Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet YEKATERINA

(getauft am 10.05.2016)

 

In den Morgenstunden des 10.05.2016 entwickelte sich auf der Ostseite des großräumigen Tiefdruckkomplexes XANDREA ein Randtief, welches am Vormittag von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte in der Prognose für den Folgetag auf den Namen YEKATERINA getauft wurde. Dieses zog in den darauffolgenden Stunden über den Norden Frankreichs weiter nordwärts in Richtung Ärmelkanal. Dort befand sich das Zentrum des Tiefs in den Abendstunden, wobei der Luftdruck im Zentrum auf knapp 1004 hPa gesunken war. Zusätzlich bildete sich in der Nacht östlich des Tiefdruckkerns eine Konvergenz aus, entlang derer Schauer und einzelne Gewitter auftraten. Diese sorgten vor allem über dem Südwesten Englands sowie über dem äußersten Norden Frankreichs für teils hohe Niederschlagsmengen, sodass bis 07 Uhr MEZ des 11.05. innerhalb von 12 Stunden in Farnborough, einem Vorort von London, 27,0 mm gemessen wurden, in Dieppe in der französischen Normandie sogar 31,0 mm. In der Meteorologie versteht man unter einer Konvergenz das horizontale Zusammenfließen von Luft in Bodennähe, welches zu einem Aufsteigen der Luft und zur Wolken- und Niederschlagsbildung führt.

Im Laufe des 11.05. sank der Luftdruck über ganz Frankreich und dem westlichen Alpenraum, so dass sich mehrere Tiefdruckkerne innerhalb des Tiefdruckkomplexes YEKATERINA entstanden. Kräftiger Dauerregen der Okklusionsfront sorgte für einen sehr regnerischen Tag in Südengland, auch über dem Süden Frankreichs und dem Norden Italiens regnete es teils länger anhaltend und kräftig. Am Nachmittag konnten sich in der sehr feuchten Luft erneut viele Gewitter entwickeln, neben einzelnen Zellen im Süden und Westen Frankreichs sowie über dem Golf von Genua bildete sich über dem Norden Frankreichs entlang der Konvergenz eine kräftige Gewitterlinie aus, welche sich aufgrund der schwachen Höhenströmung nur wenig verlagerte und daher dort lokal für sehr hohe Niederschlagssummen in kürzester Zeit sorgte. So wurden in Saint-Quentin in 12-stündig bis 19 Uhr MEZ 40,0 mm registriert, davon allein 31,0 mm in 1 Stunde zwischen 16 und 17 Uhr. Dort wurden zudem Sturmböen bis 77,8 km/h gemessen. In Beauvais nur wenige Kilometer weiter südwestlich wurden in 12 Stunden 39,0 mm gemessen. Doch auch im Dauerregen wurden wie im südfranzösischen Millau mit 28,0 mm oder in Yeovilton in Südengland mit 29,0 mm hohe Regensummen erreicht. Das Tief YEKATERINA verstärkte sich zum Abend hin immer weiter, ein Gebiet tiefen Luftdrucks bildete sich zunehmend über dem westlichen Alpenraum aus, in diesem war der Druck bis unter 1000 hPa gefallen. Die Konvergenz weitete sich nun auch bis in den süddeutschen Raum aus, wo verstärkt Regenfälle einsetzten. Auch das Frontensystem verlagerte sich weiter westwärts, die Warmfront zog am Abend über Italien hinweg, die Kaltfront erreichte nur wenige Stunden später das italienische Festland. Die Okklusion verlagerte sich in der ersten Nachthälfte über den westlichen Alpenraum und sorgte auch hier für viel Niederschlag.

Um 01 Uhr MEZ des 12.05. wurde das Zentrum des Tiefs YEKATERINA über dem Südwesten Deutschlands lokalisiert, an der Station Konstanz wurde beispielsweise ein minimaler Luftdruck von 998,4 hPa gemessen. Die kräftigsten Niederschläge traten zu diesem Zeitpunkt jedoch über dem Alpenraum und Norditalien im Bereich der Okklusion auf. Bis 07 Uhr MEZ wurden im schweizerischen Thun 48,6 mm Niederschlag innerhalb von 12 Stunden gemessen, dort war in der Nacht ein starkes Gewitter über die Stadt hinweggezogen. Noch höher waren die Niederschlagssummen, welche an den Südalpen auftraten, in Stabio, der zweitsüdlichsten Stadt der Schweiz, wurden 74,0 mm registriert. Dort betrug die 24-stündige Niederschlagsmenge sogar unwetterartige 142,5 mm, doch auch in Lugano und in Mailand mit 70,6 bzw. 71,0 mm wurden sehr hohe 1-tages Summen gemessen. Die größte Niederschlagsmenge innerhalb von 24 Stunden in Deutschland wurde an diesem Morgen von der Station Lahr westlich des Schwarzwalds gemeldet. Das Tief YEKATERINA verlagerte sich immer mehr in den süddeutschen Raum, die Okklusion konnte sich wieder verstärken und schlug eine nördlichere Zugbahn über die Alpen ein. Die Warm- und Kaltfront zogen in den Vormittagsstunden ostwärts über die südliche Adria und das Ionische Meer hinweg, waren jedoch deutlich weniger wetterwirksam als die Okklusion, welche sich zur Mittagszeit des 12.05. vom Südosten Frankreichs über den Alpenraum bis nach Kroatien erstreckte. Dort konnten sich erneut neben kräftigem Dauerregen Schauer und Gewitter ausbilden, am Nachmittag entwickelten sich auch starke Gewitter über dem Südosten Bayerns, wo beispielsweise in Fürstenzell in 12 Stunden bis 19 Uhr MEZ 54,0 mm Niederschlag gemessen wurden. Über weiten Teilen der Schweiz wurden Mengen zwischen 20 bis knapp über 30 mm gemessen. Doch auch weiter östlich wie im ungarischen Siofok mit 42,0 mm und entlang der kroatischen Küste mit 24,0 mm in Sibenik oder 33,0 mm in Dubrovnik kamen hohe 12-stündige Summen zusammen. Das Tief YEKATERINA verstärkte sich unterdessen weiter, der Luftdruck im Zentrum sank weiter ab, zudem beeinflusste der Tiefdruckkomplex mittlerweile das Wettergeschehen über dem meisten Regionen Süd- und Mitteleuropas. Die Niederschlagsgebiete reichten in den Abendstunden von Griechenland und der Ägäis, bis wohin Warm- und Kaltfront weitergezogen waren, über Teile des Balkanraums, Norditalien, dem Alpenraum und Süddeutschland bis nach Frankreich und auf die Iberische Halbinsel.

Bis 01 Uhr MEZ des 13.05. war das Zentrum des Tiefs YEKATERINA bis über den Osten Österreichs weitergezogen, wobei der Luftdruck nun auf unter 995 hPa gesunken war. Die nun immer ausgeprägtere Okklusion erstreckte sich über mehr als 2000 km von der Bretagne über Süddeutschland und Österreich bis nach Rumänien, wo sie sich in die bis zur Türkei reichende Warmfront und die bis nach Nordafrika führende Kaltfront aufteilte. Im Bereich der Kaltfront entstanden in den Frühstunden dieses Tages auch einzelne Gewitter über Bulgarien und dem Süden Rumäniens. In den Alpen sank die Schneefallgrenze an diesem Morgen nochmals bis auf ca. 2000 m ab. Bis 07 Uhr MEZ wurde die größte Niederschlagsmenge mit 161,9 mm auf dem 2490 m hohen Säntis in der Schweiz gemessen, im österreichischen Wolfsegg wurden 74,0 mm registriert und im französischen Besancon 34,8 mm. Das Tief YEKATERINA zog am Vormittag des 13.05. langsam weiter ostwärts in Richtung Slowakei und Ungarn, die Okklusion hingegen verlagerte sich kaum und sorgte dadurch unter anderem für länger anhaltende Regenfälle über dem Süden Deutschlands. Ab den Mittagsstunden und zum frühen Nachmittag hin entwickelten sich über der Mitte Deutschlands auch zahlreiche kräftige Gewitter, welche bis zum Abend in Richtung Alpenrand weiter zogen. Diese nahmen besonders über dem südlichen Hessen und dem nördlichen Baden-Württemberg teils unwetterartige Ausmaße an, dort fielen binnen kürzester Zeit mehr als 20 mm Niederschlag. Doch auch entlang der Okklusion östlich des Tiefdruckzentrums entstanden über Rumänien am Nachmittag starke Gewitter. Zum Abend schwächte sich das Tiefdruckgebiet leicht ab und schlug zudem eine etwas nördlichere Zugrichtung ein.

Gegen 01 Uhr MEZ des 14.05. befand sich das Tief YEKATERINA mit einem leicht angestiegenen Kerndruck von ca. 995 hPa südöstlich von Warschau. Die Okklusionsfront mit südlicher Zugrichtung reichte einerseits vom Tiefzentrum über Polen, Tschechien und Süddeutschland bis zum Golf von Biskaya und vom Kern in umgekehrter Zugrichtung bis zum Schwarzen Meer. Dort nahm sie Kaltfrontcharakter an, welche dann weiter über die Türkei bis zur nordafrikanischen Küste reichte. Entlang dieser Frontensysteme kam es weiterhin zu stärkeren Niederschlägen, mit Schwerpunkt über dem nördlichen Alpenraum und der mittleren Ukraine. In diesen Regionen wurden auch bis 07 Uhr MEZ die höchsten Niederschlagssummen gemessen, so fielen im schweizerischen Gersau 81,1 mm Niederschlag, am Salzburger Flughafen wurden 63,9 mm registriert und in der ukrainischen Hauptstadt Kiew 30,6 mm. In Süddeutschland wurden in Chieming am Chiemsee 36,2 mm und in Augsburg 30,7 mm Niederschlag verzeichnet. Am Vormittag des 14.05. zog das Tief YEKATERINA weiter nach Osten über die westliche Ukraine. Dementsprechend schwächte sich der westliche Bereich des Tiefdruckgebiets deutlich ab. Gegen Mittag entwickelten sich erneut Schauer und Gewitter über der Ukraine und dem Osten Polens, sowie über Rumänien. Diese traten jedoch nur lokal stärker auf, wie beispielsweise in Zhytomyr in der Ukraine, wo bis zum Abend 35,0 mm Niederschlag gemessen wurden. Das Tief YEKATERINA verlagerte sich nur noch langsam in nordöstliche Richtung weiter und schwächte sich immer mehr ab.

Um 01 Uhr MEZ des 15.09. befand sich der Kern des Tiefs YEKATERINA über dem ukrainisch-russischen Grenzgebiet, der minimale Luftdruck war weiter auf knapp 998 hPa angestiegen. Auf der Westseite des Tiefs befand sich noch eine kurze Okklusion, auf der Ostseite hatte sich mit der nordwärts strömenden Subtropikluft eine neue Warmfront ausgebildet. Vom Tiefzentrum nach Süden reichte eine Kaltfront über das Schwarze Meer bis über die Ägäis. Am nördlichen Teil der Kaltfront entstanden in der zweiten Nachthälfte über dem Südosten der Ukraine und dem Süden Russlands auch zahlreiche Gewitter. Die höchsten 24-stündigen Regensummen wurden bis 07 Uhr MEZ in diesem Bereich und auch nahe des Zentrums des Tiefs YEKATERINA an der ukrainisch-russischen Grenze erfasst. Dort fielen zum Beispiel in Charkiw 30,4 mm und im russischen Bokovskaja 39,0 mm Niederschlag. In der warmen Luft hinter der Warmfront stiegen die Temperaturen im Süden Russlands an diesem Tag auch auf sommerliche Werte, so wurde in Georgievsk eine Höchsttemperatur von 28,5°C gemessen. Auch entwickelten sich abermals einige Schauer und Gewitter in diesen Regionen.

Das Tief YEKATERINA zog immer langsamer nordostwärts voran, bis 01 Uhr MEZ des 16.09. befand sich das Zentrum über dem Südosten Russlands. Der Luftdruck war weiter auf ca. 1002 hPa gestiegen. Das Frontensystem hatte sich ebenfalls deutlich abgeschwächt und war nur noch im direkten Umfeld des Tiefdruckzentrums aktiv. Dort regnete es auch noch länger anhaltend, so wie in der russischen Stadt Zerdevka, wo bis 07 Uhr MEZ innerhalb eines Tages 30,0 mm Niederschlag fielen oder in Cimjansk, wo 33,0 mm gemessen wurden. In den darauf folgenden Stunden schwächte sich das Tief YEKATERINA weiter ab und zog zudem nach Osten bis außerhalb des Analysebereichs der Berliner Wetterkarte.

Das Tiefdruckgebiet YEKATERINA beeinflusste insgesamt 1 Woche lang das Wettergeschehen, zuerst in West- und Mitteleuropa, später auch im Osten Europas und brachte dabei vor allem im Umfeld der Alpen verbreitet sehr hohe Regensummen.

 


Geschrieben am 21.09.2016 von Maximilian Steinbach

Wetterkarte: 13.05.2016

Pate: Carsten Raymund