Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
YAP
(getauft
am 06.08.2019)
In der Nacht
zum 06.08.2019 entwickelte sich über dem Nordatlantik eine ostwärts ziehende
Tiefdruckwelle, welche am Morgen von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte
auf den Namen YAP getauft wurde. Das Tief YAP verlagerte sich in den
darauffolgenden Stunden weiter in Richtung des europäischen Kontinents und
begann dabei zu okkludieren, es bildete sich also eine Okklusionsfront aus. In
der Meteorologie bezeichnet eine Okklusion oder Okklusionsfront eine Mischfront
aus Kalt- und Warmfront, die entsteht, wenn die nachfolgende und schneller
ziehende Kaltfront die vorhergehende Warmfront einholt. Der Punkt, an dem die
Kalt- und Warmfront zusammenlaufen, heißt Okklusionspunkt. Zum Abend erreichten
die Fronten des Tiefs YAP mit leichtem Regen die Azoren.
Um 01 Uhr
Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) des 07.08. befand sich das Zentrum des
Tiefdruckgebiets YAP mit einem auf unter 1000 hPa gesunkenen Luftdruck nördlich
der Inselkette. Von dort aus reichte die Okklusion um das Tiefzentrum herum
nach Osten und teilte sich dort in die über die Azoren hinwegziehende Warm- und
Kaltfront auf. In der zweiten Nachthälfte verstärkte sich der Tiefdruckwirbel
rasch weiter, um den Tiefdruckkern bildete sich dabei auch ein Starkwindfeld
mit Sturmböen aus. Im weiteren Verlauf des Tages zog das Tief nach Osten
weiter, wobei seine Kaltfront auf den Azoren für leichte Regenschauer sorgte. Ansonsten
bewegte sich das Tief aber über dem offenen Ozean abseits aufzeichnender Wetterstationen.
Zum
Tagesanbruch des 08.08. hatte sich das Tief YAP nochmals deutlich verstärkt,
der Luftdruck im Zentrum war nun auf unter 985 hPa gefallen. An der Okklusion,
welche im Uhrzeigersinn um das Tiefzentrum und dann einige hundert Kilometer nach
Südosten verlief, traten kräftige Schauer und Gewitter auf, an der weiter nach
Südosten in Richtung Portugal verlaufenden Warmfront und der auf den Atlantik
reichenden Kaltfront traten hingegen nur schwache Niederschläge auf. In der
Nacht und tags zuvor hatten die Fronten summiert über 24 Stunden für 8,0 mm
Niederschlag auf der Azoreninsel Graciosa gesorgt. Am
Morgen erreichten die Niederschläge der Warmfront dann die Westküste Portugals.
Mit der Warmfront strömte zudem maritime Tropikluft in den Westen Europas,
während auf der Rückseite des Tiefs mit der Kaltfront maritime Polarluft nach
Süden geführt wurde. In Spanien wurden in der tropischen Luftmasse an diesem
Tag Höchsttemperaturen von flächendeckend über 35°C gemessen, lokal sogar über
40°C. Am Abend erreichten erste Sturmböen den Nordwesten der iberischen
Halbinsel sowie den Süden Großbritanniens und Irlands, wo es ebenfalls zu
regnen begann. Über der Biskaya traten auch einzelne Gewitter auf. Am
spanischen Kap Vilán wurden bis zu 86,5 km/h gemessen,
im Süden Großbritanniens verbreitet in Böen um 70 km/h.
Das
Tiefdruckgebiet YAP zog unterdessen in Richtung Irland weiter und befand sich
mit seinem Zentrum um 01 Uhr MEZ des 09.08. knapp südwestlich davon. Die
Okklusion verlief vom Zentrum in Richtung Süden, wo sie sich in die über den
Norden Frankreichs ziehende Warmfront und die den Westen der iberischen
Halbinsel erreichende Kaltfront aufspaltete. Mit der Okklusion zogen auch die
ersten Gewitter über den Süden Irlands hinweg, welche lokal für sehr hohe
Niederschlagsmengen sorgten. Doch auch über den restlichen Landesteilen, über
Großbritannien und über dem Norden Frankreichs regnete es kräftig. So wurden
bis 07 Uhr MEZ innerhalb von 12 Stunden am Roches
Point in Irland 44,0 mm Niederschlag gemessen, am Flughafen von Cork 37,0 mm
und in Quimper im Nordwesten Frankreichs 22,0 mm. Doch auch in Porto und in
Santiago de Compostela fielen in der Nacht um 20 mm Regen. Der Tiefdruckwirbel
YAP zog im Verlauf des 09.08. mit Sturmböen und viel Regen über Irland hinweg,
am Nachmittag entwickelten sich besonders über Frankreich an der Kaltfront auch
starke Gewitter, die besonders im Großraum Paris und im Nordosten Frankreichs
unwetterartig ausfielen. In Vatry traten dabei
schwere Sturmböen mit Geschwindigkeiten bis 102 km/h auf. Zuvor wurden hier
nochmal Temperaturen bis knapp 40°C gemessen, wie in der Ortschaft Vichy mit
39,5°C. Auch im Südwesten Deutschlands erreichte die Temperatur Werte von knapp
35°C. Mit Durchzug der Kaltfront sank die Temperatur jedoch innerhalb kurzer
Zeit um 10 bis 15 Kelvin. Am Abend verlagerten sich die Gewitter nach Belgien,
Luxemburg und in den Südwesten Deutschlands weiter. Über das luxemburgische Pétange zog um kurz nach 18 Uhr Ortszeit sogar ein Tornado
hinweg, die nahegelegene Wetterstation registrierte dabei Orkanböen bis 128
km/h, lokal dürften die Windgeschwindigkeiten noch deutlich höher gewesen sein.
Doch auch im Umfeld des Tiefzentrums wurden in der Bretagne Sturmböen von mehr
als 100 km/h gemessen. In der Nacht zogen die Gewitter über den Süden und die
Mitte Deutschlands hinweg und sorgten dabei für hohe Niederschlagsmengen. In
Öhringen in Baden-Württemberg traten mit 97 km/h auch nochmals schwere
Sturmböen auf.
Bis 01 Uhr
MEZ des 10.08. war der Kern des Tiefs YAP bis knapp westlich von Dublin
gezogen, wobei der Luftdruck mit etwa 984 hPa nahezu unverändert geblieben war.
Die Okklusion reichte vom Zentrum über die Nordsee bis nach Dänemark, von dort
verlief die Warmfront über den Osten Deutschlands und die Kaltfront über den Alpenraum
bis nach Frankreich. In der zweiten Nachthälfte regnete es vielerorts kräftig
weiter. Dementsprechend hoch fielen auch am nächsten Morgen die 24-stündigen
Niederschlagssummen aus, im französischen Macon wurden 51,5 mm gemessen, im
englischen Keswick 50,6 mm und in Andernach in der
Eifel 44,5 mm. In den Früh- und Vormittagsstunden hatten sich die stärksten
gewittrigen Niederschläge ins südliche Skandinavien verlagert und auch in
Süddeutschland regnete es noch längere Zeit ergiebig. Dort erreichten die
Tageshöchsttemperaturen auch nur wenig über 20°C. In Großbritannien traten mit
dem Überqueren des Tiefdruckkerns besonders über den südlichen Landesteilen
Sturmböen auf, dazu traten auch hier weiterhin starke Niederschläge besonders
über dem südlichen Schottland auf. Stärkere Böen wurden beispielsweise mit 94
km/h in Cranwell und mit 78 km/h in der Hafenstadt
Bournemouth gemessen. Zum Abend entstanden entlang des Tatragebirges
und über der Ostsee erneut einige kräftige Gewitter.
Unterdessen
war das Zentrum des Tiefs YAP mit einem wieder leicht auf ca. 992 hPa
gestiegenen Luftdruck über Großbritannien und die Nordsee hinweggezogen und
befand sich zum Tagesanbruch des 11.08. vor der norwegischen Küste. Die
Okklusion verlief vom Zentrum des Tiefs über den Süden Skandinaviens, die
Ostsee und das Baltikum in die Westukraine; von dort reichte die Warmfront bis
zum Schwarzen Meer und die Kaltfront in den südlichen Alpenraum. Auf der
Rückseite des Tiefs YAP hatte sich beim Übergang der polaren zur arktischen
Luftmasse eine zweite Kaltfront gebildet, die über Großbritannien südwärts zog.
In den darauffolgenden Stunden regnete es besonders im Süden Schwedens und
Norwegens länger, stürmische Böen traten aber nur noch im direkten Küstenumfeld
des Skagerraks und der norwegischen Atlantikküste auf. Bis zum Morgen hatten
sich diese Niederschläge auf 53,8 mm in 24 Stunden im norwegischen Bergen und
auf 25,4 mm im schwedischen Uppsala nördlich von Stockholm summiert. Doch auch
im englischen Spadeadam hatte es mit 68,8 mm ungewöhnlich
viel geregnet. Im Tagesverlauf des 11.08. zog das Zentrum des Tiefs YAP langsam
entlang der norwegischen Küste nordwärts, schwächte sich dabei jedoch deutlich
ab. Der Luftdruck im Zentrum war bis zum Abend auf über 997 hPa angestiegen.
Insgesamt sorgte das Tief YAP für einen kühlen, trüben und regnerischen Tag
über weiten Teilen Skandinaviens. Auf der Vorderseite des Tiefs entlang der
Okklusion entstanden hingegen in der wärmeren Luftmasse über dem Baltikum und
Weißrussland zahlreiche Schauer und Gewitter.
Bis 01 Uhr MEZ
des 12.08. war der Tiefdruckwirbel YAP bis auf Höhe der norwegischen Stadt
Trondheim gezogen und der Druck im Kern des Tiefs war auf knapp 1000 hPa weiter
angestiegen. Die Okklusion reichte über das Skandinavische Gebirge, die Ostsee,
Finnland und weite Teile Westrusslands und spaltete sich dort in die die Krim
überquerende Warmfront und die weiter nach Westen verlaufende Kaltfront. In der
zweiten Nachthälfte verlagerte sich das Tief YAP kaum, sodass die Fronten und
die Niederschlagsgebiete nahezu an den gleichen Orten verblieben. Besonders in
Lettland, Estland und dem Süden Finnlands kamen bis zu 20 mm Regen zusammen.
Das Tief zog auch im Verlauf des 12.08. kaum von der Stelle, die
Hauptniederschlagsgebiete konzentrierten sich daher weiterhin auf große Teile
Skandinaviens. Dies führte dort zu einem erneut sehr trüben und regnerischen
Tag. Auf den Gipfeln des Skandinavischen Gebirges sowie durch starke Schauer
über dem Westen Schwedens kamen sogar 20 bis 30 mm Niederschlag in nur 12 Stunden
zusammen.
In den
Frühstunden des 13.08. befand sich der Kern des Tiefs YAP nur knapp östlich von
Trondheim nahe der schwedisch-norwegischen Grenze, der Luftdruck war dabei
nahezu unverändert geblieben. Die eigentliche Okklusion hatte sich vom Zentrum
des Tiefs gelöst und verlief über den Norden Finnlands und den Westen
Russlands, die rückseitige Kaltfront war bis in den Bereich des Tiefdruckkerns
gezogen und erstreckte sich von dort ausgehend nach Süden über Deutschland bis
nach Nordfrankreich. An den Fronten regnete es jedoch nur schwach bis maximal
mäßig, die stärksten Niederschläge traten nach wie vor im Umfeld des Zentrums
des Tiefs YAP auf. In Sankt Peter-Ording wurden bis 07 Uhr MEZ binnen 24
Stunden 24,5 mm Niederschlag gemessen, in den norwegischen Orten Namsskogan und Gartland mit 32,2
mm bzw. 52,7 mm hingegen deutlich mehr. Das nun auch in seiner Ausdehnung
deutlich kleiner werdende Tiefdruckgebiet YAP zog am Vormittag des 13.08.
wieder leicht nach Westen in Richtung des Nordatlantiks und sorgte dabei vor
allem in den Regionen zwischen Trondheim und Oslo für länger anhaltende
Regenfälle. Dort fielen bis zum darauffolgenden Morgen 18,3 mm in Lillehammer
und 20,2 mm auf dem 1294 m hohen Mannen. Das Zentrum des Tiefs YAP befand sich
mittlerweile wieder vor der norwegischen Küste, von wo aus sich seine Kaltfront
bis in die Region um Oslo und seine Warmfront entlang der Küste bis zum Nordkap
erstreckte.
Auch am
14.08. bewegte sich das Tief YAP kaum von der Stelle, zog nur minimal nordwärts
und verlor immer mehr an Intensität. Die Hauptniederschläge, die noch im
Zusammenhang mit dem Tief auftraten, zogen über den Norden Norwegens und
Schwedens hinweg. Hier fielen meist Tagessummen um 10 bis 15 mm. Bis zum Morgen
war der Luftdruck im Kern des Tiefs nochmal stark auf nun knapp 1005 hPa
gestiegen, die verbliebenen, noch schwachen Fronten verliefen über den Norden
Skandinaviens. Das Tief YAP zog unter weiterer Abschwächung in Richtung der
Insel Jan Mayen nach Nordwesten und hatte sich zum 16.08.2019 komplett
aufgelöst.
Insgesamt
hatte das Tiefdruckgebiet YAP über die lange Zeitdauer von 10 Tagen das
europäische Wettergeschehen mitbestimmt. Dabei war es vom Atlantik kommend über
die britischen Inseln bis nach Skandinavien gezogen und hatte währenddessen für
viel Niederschlag, regional starke Gewitter und Sturmböen in West-, Mittel- und
Nordeuropa gesorgt.