Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet YVONNE
(getauft am 09.06.2018)
Am 09.06. wurde anhand einer Prognosekarte für 12 Uhr UTC, also 13 Uhr MEZ, des folgenden Tages die Entstehung eines Tiefdruckwirbels über Frankreich vorhergesagt und auf den Namen YVONNE getauft. Dieser Wirbel entwickelte sich im Laufe des 10.06. entlang einer sich wellenförmig deformierenden Front eines sich etwas nördlich vor der Iberischen Halbinsel über dem Atlantik befindlichen Tiefs und konnte erstmals auf der Berliner Wetterkarte für 00 Uhr UTC des 11.06. analysiert und namentlich erfasst werden. Zum Zeitpunkt dieser Analyse lag das Zentrum des Tiefs YVONNE mit einem Druck von etwa 1015 hPa über Südfrankreich, direkt über dem Zentralmassiv. Auch konnte ein zweiter Kern dem Tief zugeordnet werden, der ebenfalls entlang jener sich deformierenden Front hervorgegangen war und sich, mit einem Druck von knapp 1010 hPa, über dem Mittelmeer westlich von Sardinien befand. Eine Kaltfront verband in südöstlicher Richtung den ersten Kern mit der Warmfront des zweiten, von dem sich ebenfalls eine Warmfront in einem Bogen über das Mittelmeer Richtung Tunesien zog und sich dort mit der Kaltfront eines unbenannten, über Ostalgerien liegenden Wirbels verband. Des Weiteren reichte eine Warmfront vom ersten Kern nach Norden und ging südlich von Paris in das Frontensystem des sich auflösenden Wirbels über, entlang dessen Front Tief YVONNE ursprünglich hervorgegangen war. Aufgleitvorgänge in den Kernbereichen des Wirbels sowie entlang der sich im Tagesverlauf ausprägenden und sich nach Osten verlagernden Fronten hatten ein markantes Niederschlagsfeld entstehen lassen, welches besonders über Frankreich, Süddeutschland und der Schweiz teils kräftige Schauer und Gewitter mit sich führte. Die Niederschlagsmengen waren dabei lokal sehr unterschiedlich ausgeprägt: Binnen 24 Stunden fielen bis 06 Uhr UTC des folgenden Tages beispielsweise in Saint-Quentin 27,5 mm, bei Rennes 43,6 mm und in Nantes 70,1 mm, wobei über Frankreich der Schwerpunkt der Niederschläge in und um Paris lag. In der französischen Hauptstadt wurden je nach Stadtlage zwischen 50,4 mm am Flughafen Charles De Gaulle, 75,4 mm am Flughafen Orly und bis zu 78,2 mm im Parc Montsouris gemessen. Ähnlich stark fielen die Niederschläge auch über der Schweiz aus. So wurden im selben Zeitraum bei Brugg 45,5 mm, in Cressier 48,4 mm und bei Freiburg im Üechtland bis zu 63,3 mm registriert. Etwas geringer, aber dennoch lokal sehr ergiebig, waren die einzelnen, teils gewittrigen Schauer über Teilen der Süd- und Westhälfte Deutschlands ausgeprägt. Bei schwül-warmen Temperaturen, die verbreitet zwischen 26 und 30°C lagen, wurden jedoch auch hier Niederschlagsmengen über 30 mm erreicht: Die Messstation im Ulmer Stadtteil Mähringen meldete 34,2 mm, jene in Bamberg 40,0 mm und die im saarländischen Tholey 46,0 mm, wobei dort das Gros der Niederschläge, knapp 39 mm, in nur 3 Stunden fiel. In der Nordhälfte Deutschlands, welche nicht im direkten Einflussbereich von Tief YVONNE lag, blieb es hingegen bei einem überwiegend freundlichen Sonne-Wolken Mix und Temperaturen um 23°C meist niederschlagsfrei.
Zum
12.06. war der erste, nördlichere Kern des Tiefs YVONNE nach Westen gezogen und
lag um 00 Uhr UTC mit einem auf unter 1010 hPa gefallenem Druck über der
Westküste Frankreichs, mittig zwischen Cannes und Bordeaux. Der zweite,
südlichere dem Tief YVONNE zuzuordnende Kern hingegen hatte sich in den
vergangenen 24 Stunden Richtung Nordosten verlagert und befand sich mit einem
Druck von ebenfalls knapp unter 1010 hPa nördlich von Korsika. Eine ausgeprägte
Okklusionsfront reichte vom ersten Kern zunächst über Paris nach Osten. Eine
Okklusionsfront beschreibt hierbei eine Front, die aus dem Zusammenschluss
einer Warmfront mit der ihr nacheilenden Kaltfront hervorgeht und die
Eigenschaften beider in sich vereint. Die Stelle, an der beide Frontensysteme
ineinander übergehen wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Ein solcher lag nahe
Nancy, von dem sich die Warmfront weiter nach Osten zog, ehe sie über
Deutschland in das Frontensystem des Tiefs XISCA mit Kern über dem Baltikum
überging. Die der Warmfront rasch folgende Kaltfront zog sich von Nancy in
einem Bogen über die Alpen nach Süden und ging nahe Mailand in die Warmfront
des zweiten, bei Korsika liegenden Kerns des Tiefs YVONNE über. Von diesem
erstreckte sich zudem eine weitere Kaltfront über das Mittelmeer bis nach
Tunis. Die Schauertätigkeit über Teilen Frankreichs hielt zunächst noch an,
schwächte sich jedoch im Tagesverlauf mit dem sich zunehmend auflösenden
nördlicheren Kern des Tiefs YVONNE ab. Aus Évreux wurde eine
vierundzwanzigstündige Niederschlagssumme von 19,3 mm, aus Straßburg 22,5 mm
und aus Lyon von 44,0 mm gemeldet. Eine Ausnahme bildete die Region um das
Département Pyrénées-Atlantiques. Südlich des sich auflösenden Kerns hatte sich
in den Morgenstunden ein kräftiges Schauer- und Gewittergebiet ausprägen
können, das zunächst entlang der Atlantikküsten nach Süden zog, jedoch bald
annähernd stationär im Staubereich der dortigen Gebirgsausläufer der Pyrenäen
verblieb. In Dax wurden so binnen 24 Stunden 70,3 mm, am Flughafen von Lourdes
84,0 mm und in Pau bis zu 91,3 mm gemessen. Im knapp 50 km von Dax,
beziehungsweise grob 100 km von Pau entfernten Mont-de-Marsan, welches sich am
Rande dieses Schauers befand, wurden lediglich 9,9 mm registriert. Trotz dieser
Niederschlagsmengen lag der Schwerpunkt der Niederschläge im Zusammenspiel mit
den Ausläufern des Tiefs XISCA über den Alpen und verlagerte sich mit dem
zweiten Kern zunehmend nach Osten. Auch hier fielen die Niederschläge teils
sehr intensiv und ergiebig aus: Beispielsweise wurden in der Schweiz bei
Güttingen 53,3 mm, in Bischofszell 55,9 mm und in Saint Gallen 73,8 mm
gemessen. In Österreich wurden 59,0 mm in Schärding, 67,0 mm auf dem Bärenkopf
und 72,0 mm in Wolfsegg registriert. An der Bergstation auf der Raxalpe
meldeten die Messgeräte gar bis zu 103,0 mm in 24 Stunden, von denen knapp 70
mm in nur 3 Stunden fielen. Auch in Süddeutschland, vor allem aber im Raum
München, kam es erneut zu teils sehr regenreichen und von Gewittern
durchsetzten, anhaltenden Niederschlägen. Bei Tageshöchstwerten, die auch in
Bayern die 25°C-Marke nur noch selten überschritten, fielen binnen 24 Stunden
in Lechfeld 41,6 mm, im Freisinger Stadtteil Weihenstephan 60,7 mm und in der
Münchener Innenstadt 61,7 mm. In Mühlendorf, 80 km östlich von München, konnten
63,4 mm Regen registriert werden.
Während
sich der ursprünglich erste, nördlichere der beiden Kerne des Tiefs YVONNE, in
der Nacht zum 13.06. über Frankreich aufgelöst hatte, war der zweite,
südlichere unter Abschwächung von Korsika über Italien in Richtung Balkan
gezogen und lag um 00 Uhr UTC mit einem Kerndruck von circa 1005 hPa über
Serbien, bei Belgrad. Auch dieser Kern befand sich in zunehmender Auflösung,
ein direkt zugehöriges Frontensystem konnte nicht mehr analysiert werden. Seine
Reste gingen bereits im Laufe des Tages in ein sich über dem Balkan entlang der
Front eines unbenannten Tiefs mit Kern über dem Weißen Meer entwickelnden
Wirbels über, der im Laufe des 13.06. für die Region wetterbestimmend wurde.
Die niederschlagsreiche Witterung mit lokal sehr ausgeprägten Schauern und
Gewittern blieb somit trotz der Auflösung des Tiefs YVONNE entlang der Alpen
zunächst noch erhalten und weitete sich allmählich auf die Dinaren und die
Balkanhalbinsel aus. Beispielsweise fielen innerhalb 24 Stunden im rumänischen
Sibiu 61,1 mm, am Schloss Freisaal in Salzburg 90,3 mm und auf dem Bärenberg in
Kroatien 97,9 mm, die zumindest in Teilen noch dem Tief YVONNE zugeordnet
werden konnten.