Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
YVETTE
(getauft
am 28.12.2018)
Im Laufe des 27.12.2018 entwickelte sich entlang einer Front des
zwischen Island und Grönland liegenden Tiefdrucksystems XYNTHIA ein neuer
Tiefdruckwirbel, der in der Analyse des 28.12. auf den Namen YVETTE getauft
wurde. Zum Zeitpunkt der Analyse um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht,
befand sich das Zentrum des Wirbels YVETTE, von dem zu diesem Zeitpunkt sowohl
eine Warm- als auch eine Kaltfront ausgingen, mit einem Druck von etwas unter
1010 hPa über dem Nordatlantik. Während die Warmfront sich vom Kern in
östlicher Richtung über den Atlantik zog und sich südwestlich von Irland mit
dem Frontensystem des Tiefs XYNTHIA verband, erstreckte sich die Kaltfront nach
Südwesten weit über den Atlantik. Hebungsprozesse im Kernbereich des Wirbels
sowie entlang dessen Fronten hatten die Entwicklung eines Niederschlagsbandes
zur Folge. Dieses verlagerte sich mit der Zyklone zunehmend in Richtung Europa,
wurde jedoch aufgrund der blockierenden Wirkung der beiden Hochs IGNATIUS und
HUGO über West- und Mitteleuropa nach Norden abgelenkt. Dort traf die Zyklone
in der Nacht zum 29.12. mit seinen Niederschlägen zunächst auf Irland und
anschließend auf Schottland sowie Nordengland und streifte auch die Färöer- und
die Shetlandinseln. Dabei fielen im Zeitraum von 18 bis 06 Uhr UTC des
Folgetages durch meist leichten Regen oder Sprühregen in Tórshavn auf den Färöern
0,1 mm, auf den Shetlandinseln in Baltasound 1,6 mm und im irischen Gurteen 5,0
mm. Im walisischen Capel Curig wurden bis zu 6,8 mm registriert. Etwas
ergiebiger fielen die Niederschläge aufgrund von Hebungsprozessen der feuchten
Luftmassen in kältere Luftschichten entlang der Gebirgsketten Schottlands aus:
Anhaltender, teils schauerartiger Regen führte in Eskdalemuir 9,0 mm, am Loch
Glascarnoch 12,8 mm und an der Station Tulloch Bridge 14,8 mm mit sich.
Zusätzlich erreichte der westliche bis südwestliche Wind an besonders
exponierten Lagen mit Böen über 118 km/h Orkanstärke. So registrierten die Anemometer
in den Nacht- und Morgenstunden auf dem Cairnwell Spitzenböen von 127,9 km/h,
am Aonach Mòr Böen bis 137,1 km/h und entlang der Cairngorms
Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 161,2 Stundenkilometern.
Gegen 00 Uhr UTC des 29.12. befand sich das Zentrum des Tiefs
YVETTE mit einem auf knapp 1015 hPa angestiegenen Kerndruck westlich von
Schottland. Teile seiner Warmfront waren in den vergangenen 24 Stunden von der
ihr nacheilenden Kaltfront eingeholt worden, sodass sich entlang derer eine
Okklusionsfront hatte ausbilden können, die Eigenschaften beider Systeme in
sich vereint. Diese zunächst noch kurze Okklusionsfront reichte vom Kern bis zu
ihrem Okklusionspunkt, der Stelle, an der Warm- und Kaltfront ineinander
übergehen, unweit der westschottischen Insel North Uist. Von North Uist reichte
eine Warmfront anschließend weiter über Glasgow und Liverpool bis an die Spitze
Cornwalls und die nachfolgende Kaltfront über Belfast und Galway nach Südwesten
auf den Atlantik hinaus, über dem sie sich mit der Warmfront des später
getauften Tiefs ZEETJE verband. In den Hochlagen Schottlands hielt der in
exponierten Lagen in Böen Orkanstärke erreichende Wind noch bis in den späten
Vormittag an: So wurden am Aonach Mòr noch Spitzenböen von 122,3 km/h, an der
Station auf dem Cairnwell von 139,0 km/h und entlang der Cairngorms Böen bis zu
159,4 km/h gemessen. Nachdem sich das Hochdruckgebiet HUGO in den vergangenen
24 Stunden über Mitteleuropa nahezu aufgelöst hatte, wurde der Tiefdruckwirbel
YVETTE im Tagesverlauf um das Hoch IGNATIUS über Westeuropa herum Richtung
Südschweden gelenkt. Über der Nordsee konnte das Tief dabei nochmals
Feuchtigkeit aufnehmen und dessen Niederschläge somit leicht an Intensität
gewinnen. So konnten beispielsweise in Dänemark Niederschlagssummen zwischen
4,6 mm in Skagen und bis 8,0 mm in Kopenhagen gemessen werden. Entlang seines
zunehmend okkludierenden und sich nach Südosten verlagernden Frontensystems
wurden die feuchten Luftmassen über Deutschland bis an die Alpen geführt. Nach
einem teils neblig-trüben Tagesbeginn fielen innerhalb von 24 Stunden in
Berlin-Dahlem 5,8 mm, bei Fürstenzell 6,8 mm und in Schleswig
9,8 mm. Etwas intensiver waren die Niederschläge an den Mittelgebirgen und
Ostalpen ausgeprägt: So wurden auf der Loferer Alm in Österreich und im
sächsischen Carlsfeld jeweils knapp 13 mm, auf dem Feuerkogel östlich von
Salzburg 19 mm und auf dem Brocken noch bis zu 20 mm registriert. In die
Nordhälfte Deutschlands war mit einer nordwestlichen Strömung bereits milde
Meeresluft eingeflossen, sodass die Niederschläge bei Tageshöchstwerten von
verbreitet 7 bis 9°C zumeist als Regen oder Sprühregen fielen. Im Süden hielten
sich hingegen noch letzte Reste der zuvor vorherrschenden Kaltluft. Bei
Temperaturen, die nachts deutlich unter dem Gefrierpunkt lagen und tagsüber 3°C
kaum überschritten, fiel so vielerorts noch Schnee, der jedoch im Verlauf in
Regen überging und lokal, wie in Nürnberg, zur Bildung von Glatteis führte.
Zum 30.12. war das Tief YVETTE Richtung Südschweden gezogen und
befand sich um 00 Uhr UTC mit einem Druck von weiterhin knapp 1015 hPa unweit
von Malmö. Seine Warmfront war im Laufe des vergangenen Tages vollständig von
der ihr folgenden Kaltfront eingeholt worden. Die daraus resultierende
Okklusionsfront erstreckte sich von Malmö in einem Bogen über Berlin, Köln und
Paris bis an den Ärmelkanal, wo sie in die Warmfront der Zyklone ZEETJE
überging. Mit Abzug des Wirbels YVETTE in Richtung Weißrussland ließen die
Niederschläge über Deutschland im Tagesverlauf fast überall nach. Lediglich im
Erzgebirge und an den Ostalpen sowie an der Ostflanke des Hochs IGNATIUS hielt
der meist leichte Regen oder Schneeregen an und brachte in Aachen 6,5 mm, in
Chieming 7,1 mm und in Carlsfeld 8,6 mm mit sich, am Alpenrand in Aschau sogar
bis zu 46,9 mm. An der Messstation auf dem von tiefen Wolken umhüllten
Fichtelberg fielen durch in Schneefall übergehenden, teils gefrierenden
Sprühregen noch bis zu 14,4 mm. Dies waren zugleich einige der letzten, seit
103 Jahren durch Menschenhand kontinuierlich aufgezeichneten Wetterdaten der
Station, ehe sie mit dem Jahreswechsel vollständig automatisiert wurde. Die
kalten Luftmassen die sich zuvor noch über Süddeutschland hatten halten können,
waren in der Zwischenzeit nahezu vollständig durch milde Meeresluft verdrängt
worden. Bei Tageshöchstwerten, die nun auch in der Südhälfte Deutschlands
verbreitet auf Werte zwischen 4 und 7°C und in der Nordhälfte auf bis zu 9°C
stiegen, trat nächtlicher Frost nur noch vereinzelt in höheren Lagen auf. Auf
seiner Zugbahn nach Südosten verlor das Tief YVETTE und dessen Niederschläge,
die über Osteuropa vielerorts in leichten Schnee übergingen weiter an
Intensität: Binnen 24 Stunden wurden aus Warschau 4,2 mm, aus Oksywie bei
Danzig 9,5 mm und von der Station auf der Schneekoppe 12,9 mm gemeldet. Auf dem
etwa 20 Kilometer westlich der Schneekoppe gelegenem Lysá hora brachte
Schneefall noch bis zu 36,5 mm. Aus Weißrussland wurden hingegen im selben
Zeitraum Niederschlagsmengen von zumeist zwischen 1 und 4 mm, aus Kaliningrad
6,0 mm und aus Vilnius 9,0 mm gemeldet, wohingegen in Estland überwiegend um
oder unter einem Millimeter gemessen wurden und es in Lettland bereits gänzlich
niederschlagsfrei blieb.
Nach weiterer Abschwächung lag der Tiefdruckwirbel YVETTE um 00
Uhr UTC des 31.12. über Weißrussland westlich von Minsk. Vom Zentrum des
Wirbels, dessen Kerndruck um etwa 5 hPa angestiegen war, erstreckte sich eine
Okklusionsfront sowohl nach Nordosten in Richtung St. Petersburg als auch eine
weitere in südwestlicher Richtung bis nach Budapest. Die dem Tief YVETTE direkt
zuzuordnenden Niederschläge konzentrierten sich noch um den Kernbereich des
Wirbels, verloren jedoch im Tagesverlauf weiter an Intensität. Innerhalb von 24
Stunden wurden aus Kaliningrad Regen mit einer Niederschlagsmenge von 0,8 mm,
aus Vilnius teils Schneefall, teils Regen mit 1,6 mm und aus Minsk
gelegentlicher, leichter Schneefall mit 3,0 mm Höhe gemeldet. Während Estland
bereits durch das sich von Westen nähernde Tief ZEETJE beeinflusst wurde, blieb
es in Lettland trocken. Auch im Süden der Ukraine blieb es vielerorts bereits
niederschlagsfrei. Leichter Regen oder Schneefall wurde vor allem aus der
Nordhälfte des Landes gemeldet: Im östlich der Grenze zu Polen gelegenem Lwiw
fielen 2,0 mm, in den westlich von Kiew gelegenen Städten Riwne und Schytomyr
3,0 und 4,0 mm und in Kiew selbst 0,2 mm.
Unter einsetzender Auflösung war das Tief YVETTE in der
Silvesternacht in Richtung der Ukraine gezogen und lag gegen 00 Uhr UTC mit gut
1020 hPa über Korosten, westlich von Kiew. Eine schwache, kaum noch wetterwirksame Okklusionsfront
zog sich vom Kern über Moldawien und Rumänien bis über Belgrad, nennenswerte
Niederschläge fielen entlang dieser jedoch nicht mehr. Bereits in den folgenden
Stunden schwächte sich der Tiefdruckwirbel YVETTE so weit ab, dass er am
02.01.2019 nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiger Wirbel
analysiert und somit auch nicht mehr namentlich auf ihr verzeichnet werden konnte.