Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet YULIYA

(getauft am 08.03.2018)

 

In den Morgenstunden des 08.03.2018 bildete sich an dem nach Osten führenden Frontensystem einer über dem Zentralatlantik befindlichen Zyklone ein neues Tiefdruckgebiet aus, welches sich im weiteren Tagesverlauf rasch verstärken und in Richtung des europäischen Festlandes verlagern sollte. Aufgrund des vorhergesagten Einflusses des Wirbels auf das Wettergeschehen in Europa wurde das Tief in der Prognose für den Folgetag auf den Namen YULIYA getauft.

Um 01 Uhr MEZ am 09.03. befand sich das Tief YULIYA mit einem Kerndruck von bereits knapp unter 980 hPa rund 1000 km südwestlich von Irland. Es bildete dabei ein Doppelsystem mit jenem Tiefdruckgebiet, an dessen Frontensystem es tags zuvor entstand. Die Zyklone YULIYA sollte sich jedoch in der Folge weiter verstärken, wodurch sie das Tief bis zu den Abendstunden in ihre Zirkulation aufnahm. Unterstützt wurde das Tief YULIYA hierbei durch einen weitreichenden Trog, d.h. von einem Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden in etwa 5,5 km Höhe, in welchem sich ein ausgeprägtes Höhentief entwickelte. Dieses befand sich in seiner Lage fast direkt über dem Bodentief YULIYA, wodurch sich dieses weiter intensivieren konnte und am Abend bereits einen Kerndruck von ca.       970 hPa aufwies. Des Weiteren erfassten die zugehörigen Fronten des Wirbels YULIYA bereits am Morgen die Iberische Halbinsel und zogen im Tagesverlauf über Teile Frankreichs und die Britischen Inseln. Bis 19 Uhr MEZ fielen dadurch innerhalb von 12 Stunden 5 l/m² Regen am Militärflugplatz Lanvéoc-Poulmic, 15 l/m² in St. Mary‘s auf den Isles of Scilly und 25 l/m² im westspanischen Cáceres. Besonders kräftig fielen die oft schauerartig durchsetzten Niederschläge hingegen in Portugal aus. Dort konnten in nur 6 Stunden bis 13 Uhr MEZ vielerorts 20 l/m² und mehr registriert werden. Bis 19 Uhr MEZ summierte sich der Regen auf bis zu 40 l/m² an der Station Penhas Douradas oder 49 l/m² in Castelo Branco.

Zum folgenden Nachttermin konnte der Wirbel YULIYA schließlich ca. 500 km südwestlich der Britischen Inseln mit einem Kerndruck von 970 hPa analysiert werden. Vom Zentrum verlief eine kurze Okklusionsfront nach Westen. Eine Okklusion stellt dabei eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften dar, welche aus dem Zusammenschluss der beiden Frontentypen am sogenannten Okklusionspunkt entsteht. Der Okklusionspunkt befand sich in diesem Fall nahe dem Tiefdruckkern, von welchem eine bogenförmige Kaltfront über die Biskaya und Portugal bis westlich der Kanaren führte. Des Weiteren erstreckte sich eine Warmfront über den Süden Irlands, England und die Niederlande bis zur Lausitz, wo sie in die Kaltfront des Ostseetiefs XENIA überging.

Durch einen über Zentraleuropa befindlichen Warmluftvorstoß in der Höhe wurde eine weitere ostwärtige Verlagerung des Trogs und damit auch des korrespondierenden Bodentiefs YULIYA verhindert. Während neben dem Tiefdruckzentrum auch die Warmfront in ihrer Lage fast stationär verblieb, zog die Kaltfront im Verlauf des Tages langsam nach Osten, wobei sich entlang der Luftmassengrenze ein neues Tiefdruckzentrum ausbildete. Die Kaltfront holte dabei zusehends größere Teile der Warmfront ein und hob die vorlaufende Warmluft an. Auch an der sich durch die fortschreitende Okkludierung ausdehnenden Mischfront entwickelten sich neue Tiefdruckzentren. Aufgrund des weitreichenden Frontensystems des Tiefs YULIYA konnten gleich mehrere Niederschlagsschwerpunkte identifiziert werden. Zum einen fielen bis 07 Uhr MEZ 12-stündig 17 l/m² im englischen Liscombe und 20 l/m² im walisischen Capel Curig sowie 22 l/m² im portugiesischen Vila Real oder sogar 45 l/m² an der auf fast 1900 m Höhe liegenden spanischen Station Navacerrada. In den folgenden 12 Stunden wurden außerdem 18 l/m² auf dem Mont Aigoual im Süden Frankreichs, 27 l/m² in Hinojosa del Duque und nochmals 30 l/m² an der Station Navacerrada gemessen. Im Norden Deutschlands konnten derweil auf Helgoland 7 l/m², in Schleswig 8 l/m² und in St. Peter-Ording 10 l/m² Regen registriert werden. Im Bereich des Tiefdruckwirbels YULIYA hatte sich außerdem ein kräftiges Sturmfeld ausgebildet. In Großbritannien erreichte dieses im Gebirge sogar Stärke 11 auf der Beaufort-Skala, mit Böen von bis zu 115 km/h in den Cairngorms. Auch im spanischen Izana auf über 2300 m Höhe sorgte das Tief YULIYA für orkanartige Böen von bis zu 104 km/h.

Weiterhin strömten warme subtropische Luftmassen in den Bereich zwischen Warm- und Kaltfront ein. Vor allem in Frankreich und auf den Britischen Inseln führte dies zur Verdrängung der zuvor eingeflossenen Polarluft, was mancherorts in einer deutlichen Temperaturerhöhung resultierte. So stieg das Tagesmaximum beispielsweise im südfranzösischen St.-Girons von 17,8°C am Vortag auf nun 24,0°C an.

Das Tiefdrucksystem YULIYA bestand am 11.03. um 01 Uhr MEZ aus insgesamt drei Kernen. Tief YULIYA I befand sich mit ca. 975 hPa über der westlichen Biskaya, Tief YULIYA II nordwestlich von Irland mit 985 hPa und Tief YULIYA III über der westlichen Nordsee nahe Edinburgh mit etwa 991 hPa. Die Tiefdruckkerne waren zu diesem Zeitpunkt durch Okklusionsfronten miteinander verbunden. Vom Zentrum der Zyklone YULIYA III verlief außerdem eine lang gestreckte Warmfront nach Südosten über Dänemark und Polen bis zum westlichen Schwarzen Meer. Die nachfolgende Kaltfront reichte bis zur niederländischen Nordseeküste und verband sich dort mit dem Frontensystem eines zum System YULIYA gehörenden Randtiefs über der französischen Westküste. Das zum Tief YULIYA zugehörige Sturmfeld hielt in der Nacht weiter an und sorgte vor allem auf der Iberischen Halbinsel für Schwere Sturmböen der Stärke 10, die auch im Flachland auftraten. Kräftiger Regen führte gleichzeitig bis zum Morgen zu ergiebigen Niederschlagsmengen in der Nordhälfte Portugals und dem Nordwesten Spaniens, wie beispielsweise 25 l/m² in Pontevedra nördlich von Vigo oder 21 l/m² in Penhas Douradas. Weitere Regenmengen im Bereich zwischen 10 und 25 l/m² konnten noch vereinzelt in Nord- und Zentralfrankreich, in Belgien, in den Niederlanden sowie im Norden Schottlands und Deutschlands registriert werden. Ein weiterer Schwerpunkt lag außerdem nahe dem Ligurischen Meer, wobei 21 l/m² in Calvi, 19 l/m² in Cannes und extreme 55 l/m² in Genua zusammenkamen. Der kräftige Regen blieb auch bis zum Abend an der Côte d‘Azur und im Norden Italiens aktiv und sorgte in weiteren 12 Stunden nochmals für 41 l/m² in Cannes, 44 l/m² in Bergamo, 54 l/m² in Venedig und sogar 82 l/m² in Genua, wobei allein 69 l/m² innerhalb von nur 6 Stunden bis 13 Uhr MEZ fielen. Mit dem Frontensystem strömte die warme Subtropikluft weiter landeinwärts, wodurch nun auch im Nordosten Deutschlands und in Polen eine deutliche Temperaturerhöhung spürbar wurde. So stieg die Tageshöchsttemperatur in Koszalin an der polnischen Ostseeküste von 8,1°C am Vortag auf nun 15,9°C.

Das Tiefdrucksystem YULIYA verblieb auch bis zum 12.03. mit seinen drei identifizierten Hauptkernen in seiner Lage stationär über dem Nordwesten Europas. Das System beeinflusste dabei nicht nur jenes Gebiet, sondern wirkte sich in Form seines Frontensystems auch bis nach Südfrankreich, Südskandinavien, Zentraleuropa, zur Alpenregion, Italien sowie weniger intensiv auch nach Osteuropa aus. Im Laufe des Tages sorgte vor allem die von West nach Ost ziehende Kaltfront des sich über Deutschland neu entwickelnden Wirbels YULIYA IV für zunehmende Niederschläge in Zentraleuropa und der Alpenregion sowie durch die hinter ihr einfließenden kühleren subpolaren Luftmassen für sinkende Temperaturen in England, Frankreich und weiten Teilen Deutschlands. In Vichy konnten mit maximal 12,7°C an diesem Tag insgesamt 8,1 Grad weniger als am Vortag registriert werden. Im brandenburgischen Baruth fiel die Temperatur derweil von 17,6°C auf 10,3°C. Der Niederschlag trat nun oftmals schauerartig verstärkt oder sogar in Zusammenhang mit Gewittern auf. In Florenz wurden so in 12 Stunden 24 l/m² gemessen, im kärntnerischen Kötschach-Mauthen waren es 23 l/m² und im kroatischen Rijeka an der Adria 21 l/m². Weiter südwestlich konnten außerdem 48 l/m² aus Podgorica, der Hauptstadt Montenegros, sowie 34 l/m² bzw. 49 l/m² von den albanischen Stationen in Shkodra und auf der Adriainsel Sazan gemeldet werden. In Deutschland lagen die höchsten 12-stündigen Niederschlagsmengen bei 21 l/m² in Lübeck, 22 l/m² in Chemnitz und 23 l/m² in Marienberg im Erzgebirge.

Mit wachsendem Hochdruckeinfluss von Skandinavien her begann sich das zuvor recht umfangreiche Tiefdrucksystem YULIYA in ihre einzelnen Kerne aufzuspalten. Dabei löste sich das Tief YULIYA III über Skandinavien komplett auf. Die übrigen drei Tiefs befanden sich am 13.03. um 01 Uhr MEZ über den Benelux-Staaten, südlich von Island und über der polnischen Ostseeküste. Bevor sich das Tief YULIYA I bis zum Abend ebenfalls auflöste, sorgte es in England nochmals für leichten Niederschlag, welcher in Form von Regen und Schnee im ostenglischen Weybourne mit 14 l/m² in 6 Stunden am intensivsten ausfiel. Sonst konzentrierten sich die Niederschläge vor allem auf das Frontensystem des Wirbels YULIYA IV mit Lage über der südlichen Ostsee, welches sich als Luftmassengrenze mit wechselndem Frontencharakter und mit einem über Rumänien eingelagerten Wellentief bis zur Ägäis erstreckte und im Verlauf auch auf die Türkei übergriff. Im mazedonischen Kriva Palanka fielen durch gewittrige Niederschläge 24 l/m², im serbischen Dimitrovgrad wurden 19 l/m² gemessen, im rumänischen Miercurea Ciuc noch 17 l/m² und in der nordtürkischen Küstenstadt Bartin am Schwarzen Meer konnten ebenfalls bei Gewittern 21 l/m² verzeichnet werden.

Während sich das Tief YULIYA IV bis zum Folgetag unter leichter Abschwächung auf ca. 993 hPa nach Karelien verlagerte, geriet das Tief YULIYA II südlich von Island zunehmend in die Zirkulation des sich verstärkenden Atlantikwirbels ZSUZSA und wurde bis zum Folgetag auch von jenem vollständig aufgenommen. Vom Zentrum der Zyklone YULIYA IV führte um 01 Uhr MEZ des 14.03. eine Warmfront nach Osten über Nordrussland bis nach Perm nahe dem Ural. Außerdem reichte eine Kaltfront nach Südwesten über das Baltikum, Polen und Tschechien, bevor sie über der Mitte Bayerns endete. Die höchsten Regenmengen konnten noch in der Nähe des Tiefdruckkerns beobachtet werden, wo jeweils 13 l/m² an den russischen Stationen Segescha und Padany gemessen wurden. Auch entlang der Kaltfront kamen nochmals nennenswerte Mengen zusammen, wie im polnischen Darlowko mit 6 l/m², in Wiesenburg südwestlich von Potsdam mit 9 l/m² oder auf der Zugspitze mit 11 l/m².

In den folgenden zwei Tagen zog das nur noch aus einem Wirbel bestehende Tief YULIYA weiter nach Osten über Nordrussland hinweg. Dabei schwächte es sich weiter ab und besaß am 16.03. um 01 Uhr MEZ nur noch einen Kerndruck von 1002 hPa. Auch die Niederschlagsintensität im Kernbereich und an den Fronten nahm leicht ab, wobei meist Mengen im einstelligen Bereich gemessen wurden. Maximal konnten noch 10 l/m² in Karpogory und 9 l/m² an der Station Veslyana registriert werden. Bis zu den Mittagsstunden wurde das Tief YULIYA schließlich in die Zirkulation eines von Süden heranziehenden Wirbels aufgenommen und konnte somit am Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden.