Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet YORSCH

(getauft am 29.10.2015)

 

Ende Oktober erstreckte sich ein fast bis zu den Kanarischen Inseln reichender Trog, das heißt ein Kaltluftvorstoß nach Süden betrachtet im sogenannten 500-hPa-Niveau, was ungefähr einer Höhe von 5,5 km entspricht, über den Atlantik. In diesem Trog war das über dem nördlichen Atlantik liegende Tiefdruckgebiet XANDRÉ eingebettet. Hinter dessen weit über den Atlantik bis über die Breite von Rabat reichende Kaltfront entstand ein Bodentief, welches sich am 30. Oktober bereits über dem mittleren Atlantik befand. Am Tag zuvor wurde die Zyklone in der Prognose für den Folgetag auf den Namen YORSCH getauft, da diese Einfluss auf das Wetter in Europa nehmen sollte. Der Kerndruck des Tiefs lag bei rund 995 hPa. Die Höhenokklusion, eine Front mit Eigenschaften einer Warm- und Kaltfront, erstreckte sich vom Zentrum des Wirbels nach Südwesten und ging schließlich in eine kurze nach Westen reichende Kaltfront über.

Der kräftigen Höhenströmung folgend, verlagerte sich die Zyklone YORSCH unter Aufspaltung in zwei Tiefdruckzentren nach Nordosten. Der südlichere Wirbel des Systems, YORSCH II, befand sich am Folgetag um 01 Uhr MEZ ca. 500 km vor der portugiesischen Küste über dem Atlantik. Dessen Kaltfront verlief in einem Bogen nach Südsüdwesten. Die Warmfront erstreckte sich nach Norden und verband sich mit der Kaltfront eines Tiefdruckkerns, der in das Frontensystem von Tief YORSCH I und dem Wirbel XANDRÉ vor der norwegischen Küste sowie einem Kern südwestlich von Island eingelagert war. Der Tiefdruckkern YORSCH I befand sich vor der Irischen Küste über dem Nordatlantik. Eine Okklusion verlief von dort nach Süden bis über die Breite von Lissabon. In Nordspanien und Portugal blieb es im Einflussbereich der Ausläufer von Tief YORSCH II wechselnd bis stärker bewölkt. La Coruna meldete immerhin 3 Sonnenscheinstunden, in Südspanien und den südlicheren Regionen Portugals, wie in Murcia oder am Flughafen Granada wurden bis zu 9 Stunden Sonnenschein registriert. Die portugiesische Stadt Montijo und Monte Real meldeten 7 Stunden. Die Niederschlagsaktivität war dennoch meist gering. Bis 19 Uhr MEZ fielen in Nordspanien und Portugal bis zu maximal 0,6 l/m² in 12 Stunden. Die Station Penhas Douradas registrierte bis zu 8 l/m². Im Süden Spaniens konnten bis zu 27°C, wie in Cordoba oder am Flughafen Almeria 24°C, aufgezeichnet werden, im Norden ging die Temperatur bis auf 16°C in Leon zurück.

Im weiteren Verlauf entfernten sich die beiden Tiefdruckzentren YORSCH I und II immer weiter voneinander. Während sich der Kern YORSCH II am 01.11. über dem westlichen Atlantik nordwestlich der Iberischen Halbinsel befand, verlagerte sich der Wirbel YORSCH I rasch weiter nach Nordosten und lag nun über dem Europäischen Nordmeer nordwestlich von Norwegen sowie östlich von Grönland. Beim schwächeren der beiden Zyklonen, YORSCH II, lag der Kerndruck bei rund 1015 hPa. Das Tief YORSCH I dagegen verstärkte sich auf unter 975 hPa. Sowohl am Boden, als auch in der Höhe war der Wirbel kräftig ausgebildet. Beide Tiefdruckkerne waren durch eine Luftmassengrenze miteinander verbunden. Vom Kern YORSCH I verlief eine Okklusion um den Kern bis zum Okklusionspunkt, der Ort, an dem sich die Front in eine Warm- und Kaltfront aufteilt, über Norwegen weit südöstlich der Stadt Trondheim. Von dort erstreckte sich die Warmfront der Zyklone YORSCH I über Schweden, der Ostsee bis über die Niederlande. Die Kaltfront erstreckte sich weiter über die Nordsee bis nach England, wo sich diese der Warmfront des Tiefs YORSCH II anschloss. Vom Zentrum des Tiefdruckgebietes YORSCH II erstreckte sich die Okklusionsfront nach Nordosten, die Kaltfront verlief weiter nach Südsüdwest bis über Portugal und ging dort in eine sich bis weit über den Atlantik erstreckende Warmfront über. Bis 19 Uhr MEZ summierten sich die Niederschläge vor allem über Südspanien und Portugal sowie Marokko auf beachtliche Höhen, wie an der Station Faro auf 100 l/m², in Sines/Montes Chaos auf 55 l/m² und im spanischen Ronda auf 26 l/m². Im Bereich der größten Niederschlagsaktivität konnten Spitzenböen der Stärke 9 und 10 auf der Beaufortskala gemessen werden. Weitaus geringer fielen die Niederschläge am Frontensystem des Wirbels YORSCH II aus. In England summierten sich die 24-stündigen Niederschläge bis 19 Uhr MEZ auf nur 0.2 bis 0.6 l/m². Nur an der schottischen Station Skye/Lusa konnten 2/m² registriert werden. Die Spitzenböe des Tages konnte dort der Windstärke 7 zugeordnet werden. Beim Durchzug der Ausläufer über Norwegen und Schweden wurden bis 19 Uhr MEZ bis zu 32 l/m² in Sortland, 24 l/m² in Skamdal oder 2 l/m² in Hammerfest gemessen. Beachtlich waren die schweren Sturmböen. Hjartasen meldete 202 km/h, Stora Sjofallet 151 km/h oder Hekkingen Fyr 158 km/h, jeweils der Windstärke 12 entsprechend.

Bis zum 02.11. hatte sich der Wirbel YORSCH II bis zur portugiesischen Küste verlagert. Der Kerndruck verstärkte sich nur leicht auf 1010 hPa. Die kurze Warm- und Kaltfront erstreckten sich nach Norden über die Biskaya sowie in einem Bogen über Spanien bis nach Marokko. Das Tief YORSCH I dagegen folgte der kräftigen Höhenströmung und lag bereits über dem Europäischen Nordmeer südlich von Spitzbergen. Der Kerndruck schwächte sich leicht auf 980 hPa ab. Von dort erstreckte sich eine Okklusion etwa mittig bis über die Region zwischen St. Petersburg und Perm, und spaltete sich in eine Kaltfront auf, welche sich bis zur polnischen Ostsee erstreckte. Die östlich der Kaltfront gelegene Warmfront verlief weiter nach Süden bis über den Raum Wolgograd. Dem Wirbel YORSCH I verlief eine Warmfront voraus, die sich von der russischen Nordküste etwa entlang des Uralgebirges erstreckte. Im weiteren Verlauf erstreckte sich die Niederschlagsaktivität der Zyklone YORSCH II bis an die Ostküste Spaniens. Die höchste 24-stündige Niederschlagssumme mit 63 l/m² bis 19 Uhr MEZ wurde aus Navacerrada gemeldet. In Lerida wurden 69 l/m², in Tortosa 55 l/m² und in Albacete 46 l/m² registriert. Auf der 1888 m hohen Station Navacerrada konnten auch Böen bis zu 100 km/h gemessen werden. Nach dem Durchzug der Kaltfront sanken die Temperaturen in ganz Spanien und Portugal. Während am Vortag in Porto/Pedras Rubras die Höchsttemperatur 24°C betrug, lag sie am 02.11. bei 18°C. In Soria kühlte sich die Temperatur um vier Grad auf 10°C ab. Im äußersten Nordnorwegen und Schweden ließ die Niederschlagsaktivität durch das Tief YORSCH I nach und die Ausläufer eines unbenannten Tiefs über dem Atlantik griffen über. Auf der Halbinsel Kola konnten noch bis zu 9 l/m² in 12 Stunden gemessen werden. In Russland wurde durch die weitere ostwärtige Verlagerung des Wirbels YORSCH I Arktikluft verdrängt. Während an der Staion Pechora am Vortag noch -5°C als Höchsttemperatur gemessen wurde, lag diese am 02.11. bei -2°C. Weiter östlich wurden allerdings noch bis zu -13°C, bzw. Tiefsttemperaturen bis zu -20°C aufgezeichnet.

Zum Folgetag verlagerte sich das Tiefdruckzentrum YORSCH II, zurückgehalten durch ein kräftiges blockierendes Hoch namens TOMOKA über Mitteleuropa, nur geringfügig nach Norden und befand sich bei unverändertem Kerndruck über dem Golf von Biscaya. Die Okklusion erstreckte sich vom Kern bis über die Pyrenäen. Die Warmfront verlief über das Mittelmeer bis über Tunesien, die kurze Kaltfront erstreckte sich entlang der Mittelmeerküste Spaniens bis zu einer Verwellung über der Straße von Gibraltar. Das Tiefdrucksystem YORSCH I schwächte auf etwa 990 hPa weiter ab. Von einem Tiefdruckkern östlich von Spitzbergen verband dieser sich mit dem Kern YORSCH I über der Küste Sibiriens nordöstlich der Stadt Archangelsk durch eine Okklusion. Die Wolkenfelder und Niederschläge des Wirbels YORSCH II hatten sich nun weiter nach Südfrankreich verlagert. Dabei wurden bis um 19 Uhr MEZ bis zu 39 l/m² in Hyeres gemessen. In Kap Cebet fielen 29 l/m², in Le Luc 22 l/m² sowie an der Station Aubenas/Vals-Lanas 24 l/m². Orkanartige Böen konnten nun auch in Südspanien aufgezeichnet werden. In Leucate wurde eine Spitzenböe von 124 km/h oder in Port Vendres/Cap Bear 111 km/h registriert, was der Windstärke 11 bzw. 12 entspricht. Im Einflussgebiet des Wirbels YORSCH II fielen nur geringe Niederschlagsmengen.

Der Tiefdruckwirbel YORSCH II zog unter Abschwächung weiter nach Norden und lag am 04.11. um 01 Uhr mit dem Kern südwestlich von England. Von dort führte eine Okklusionsfront im Bogen über Nordengland, die Nordsee bis über Frankreich. Der Wirbel YORSCH I veränderte seine Position nur geringfügig. Dessen Okklusion erstreckte sich quer über Russland nach Süden. Eine Warmfront verlief weiter nach Osten. Die Wetterwirksamkeit der Okklusion des Tiefs YORSCH II ließ weiter nach. Nur in Belgien und den Niederlanden fiel Niederschlag, der allerdings meist unter 1 l/m² ausfiel. Auch die Höchsttemperaturen lagen nun nach der Ostverlagerung des Hochs TOMOKA niedriger als am Vortag. Während in Maastrich-Beek am 03.11. die Höchstwerte bei 21°C lagen, erreichten diese am Folgetag nur noch 18°C.

Zum 05.11. löste sich der Wirbel YORSCH II über der Nordsee weitgehend auf. Auch das Tief YORSCH I wurde auf der Berliner Wetterkarte nicht weiter verzeichnet. Somit beeinflusste die Zyklone YORSCH, begünstigt durch die Aufspaltung in zwei Kerne, weite Teile Südeuropas, Nordeuropas und Russland.

 

 

 


Geschrieben am 12.11.2015 von Natja Bublitz

Berliner Wetterkarte: 01.11.2015

Pate: Yorsch Lauterbach