Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet YUKON

(getauft am 06.05.2019)

 

Am 05.05.2019 entwickelte sich über dem westlichen Nordatlantik eine rasch stärker werdende Tiefdruckwelle. Diese intensivierte sich in den Folgestunden zu einem eigenständigen Tiefdruckgebiet und wurde am Vormittag des 06.05. von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen YUKON getauft.

Zu diesem Zeitpunkt erreichten bereits die Frontausläufer des Tiefs YUKON mit Sturm und Regen die westlichen Azoreninseln. Bis zum Abend wurden auf der Insel Flores Böen bis 86,5 km/h, Stufe 9 auf der Beaufortskala, gemessen, zudem waren dort 30,0 mm Niederschlag innerhalb von 12 Stunden gefallen.

Zum Tagesbeginn des 07.05.2019 hatte sich der Tiefdruckwirbel YUKON weiter intensiviert und begonnen zu okkludieren, also im Bereich des Tiefzentrums eine Okklusionsfront gebildet. In der Meteorologie bezeichnet eine Okklusion oder Okklusionsfront eine Mischfront aus Kalt- und Warmfront, die entsteht, wenn die nachfolgende und schneller ziehende Kaltfront die vorhergehende Warmfront einholt. Der Punkt, an dem die Kalt- und Warmfront zusammenlaufen heißt dabei Okklusionspunkt. Um 01 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) war der Luftdruck im Kern des Tiefs auf unter 995 hPa gefallen. Seine Okklusion erstreckte sich vom Kern etwa 500 km nach Süden und teilte sich dort in die die Azoren überquerende Warmfront und die etwas weiter westlich auf den Atlantik verlaufende Kaltfront aus. Unterdessen verlagerte sich das Tief YUKON ostwärts weiter in Richtung des europäischen Festlands. Am Abend erreichten die ersten Ausläufer der Warmfront Portugal und den Nordwesten Spaniens. Dort begann es kräftig und länger anhaltend zu regnen und es stürmte stark. Am späteren Abend erreichten auch die Niederschlagsgebiete entlang der Okklusion Irland, den Südwesten Englands sowie nachfolgend auch die französische Atlantikküste.

Bis 01 Uhr MEZ des 08.05. hatte sich der Wirbel YUKON nochmals kräftig verstärkt und der Luftdruck im Zentrum war auf unter 980 hPa gesunken. Die Okklusion umschloss nun den Kern des Tiefs, führte zunächst im Uhrzeigersinn um diesen herum und dann südostwärts in Richtung Bretagne. Von dort aus zog sich die Warmfront weiter über den Westen und Süden Frankreichs hinweg bis zu den Balearen, die Kaltfront reichte über den Norden der Iberischen Halbinsel bis südlich der Azoren. In der zweiten Nachthälfte regnete es im Süden Großbritanniens und dem Westen Frankreichs kräftig. Die Niederschläge waren dabei durchsetzt von starken Regenschauern und vereinzelten Gewittern, was zu insgesamt hohen Niederschlagssummen führte. Um 07 Uhr MEZ wurden vom Flughafen Lorient Bretagne Sud 34,0 mm Niederschlag gemeldet, die binnen 24 Stunden gefallen waren, aus dem irischen Cork 23,0 mm. Doch auch in der englischen Hafenstadt Plymouth mit 15,2 mm und im nordspanischen Padrón mit 14,6 mm hatte das Tief YUKON für viel Regen gesorgt. Im Verlauf des Vormittags verlagerte sich das Frontensystem nach Osten weiter, wodurch sich die Niederschläge über ganz Frankreich und Großbritannien sowie bis zur Mitte Spaniens ausbreiten konnten. Auch der Süden und Westen Deutschlands wurde bis zu den Mittagsstunden erfasst. Südlich des Zentrums des Tiefs YUKON, welches sich nun über der Biskaya befand, bildete sich zudem ein Starkwindfeld aus, in dem auch Sturmböen auftraten. Rückseitig der Kaltfront strömte maritime Subpolarluft in den Westen Europas, in der sich zum Nachmittag über dem Süden Englands und über Frankreich starke Gewitter bildeten. In Rouen wurden mit Durchzug der Gewitter sogar Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten bis 90,1 km/h gemessen. Während sich die Niederschlagsgebiete am Abend auch weiter in den Alpenraum und den Osten Deutschlands ausbreiteten, erreichte das Zentrum des Tiefdruckwirbels die französische Küste und mit ihm das sich zuvor weiter intensivierte Starkwindfeld, in dem schwere Sturm- und auch Orkanböen auftraten. In der Hafenstadt Saint Nazaire wurden bis 104,5 km/h gemessen, an der Pointe des Baleines auf der Île de bis 126,0 km/h und auf der Belle-Île-en-Mer bis 140,5 km/h. Neben dem Tiefdruckzentrum über Frankreich bildete sich zudem eines über der südlichen Nordsee aus. Das Teiltief über der Nordsee wurde nachfolgend als YUKON I bezeichnet, das über Frankreich als YUKON II.

Zu Tagesanbruch des 09.05. befand sich das Zentrum von Tief YUKON II westlich von Paris, wobei der Luftdruck wieder auf knapp 990 hPa angestiegen war. Der Kern der Zyklone YUKON I, in dem ebenfalls etwa 990 hPa gemessen wurden, befand sich zentral über der Nordsee. Die Okklusion, welche über die Nordsee, Deutschland und den Alpenraum bis nach Norditalien reichte, spaltete sich dort in die relativ wetterinaktive und über das Tyrrhenische Meer ostwärts ziehende Warmfront und die über den westlichen Mittelmeerraum bis nach Südspanien reichende Kaltfront auf. Südlich des Tiefs YUKON II hatte sich außerdem eine von Nord nach Süd über Frankreich verlaufende Konvergenzlinie ausgebildet. Eine Konvergenz beschreibt das horizontale Zusammenfließen von Luft in Bodennähe, welches zu einem Aufsteigen der Luft und zur Wolken- und Niederschlagsbildung führt. In den folgenden Stunden regnete es besonders im Stau der Westalpen, über der Bretagne und dem Norden Deutschlands stark. In diesen Regionen linderte der Regen die erneut einsetzende Trockenheit zumindest kurzzeitig, nachdem in weiten Teilen Mitteleuropas sowie Frankreichs der April und die erste Maiwoche deutlich zu trocken gewesen waren. Im französischen Langres waren bis 07 Uhr MEZ innerhalb eines Tages 26,8 mm Niederschlag gefallen, in Bern 27,5 mm und auch in Hamburg-Fuhlsbüttel immerhin 11,6 mm. Ansonsten wurden in den Regionen, über die die Niederschlagsgebiete des Tiefdruckkomplexes YUKON gezogen waren, häufig zwischen 5 bis 15 mm Niederschlag gemessen. Im Tagesverlauf des 09.05. schwächte sich der Wirbel YUKON II rasch ab und löste sich zum Nachmittag vollständig auf. Nachfolgend wurde daher der nördlichere Kern wieder alleinig als Tief YUKON bezeichnet. Über Deutschland traten in der kalten und feuchten maritimen Subpolarluft wie tags zuvor über Frankreich einzelne Schauer und Gewitter auf, diese sorgten aber nur lokal für ergiebigeren Regen, wie in Barth an der Ostseeküste mit 8,4 mm. Die Hauptniederschläge entlang der Okklusion zogen wie auch der Kern des Tiefs weiter nordwärts nach Skandinavien.

Um 01 Uhr MEZ des 10.05.2019 lag das Zentrum von Tief YUKON mit einem erneut angestiegenen Luftdruck von etwas über 998 hPa vor der Südspitze Norwegens. Ein Teil der Okklusion reichte entlang der norwegischen Küste bis zum Nordkap, ein zweiter über Südschweden bis in den Norden Ungarns. Rückseitig des Tiefs hatte sich mit dem Heranströmen maritimer Polar- und Arktisluft erneut eine Kaltfront vor der deutschen und niederländischen Küste gebildet. Dies waren die Regionen, in denen das Tief YUKON noch für Niederschlag sorgte, wobei das nördliche Regengebiet über dem Süden Skandinaviens am stärksten ausgeprägt war. Auch hier konnte das Tief YUKON die vorherrschende Trockenheit abmildern, teilweise regnete es in einigen Orten bis 07 Uhr MEZ in 24 Stunden mehr als in den vorangegangenen 2 Monaten zusammen. Die größte Menge fiel in der norwegischen Ortschaft Nelaug mit 41,0 mm, in Gjerstad waren es 37,8 mm und im schwedischen Karlsborg 20,3 mm. Mit dem Durchzug der Kaltfront über Norddeutschland konnten sich dort sogar schon am Vormittag stärkere Schauer und Gewitter bilden. Diese sorgten zum Beispiel nochmals für 15,1 mm Niederschlag in Greifswald. Das Tief YUKON zog in den darauffolgenden Stunden nur noch langsam nach Nordosten über den Skagerrak weiter, schwächte sich dabei aber weiter ab. Die Okklusionsfront löste sich vollständig auf, sodass stärkere Niederschläge nur noch im Umfeld der Luftmassenhebung des Tiefzentrums fielen.

Das Tiefdruckzentrum befand sich zu Tagesbeginn des 11.05. auf Höhe der norwegischen Hauptstadt Oslo, wo noch ein Druck von ca. 1004 hPa gemessen wurde. Die Kaltfront des Tiefs YUKON erstreckte sich über den südlichen Ostseeraum bis nach Polen, brachte dort aber kaum noch stärkere Niederschläge. Deutlich mehr Niederschlag war im südlichen Stau des Skandinavischen Gebirges gefallen, wo bis zum Morgen nochmals 20 bis 30 mm, vereinzelt sogar bis 40 mm Niederschlag registriert wurden. Am 11.05. zogen dann die Überreste des Tiefs über die skandinavische Halbinsel langsam nordwärts und lösten sich dabei komplett auf.

Insgesamt hatte das Tief YUKON über 6 Tage lang das europäische Wettergeschehen maßgeblich mit beeinflusst, war dabei als Sturmtief aufs Festland gezogen und hatte in vielen von erneuter Trockenheit gebeutelten Regionen für teilweise hohe Niederschlagsmengen gesorgt, welche diese zunächst ein wenig lindern sollten.