Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet YOLANDA

(getauft am 14.05.2010)

 

Am 14. Mai 2010 entstand über dem Grenzgebiet von Algerien und Tunesien ein Tiefdruckgebiet, das auf den Namen YOLANDA getauft wurde. Es bildete sich in Folge eines in der Höhe ausgeprägten und schnell ziehenden, kleinräumigen Wirbels, eines sogenannten Kurzwellentroges, der über der Iberischen Halbinsel, dem westlichen Mittelmeer und Teilen Nordafrikas lag. In diesem Kurzwellentrog war deutlich kältere Luft als in der Umgebung vorhanden, die besonders zur heißen Luft über der nördlichen Sahara einen starken Kontrast bildete. Dort wurden vielerorts über 40°C, im libyschen Tripolis sogar 43,5°C gemessen.

Am nächsten Tag befand sich das Tiefdruckgebiet YOLANDA über dem zentralen Mittelmeer und Süditalien. Es hatte zwei Kerne, von denen einer über dem Tyrrhenischen Meer vor Neapel und einer südlich von Sizilien lag. In diesen beiden Zentren des Tiefdruckgebietes YOLANDA wurde jeweils ein Druck von unter 1000 hPa gemessen. Vom nördlichen Kern zog sich die Warmfront bis in die Ägäis, während die Kaltfront bis nach Libyen reichte. Die Okklusionsfront, eine Mischfront, die sowohl Warm-, als auch Kaltfronteigenschaften besitzt, reichte bis nach Norditalien. In Pisa kamen innerhalb von 24 Stunden 38 Liter Regen pro Quadratmeter zusammen.

Am 16. Mai war das Tiefdruckgebiet YOLANDA über Ungarn zu erkennen, mit einem Kerndruck von unter 995 hPa. In Nordafrika setzte gebietsweise eine deutliche Abkühlung ein, wie im ägyptischen Sallum Plateau, wo es nur noch 22°C im Vergleich zu 43°C am Vortag erreicht wurden. Gleichzeitig mit der Bewegung des Wirbels YOLANDA wurde die heiße Luft aus Nordafrika nach Norden mitgeführt und glitt auf die kühlere Luft über dem Osten Mitteleuropas. Dies führte zu starken Niederschlägen vor allem in Ungarn und Österreich, später auch in Polen, sodass es gebietsweise zu Überschwemmungen kam.

Am 17. Mai war das Zentrum des Wirbels weiterhin über dem Osten Mitteleuropas zu sehen. Das Tiefdruckgebiet YOLANDA hatte sich weiter eingedreht und brachte weiter ergiebige Niederschläge vor allem in Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Polen. Es wurden verbreitet Regenmengen über 40 Liter pro Quadratmeter gemeldet, im tschechischen Lisek sogar 56 Liter pro Quadratmeter. Ab 1000 Meter über dem Meeresspiegel gab es Schnee, wie an der Wetterstation Lomnický štít auf der Lomnitzer Spitze in der Slowakei, wo die Schneedecke von 134 auf 170 mm wuchs. Den Rekord der Niederschlagsmenge hielt aber, an offiziellen Wetterstationen, das schlesische Bielsko-Biała, wo in 24 Stunden über 160 Liter Regen fielen. Gerade im Gebirge kommt es zu besonders starken Niederschlägen, weil sich die feuchten Luftmassen dort fangen und die Wolken sich abregnen.

Die Wetterkarte vom 18. Mai zeigt das Tiefdruckgebiet YOLANDA mit kaum veränderter Position über den Karpaten. Auch in Ostdeutschland regnete es aus den von Polen nach Westen ziehenden Wolken, sodass zum Teil beachtliche Niederschlagsmengen zusammenkamen, wie in Angermünde, wo 42 Liter pro Quadratmeter registriert wurden. Die ursprünglich aus der Sahara herantransportierte Warmluft ließ die Temperatur in Laage bei Rostock auf 16°C steigen, während es in Thüringen nur 8°C waren.

Am 19. Mai nahm der Hochdruckeinfluss von Westen her zu und verhinderte eine weitere starke Positionsänderung des Tiefdruckgebietes YOLANDA, das am 20. Mai zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte über Polen zu erkennen war.


 

Geschrieben am 23.06.2010 von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 16. Mai 2010

Pate: M*SHI Jena