Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ZARINA

(getauft am 19.12.16)

 

Anfang der zweiten Dezemberdekade verlagert sich von Kanada aus ein Tiefdruckgebiet nach Osten. Dieses Tief befand sich am 19.12.2016 um 01 Uhr MEZ über dem Sankt-Lorenz-Golf zwischen Neufundland und der Labrador-Halbinsel und wies einen Druck von circa 993 hPa auf. Die Warmfront verlief etwa 1000 km südostwärts über den westlichen Nordatlantik, wo sich ein Frontensystem eines kleinen Randtiefs anschloss. Die Kaltfront erstreckte sich in Richtung Südwesten über Nova Scotia und der US-amerikanischen Ostküste. Im Einflussbereich dieser Fronten regnete es auf Sable Islands östlich von Nova Scotia beispielsweise bis 19 Uhr MEZ in 12 Stunden 2,5 l/m². Weil zusätzlich der Druckgradient zwischen Tief ZARINA und dem Azorenhoch über dem Atlantik fast 50 hPa über einer Distanz von ungefähr 2000 km beträgt, frischte der Wind schon in diesem frühen Stadium im Bereich der Zyklone auf. In La Scie im Norden Neufundlands wehte der Westwind im Mittel mit Stärke 4. Somit wurden auch starke Böen der Stärke 6 Beaufort, was starkem Wind entspricht, gemessen. Da dieser Wirbel sich weiter nach Osten verlagern und das Wettergeschehen in Mitteleuropa beeinflussen sollte, wurde das Tief noch am selben Tag auf den Namen ZARINA getauft.

Eingebettet in der starken Höhenströmung in rund 5,5 km, die auch als Jetstream bezeichnet wird, befand sich der Kern des Tiefs ZARINA am Folgetag etwa 400 km südwestlich von Island. Zusätzlich hatte sich der Luftdruck im Kern im Vergleich zum Vortag deutlich verringert und lag bei 955 hPa, wodurch diese Zyklone als Sturmtief bezeichnet werden konnte. Die höchsten Windgeschwindigkeiten traten über den zentralen Nordatlantik im Bereich der Okklusion auf, die sich von dort zunächst nach Nordosten bis zum Tiefdruckkern erstreckte und anschließend von diesem bogenförmig bis zum Okklusionspunkt verlief, der sich in einer kurzen Entfernung östlich des Kerns befand. Als Okklusion wird eine Mischfront bezeichnet, die entsteht, wenn die schneller ziehende Kaltfront die vordere Warmfront einholt und diese anhebt, dabei schieben sich die kälteren Luftmassen mit einer höheren Dichte unter die Wärmeren. Dort hatte die Warmfront ihren Ursprung, die sich im Bogen südwestlich von Island bis ungefähr 750 km nördlich der Azoren verlief. Dahinter folgte die Kaltfront, die circa 800 km südöstlich von Neufundland endete. Im Einflussbereich des Tiefdruckgebiets ZARINA fiel zum Beispiel in Reykjavik bis 07 Uhr MEZ im Zeitraum von 12 Stunden 8,3 l/m² Niederschlag. Der Wind in der Nähe des Tiefs ZARINA frischte deutlich auf. Die Wetterstation Bergstadir beispielsweise registrierte einen Südwind im Mittel mit Stärke 7 auf der Beaufortskala.

Bis zum darauffolgenden Tag hatte sich der Kern nur geringfügig verlagert. Jedoch hatte sich ein zweiter Kern im Bereich der Dänemarkstraße zwischen Grönland und Island gebildet. Dieser Kern wies einen Druck von etwa 963 hPa auf, wobei sich der andere Kern weiter verstärkte und sich auf einen außergewöhnlich niedrigen Wert von 945 hPa vertiefte. Beide Kerne waren mit einer Höhenokklusion, also eine Okklusion, die sich nicht mehr bis zum Boden durchsetzen konnte, verbunden und lagen jeweils 500 km westlich bzw. nordöstlich von Island. Eine weitere Höhenokklusion erstreckte sich vom nördlicheren Kern in einem großen Bogen zunächst nach Norden bis fast nach Spitzbergen und anschließend südwestwärts bis zu den nördlichen Gebieten der Nordsee. Der Okklusionspunkt befand sich etwa auf halber Strecke zwischen Spitzbergen und den Lofoten. Von dort erstreckte sich die Warmfront bogenförmig bis über den Raum St. Petersburg. Im Bereich des Warmsektors, der sich hinter der Warmfront befand, lag fast ganz Skandinavien. In der maritimen Subpolarluft stieg die Temperatur in Karlstad in Südschweden auf 3,9°C und an der westskandinavischen Küste verbreitet auf 7 bis 10°C. Im Bereich dieser Fronten wurden aber nur auf Island nennenswerte Niederschläge beobachtet. Hier wurden wegen der Höhenokklusion Schneeschauer zwischen 1 und 3 l/m² innerhalb von einer Stunde gemessen. Die Schneeschauer bildeten sich in diesem Bereich, weil bei der Höhenokklusion beide Kaltluftmassen die gleiche Temperatur hatten, wodurch nur eine Konvergenzlinie am Boden übrig blieb und diese allgemein prädestiniert für Schauerbildung ist. Weiterhin wurden an diesem Tag Orkanböen im Südwesten Norwegens und in Schottland sowie starker bis stürmischer Mittelwind in Island gemessen.

Bis zum 22.12.16 um 01 Uhr MEZ verlagerte sich das Tief ZARINA mit einem Druck von etwa 955 hPa unter einer leichten Abschwächung nur geringfügig und befand sich auf halben Weg zwischen Jan Mayen und Spitzbergen. In diesem fortgeschrittenen Stadium der Zyklogenese wies das Tiefdruckgebiet ZARINA nur noch eine Okklusionsfront auf. Diese erstreckte sich zunächst vom Kern nach Norden bis nach Spitzbergen und anschließend in südlicher Richtung quer über die Skandinavische Halbinsel, den Norden Dänemarks bis zur niederländischen Nordseeküste, woran sich ein anderes, kleines Tief anschloss. Entlang dieser Mischfront betrug beispielsweise in Hynnekleiv in Südnorwegen die 12-stündige Niederschlagsmenge bis 07 Uhr MEZ 6 l/m² bei einer Tageshöchsttemperatur von 4°C. Weiter südlich kam mehr Regen im selben Zeitraum zusammen. In Belgien wurden Mengen bis zu 13 l/m² registriert wie beispielsweise in Zeebrugge. Das Windfeld war weiterhin stark ausgeprägt, so wurden an der Küste Norwegens oftmals hohe Werte bei den Windböen gemessen. An vielen Stationen wurden über 100 km/h erreicht, wie zum Beispiel in Krakenes mit 122 km/h. Vor allem in der Region Nordland wurden vermehrt Böen der Stärke 11 und 12 auf der Beaufortskala registriert. Die höchste Böe meldete die Station Rotvaer mit 176 km/h.

Am Folgetag befand sich der Kern des Tiefs ZARINA westlich von Spitzbergen und wies einen Druck von rund 965 hPa auf. Zu diesem Zeitpunkt bestand das Tief ZARINA nur noch aus einer Okklusion, die nordwärts fast den Polarkreis erreichte und danach nach Südosten bis ungefähr 400 km nordwestlich von Nowaja Semlja führte, womit sie eine Gesamtlänge von circa 2000 km aufwies. Dort ging die Luftmassengrenze in die Okklusion eines anderen Tiefs über.

Am 24.12.2016 wurde die Zyklone ZARINA mit einem Kerndruck von rund 975 hPa über Spitzbergen analysiert. Die dazugehörige Höhenokklusion, die für Schneeschauer sorgte, verlief bogenförmig zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja. Auf dieser Doppelinsel im Nordpolarmeer fiel bis 07 Uhr MEZ in 24 Stunden eine Niederschlagsmenge von 2 l/m² in Form von Schnee bei anhaltenden Temperaturen unter dem Gefrierpunkt.

Bis zum nächsten Tag hatte sich das Tief ZARINA soweit abgeschwächt, dass es nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden konnte.

 

 

Geschrieben am 19.01.2017 von Matthias Janke

Berliner Wetterkarte: 21.12.16

Pate: Mandy Schmiedel