Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet YAP

 (getauft am 02.07.2021)

 

Bereits am 24. Juni befand sich über dem Atlantik im Bereich der Azoren ein Gebiet tiefen Luftdrucks, welches sich für einige Tage fast stationär, teils aufgeteilt in mehrere Kerne, dort aufhielt. Die Kerndrücke lagen dabei im Bereich zwischen 1010 und 1020 hPa. Um den Tiefdruckbereich herum hatten sich zu dieser Zeit schon mehrere, teils okkludierte Fronten, also Mischfronten, gebildet, die über den Azoren wetterwirksam gewesen waren. Erst als der Einfluss des Hochs BEATE über dem europäischen Festland ab dem 02. Juli schwand, konnte sich das Tiefdruckgebiet zonal in östliche Richtung verlagern, woraufhin es von der Berliner Wetterkarte am 02.07.2021 in der Analyse auf den Namen YAP getauft wurde. In den folgenden Tagen bewegte sich die Zyklone langsam über die Britischen Inseln, über welchen sie sich zwischenzeitlich in zwei Kerne (YAP I und YAP II) aufteilte. Während YAP II nur kurzzeitig auf der Ostsee existierte und sich dort am 06. Juli bereits nach wenigen Stunden wieder auflöste, verlagerte sich YAP I auf einer nordöstlicheren Zugbahn entlang der norwegischen Küste, bevor es bei Spitzbergen am 07. Juli ebenfalls von den Wetterkarten verschwand.

 

Erstmals namentlich tauchte das Tiefdruckgebiet YAP am 02. Juli um 01 Uhr MEZ in den Wetterkarten auf. Der Kern der Zyklone wies einen Druck von knapp 1000 hPa auf und lag zu diesem Zeitpunkt relativ zentral über dem Atlantischen Ozean, gut 1000 Kilometer nördlich der Azoren. Um die Zyklone herum hatte sich eine bogenförmig verlaufende Kaltfront gebildet, die in der Nähe des Tiefdruckkerns bereits mit der Warmfront okkludiert war. Da die Front ausschließlich über dem offenen Meer verlief, konnten die damit einhergehenden Wettererscheinungen kaum stationär erfasst werden. Mit der Verlagerung der Zyklone nach Osten drehte die südwestliche Strömung auf den Azoren zum 02. Juli auf Nordwest, wodurch kältere Luftmassen herangeführt wurden. Durch das dort vorherrschende maritim geprägte Klima sanken die Temperaturen allerdings nur geringfügig. So konnte am 28. Juni im Warmsektor, also dem Bereich warmer Luftmassen hinter der Warm- und vor der Kaltfront, in Hortas auf den Azoren noch eine Tageshöchsttemperatur von 28°C erfasst werden, am 02. Juli waren es dann „nur noch“ 24°C. Niederschläge fielen im Zusammenhang mit den Fronten des Tiefs YAP keine über Land.

 

Auch am 03. Juli blieb der minimale Druck bei ca. 1000 hPa konstant. Zudem hatte sich ein weiterer Kern südlich der Südspitze von Grönland gebildet, der mit dem sich weiterhin nördlich der Azoren befindenden Kern einen „erdnussförmigen“ von West nach Ost reichenden Tiefdruckkomplex auf der Bodendruckkarte bildete. Entlang der beiden Kerne verlief eine langgezogene Okklusion von der Südspitze Grönlands bis zur Südspitze Irlands, von dort aus machte sie einen Knick nach Süden und verlief als Kaltfront weiter über die Normandie und Portugal wieder auf den Atlantik hinaus. Mit dem Eintreffen der Okklusion am frühen Morgen des 03. Juli auf Land, wurden dort auch Niederschläge registriert. Die Niederschlagssummen fielen aber überall gering aus. So wurden in Cork auf Irland über einen Zeitraum von 12 Stunden 6 mm erfasst, in Lorient in der Normandie waren es 3 mm und auch an der Nordküste Spaniens waren es mit rund 7 mm in Santander eher kleinere Summen. Einzig im Nordwesten Spaniens fielen etwas höhere Mengen, so zum Beispiel in Boiro mit 13 mm. Auch wenn nur geringe Mengen an Niederschlag fielen, ging mit der Okklusion eine dichte Bewölkung einher, die in den genannten Regionen an diesem Tag kaum Sonnenschein zuließ. Bei dem gradientschwachen Druckfeld (also ohne große Druckdifferenzen) traten auch keine signifikanten Winde auf, nur an den Küsten wurden die dort üblichen starken Böen gemessen, wie beispielsweise am Fastnet Leuchtturm an der Südspitze Irlands mit 59 km/h. Die Okklusion überquerte im Tagesverlauf Irland und verlief am späten Abend über Schottland, Belgien und den Niederlanden nach Frankreich, wo sie nur noch sehr schwach ausgeprägt gewesen war. Sie sorgte in weiten Teilen Großbritanniens für leichte bis mäßig starke Niederschläge. Im Tagesverlauf fielen in Edinburgh 5 mm Regen, in Liverpool 8 mm, in Shobdon südwestlich von Birmingham 13 mm und in Bristol 4 mm. Neben den Regenfällen traten in Wales und England am Abend und in der Nacht zum 04. Juli vereinzelte Gewitter auf. Auch in Belgien und den Niederlanden gab es im Tagesverlauf leichte bis mäßige Niederschläge zu verzeichnen. So fielen in Brüssel 10 mm, in Antwerpen 4 mm und in Ernage, südlich von Brüssel bei gewittrigen Schauern sogar 24 mm binnen 12 Stunden. Schauer und Gewitter erreichten am Abend auch die südlichen Niederlande und das Ruhrgebiet. Am niederländischen Flughafen Maastricht fielen 6 mm, in Bonn 7 mm und in Eueskirchen 14 mm. In der feuchten Luft trat in der Nacht insbesondere in den Küstenregionen an der Nordsee und entlang des Ärmelkanals Nebel oder feuchter Dunst mit geringen Sichtweiten auf.

Auch am folgenden Tag verweilte Tief YAP mit einem Druck von rund 1000 hPa fast stationär leicht westlich der Britischen Inseln. In einer sehr undynamischen Wetterlage mit nur sehr schwachen Druckdifferenzen über Mitteleuropa setzte sich damit das unbeständige Wetter über den Britischen Inseln, Frankreich, Niederlande, Belgien und Westdeutschland fort. Der Einfluss des schwächer werdenden Hochs BEATE über Österreich schwand zunehmend. In der feuchten Luft kam es im Einflussbereich des Tiefdruckgebiets YAP immer wieder zu Schauern und Gewitter ohne dabei aber in dem gradientschwachen Druckfeld klar strukturierte Fronten zu bilden. Aufgrund der schwachen Strömung bewegten sich die Schauer und Gewitter nur langsam vorwärts, was insbesondere über Westdeutschland und dem Mittelgebirgsraum regional zu unwetterartigen Niederschlagsmengen führte. Die täglichen Niederschlagsmengen in Deutschland fielen dabei sehr unterschiedlich aus, von nur einigen Millimetern bis zu Summen von über 50 mm oder sogar mehr, war alles vertreten. Geringe Mengen fielen in Münster mit 6 mm, Kaiserslautern mit 5 mm oder Frankfurt am Main mit 4 mm. Die großen regionalen Unterschiede werden dadurch verdeutlicht, dass in Offenbach, nur rund 10 km von Frankfurt entfernt, mit 61 mm eine der größten Regenmengen erfasst worden ist. Ebenfalls unwetterartig erhöht war die Niederschlagssumme im hessischen Ort Neu-Ulrichstein mit 59 mm oder im westfälischen Ort Wesel-Flüren mit 55 mm. Die höchste Niederschlagssumme in 24 Stunden wurde mit 64 mm in Messel bei Darmstadt gemessen, in Darmstadt selber nur wenige Kilometer entfernt fiel mit 21 mm nicht einmal halb so viel. Bei genauerer Betrachtung der Niederschläge fällt auf, dass diese meist in Verbindung mit Gewittern über wenige Stunden gefallen sind. Zwar fielen die Niederschlagsmengen zum Teil unwetterartig aus, da sie aber im Gegensatz zu den verheerenden noch stärkeren Niederschlägen durch Tief BERND am 13. und 14. Juli auch nicht so flächendeckend auftraten, waren die Folgen deutlich harmloser. Allerdings trugen die Regenfälle zur Durchnässung des Bodens bei, sodass nachfolgende Niederschläge von diesem nicht mehr so gut aufgenommen werden konnte. Zu weiteren Niederschlägen kam es aber auch über den Britischen Inseln, Frankreich, sowie dem Alpenraum. In England fielen verbreitet zwischen 5 und 20 mm, 18 mm waren es in Glasgow, 9 mm in Manchester, 16 mm in Bristol und 4 mm in London. Auf dem Festland fielen 12 mm in Paris, 9 mm in Lyon, 20 mm in Antwerpen und 15 mm in der Stadt Luxemburg. Entsprechend der schwachen Strömung wurden im Allgemeinen keine starken Winde erfasst, nur in Gewitternähe wurden einige stärkere Böen gemessen, so z.B. eine stürmische Böe mit 76 km/h um 16 Uhr in Neu-Ulrichstein bei Marburg oder mit 85 km/h um 17 Uhr im pfälzischen Ort Weinbiet. Während es im Osten Deutschlands mit fast 30°C noch einmal sommerlich warm wurde, war es bei dichter Bewölkung und Niederschlägen in Westdeutschland mit 19 bis 23°C deutlich kühler. Ähnlich fielen die Temperaturen auch in England, den Niederlanden, Belgien und Frankreich aus.

 

In der Nacht zum 05. Juli lösten sich die Gewitterzellen auf und beendeten die starken Niederschläge. Unterdessen blieb das Zentrum der Zyklone YAP über Großbritannien nahezu an Ort und Stelle, während an ihrem südlichen Gradienten mit der atlantischen Frontalzone, also der Grenze zwischen polarer und tropischer Luftmasse, das neu entstandene Tief ZYPRIAN das Tief YAP unterwanderte und bis zum nächsten Abend Frankreich erreichte. Unterdessen zogen die Reste der Okklusion am 05. Juli über Nordwestdeutschland und Dänemark Richtung Norwegen. Die Niederschläge waren dabei aber deutlich geringer und lagen meist bei unter 10 mm. So konnten in Bremerhaven 6 mm, in Schwerin 5 mm und in Holbæk westlich von Kopenhagen 20 mm erfasst werden. Punktuell fielen wie im dänischen Ort Billund rund 100 km nördlich von Flensburg in Verbindung mit Gewittern mit 35 mm auch größere Summen. Gegen Abend erreichten die Schauer und Gewitter auch Norwegen und Schweden. Meist fielen die Niederschläge gering aus, nur punktuell insbesondere in Staulagen des norwegischen Gebirges traten höhere Summen auf. So fielen in Stavanger in Norwegen 18 mm und im schwedischen Göteborg 1 mm. In der Nacht zum 06. Juli zogen die Niederschläge weiter nach Norden und brachten Stockholm 12 mm Regen. Bei Temperaturen zwischen 15 und 20°C fiel der Niederschlag bis auf den Gipfeln der Berge in flüssiger Form. Außer mäßigen Böen an den Küstengebieten der Nordsee wurden keine nennenswerten Winde erfasst.

 

Während das Zentrum des Tiefs YAP am Morgen des 06. Julis immer noch mit einem minimalen Druck von rund 995 hPa über Nordirland lag, hatte sich über der Ostsee zwischen Schweden und Litauen ein schwach ausgeprägtes Teilzentrum namens YAP II, gebildet, welches aber bereits gegen Mittag wieder verschwunden war und somit für das Wettergeschehen nicht wirklich relevant gewesen ist. Das Zentrum nördlich von Irland, nun als YAP I bezeichnet, wurde unterdessen immer mehr vom nachfolgenden Tief ZYPRIAN „verschluckt“. Die Reste der Okklusion lösten sich gegen Mittag auf der Höhe von Stockholm auf, vereinzelt fielen noch bis zum Abend in Norwegen und Schweden geringe Niederschläge. So vermeldete das schwedische Torpshammer bis zum Abend 7 mm, Trondheim 1 mm und im finnischen Ort Pori wurden 7 mm verzeichnet. Starke Winde wurden nicht beobachtet. Mit der Okklusion wurden die zuvor außergewöhnlich heißen Temperaturen von bis zu 34°C über Nord-Norwegen, Schweden und Finnland Richtung Osten verdrängt. In der üblicherweise kühlen Region rund um die nördlich gelegene russische Hafenstadt Murmansk an der Barentssee wurden mit 32°C am 05. Juli noch rekordverdächtige Werte erreicht.

In der Nacht zum 07. Juli ging das Tief YAP in der nachfolgenden Zyklone ZYPRIAN auf und tauchte nach seiner letzten Nennung am 07. Juli um 01 MEZ nicht mehr in den Karten der Berliner Wetterkarte auf. Ein schwaches Überbleibsel lag am Tag noch nördlich des Nordkaps bei Norwegen, war aber für das Wettergeschehen über Europa nicht mehr von Bedeutung.

 

Insgesamt war die Zyklone YAP mit einer Lebensdauer von 6 Tagen ein vom Druckfeld her schwach ausgeprägtes Tief mit einer für Tiefdruckgebiete durchschnittlichen Lebensspanne. Trotz der schwachen Druckgradienten konnte Tief YAP durch seine langsame Zugbahn am 04. Juli durch unwetterartige Niederschläge in Form von Schauern und Gewittern insbesondere über Westdeutschland auf sich aufmerksam machen. Damit war das Tief in einer von Tiefdruckgebieten geprägten Großwetterlage in gewisser Weise ein Vorbote der verheerenden Niederschläge vom Tief BERND in der darauffolgenden Woche.