Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ZACHARIAS
(getauft am 09.05.2019)
Am 08. Mai
2019 befand sich über dem Ostatlantik westlich der Britischen Inseln eine
Tiefdruckrinne, die das Tief YUKON mit einem weiteren Tief über dem
Zentralatlantik verband. In diesem Bereich mit relativ niedrigen Luftdruck
sollte sich am darauffolgenden Tag ein Tiefdruckgebiet entwickeln, welches bereits
vor seiner Entstehung auf den Namen ZACHARIAS getauft wurde. Es entstand wie
sehr häufig bei Tiefdruckgebieten an einer Wellenstörung entlang der
Polarfront, welche die kalte Polarluft von der warmen Subtropikluft trennt. An
dieser Luftmassengrenzen war bereits am 08.05. auf der Berliner Wetterkarte von
01 Uhr MEZ eine Verwellung zu erkennen. Dort reichte
die Warmluft weiter nach Norden, wodurch auch eine Kalt- und Warmfront
entstand. Diese hatten sich bis zum 09.05. stärker herausgebildet und eine Warmsektorzyklone war entstanden, welche sich entlang einer
nordwestlichen Höhenströmung weiter nach Osten verlagerte.
Am 10.05. um
01 Uhr MEZ befanden sich die zwei Teiltiefs des Tiefdruckgebietes ZACHARIAS
nordöstlich der Iberischen Halbinsel und südwestlich der Britischen Inseln. Das
Tief ZACHARIAS I war kaum entwickelt und hatte kurze wellenartige Fronten. In
der Mitte der Troposphäre (500-hPa-Karte) war zudem ein Höhentief erkennbar.
Das Tief ZACHARIAS II war stärker ausgeprägt; sein Okklusionspunkt, an dem sich
Kalt- und Warmfront vermischt hatten, lag etwas nördlich der Nordwestküste
Spaniens. Die Warmfront reichte von dort aus bis über das westliche Mittelmeer
und die Okklusionsfront, eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, ca. 500 km
nach Westen. Die Kaltfront reichte über Galizien und den Norden Portugals in
einem Bogen bis ca. 400 km über den Atlantik hinaus. Als die Fronten des Tiefs
ZACHARIAS II die Iberische Halbinsel erreichten, kam es vor allem im
Küstenbereich Galiziens zu Regen und Regenschauern. Von 07 Uhr MEZ am 09.05.
bis zum 10.05. um 07 Uhr MEZ fielen z.B. in A Lama, 20 km von der galizischen
Küste entfernt, 43,4 mm Regen. An der 40 km nordwestlich gelegenen
Wetterstation Casas do Porto waren es sogar 54,6 mm im selben Zeitraum. Weiter
im Inland blieb es an diesem Tag nur an wenigen Orten trocken, so z.B. in Ramales de la Victoria, ca. 35 km südöstlich von Santander
gelegen.
Am nächsten
Tag, dem 11.05., war das Tief nach Nordosten gezogen und es ließ sich nur noch
ein einzelner Tiefdruckkern über Nordfrankreich ausmachen, mit einer kurzen
Okklusionsfront, die von Paris bis zur Westspitze der Bretagne reichte, einer
Warmfront über Ostfrankreich und Baden-Württemberg sowie einer Kaltfront, die
im Bogen nach Südwesten über Südfrankreich, die Pyrenäen, Spanien und Portugal
verlief. Über Frankreich sorgte das Tief ZACHARIAS an diesem Tage verbreitet
für Niederschläge, wenn auch von sehr unterschiedlicher Intensität. So fielen
sie im Süden und in der Mitte Frankreichs meist gering aus, mit Ausnahme in
Nähe der Pyrenäen. In Muret-Lherm (50 km südwestlich
von Toulouse) wurden 24-stündig 8,5 mm registriert, in Montpellier an der
Mittelmeerküste sogar nur 1,6 mm. Dagegen waren die Niederschläge im Großraum
Paris (Île de France) viel intensiver: In Paris Montsouris
fielen 43,8 mm, in Paris Orly sogar 56,4 mm. Auch 20 km südwestlich von Paris,
in Toussus-le-Noble wurden 49,6 mm gemessen. Diese
Niederschläge fielen vor allem in den Morgenstunden als Regen oder Regen mit
Sprühregen vermischt mit meist starker Intensität. Am Nachmittag und am Abend
wurden auch Schauer oder Gewitter gemeldet. So gab es z.B. ein Gewitter südlich
von Paris zwischen 12 und 13 Uhr MEZ und es wurde ein hörbarer Donner ohne
Niederschlag um 17 Uhr MEZ in Villacoublay 15 km
südwestlich von Paris gemeldet. Diese Wettererscheinungen waren auf die
Okklusionsfront des Tiefs ZACHARIAS zurückzuführen. Entlang der Warmfront kam
es zudem von 01 Uhr MEZ bis morgens um 07 Uhr MEZ zu kräftigen Regenfällen über
Rheinland-Pfalz und dem Saarland. In diesem Zeitraum fielen u.a. in Hahnheim, welches zwischen Mainz, Worms, Bad Kreuznach und
Darmstadt liegt, 20,2 mm und im saarländischen Weiskirchen 18,2 mm. Danach zog
das Tiefdruckgebiet weiter über die Mitte Deutschlands und brachte vor allem
über Thüringen, dem Süden Sachsen-Anhalts und Sachsen viel Regen. Die
24-stündigen Niederschlagsmengen lagen meist zwischen 15 und 20 mm, örtlich
auch deutlich darüber, wie etwa im thüringischen Luisenthal
mit 31,5 mm. Im Alpenvorland waren die Regenfälle teils noch ergiebiger: hier
wurden mancherorts sogar über 40 mm gemessen, so z.B. im bayerischen
Benediktbeuern auf 630 m mit 47 mm.
Die
Höchsttemperaturen in Mitteldeutschland waren an diesem Tag deutlich niedriger
als zuvor: Während am Vortag in Hessen, Thüringen und im Saarland noch meist
über 15°C erreicht wurden, lagen die Temperaturen nun oft im einstelligen
Bereich. Beispielsweise wurden am Erfurter Flughafen nur noch 9,4°C statt
15,1°C gemessen. Diese Abkühlung war auf die Kaltfront von Tief ZACHARIAS zurückzuführen.
Tags darauf,
am 12.05., hatte sich das Tief weiter nach Osten verlagert und wurde nun über
dem Südwesten Polens verortet. Die Okklusionsfront reichte vom Okklusionspunkt
über dem Riesengebirge bis zu den Alpen, die Kaltfront vom Okklusionspunkt nach
Süden bis Budapest. Hinter der Kaltfront, also westlich von ihr, zeigte sich
eine deutliche Temperaturabkühlung: So wurde in Poznań nur eine
Höchsttemperatur von 11°C erreicht, während sich die Bewohner Warschaus über
fast sommerliche 24°C freuen durften. Auch Niederschläge brachte die Zyklone
ZACHARIAS wieder mit sich, wenn auch nicht so intensive wie an den vorherigen
Tagen. Die höchste Regenmenge, die sich auf das Tief zurückführen lässt (17,7
mm 24-stündig), fiel in Form von Schnee- und Graupelschauern an der slowakischen
Bergstation Lomnický štít
auf 2635 m.
Bis zum
13.05. war das Tiefdruckgebiet ZACHARIAS nach Süden gewandert und befand sich
dann über dem Tyrrhenischen Meer. Es hatte sich etwas verstärkt, d.h. sein
Kerndruck war gefallen und es besaß nun eine ausgeprägte Wirbelstruktur, wie
sich auf dem Satellitenbild von 13.05. um 01 Uhr MEZ erkennen lässt. Der
Okklusionspunkt lag über Norditalien, von dort aus reichte die Okklusionsfront
über Sizilien bis zur Südspitze Italiens sowie die Warmfront nordwärts bis
Lettland. An diesem Tag wurde vor allem das Wettergeschehen über Italien und
dem Westbalkan durch Tief ZACHARIAS beeinflusst. Die höchste Regenmenge
innerhalb von 24 Stunden fiel in Banja Luka, Bosnien mit 62 mm. Auffällig waren
auch die für diese Jahreszeit recht kühlen Temperaturen an der italienischen
und kroatischen Adriaküste. So wurden in Ancona (Italien) lediglich 13,4°C
Höchsttemperatur gemessen und in Pazin, Kroatien
sogar nur 13,0°C. Im Warmsektor des Tiefs dagegen, in dem sich u.a. der Norden
Serbiens und der Ostteil Ungarns befanden, wurden 23,7°C (Szeged) bzw. 21,6°C
(Belgrad) gemessen.
Daraufhin
verlagerte sich der Wirbel ZACHARIAS leicht nach Südosten, bis er am 14.05.
südlich des italienischen Stiefels lag, mit dem Okklusionspunkt über
Nordmazedonien. Von dort aus verlief eine Okklusionsfront nach Südwesten bis
Sizilien, eine Kaltfront im Bogen nach Südosten bis zur Westküste der Türkei
und eine Warmfront nach Nordosten bis Weißrussland.
Die stärksten
Niederschläge fielen an diesem Tag in der Nähe des Okklusionspunkt in Gjurište, Nordmazedonien mit 35,8
mm sowie im Norden Serbiens in Palić,
mit 38.5 mm. Sie fielen überwiegend als Regen. Entlang der Kaltfront, die
ostwärts über den Süden der Balkanhalbinsel zog, wurden mehrheitlich Schauer
gemeldet. Auch Gewitter konnten beobachtet werden, vor allem im Südosten der
italienischen Halbinsel oder auf Sizilien. Von der Station Catania-Sigonella im Südosten Siziliens wurde gegen 16 Uhr MEZ
sogar ein Gewitter mit Graupelschauer gemeldet.
Am 15.05. lag
die Zyklone ZACHARIAS und ihr Okklusionspunkt über der Ägäis. Die
Okklusionsfront reichte von dort aus nach Westen bis zur Westküste
Griechenlands, die Kaltfront nach Süden bis Ägypten sowie die Warmfront bis
Weißrussland. Entlang der Warmfront entwickelte sich über Bulgarien ein neues
Tief, wieder entlang einer Wellenstörung.
Niederschläge
fielen an diesem Tag hauptsächlich über Rumänien. Spitzenreiter war die Station
Bistrița, die im zentralen Norden
des Landes liegt, mit 37,6 mm. Während sich das Tief nun nach Norden
verlagerte, spielten die Okklusions- und Kaltfront des Tiefs bei der
Niederschlagsbildung eine entscheidende Rolle. Auch über der Westtürkei und
Kreta fiel etwas Regen, der sich auf die Kaltfront des Tiefs zurückführen
lässt. Die Niederschlagsmengen blieben hier meist gering, doch über Kırklareli im europäischen Teil der Türkei fielen
immerhin 9,8 mm.
Am nächsten
Tag, dem 16.05., wurde das Tief erneut über Polen auf der Berliner Wetterkarte
eingezeichnet, diesmal über dem Südosten des Landes. Der Tiefkern
lag dabei deckungsgleich mit dem Okklusionspunkt. Von dort erstreckte sich eine
Okklusionsfront nach Westen ungefähr bis Berlin und eine Kaltfront nach
Südosten bis zum Donaudelta. Die Warmfront reichte ca. 800 km nach Nordosten
bis zum Grenzgebiet zwischen Russland und Weißrussland. Erneut sorgte der
Tiefdruckwirbel ZACHARIAS, der sich jetzt nach Westen verlagerte, für
Niederschläge über Polen, Tschechien, der Slowakei und Deutschland. Die
höchsten Niederschläge fielen in Nordbrandenburg und Mecklenburg-Vorpommern (verbreitet
zwischen 15 und 25 mm) sowie im Osten Polens (Ostrołęka:
32.1 mm).
Am 17.05.
befand sich das Tiefzentrum der Zyklone ZACHARIAS schließlich über den
Benelux-Staaten, die Fronten waren vollständig okkludiert und die
Okklusionsfront reichte in einem Kreisbogen vom Tiefkern
nach Südosten über Polen, die Ukraine und Rumänien, bis zur bulgarischen
Schwarzmeerküste.
Entlang der
Front fielen verbreitet Niederschläge, die Mengen waren dabei deutlich
niedriger als zuvor und es wurden nirgends mehr als 20 mm von den Messstationen
registriert. In Olsztyn in den Masuren fielen immerhin etwa 19 mm, wohingegen
die Niederschläge in Deutschland meist auf die Ostseeküste beschränkt waren und
einstellige Höhe hatten. Es traten sowohl Schauer, die aus Quellbewölkung
fielen, als auch Regen aus Schichtbewölkung auf.
Am 18.05.
wurde Tief ZACHARIAS nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte eingezeichnet. Es
hatte sich aufgelöst und war vom nachfolgenden Tief mit dem Namen AXEL
verdrängt worden.