Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet YAROSLAV
(getauft am 26.10.2019)

 

Am 26. Oktober entwickelte sich in den Morgenstunden über der Keltischen See ein Wellentief, ein kleinräumiges Luftdruckminimum auf Bodenniveau ohne eigenständige Zirkulation, das in der Analyse der Berliner Wetterkarte auf den Namen YAROSLAV getauft wurde. Es wurde duch einen Höhentrog, ein Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von etwa 5,5 km entspricht, angetrieben. Das Tief YAROSLAV entstand ca. 100 km südlich von Irland, wo die polare kalte Luftmasse die Warmfront des Tropischen Sturms PABLO traf. Es verstärkte sich im Laufe des Tages und brachte den Britischen Inseln niederschlagsreiches und windiges Wetter. Am internationalen Flughafen Heathrow in London sowie in Plymouth wurde bis 19 Uhr MEZ eine 6-stündige Niederschlagsmenge von 4,1 mm bzw. 10,2 mm registriert. Unter dem meist bedeckten Himmel war es verbreitet mild. In London und Bournemouth wurde eine Tageshöchsttemperatur von 16-17°C gemessen.

Bis zum Folgetag zog das Tief YAROSLAV unter Verstärkung nach Nordosten. Es lag um 01 Uhr MEZ mit seinem Zentrum über Südschweden, wodurch sich sein Einflussbereich vom Baltikum über Polen und Deutschland bis Frankreich erstreckte. Aus dem Kern, in dem der Bodendruck ca. 1000 hPa betrug, lief eine ca. 250 km lange Warmfront, die maritime Subtropikluft nach Polen und ins Baltikum brachte, nach Osten. Unter den dichten Wolken, aus denen nur vereinzelt ein paar Tropfen fielen, stieg die Temperatur in Vilnius im Vergleich zum Vortag um 1,8 K auf 16°C. Entlang der Zugbahn des Tiefkerns wurden kräftigere Niederschläge beobachtet. In Tallinn fielen 12-stündig 22 mm Regen, wobei dort durch den abkühlenden Effekt des Niederschlages nur ein Unterschied von 0,2 K zwischen Tagestiefst- und Höchsttemperatur registriert werden konnte.  Aus dem Zentrum des Tiefs YAROSLAV verlief von Dänemark über Deutschland bis zur Biskaya eine Kaltfront, hinter der maritime Subpolarluft nach Nordwesteuropa strömte. So fiel die Temperatur am 27. Oktober bis 07 Uhr MEZ in Amsterdam und Rotterdam um 5 und 6 K verglichen mit dem Vortag auf 9°C. Deutschland und Polen befanden sich im Wamsektor zwischen der Warmfront und der Kaltfront des Tiefdruckgebietes YAROSLAV. In diesem Bereich blieb es in der Nacht ungewöhnlich mild, so lag der Tiefstwert in Genthin bei 15°C und in Berlin bei 13 bis 14°C. Vor allem in Süddeutschland konnte tagsüber verbreitet die 20°C-Marke überschritten werden. In München wurden 22°C, in Freiburg 21°C und in Rosenheim sogar 23°C gemessen. Mit der Verlagerung der Kaltfront kam es verbreitet zu einem starken Temperatursturz. So wurden um 10 Uhr MEZ in Dresden noch 20°C gemessen, vier Stunden später dagegen nur noch 10°C. Vor allem in Hessen und Thüringen fielen entlang der Kaltfront 12-stündig gebietsweise 10 bis 15 mm Regen.

Zum 28. Oktober verlagerte sich das Tiefdruckgebiet YAROSLAV weiter nordostwärts. Sein Einflussbereich wurde durch das Tief WILHELM über Südschweden und das Hochdruckgebiet MAJLA über Rumänien beschränkt. Es lag um 01 Uhr MEZ mit seinem Zentrum, in dem der Bodendruck im Laufe des Tages weiter sank und ca. 985 hPa betrug, über dem Westen Russlands, ca. 600 km östlich von St. Petersburg. Vom Kern des Tiefs YAROSLAV ging eine etwa 200 km lange Okklusionsfront aus. Bei einer Okklusion handelt es sich um eine Mischfront, die Kalt- und Warmfronteigenschaften aufweist. Bei diesem Prozess holt die schneller ziehende Kaltfront die Warmfront nach und nach ein, wodurch sich eine Mischfront, also eine Okklusion, bildet. Der Okklusionspunkt, an dem eine Warmfront und eine Kaltfront zusammentreffen, lag auf dem selben Breitenkreis wie St. Petersburg. Die vom Okklusionspunkt ausgehende Warmfront verlief über Russland bis zu dem östlichen Rand des Darstellungsbereichs der Berliner Wetterkarte, wodurch sich in Russland in der herangeführten südeuropäischen Subtropikluft verbreitet wolkenreiches und windiges Wetter einstellte. In St. Petersburg fielen sogar bis 07 Uhr MEZ innerhalb von 24 Stunden 18 mm Regen, während nachts die Temperatur auf -1°C sank und damit ein Frosttag registriert wurde. Ein Tag, an dem die Tagestiefsttemperatur unter 0°C liegt, wird in der Meteorologie als Frosttag bezeichnet. Die Kaltfront befand sich etwas westlich und verlief vom Okklusionspunkt über die Ukraine und die Alpen bis zu der Biskaya. In ihrem Einflussbereich ging die Temperatur in Deutschland im Vergleich zum Vortag deutlich zurück. In Chemnitz wurde am Vortag noch eine Tiefsttemperatur von 12,9°C registriert. Am 28. Oktober sank dort die Temperatur lediglich auf 2,4°C an. In Erfurt sank die Temperatur verglichen mit dem Vortag um 13 K, womit sogar auch ein Frosttag verzeichnet wurde. Tagsüber erwärmte sich die Luft auf 9,6°C und somit entstand einen Unterschied von 5,2 K im Vergleich zur gestrigen Höchsttemperatur.

Am 28. Oktober war der Wirbel YAROSLAV nach 3 Tagen Lebensdauer zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Zum nächsten Tag, dem 29. Oktober,  verließ die Zyklone mit westlicher Strömung den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte.