Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ZEETJE
(getauft am
28.12.2018)
Am 28. Dezember 2018 erfolgte von der Berliner Wetterkarte in der
Prognose für den nachfolgenden Tag die Taufe eines Tiefs über dem Nordatlantik
auf den Namen ZEETJE. Diese Zyklone war das letzte getaufte Druckgebiet im Jahr
2018. Tief ZEETJE entstand am 28. Dezember entlang der Frontalzone in Form
eines flachen Wellentiefs. Die Frontalzone beschreibt die Grenze von tropischer
Warmluft und polarer Kaltluft. Gestützt durch ein Hochdruckgebiet über
Neufundland floss arktische Kaltluft von Kanada nach Süden über den warmen
Golfstrom. Beim Aufeinandertreffen der Luftmassen kam es zur Entstehung des
neuen Tiefdruckgebietes. Ein Tief dreht sich gegen den Uhrzeigersinn. Es
besteht aus einer Kalt- und einer Warmfront, welche sich anfangs südwestlich
bzw. südöstlich des Kerns befinden. Im weiteren Lebenszyklus einer Zyklone holt
die sich schneller verlagernde Kaltfront die Warmfront ein. Dadurch entsteht
eine Mischfront, welche als Okklusion bezeichnet wird.
Bis zum 29. Dezember verstärkte sich das Tief ZEETJE rapide von
ca. 1010 auf etwa 990 hPa. Am 30. Dezember um 01 Uhr MEZ taucht der Wirbel erstmals
namentlich im Analysebereich der Berliner Wetterkarte auf. Die Zyklone lag mit
einem wieder erhöhten Druck von knapp 1000 hPa etwa 500 km südwestlich von
Island. Das Tief besaß eine sehr kurze Okklusions- und Kaltfront und eine mit
ca. 1500 km lange, gut ausgeprägte Warmfront. Bereits am 29. Dezember fielen im
Bereich der Warmfront in Irland und im Westen Englands in zwölf Stunden bis zum
Abend geringe Regenmengen von 0,1 bis 2 mm. So gab es in Dublin 0,1 mm und im
walisischen Bala 1,0 mm Niederschlag. Die Temperaturen erreichten nahezu im
gesamten britischen Raum über 10°C, am wärmsten war es am 29. Dezember in Hawarden
in Wales mit 13,5°C. Zur gleichen Zeit lag das umfangreiche Hoch IGNATIUS mit
einem Druck von 1037 hPa über Westeuropa. Mit der Drehrichtung im Uhrzeigersinn
der Antizyklone wurde maritime Subtropikluft weit nach Norden geführt. Aufgrund
der blockierenden Wirkung des Hochs wurde Tief ZEETJE zunehmend nach Norden
abgedrängt. Somit verlagerte sich die Zyklone nach Nordosten über Island
hinweg, die Warmfont überquerte am 30. Dezember tagsüber Nordfrankreich und die
Britischen Inseln und erreichte am Nachmittag und Abend bereits
Westdeutschland. Es bildete sich ein großer Warmluftsektor aus – der Bereich
zwischen Kalt- und Warmfont – in welchem extrem warme Luftmassen nach Norden
geführt wurden. Bis 19 Uhr MEZ fielen entlang der Warmfront maximal 2 mm
Niederschlag, wie beispielsweise in Eindhoven mit 0,7 mm oder in Willingen im
Hochsauerland mit 2,0 mm. Die Temperaturhöchstwerte lagen am 30. Dezember von
Großbritannien über Nordfrankreich bis Belgien und den Niederlanden verbreitet
weiterhin über 10°C. Am wärmsten wurde es am Topcliffe Castle in North
Yorkshire mit 13,3°C. In Deutschland wurde es mit maximal 9°C am wärmsten
entlang der niederländischen Grenze.
Am 31. Dezember um 01 Uhr MEZ befand sich Tief ZEETJE mit einem
Kerndruck von unter 985 hPa über Island. Die Warmfront verlief entlang der
norwegischen Westküste über Westdeutschland bis über die Schweiz. Die Kaltfront
lag wie an den Vortagen über dem Nordatlantik und beeinflusste das europäische
Festland vorerst noch nicht. Am Silvestertag überquerte die Warmfront von Tief
ZEETJE Deutschland von West nach Ost und lag um 19 Uhr MEZ bereits über Polen.
Gebietsweise fiel dabei leichter Regen oder Sprühregen, die Mengen blieben
meist unter 2 mm. Einzig im Erzgebirge mit 3 bis 7 mm und am Alpenrand mit 5
bis 35 mm kam es zu stärkeren Niederschlägen. Die höchste 24-stündige
Niederschlagsmenge verzeichnete Brannenburg im Landkreis Rosenheim mit 34,7 mm.
Die Temperatur stieg auf Werte von 6 bis 10°C an, am wärmsten wurde es in Bad
Kreuznach in Rheinland-Pfalz mit 10,2°C. Zum Alpenrand hin blieb es mit maximal
1 bis 5°C kälter. Die Sichtweite ging unterhalb der Warmfront auf 5 bis 1 km
zurück. In Berlin konnte der Jahreswechsel rückseitig der Front mit einer
verbesserten Sichtweite von 10 km gefeiert werden. Auch im übrigen Deutschland
verlief der Jahreswechsel bei 6 bis 9°C sehr mild und meist trocken. Nur im kühleren
Süden fiel örtlich auch etwas Sprühregen oder es konnte sich Nebel ausbilden.
Rückseitig der Kaltfront konnte maritime Arktikluft nach Süden fließen. Am 30.
Dezember wurden in Reykjavik noch maximal +7,5°C erreicht, am 31. Dezember lag
die Höchsttemperatur nur noch bei -0,6°C. Da kalte Luft schwerer ist als warme
Luft, kann sich diese in Bodennähe ansammeln. Durch das höhere Gewicht herrscht
nun am Boden ein höherer Luftdruck. Nach diesem Prinzip bildete sich am 31.
Dezember ein kaltes Bodenhoch aus, das in der Folge am 01. Januar auf den Namen
ANGELA getauft wurde.
Am 01. Januar um 01 Uhr MEZ lag Tief ZEETJE mit einem Druck von rund
980 hPa etwa über der norwegischen Westküste. Bis zum Finnischen Meerbusen
reichte die Okklusion, die Warmfront positionierte sich über Finnland und
reichte nach Süden bis über Estland. Die Kaltfront verlief bogenförmig über die
Ostsee, Südschweden, Norddänemark bis über Nordirland. Das Tiefdruckgebiet zog
am Neujahrstag von Mittelnorwegen in Richtung Estland. Die langgezogene,
bogenförmige und zum Kern hin okkludierte Kaltfront überquerte dabei von Nord
nach Süd große Teile Europas und löste dabei zahlreiche Schauer aus. Bis um 07
Uhr MEZ am 02. Januar wurden in Deutschland 24-stündige Niederschlagsmengen von
1 bis 8 mm, in Staulagen der Mittelgebirge bis 20 mm registriert. Dabei sank
die Schneefallgrenze bis in mittlere Lagen ab. Im Erzgebirge wuchs
beispielsweise die Schneedecke in Carlsfeld von 17 auf 24 cm. Im Norden
Deutschlands konnte sich rückseitig der Kaltfront für ein bis zwei Stunden
Sonnenschein durchsetzen, in Putbus auf Rügen wurden sogar 4,8 Sonnenstunden
gemessen. Aufgrund des großen Druckgradienten zwischen dem Hoch ANGELA über den
Britischen Inseln und dem Tief ZEETJE traten vor allem in der Nord- und
Osthälfte Deutschlands Sturmböen auf. In Berlin-Dahlem konnte mit einer
Spitzenböe von 77 km/h Windstärke 9 auf der Beaufort-Skala verzeichnet werden.
Auch Potsdam mit 80 km/h und Schönefeld mit 86 km/h registrierten Sturmböen.
Das Kap Arkona vermeldete mit 101 km/h, Rostock-Warnemünde mit 103 km/h und
Cuxhaven ebenfalls mit 103 km/h Windstärke 10. Deutlich stärker noch fiel der
Sturm in Skandinavien aus. An der norwegischen Westküste, in Dänemark sowie
entlang der schwedischen Ostseeküste traten gebietsweise Orkanböen bis 140 km/h
auf. Hier kam es zu schweren Schäden und in Schweden waren über 100000
Haushalte zeitweise ohne Strom. In 24-Studen fielen zudem 5 bis 20 mm
Niederschlag und an der norwegischen Westküste sogar 50 bis 90 mm. Die höchste
Menge vermeldete Fossmark mit 89,8 mm. Zum Vergleich: In Berlin fallen im
gesamten Monat Januar durchschnittlich nur 47,5 mm. Ab 50 mm innerhalb von 24
Stunden spricht der Deutsche Wetterdienst eine Unwetterwarnung aus. Im
südlichen Finnland kam es außerdem zu markantem Neuschneezuwachs von 10 bis 25
cm in 24 Stunden.
Am 02. Januar um 01 Uhr MEZ lag Tief ZEETJE mit einem Druck von
984 hPa etwa über Estland und Lettland. Die lange und teils okkludierte Kaltfront
reichte über Minsk, Wien und Paris bis über Südengland. Dabei blieb der
kräftige Druckunterschied zum Hoch ANGELA über den Britischen Inseln bestehen.
Im Norden Deutschlands gab es daher erneut starken Wind mit örtlichen
Sturmböen. Potsdam vermeldete wie am Vortag mit 81 km/h Windstärke 9. An der
Nord- und Ostseeküste konnten örtlich über 100 km/h erreicht werden, wie
beispielsweise 103 km/h am Kieler Leuchtturm und 107 km/h in Rostock-Warnemünde.
In einigen Orten an der Ostsee stellte sich eine Sturmflut ein. In Wismar hatte
der Pegel einen Stand von 1,84 m über dem Normalwert erreicht. Dies war der
höchste Pegelstand seit mehr als 20 Jahren. In Lübeck und Flensburg kam es zu
einer leichten Sturmflut, sodass einige Autos in Hafennähe unter Wasser
standen. Auch auf der Nordsee waren die Auswirkungen von Sturmtief ZEETJE zu
spüren: So verlor auf dem Weg von Antwerpen nach Bremerhaven ein Frachter rund
270 Container. Am Nachmittag des 02. Januar floss jedoch trockenere Polarluft
nach Deutschland ein. Damit kam die Schaueraktivität allmählich zum Erliegen.
In 24 Stunden wurden gebietsweise 0,1 bis 2 mm, im Erzgebirge 2 bis 7 mm und an
den Alpen bis 20 mm gemessen. Einzig in einem Streifen von Schleswig-Holstein
bis zum Harz blieb es niederschlagsfrei. Hier war es mit 5 bis 7 Stunden
Sonnenschein auch am freundlichsten, während nach Süden hin die Sonnenscheindauer
stetig abnahm.
In der Nacht zum 03. Januar beruhigte sich das Wetter in
Deutschland und gebietsweise klarte es auf. Bis zum Morgen sank die Temperatur
auf -1 bis -8°C. Einzig an Ost- und Nordsee blieb es bei Seewind mit +4 bis 0°C
milder. Berlin-Dahlem vermeldete -1,6°C, Düsseldorf -2,4°C und Hamburg -6,0°C.
Am kältesten war es in Bernau im Schwarzwald mit -15,3°C, auf der Zugspitze wurden
Temperaturen von -21,4°C erreicht. Noch kälter war es in Teilen Skandinaviens.
Hier lagen die Tiefwerte in Nordschweden und Nordfinnland gebietsweise sogar unter
-25°C, die tiefste Temperatur vermeldete Naruska in Lappland mit -32,2°C. In
der Nähe eines Rekordwertes lag die Temperatur aber nicht. Der finnische
Temperaturrekord liegt bei -51,5°C, aufgestellt in Pokka im Januar 1999. Die
Höchstwerte lagen noch am 01. Januar in Südfinnland um 0°C, am 03. Januar
konnten nur noch -23 bis -12°C erreicht werden.
Am 03. Januar um 01 Uhr MEZ lag Hoch ANGELA mit einem Druck von gut
1040 hPa noch immer über England. Die Zyklone ZEETJE mit Zentrum nahe Minsk
schwächte sich im Vergleich zum Vortag deutlich ab. Der Kerndruck stieg von ca.
985 hPa auf 1005 hPa. Das Frontensystem von Tief ZEETJE beeinflusste tagsüber
den Westen Russlands, Weißrussland und die Ukraine. Die Niederschlagsmengen
beliefen sich dabei auf 2 bis 9 mm innerhalb von 24 Stunden. Bei Temperaturen
um 0°C fiel der Niederschlag dabei meist als Schnee. In Moskau erhöhte sich die
Schneedecke vom 03. zum 04. Januar von 28 auf 38 cm. Auch in Deutschland hielt
der Wettereinfluss in Form einer nördlichen Höhenströmung an. So bildeten sich
wiederholt Schnee- und Graupelschauer aus. An den Alpen stellte dies den Beginn
der Dauerschneefälle dar, welche in der Folge mit den Tiefs ANDRÉ, BENJAMIN,
DONALD, EUGEN und FLORENZ teils katastrophale Ausmaße annehmen sollten.
Bis zum Folgetag schwächte sich das Tiefdruckgebiet ZEETJE
zusehends ab. Die Zyklone lag um 01 Uhr MEZ nahe Moskau mit einem Druck von knapp
1015 hPa. Das vollständig okkludierte Frontensystem konnte dabei dem Westen
Russlands nochmals 1 bis 2 cm Neuschnee bescheren. Bis zum Mittag des 04. Januars
löste sich der Wirbel ZEETJE knapp nördlich von Moskau auf und wurde somit ab
dem 05. Januar nicht mehr namentlich auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet.
Insgesamt legte das Tief ZEETJE knapp 5000 km zurück und
beeinflusste maßgeblich das Wettergeschehen zum Jahreswechsel 2018/2019 in
Deutschland. Nachfolgend leitete es eine winterliche Wetterphase ein. Zudem hatte
es besonders an der Ostsee zu teils schwerem Sturm geführt.