Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ZEKIYE
(getauft am
09.09.2018)
Bereits am 06. September 2018 entstand über dem Nordosten Kanadas ein Tief,
welches in der zweiten Septemberdekade das Wetter über Skandinavien und Teilen Mitteleuropas bestimmen sollte. Es bildete sich
recht unscheinbar am Okklusionspunkt eines Frontensystems, das über die Labrador-Halbinsel Richtung Neufundland/Neuenglandstaaten zog. Ein
Okklusionspunkt ist jener Punkt, an der sich die Okklusion, was eine Mischform
aus Warm- und Kaltfront ist, in Warm- und Kaltfront aufspaltet. Bereits am
Morgen des 07. September wurde im Ausschnitt der Berliner Wetterkarte ein
eigenständiger Tiefdruckkern mit einem Luftdruck von knapp 1000 hPa nordöstlich von Neufundland analysiert. Ehe das Tief auf den Namen ZEKIYE
getauft wurde, vergingen allerdings noch zwei Tage. In dieser Zeit verlagerte
sich der Wirbel unter allmählicher Verstärkung und Herausbildung eines eigenen Frontensystems über den Nordatlantik Richtung Skandinavien.
Schließlich befand er sich am 09. September zu 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ
entspricht, mit einem Kerndruck von knapp 995 hPa etwa 600 km südlich von Island. An diesem Tag wurde die Zyklone in der Analyse auf den Namen
ZEKIYE getauft. Die Ausläufer in Form
einer Kaltfront reichten vom Zentrum südwärts in einem Bogen über den Ostatlantik bis über
das Seegebiet der Azoren. Vom Atlantik aus erreichten die Ausläufer in den folgenden Stunden die Britischen Inseln. Hier war es bereits am
Vortag und in der Nacht durch ein vorhergehendes Wellentief zu Niederschlägen gekommen, die Zyklone ZEKIYE sorgte nun tagsüber für Fortsetzung der Regenfälle. Dabei
regnete es zwischen Irland, Wales und Schottland meist nur wenige Liter oder Zehntel
Liter pro Quadratmeter innerhalb von zwölf Stunden. Beispielsweise fielen in
Glasgow zwischen 06 und 18 UTC 4 l/m² und in Belfast 0,8 l/m², über weiten Teilen Englands blieb es jedoch trocken. Nachts setzten sich die
leichten, teils mäßigen Niederschläge vor allem über Schottland fort. In Edinburgh beispielsweise regnete es 2 l/m²
innerhalb von 12 Stunden. Ansonsten blieb die Kaltfrontpassage ohne Regen.
Weitaus kräftiger fielen die Niederschläge entlang der
norwegischen Südwestküste aus, welche die Ausläufer ebenfalls
in der Nacht zum 10. September erreichten. Dabei kam es verbreitet zu
zweistelligen Regenmengen, direkt an der Küste fielen z.B. in Bergen bis zu 40 l/m² Regen innerhalb von zwölf Stunden.
Zu diesem Zeitpunkt befand sich Tief ZEKIYE mit seinem Zentrum zwischen
Island und Schottland. Die Wetterstation Thorshaven auf den Färöer-Inseln meldete am 10. September um 00 Uhr UTC einen Luftdruck von 997,6
hPa. Im Verlauf dieses Tages erreichte die Kaltfront von Nordwesten bzw. Westen
her auch den Norden Frankreichs, die Benelux-Staaten, Deutschland sowie Dänemark und Schweden. Doch nur über Skandinavien
war dies auch mit Regen verbunden. Die mitunter kräftigen Regenschauer sorgten verbreitet für 5-10 l/m² Niederschlag, vor allem über dem Süden und der Mitte des norwegisch-schwedischen Raums. Bis zum Abend fielen
beispielsweise in Bergen weitere 21 l/m² oder in Göteborg 6 l/m². In der postfrontal einfließenden wolkenreichen, kühlen Meeresluft stiegen die Temperaturen in Südengland vielfach nur auf 13-16°C; wo sich die Sonne länger zeigen
konnte auch etwas über 20°C. Zeitweise dichtere Wolkenfelder der Kaltfront trübten auch über Norddeutschland und den Benelux-Staaten den Sonnenschein. Nördlich der Ardennen, der Eifel, dem Hessischen Bergland, dem Thüringer Becken und der Lausitz kam die Sonne kaum zum Vorschein und die Luft
erwärmte sich hier auf lediglich 20-22°C. Vor der Kaltfront dagegen wurden über Süddeutschland noch Temperaturen von 26-28°C
erreicht. Nachts verlagerte sich das Frontensystem mit den Niederschlägen über Skandinavien weiter nord- bzw. ostwärts Richtung Finnland und Nordschweden.
Aufgrund des schauerartigen Niederschlagscharakters waren die Mengen
uneinheitlich verteilt und lagen meist im Bereich von 2-8 l/m² Regen innerhalb
von zwölf Stunden. 8 l/m² wurden bis zum darauffolgenden Morgen beispielsweise
im nordschwedischen Svartbyn, aber auch in Helsinki gemessen. Auch Nordpolen
und das westliche Baltikum wurden in der Nacht von Niederschlagsfeldern des
Tiefs ZEKIYE gestreift. In Lebork fielen im gleichen Zeitintervall 2 l/m², im
litauschen Lipaja 5 l/m².
Am Morgen
des 11. Septembers zeigten die Bodenwetterkarten über dem Nordmeer etwas vor der nordschottischen Küste und südlich von
Island einen umfangreichen Tiefdruckkomplex mit mehreren Kernen. Das
Hauptzentrum bildete Tief ZEKIYE mit einem Luftdruck von knapp 995 hPa bei Jan
Meyen. Direkt mit dem Kern verbunden war die Kaltfrontokklusion des Tiefs, die
nunmehr in weitem Bogen über das mittlere
Skandinavien, Baltikum, Polen und Tschechien bis über Süddeutschland verlief. Die Ausläufer kamen in den
folgenden Stunden weiter über das östliche
Mitteleuropa und Baltikum voran. Dagegen intensivierten sich die schauerartigen
Niederschläge vor allem über Finnland. Verbreitet zweistellige Regenmengen wurden zwischen 06 und 18
Uhr UTC verzeichnet, so etwa in Rovaniemi mit 13 l/m², in Helsinki mit 10 l/m²
oder im kleinen Ort Lappeenranta mit 27 l/m² nahe der finnisch-russischen
Grenze. Dass über Südskandinavien zeitgleich neue, kräftige Regenfälle aufkamen, hatte allerdings weniger mit Tief ZEKIYE, sondern mehr mit
der nachfolgenden Zyklone ANTHEA zu tun. Dieses Tief war dafür verantwortlich, dass sich die kalte Meeresluft nicht weiter nach
Mitteleuropa ausbreiten konnte, sondern bereits an diesem Tag von warmer
Suptropikluft aus Südeuropa verdrängt wurde. Lediglich über Skandinavien
konnte sich die Meereskaltluft durchsetzen. Beispielsweise wurden über Schweden unter vielerorts dichten Regenwolken Maxima von nur noch 13-15°C gemessen, was gegenüber dem Vortag eine Temperaturabnahme von 4-5°C darstellt. In der sich anschließenden Nacht zum 12.
September zog das Randtief ANTHEA mit seinen Fronten zügig über Finnland und das Baltikum in Richtung Russland. Hierdurch nahm es die
Ausläufer des Wirbels ZEKIYE nahezu vollständig mit in seine Zirkulation auf. In Konsequenz setzten sich die
Niederschläge
über Fennoskandien nicht nur in der Nacht, sondern auch an
den Folgetagen fort. In Helsinki fielen bis zum darauffolgenden Morgen 14 l/m²
und im karelisch-russischen Vyborg sogar 22 l/m² an Niederschlag.
Das Tief ZEKIYE wurde in den Frühstunden des 12.
Septembers mit seinem Kern über dem nördlichen Nordmeer, etwa zwischen Jan Mayen und Nordkap, analysiert. Der
Luftdruck lag weiterhin bei knapp 995 hPa. Mit dem Kern war eine nur noch
schwache Okklusionsfront verknüpft, welche nach
Westen bis vor die grönländische Küste und nach Osten bis zur Kola-Halbinsel reichte. Auf den
Satellitenbildern waren die Ausläufer als dichtes
Wolkenband erkennbar. An der in Auflösung begriffenen
Front fielen nur noch geringe Niederschläge. Einer der wenigen Messstationen in diesem Bereich auf der Insel Jan
Mayen registrierte zwischen 06 und 18 Uhr UTC 0,6 l/m² Regen. Ansonsten war der
Einfluss des Tiefs ZEKIYE auf das Wetter über dem europäischen Festland am 12. September kaum mehr wahrnehmbar. Dass sich daran
auch an den Folgetagen wenig änderte, war der
Tatsache geschuldet, dass sich die Zyklone nicht weiter ostwärts über Skandinavien, sondern retrograd südwestwärts über das Nordmeer verlagerte.
Nichtsdestotrotz besaß der Wirbel ZEKIYE, der vor allem in höhere Luftschichten gut ausgebildet war, auch ohne Fronten noch genügend Energie. Die rund um das Zentrum befindliche, höhenkalte Luft sorgte für Instabilität in der Atmosphäre und zur Auslösung einzelner Schauer, die über dem Meer
beinahe unbemerkt geblieben wären, allerdings
am 13. und 14. September auch Island erfassten. Aufgrund der Beschaffenheit der
Vulkaninsel mit seinen vielen Fjorden und zerklüfteten Küsten waren die Niederschlagsmengen hier sehr ungleichmäßig verteilt.
Durchschnittlich wurden 1-5 l/m² innerhalb von zwölf Stunden beobachtet. Am
meisten Regen kam im Norden der Insel zusammen. Beispielsweise wurden an der
Station Siglufjordur am 13. September tagsüber 4,8 l/m² gemessen, nachts 7,3 l/m² und am darauffolgenden Tag weitere 5,0
l/m². Im Vergleich dazu fielen in Reykjavik im genannten Zeitraum nicht einmal
1 l/m².
Unterdessen zog vom Atlantik her bereits das nächste Tief namens BIANCA Richtung Europa. Es erreichte am 14. September
ebenfalls das Nordmeer, wo es sich am 15. September schließlich mit Tief ZEKIYE
vereinigte. Das daraus hervorgehende Tief zog an den Folgetagen ebenfalls über Skandinavien hinweg und sorgte so für eine Fortsetzung des wechselhaften, nasskalten Schauerwetters über
Nordeuropa.