa 34,0 mm gemessen.
Im
Laufe des 02.03. verlagerte sich der Tiefdruckwirbel YANNICK unter
voranschreitender Abschwächung weiter nach Sibirien und verließ somit zunehmend
den von der Berliner Wetterkarte erfassten Analysezeitraum. Um 00 Uhr UTC des
03.03. befand sich das Zentrum des Wirbels südlich von Tjumen und wurde auf
seiner nunmehr östlichen Zugbahn im weiteren Tagesverlauf in die Zirkulation
eines von Ostkasachstan nach Norden ziehenden Wirbels aufgenommen, sodass das Tief
YANNICK nachfolgend nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiger
Tiefdruckwirbel erfasst und somit auch nicht mehr auf jener namentlich
verzeichnet werden konnte.